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Tierwohlstall im Betrieb Berberich – Die Vermarktung bestimmt den Erfolg

„0,0 Euro würde ich in der Zukunft in den konventionellen Stallbau in meinem Betrieb investieren“ mit dieser Aussage macht Mathias Berberich die Richtung, die seine Schweinehaltung ab sofort nehmen wird, klar. Auch für Sohn Lukas, der gemeinsam mit seinem Vater den Betrieb leitet ist diese Richtung unumkehrbar:

„Mit konventioneller Unterbringung unserer Schweine werden wir in Zukunft keine Akzeptanz mehr beim Verbraucher erzielen und die Produktion für den Massenmarkt werden wir unter den gegebenen Bedingungen in Deutschland an Länder mit günstigeren Produktionsbedingungen verlieren“, so der Juniorchef. Um trotzdem noch Chancen einer Betriebsentwicklung zu sehen wird ein neuer Weg eingeschlagen.

Schweine sind im Betrieb Berberich fest verwurzelt

Bisher hielt man im Altgebäude unter konventionellen Bedingungen auf Spaltenboden Mastschweine. 1.100 Mastplätze wurden dort vor etlichen Jahren geschaffen. Diese sollen zunächst in Rütschdorf im Odenwald auch weiterhin genutzt werden, zumindest so lange, bis die geplante 2. Ausbaustufe des Neubaus abgeschlossen ist.

Die konventionellen Ställe werden noch eine Zeit lang weiter genutzt

Neben der Schweinehaltung wird in 400 m Höhenlage noch auf 117 ha Ackerbau betrieben. Unter anderem sind auch Erbsen auf ca. 8 % der Fläche fest im Anbauprogramm. Diese dienen der Auflockerung der Fruchtfolge, aber auch als hervorragendes Schweinefutter. Neben der Produktion von Weihnachtsbäumen hat man im letzten Jahr auch mit dem Anbau von Sojabohnen experimentiert, aber beschlossen diesen auf dem Grenzstandort nicht weiter zu verfolgen. Lukrativ ist die Vermehrung von Saatgut für Blühwiesenmischungen.

Betriebsspiegel:

  • Landw. Nutzfläche: 117 ha, Höhenlage: 400 m über NN
  • Anbaufrüchte: Winterweizen, Wintergerste, Winterraps, Triticale, Erbsen, Sommergerste, Wiese, Blühwiesenvermehrung, Weihnachtbäume
  • Schweinehaltung: ca. 2.000 Mastschweine (davon 944 im Tierwohl-Außenklimastall)
  • 2,5 AK Familienarbeitskräfte

Der Betrieb Berberich ist fest in Familienhand, neben Mathias und Lukas arbeiten auch Mutter Marianne und der zweite Sohn David, der gerade seinen Technikerkurs besucht, im Betrieb mit. Da beide Söhne im Betrieb bleiben möchten, ist die Motivation von Mathias Berberich den Betrieb weiter zu entwickeln groß. Da kam die Teilnahme am EIP-Projekt „Verbesserung des Tier- und Umweltschutzes in der Schweinehaltung durch baulich innovative Lösungen mit dem Ziel der Praxisverbreitung“ gerade recht.

Neben dem Austausch mit Berufskollegen und Wissenschaftlern über die gesamte Projektzeit gab es dort die Möglichkeit zum Ausgleich von tierwohlbedingten Mehrkosten. Das Neubauprojekt mit dem sich die Rütschdorfer am EIP-Projekt beteiligen wollten wurde auch gleich bei der ersten Vorstellung angenommen. „Für mich war es wichtig, dass die Teilnehmer am EIP-Projekt sich gleich vorstellen konnten, was wir bauen wollten. Daher habe ich mich mit der Erstellung einer 3-D-Grafik des neuen Stalles beschäftigt und diese auch beim Treffen entsprechend dargestellt“, damit konnte der junge Betriebsleiter den EIP-Beirat gleich überzeugen.

Lukas Berberich will den Betrieb weiter in Richtung Tierwohl entwickeln

„Wichtig für einen Tierwohlstall ist für uns mehr Platz, Stroheinstreu und Auslauf gewesen“, mit diesem Credo hat sich dann Mathias Berberich auch an den EIP-Berater Rudi Wiedmann gewandt und das Konzept für den neuen Maststall erstellt. Da im Hofbereich kein Platz mehr gewesen ist, hat man sich dazu entschlossen den Stall etwa 300 m von der Hofstelle entfernt auf die grüne Wiese bzw. an einen existierenden Feldweg in Nord-Süd-Richtung zu bauen.

Die Außenwände des Stalles bestehen aus 2 m hohen Betonfertigteilen mit eingelassenen Türen und Tränkebecken. Darauf gesetzt ist eine Leimbinder-Dachkonstruktion. Unmittelbar über den Betonwänden befindet sich beidseitig, die mit Windschutznetzen ausgestattete, etwa 1m hohe Lufteintritts- bzw. -austrittsfläche über die gesamte Länge des Stalles. 43 Buchten a 16 bzw. 32 Tieren im Vormastbereich bilden das Herzstück der Stallausrüstung. Innerhalb des Stalles stehen den 16 Endmasttieren 1,1 m² zur Verfügung, die Vormasttiere liegen bei 0,55 m². Jeder Bucht ist ein Auslauf von 0,5 bzw. 0,25 m² zugeordnet. Der Auslauf ist komplett überdacht, um vor Sonne zu schützen und den Regenwassereintrag zu minimieren.

Im Vordergrund die Vormast – und im Hintergrund die Endmastbuchten

Die Tränkebecken, die sich ausschließlich im Auslauf befinden, werden im Winter frostfrei gehalten, indem das Wasser angewärmt wird. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass im Winter bei wärmeren Tränkewasser eine höhere Wasseraufnahme und damit auch eine höhere Futteraufnahme der Schweine festzustellen ist. Ab einer Wassertemperatur von unter 8–10° C kann man diesen Effekt beobachten.“ rechtfertigt Lukas Berberich die für die Erwärmung auf ca.13 °C notwendigen Mehrausgaben.

Die Wasserversorgung ist im Außenbereich angeordnet. Das Wasser wird aus 13°C erwärmt.

Die höchste Arbeitszeitbelastung verursacht das Einstreuen und Ausmisten. „Ich benötige fürs Ausmisten und die Tierkontrolle etwa 1–1,5 Stunden pro Tag. Dazu kommen noch etwa 4 Stunden pro Woche für das zweimalige Abschieben und Einstreuen des Auslaufs“ betont der Juniorchef.

Die Ausmistarbeiten und das Einstreuen im Stall muss händisch geschehen. Daher denken die Berberichs zumindest für das Einstreuen schon über eine selbstgebaute Mechanisierungslösung nach. Denn in solchen Dingen sind sie stark. Wenn man sich die Werkstatt anschaut ist dies auch gut nachzuvollziehen. Die jetzige Einstreulösung mit einem Ballenauflöser, der das Stroh dann in die Buchten wirft, sind sie nicht zufrieden. Die Staubentwicklung ist viel zu hoch. Übrigens auch ein Problem des gesamten Stalles. Durch die Einstreu und das trockene Futter ist die Staubentwicklung im Stall ziemlich hoch.

Daher werden auch die Lüftungsflächen auf der windzugewandten Seite morgens beim Misten geschlossen, um zu verhindern, dass durch hohe Windgeschwindigkeiten noch mehr Staub aufgewirbelt wird. Insgesamt ist der Strohverbrauch für die gut 900 Mastschweineplätze beachtlich. 350 Quaderballen werden pro Jahr benötigt. Umgerechnet sind das ca. 100 kg pro Mastplatz oder 35 kg pro Mastschwein. Bei 100 Tagen Mastdauer sind das etwa 350 g pro Tier und Tag.

Der hohe Arbeitsaufwand für das Misten veranlasst Lukas Berberich zu folgender Aussage: „Wenn wir einen zweiten Stall bauen, der bereits im Genehmigungsverfahren beantragt wurde, denke ich eventuell darüber nach, im Stall einen hochverlegten Spaltenboden mit möglichem Misteinwurf und Schieberentmistung einzubauen“

Zeitaufwendig ist das Misten der verschmutzen Buchten per Hand

Im Auslauf ist das alles etwas einfacher, allerdings hakt es da manchmal daran, die Tiere zunächst alle in den Stall zu treiben und die Türen zu verschließen. „Irgendetwas liegt immer im Schließbereich der Türen, insbesondere im Winter, wenn sich dort Eisklumpen befinden. Dann bekomme ich die Türe nicht zu. Daher muss hier auch eine andere Lösung her, eine Idee habe ich schon.“, so der junge Landwirtschaftsmeister. Das Einklappen der Buchtenabtrennungen geht dagegen sehr schnell, weil automatisch.

Gelüftet wird über die beiden Luftbänder an den Längsseiten, die über eine Folie verschließbar sind. Um bei hohen Temperaturen einen Luftaustausch gewährleisten zu können, kann der First geöffnet werden. Hier ist ein Lichtfirst eingebaut, der den Stall sehr hell macht. Sicherlich für das Verbraucherauge sehr interessant, aber als Rückzugsort für Schweine vielleicht doch ein wenig zu hell.

Die Lüftung des Stalles über die Traufseiten wird durch einen zu öffnenden First unterstützt

Systembedingt, um möglichst wenig Wasser in Innenbereich des Stalles zu bringen, werden die Schweine am Trockenfutterautomaten gefüttert. Die Automaten weisen 8 Fressplätze auf. Bei ad libitum Fütterung heißt das, es dürfen 32 Tiere mit einem Automaten versorgt werden. Im Endmastbereich sind sie daher in die Zwischenwand eingebaut worden, so dass auf jeder Seite 16 Tiere fressen dürfen. Im Vormastbereich steht der Automat in der Buchtenmitte und kann von beiden Seiten genutzt werden. Zur Befüllung haben sich die Berberichs wieder eine kostensparende und technisch wenig aufwändige Lösung einfallen lassen.

Denn ihre 4 Futterrationen werden mit einer Futterleitung und einem Ventil pro Automat gefüttert. Dazu haben sie 4 Druckleitungen im Stall verlegt und diese über je einen Bypass pro Futterautomat zur Öffnung des Ventils angeschlossen. Je nachdem welche Leitung am Automat geöffnet ist, bestimmt dies die Öffnung des Ventils bei einer bestimmten Futtersorte. So können die Futtersorten nacheinander durch die Leitung gefördert werden und nur die Automaten bekommen Futter, deren Ventil geöffnet ist. Kommt am Endschalter die gefütterte Futtersorte an, läuft diese für 6 Minuten weiter, was ausreicht, um alles übrige Futter in das entsprechende Silo, das auch mit einen Zulaufventil ausgerüstet ist, zurück zu transportieren. Nach dem Schließen der Ventile öffnet der Futtercomputer die nächste Druckleitung und damit die anspruchsberechtigten Ventile der nächsten Futtersorte.

Die Fütterung mehrerer Futterrationen wird über mehrere Bypässe der Druckluftleitung der Futterventile erreicht

Auch im Winter fallen die Temperaturen im Innern des Stalles nicht unter 13 °C. Daher wurde die unter der Hälfte der Bucht eingebaute Fußbodenheizung nur an ganz weniger Tagen genutzt. Beim nächsten Mal würde man in Rütschdorf darauf verzichten.

Worauf man nicht verzichten konnte, ist ein praktikabler Verladebereich. Dazu Lukas Berberich: „In den breiten Gängen ließen sich die Schweine nur ganz schlecht treiben. Daher haben wir diesen beidseitig mit klappbaren Buchtenabtrennungen, ähnlich denen der Auslaufabtrennungen, nachgerüstet. Jetzt laufen die Tiere schön hintereinander durch den 90 cm breiten Treibgang.

Bisher ist man in Rütschdorf mit dem Stall sehr zufrieden. Der hohe Arbeitsbedarf beim Ausmisten durch einen hohen Verschmutzungsgrad der Innenflächen trübt das Bild ein wenig. Den Grund dafür sehen die Berberichs auch in der Einstallung von männlichen Tieren. Dazu Berater Rudi Wiedmann: „Eigentlich sind diese Ställe nur etwas für weibliche Tiere, männliche Tiere stehen am Futterautomaten und „lassen laufen“. Betriebe bei denen es gut funktioniert verschweigen oft, dass sie nur weibliche Tiere einstallen“. Daher stallt man jetzt auch hauptsächlich weibliche Tiere auf, die männlichen gehen zu 75 % in den konventionellen Spaltenbodenstall.

Die Lagerung des Mistes muss unter Dach geschehen

Laut Mathias Berberich liegt der Schwerpunkt im Betrieb nicht auf der Produktion alleine, sondern die Vermarktung der Tiere wird immer wichtiger. Auch wenn Betriebskosten wie Heiz- und Lüftungsenergie mit dem neuen Stall eingespart werden können, liegen die Erzeugungskosten durch deutlich höhere Baukosten, höhere Arbeitserledigungskosten, Kosten für Stroh, Kosten für eine zweite Düngerausbringungskette (Mist) und weiter Nebenkosten für zusätzlich notwenige Maschinen, viel höher als im konventionellen Stall. Allein Baukosten von 1.300 Euro pro Mastplatz zeigen dieses Dilemma.

„Daher können solche Betriebe wie wir nur dann weiter existieren, wenn sie auch mehr für ihre Schweine erlösen. Einfach so die Schweine weiterhin am Schlachthof abliefern für Durchschnittspreise würde dem Betrieb die Existenz kosten.“ betont Mathis Berberich.

Die Vermarktung der Schweine direkt an die Metzger bringt höhere Erlöse

Daher fahren Berberichs in der Vermarktung auch mehrgleisig. Zunächst die Schweine, die konventionell gehalten werden gehen zum Großteil über einen normalen Vermarktungsweg zum Schlachthof. Ein kleiner Teil aber dann auch über den Schlachthof direkt an Metzger, was schon einen erheblich besseren Preis bringt. 40 % der Strohschweine gehen direkt an einen Metzger, der selbst schlachtet und nur das Schweinefleisch vom Hof Berberich verkauft. 1 Euro pro kg beträgt der Aufschlag im Laden. Dennoch hat der Metzger seinen Schweinefleischverkauf steigern können, natürlich mit gutem Marketing und schönen Bildern und Videos aus dem Strohstall. Der Rest der Schweine geht über den Schlachthof in Augsburg auch direkt an Metzger.

„Kurz bevor wir die ersten Schlachtscheine im Strohstall fertig hatten, kam ich durch Zufall mit den Metzgern ins Gespräch. Sie haben gleich zugeschlagen, da sie solche Tiere für ihren Verkauf schon länger gesucht haben. Meine Preisvorstellungen wurden auch gleich akzeptiert“ erzählt der Seniorchef. Er erhält jetzt für seine Schweine einen Preisaufschlag von 30 ct/kg Schlachtgewicht, mit einer Untergrenze von 2,05 Euro. Damit können die Mehrkosten für Stall und Arbeit ausgeglichen werden. Gegenüber den konventionellen Schweinen sind das fast 70 Euro mehr und ca. 40 Euro mehr als die konventionellen Metzgerschweine.

Begonnen hat man in Rütschdorf auch mit der Selbstvermarktung. In einem kleinen Holzhaus stehen zwei Kühlschränke und über die Kasse des Vertrauens können sich Kunden dort bedienen. „Momentan setzen wir dabei allerdings zu, aber wichtig ist es für uns aus Marketinggründen. Wenn wir die Wurst aus unseren 2 Schweinen beim Metzger machen lassen, ist das für ihn immer einen separate Partie und in der Herstellung doppelt so teuer wie seinen normale Produktion“ erklärt Mathias Berberich.

Noch kann im Betrieb nicht gvo-frei gefüttert werden, obwohl gerade die Metzger dies nachfragen. Erst wenn einen separate Mischanlage im neuen Stall installiert ist, ist dies ohne Verschleppungen möglich. „Unser Ziel ist es zumindest die Strohschweine mit gvo-freiem Futter zu versorgen. Die Grundlage dazu haben wir mit unseren Erbsenanbau ja schon gelegt“ betont der Betriebsleiter.

Grundsätzlich wird im neuen Stall vierphasisch gefüttert. Nach einem Begrüßungsfutter beim Neueinstallen (30–35 kg LG) gibt es dann abhängig vom Lebendgewicht drei weiter Futterrationen.

Die Selbstvermarktung ist den Kinderschuhen noch nicht entwachsen

In Richtung gvo-freier Fütterung sind sicherlich noch Reserven vorhanden. Durch den etwas höheren Einsatz von freien Aminosäuren und die Reduzierung des Proteingehaltes der Mischungen kann der Einsatz von Proteinfuttermitteln weiter minimiert und Sojaschrot durch Rapsschrot und einem höheren Anteil an Erbsen ersetzt werden. Dies verspricht eine deutlich kostengünstigere Mischung als bei dem puren Austausch von Sojaschrot durch gvo-freies Sojaschrot.

GVO-freies Füttern ist das Ziel für die nächsten Jahre

Der Betrieb Berberich steht für den Anspruch einer „neue Schweinhaltung“, die sich in erster Linie am Tierwohl und somit den Verbraucheransprüchen orientiert. Dabei spielen die Vermarktung und das damit verbundene, zum Überleben des Betriebes unbedingt nötige, Erzielen höherer Verkaufserlöse eine entscheidende Rolle. Da die Betriebsnachfolge gesichert ist und gerade die junge Generation ein Umdenken in den Haltungsbedingungen und Vermarktungswegen uneingeschränkt mitträgt, kann man durchaus von einem Leuchtturmbetrieb sprechen. Wir wünschen der Familie Berberich Standhaftigkeit und weiterhin gutes Geschick in der Umsetzung ihrer Ideen.

DER DIREKT DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: manfred.h.weber(at)gmx.de

Fotos: Dr. Manfred Weber