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Perspektivforum diskutierte Herausforderungen und Chancen zukünftiger Fruchtfolgesysteme
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Das Perspektivforum der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V. (UFOP) in dieser Woche in Dresden beleuchtete Herausforderungen und Chancen für den heimischen Anbau von Raps und Körnerleguminosen. Steigende gesellschaftliche und umweltpolitische Ansprüche erfordern Anpassungsstrategien im Ackerbau der Zukunft. Die Antwort der UFOP ist die Umsetzung einer 10+10-Strategie: Ziel ist es, bis 2030 den Anbau von Raps und Leguminosen auf jeweils 10 Prozent der Ackerfläche auszudehnen und auf diesem Niveau langfristig stabil zu halten.

Im ersten Teil der Tagung stand die Bestandsaufnahme des Status quo im Fokus. Der Präsident des Sächsischen Bauernverbandes Torsten Krawczyk setzte sich kritisch mit dem BMEL-Diskussionspapier zur Ackerbaustrategie 2035 auseinander. Er hielt fest, dass für viele ackerbauliche Herausforderungen und Zielkonflikte von Seiten der Politik bislang keine praxistauglichen Lösungen angeboten werden. Hierzu zählen die Sicherstellung einer bedarfsgerechten N-Düngung, Konzepte für einen wirksamen, wettbewerbsfähigen und gesellschaftlich akzeptierten Pflanzenschutz sowie einen schnellstmöglichen Übergang von Zuchtfortschritt in die Anbaupraxis, um an den Klimawandel angepasste Pflanzensorten schnellstmöglich zur Verfügung zu haben.

Dr. Meike Brandes, JKI Braunschweig, stellte erste Ergebnisse eines von der UFOP geförderten Projektvorhabens zu den Auswirkungen eines einjährigen großräumigen Verzichts auf Rapsanbau auf relevante Rapsschädlinge vor. Während es Hinweise gibt, dass ein Aussetzen von Winterraps zu weniger Erdfloh- und Kohlfliegenbefall mit geringerem Schadpotenzial in dieser Region führen kann, waren solche Effekte bei den Frühjahrsschädlingen nicht zu beobachten. Die Untersuchungen werden 2020/21 fortgesetzt.

Ebenfalls über ein von der UFOP gefördertes Projektvorhaben referierte Prof. Dr. Reimer Mohr, Hanse Agro GmbH Hannover. Die Untersuchungen bewerten den Umwelteinfluss von und die Auswirkungen der aktuellen Düngeverordnung auf Fruchtfolgen mit und ohne Raps sowie Körnerleguminosen. Den Ergebnissen zufolge trägt die Erweiterung der Fruchtfolge um eine dritte und vierte Fruchtart sowohl zur Resilienz als auch zur Wettbewerbsfähigkeit von Ackerbausystemen bei. An die Stelle der Eigenrentabilität von Kulturarten tritt die Rentabilität der gesamten Fruchtfolge. Winterraps bleibt dabei – auch bei stärker schwankenden Erträgen – bundesweit die tragende Blattfrucht.

Mit der Sojabohne stellte Dr. Volker Hahn, Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim, die in Mitteldeutschland noch recht junge Fruchtart vor. Im Fokus seiner Ausführungen standen der bereits erreichte sowie der zu erwartende Zuchtfortschritt. Mit insgesamt 51 Sorten stand für den Anbau 2020 bereits eine beeindruckende Vielfalt bereit, wobei verschiedene Züchterhäuser ihre Aktivitäten weiter ausbauen. Zugleich zeigte der Vortrag auch den weiteren Handlungsbedarf auf: Trockenstress ist auch für den Sojaanbau eine großer Herausforderung, züchterisch aber schwierig zu bearbeiten. Hier sollte die Frage geklärt werden, ob mit den neuen Züchtungstechnologien eine schnellere Zielerreichung möglich ist als mit der klassischen Mutationszüchtung.

Dr. Manuela Specht, UFOP Berlin, referierte zu den Anbaupotenzialen von Winterraps in Deutschland aus der laufenden Arbeit der UFOP-Fachkommission Produktionsmanagement Öl- und Proteinpflanzen. Gemäß der 10+10-Strategie der UFOP wird künftig ein stabil hoher Anbau von ca. 1,2 Millionen Hektar bundesweit angestrebt. Vor 2018 lag der Anbau langjährig bereits auf einem höheren Niveau – i.d.R. auf der Basis dreifeldriger Rapsfruchtfolgen mit lediglich zwei Jahren Anbaupause in den Hauptanbaugebieten. Die vorgetragene Analyse zeigte, dass das von der UFOP angestrebte Anbaupotenzial für den Winterrapsanbau selbst bei ausschließlich fünf- und siebenfeldrigen erweiterten Rapsfruchtfolgen – also mit 4 und 6 Jahren Anbaupause – vorhanden ist.

Am Nachmittag diskutierten der neu gewählte UFOP-Vorsitzende, Detlef Kurreck, Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (a. D.), Prof. Dr. Reimer Mohr, Hanse Agro Hannover,
Dr. Rolf Sommer, WWF Berlin, und Dr. Udo Heimbach, JKI-Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland Braunschweig (a. D.) über Lösungsansätze und Zukunftsvisionen. In dem ernsthaften und von gegenseitigem Respekt gekennzeichneten Austausch zwischen den Podiumsteilnehmern und den zahlreichen Teilnehmern im Auditorium zeigte sich, dass es einer sachlich fundierten Auseinandersetzung über Zielkonflikte zwischen Ökologie und Ökonomie im Bereich des Ackerbaus bedarf, um gemeinsam die Rahmenbedingungen für einen künftigen Ackerbau zu definieren, an denen sich eine unternehmerische Landwirtschaft ausrichten kann und muss.

Der heimische Anbau von Öl- und Eiweißpflanzen liefert dabei wesentliche Impulse von erweiterten Fruchtfolgen über Einsparungsmöglichkeiten bei der N-Düngung und beim chemischen Pflanzenschutz bis hin zur Treibhausgasminderung durch eine anteilige Substitution von fossilem Dieselkraftstoff und dem Ersatz von importierten Eiweißfuttermitteln. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es mehr Umweltleistungen durch die praktische Landwirtschaft nicht zum Null-Tarif geben kann und die Politik den Verbrauchern diesen Sachverhalt unmissverständlich vermitteln soll und muss. Einvernehmen zwischen den Podiumsteilnehmern bestand dazu, dass eine Lösung der aktuell diskutierten Zielkonflikte nur durch die Landwirte selbst möglich ist. Neue Herausforderungen wie z.B. die „Produktion“ von Biodiversität auf Agrarflächen oder von Rückzugsräumen für den Insektenschutz bedürfen einer engen Begleitung durch eine entsprechend ausgerichtete Beratung, die zeitnah zu etablieren ist. UFOP-Vorsitzender Kurreck fasste die Diskussion dahingehend zusammen, dass sich Perspektiven für die Landwirtschaft dann aufzeigen, wenn man sie diskutiert.

Der stellvertretende Vorsitzende der UFOP, Dietmar Brauer, hob in seiner Zusammenfassung noch einmal hervor, dass die UFOP mit Raps und Körnerleguminosen landwirtschaftliche Kulturarten vertritt, mit denen erwünschte positive Umweltleistungen im deutschen Ackerbau geliefert werden können. Mit ihrer 10+10-Strategie trete die UFOP an, einen wesentlichen Beitrag für die Gestaltung eines nachhaltigeren Ackerbaus der Zukunft zu liefern. In diesem Sinne freue er sich auf die Fortsetzung des konstruktiven Austauschs.