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Einsatz der Mikroalge Spirulina platensis in der Broilermast – TEIL 2

Nachdem Prof. Dr. Gerhard Bellof und Dr. Luz Salomé Carrasco, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf im ersten Teil des Fachbeitrags die Fragestellungen und die Vorgehensweise zu ihrem Fütterungsversuch mit Spirulina platensis in der ökologischen Broilermast dargelegt haben, stellen die beiden Autoren nun im zweiten Teil des Beitrags die Ergebnisse und Diskussion vor. Dabei betrachten sie auch die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes eines Spirulina-Produktes in der Fütterung.

Ergebnisse und Diskussion

Futtermittelanalysen

Die wichtigsten Inhaltsstoffe der eingesetzten Futtermischungen sind in Tabelle 5 dargestellt. Die Futtermischungen für die Aufzucht weisen gegenüber der Planung (Tabelle 3) leicht erhöhte Rohprotein- und ME-Gehalte auf. Hinsichtlich der Ausstattung mit essentiellen Aminosäuren (g/kg bzw. g/MJ ME) konnten in den Mischungen A und B die Sollwerte für Lysin und Methionin knapp in der Mischung C (5 % S. p.) gut erfüllt werden. Die Mischungen für die eigentliche Mast (D, E, F) weisen gegenüber der Planung erhöhte Rohproteingehalte und deutlich niedrigere ME-Gehalte auf. Insbesondere die Mischung D, welche in der Kontrollgruppe eingesetzt wurde, fällt durch einen sehr niedrigen ME-Gehalt auf. Hinsichtlich der Ausstattung mit essentiellen Aminosäuren liegen alle drei Mastmischungen im Bereich der Vorgaben.

Tabelle 5: Inhaltsstoffe und ME-Gehalte der Futtermischungen für die ökologische Broilermast mit Spirulina platensis

Verluste
Der Versuch verlief ohne Störungen. Über den gesamten Versuchszeitraum und alle Fütterungsgruppen hinweg betrachtet, ergibt sich eine durchschnittliche Verlustquote von lediglich 1,7 %. Zwischen den Geschlechtern und den Fütterungsgruppen treten keine signifikanten Unterschiede auf.

Mastleistungen
In der Tabelle 6 sind die durchschnittlichen, täglichen Futteraufnahmen in den verschiedenen Phasen dargestellt. Zwischen den Fütterungsgruppen lassen sich signifikante Unterschiede im Futterverzehr beobachten. Während in der Phase 1 die Gruppen Versuch 1 und Kontrolle die höchste Futteraufnahme zeigen, fallen diese bereits in der Phase 2 (15. – 28. Lebenstag) hinter die Versuchsgruppe 2 zurück. Auch in der Phase 3 zeigen die beiden Gruppen, die Spirulina platensis erhielten, gegenüber den Vergleichsgruppen eine erhöhte tägliche Futteraufnahme. Die Tiere der Versuchsgruppe 3, die in dieser Phase die gleiche Futtermischung wie die Kontrolle erhielten, fallen auf das Niveau dieser Gruppe zurück. Die aufgezeigte Symmetrie ergibt sich auch für die durchschnittliche Futteraufnahme über den gesamten Versuchszeitraum (Tabelle 6).

Tabelle 6: Durchschnittliche tägliche Futteraufnahme von Broilern aus ökologischer Erzeugung (LS-Mittelwerte und Standardfehler (S.E.))

Die Gewichtsentwicklung der Tiere ist in der Tabelle 7 dokumentiert. Es treten mit Ausnahme der Phase 1 durchgehend statistisch gesicherte Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf. Zum Mastende weisen die männlichen Tiere eine Überlegenheit in der Lebendmasse von mehr als 200 g/Tier auf.

Tabelle 7: Gewichtsentwicklung und Tageszunahmen von Broilern aus ökologischer Erzeugung (LS-Mittelwerte und Standardfehler (S.E.))

Obwohl die Kontrolle in der Phase 1, wie aufgezeigt, die höchste Futteraufnahme zeigt, weist sie gegenüber den Spirulina-Gruppen das geringste 14-Tage-Gewícht auf. Zwischen den Spirulina-Gruppen zeigen sich in diesem Abschnitt keine signifikanten Gewichtsunterschiede. Auch am Ende der Phasen 2 und 3 liegen die Tiergewichte der Kontrolle hinter denen der Versuchsgruppen. Allerdings ergibt sich am Ende der Mast nur zur Versuchsgruppe 2 ein signifikanter Unterschied. Die Versuchsgruppe 2, die den höchsten Spirulina-Anteil erhielt, zeigt sowohl am Ende der Phase 2 als auch am Versuchsende die signifikant höchsten Gewichte. Auch im Merkmal Tageszunahmen (Phase 1 – Phase 3) erweisen sich diese Tiere den anderen Gruppen signifikant überlegen.

Der durchschnittliche Futteraufwand pro kg Zuwachs ist der Tabelle 8 zu entnehmen. Die männlichen Tiere zeigen über den gesamten Versuchszeitraum betrachtet einen signifikant niedrigeren Futteraufwand pro kg Zuwachs.

Ausgeprägte Unterschiede zwischen den Gruppen lassen sich insbesondere in den Phasen 1 und 2 erkennen. Die Kontrolle zeigt in der Phase 1 gegenüber den Gruppen mit Spirulina-Anteilen im Futter einen signifikant erhöhten Futteraufwand. In den Phasen 2 und 3 verringern sich die Unterschiede zwischen den genannten Gruppen. Über die gesamte Versuchszeit betrachtet, liegen die Kontrolle und die Versuchsgruppe 2 (höchster Spirulina-Anteil) im Merkmal Futteraufwand praktisch gleichauf.

Tabelle 8: Durchschnittlicher Futteraufwand pro kg Zuwachs von Broilern aus ökologischer Erzeugung (LS-Mittelwerte und Standardfehler (S.E.))

Schlachtkörperwert

Das Schlachtkörpergewicht, die Schlachtausbeute, die Teilstückanteile sowie der Abdominalfettanteil sind in Tabelle 9 dokumentiert. Es lässt sich beim Schlachtgewicht sowie den beiden wertvollen Teilstücken (Schenkel-, Brustanteil) ein signifikanter Geschlechtseinfluss feststellen. Die männlichen Tiere zeigen sich im Schlachtgewicht und im Keulenanteil den weiblichen Tieren überlegen, während die Hennen einen höheren Brustfleischanteil aufweisen.

Zwischen den Fütterungsgruppen zeigen sich nur für die Merkmale Schlachtgewicht und Schlachtausbeute signifikante Unterschiede. Die Versuchsgruppe 2 weist für beide Merkmale die höchsten Werte auf. Alle anderen Gruppen unterscheiden sich nur tendenziell.

Für die erhobenen und ausgewerteten Farbwerte des Brustfleisches lassen sich nur für das Merkmal Farbwinkel/Bunttonwinkel (h) geschlechtsbedingte Unterschiede feststellen. Die weiblichen Tiere weisen für dieses Merkmal erhöhte Werte auf.

Zwischen den Fütterungsgruppen ergeben sich ausgeprägte Farbunterschiede in der Brust­muskulatur. Die Tiere mit durchgehend hohem Spirulina-Anteil in den Futtermischungen (V1 und V2) zeigen gegenüber den beiden anderen Gruppen signifikant erhöhte Werte für die Merkmale Gelbton (b*) und Buntheit (C). Auch für die Merkmale Helligkeit (L) und Rotton (a*) sind tendenziell erhöhte Messwerte zu verzeichnen. Die Kontrolle weist bei allen erfassten Merkmalen die numerisch geringsten Werte auf.

Tabelle 9: Schlachtkörpergewicht und Teilstückanteile des Schlachtkörpers in der ökologischen Broilermast mit Spirulina platensis (LS-Mittelwerte und Standardfehler (S.E.))

Diskussion der Ergebnisse

Im vorliegenden Versuch wurden mit einem Mastendgewicht von durchschnittlich 2087 g und einem Futteraufwand von 2,22 kg pro kg Zuwachs nur befriedigende Mastleistungen erreicht. In dem von Schmidt und Bellof (2008) unter analogen Bedingungen (28 Tage Aufzucht im Feststall, 28 Tage in Mobilställen mit Auslauf) durchgeführten Versuch erreichten Tiere der gleichen Herkunft ein Endgewicht von 2.463 g und eine Futterverwertung von 2,01 kg/kg. Allerdings unterschieden sich in den beiden Versuchen die Einstallgewichte der Küken. Im vorliegenden Versuch lag das Kükengewicht mit durchschnittlich 36,5 g deutlich niedriger als im Vergleichsversuch (40,0 g). Steiner und Bellof (2009) erzielten in einem Broilermastversuch unter vergleichbaren Haltungs- und Fütterungsbedingungen mit ausschließlich männlichen Tieren dieses Genotyps ein 56-Tage-Gewicht von 2290 g. Im vorliegenden Versuch wiesen die Hähne ein Endgewicht von 2206 g auf.

Steigende Spirulina-Anteile in den Alleinfuttermischungen führten im vorliegenden Versuch zu steigenden Mast- und Schlachtleistungen. Insbesondere die Tiere der Versuchsgruppe 2, die jeweils mit den höchsten Spirulina-Anteilen versorgt wurden, (5 % in der Aufzucht, 2,5 % in der Mast, 153 g S. p. pro Tier absolut) erzielten mit einem Endgewicht von 2.237 g annähernd das skizzierte Leistungsniveau des Vergleichsversuches. Diese Gruppe zeigte sich den anderen Gruppen hinsichtlich 28-Tage-Gewicht, 56-Tage-Gewicht sowie Schlachtkörpergewicht signifikant überlegen. Dieser Befund deckt sich mit den Ergebnissen von Ross and Dominy (1990) aus der konventionellen Broilermast. Dagegen berichten Toyomizu et al. (2001) bei Spirulina-Anteilen von 4 bzw. 8 % in Mischungen für die konventionelle Broilermast von tendenziell verringerten Gewichten.

In der Literatur wird teilweise von einer verringerten Futteraufnahme des Junggeflügels bei hohen Spirulina-Anteilen berichtet (Bruhn 1982). Im vorliegenden Versuch ließ sich dieses Phänomen nur für die Phase 1 (1. – 14. Lebenstag) beobachten. Die Gruppen Versuch 2 und 3 mit einem Anteil von 5 % Spirulina nahmen signifikant weniger Futter auf als die Tiere der Kontrolle. In der anschließenden Phase 2 kehrte sich dieser Effekt komplett um: die Kontrolltiere nahmen signifikant weniger Futter auf als die mit Spirulina versorgten Tiere. Auch in der Phase 3 zeigten die Versuchsgruppen mit Spirulina (V1 und V2) eine höhere Futteraufnahme als die Vergleichsgruppen (ohne Spirulina).

Die im vorliegenden Versuch durchgeführten Farbmessungen am Brustfleisch verdeutlichen, dass die Parameter Gelbton (b*), Buntheit (C) einem ausgeprägten Einfluss der Spirulina-Supplementation unterlagen, während Helligkeit (L) und Rotton (a*) sich hiervon nur wenig beeinflusst zeigten. Diese Beobachtungen stehen in Einklang mit den Untersuchungen von Venkataraman et al. (1994) und Toyomizu et al. (2001). Die letztgenannten Autoren stellten allerdings für den b*-Wert einen ausgeprägten Dosis-Effekt durch die Spirulina-Fütterung fest. Dies war im vorliegenden Versuch in dieser Ausprägung nicht zu erkennen. Die Versuchsgruppe 1 zeigte mit 6,7 den höchsten b*-Wert, während die Versuchsgruppe 2 mit 5,9 den zweithöchsten b*-Wert aufwies. Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen waren allerdings nicht statistisch abgesichert. Der aufgezeigte Widerspruch, dass sich ein hohes Carotinoid-Angebot nicht direkt im Produkt Fleisch widerspiegelt, wurde bereits bei Fischen beobachtet. In Untersuchungen an Salmoniden zeigte sich, dass die Retention von Carotinoiden sich umgekehrt proportional zu der Carotinoid-Konzentration in der Nahrung verhält (Foss et al. 1984). Vermutlich kommt es hierbei zu einer Abnahme der Verdaulichkeit sowie zu einem verringerten Transport und Verteilung der Carotinoide in die Körpergewebe. Die genannten Zusammenhänge waren allerdings – wie bereits ausgeführt – in dem konventionellen Broilermastversuch von Toyomizu et al. (2001) nicht zu erkennen. Die Tiere des vorliegenden Spirulina-Versuchs hatten ab dem 29. Lebenstag im Auslauf Zugang zu grünen Pflanzen und somit die Möglichkeit, weitere Carotinoide aufzunehmen. In der Abbildung 1 sind die beiden widersprüchlichen Versuchsergebnisse nebeneinander dargestellt. Es wird deutlich, dass die Kontrolle im eigenen Versuch höhere b*-Werte aufweist als die im Versuch von Toyomizu et al. (2001). Dieser Unterschied könnte durch die natürlichen Pigmente aus dem Grünauslauf verursacht sein. Fanatico et al. (2007a) und Ponte et al. (2008) stellten in Untersuchungen mit Broilern im Grünauslauf ebenfalls erhöhte b*-Werte im Fleisch fest.

Da die Fleischfarbe ein wichtiges Merkmal der Produktqualität darstellt, spielt die angesprochene Problematik für die Vermarktung von solchen Schlachtkörpern eine wesentliche Rolle. Fanatico et al. (2007b) berichten allerdings, dass trotz objektiv festgestellter Unterschiede in der Fleischfarbe, diese bei sensorischen Tests nicht wahrgenommen wurden. Auch im vorliegenden Versuch waren die oben aufgezeigten objektiven Unterschiede zwischen den Fütterungsgruppen subjektiv nicht festzustellen.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

Der Einsatz eines Spirulina-Produktes in der Fütterung ist mit bedeutsamen Kosten verbunden. Im vorliegenden Versuch musste für das eingesetzte Produkt ein Zukaufspreis von 6,50 €/kg aufgewendet werden. Damit erhöhten sich die Mischungskosten für das Aufzuchtfutter von 56,73 €/dt (Mischung A) auf 77,58 €/dt (Mischung B) bzw. auf 98,06 €/dt (Mischung C). Für die Mast ergaben sich folgende Mischungs­kosten: D: 54,63 €/dt; E: 65,04 €/dt und F: 75,30 €/dt. In der Tabelle 10 sind auf der Basis dieser Mischungskosten die Futterkosten pro Tier dargestellt. Bedingt durch den hohen Spirulina-Anteil erhöhen sich für die Gruppe 2 die Futterkosten auf 3,94 €/Tier, während sich für die Kontrollgruppe nur 2,46 €/Tier ergeben. Bei einem für ökologisch erzeugte Broiler im Handel zu erzielendem Erlös von 2,80 €/kg Lebendgewicht können alle drei mit dem Produkt Spirulina versorgten Gruppen – trotz erhöhter Endgewichte – diese Nachteile nicht ausgleichen. Während sich für die Kontrollgruppe ein Überschuss über die Futterkosten von 3,10 €/Tier ergibt, beträgt dieser für die Gruppe 2 nur noch 2,47 €/Tier (Tabelle 10). Lediglich für die Gruppe 3, die nur in der Aufzucht das Spirulina-Produkt erhielt, ergibt sich nahezu die gleiche Wirtschaftlichkeit wie für die Kontrolle. Somit ist aus ökonomischen Gründen ein Einsatz von Spirulina platensis über die Aufzucht hinaus nicht sinnvoll.

Tabelle 10: Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Spirulina platensis in der ökologischen Broilermast

FAZIT

In einem Fütterungsversuch sollten die Eignung und die Wirtschaftlichkeit von Spirulina platensis (S. p.) als Eiweißfuttermittel für die ökologische Broilermast überprüft werden.

Für den Versuch wurden insgesamt 720 Eintagsküken (Genotyp ISA J 957; gemischt­geschlechtlich) eingestallt und gemäß der EU-Öko-Verordnung gehalten. Es erfolgte die Differenzierung in eine Aufzuchtperiode (1. – 28. Lebenstag), in einem klimatisierten Feststall und eine Mastperiode (29. – 56. Lebenstag) in Mobilställen mit Grünauslauf. Die Tiere wurden gleichmäßig auf vier Fütterungsgruppen verteilt (Kontrolle, Versuch 1; Versuch 2; Versuch 3). Die Versuchsgruppe 1 erhielt Mischungen mit 2,5 % S. p. (Aufzucht) und 1,25 % S. p. (Mast), die Gruppe 2,5 % S. p. (Aufzucht) und 2,5 % S. p. (Mast), die Gruppe 3 erhielt nur in der Aufzucht das Spirulina-Produkt (5 % S. p. vom 1. – 14. Lebenstag und 2,5 % vom 15. – 28. Lebenstag).

Die eingesetzten Spirulina-Mischungen wurden ohne Probleme verzehrt. Es waren keine Unterschiede im Gesundheitsstatus zwischen den Gruppen festzustellen. Die Mast- und Schlachtleistungsergebnisse zeigten einen Dosis-Wirkungs-Effekt: je höher die aufgenommene Spirulina-Menge (Kontrolle: 0 g; Versuch 3: 39 g; Versuch 1: 76 g; Versuch 2: 153 g pro Tier in Aufzucht und Mast), desto besser die Schlachtkörpergewichte und die Schlachtausbeute. Damit verbunden waren erhöhte Teilstückgewichte (Brust und Schenkel) im Schlachtkörper. Die Farbe des Brustmuskels unterlag einem sichtbaren Einfluss der Spirulina-Fütterung.

Aufgrund der hohen Kosten für das Produkt Spirulina platensis verschlechtert sich – trotz verbesserter Mast- und Schlachtkörperleistungen – die Wirtschaftlichkeit der Broilermast. Somit ist ein Einsatz dieses Produkts nur für die 1. Phase der Aufzucht (1. – 14. Lebenstag) zu empfehlen

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Gerhard Bellof und
Dr. Luz Salomé Carrasco,
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Kontakt: gerhard.bellof@hswt.de

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