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Einsatz der Mikroalge Spirulina platensis in der Broilermast – TEIL 1
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Die Mikroalge Spirulina platensis – Eigenschaften, Inhaltsstoffe und Futterwert

Spirulina platensis zählt zur Gruppe der Blaualgen. Als Prokaryoten unterscheiden sich die Blaualgen von den eukaryotischen Algen in wesentlichen Merkmalen: ihren Zellen fehlen wichtige Zellorganellen wie Zellkern, Mitochondrien, Lysosomen, Endoplasmatisches Retikulum und membranbegrenzte Chloroplasten.

Prof. Dr. Gerhard Bellof und Dr. Luz Salomé Carrasco, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf befassen sich aktuell mit dem Einsatz der Mikroalge Spirulina platensis in der Broilermast. Im folgenden, ersten Teil des Fachbeitrags geht es um die Eigenschaften, Inhaltsstoffe und den Futterwert von Spirulina platensis. Außerdem stellen die beiden Autoren die Fragestellungen und die Vorgehensweise zu ihrem Fütterungsversuch mit Spirulina platensis in der ökologischen Broilermast vor. Im darauffolgenden, zweiten Beitrag sind die Ergebnisse zusammengefasst und diskutiert. Dabei wird dann auch die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes eines Spirulina-Produktes in der Fütterung betrachtet.

Außerdem besitzen einige Cyanophyten die Eigenschaft, Luftstickstoff zu binden. Sie werden dennoch den Algen zugerechnet, da sie zu einer Photosynthese befähigt sind, die bis in viele Details mit der von grünen Pflanzen übereinstimmt. Es gibt etwa 2.000 Blaualgen-Arten, die vor allem im Süßwasser leben. Einige Vertreter sind allerdings auch an das Leben an Land angepasst.

Die Zusammensetzung der Photosynthesepigmente erinnert an die Gruppe der Rhodophyta: neben Chlorophyll a liegen Phycocyanin und Phycoerythrin vor. Jedoch überwiegt hier Phycocyanin, was eine bläuliche Farbe bewirkt. Als akzessorische Pigmente finden sich β-Carotin, zum Teil auch Zeaxanthin, Echinenon und Myxoxan-thophyll, aber kein Lutein.

Cyanophyceenstärke, ein der Florideenstärke verwandtes Glucan, wird als Reservestoff gespeichert. Zum Aufbau der Zellwand wird keine Cellulose verwendet, sondern Murein und Lipopolysaccharide (Sommer, 1996).

Verwendung finden Blaualgen vor allem als Nahrungsergänzungsmittel, wie zum Beispiel Spirulina platensis. Solche Produkte werden traditionell in Afrika, Amerika und Asien als Nahrungszusatz verzehrt. Spirulina platensis gehört zu den auf dem Markt am weitesten verbreiteten Mikroalgen. Alleine auf dem „Health-Food“-Sektor werden jährlich über 3.000 Tonnen Biomasse verkauft, der vor allem in den USA, Kanada, Japan und Europa seine wichtigsten Märkte besitzt (www.igv-gmbh.de).

Spirulina platensis wird vorwiegend kommerziell angebaut. Hierzu wird meist ein reiner Stamm im Labor vorkultiviert, bevor er dann in ein Becken mit Wasser eingesetzt wird. Die Qualität dieses Wassers ist mitverantwortlich für die spätere Beschaffenheit der Alge. In den meisten Fällen wird frisches Wasser kombiniert mit nährstoffreichem Meerwasser eingesetzt. Zudem wird es konstant fließend gehalten und mit weiteren Nährstoffen versorgt. Ist die gewünschte Wachstumsrate erreicht, wird die Mikroalge aus dem Becken gepumpt, aufgereinigt und schonend sprühgetrocknet. Es resultiert ein grünes Pulver, das dann zu Kapseln oder Pulver weiterverarbeitet werden kann (www.naturalways.com).

Viele Hersteller werben mit möglichst naturnahen Anbaumethoden wie ausschließlichem Wachstum im natürlichen Sonnenlicht; auf Bestrahlung oder Einsatz von Gentechnik wird verzichtet. Zudem wird eine ständige Wasser- und Abwasserkontrolle durchgeführt und ausschließlich mit Nährstoffen aus pflanzlichen Rohstoffen gedüngt (Olaizola, 2003).

Spirulina platensis weist eine interessante Nährstoffzusammensetzung auf. Die Mikroalge weist einen hohen Protein-Anteil von 55 – 67 % auf, wobei alle essentiellen Aminosäuren vorkommen. Der Kohlenhydratgehalt liegt zwischen 10 und 19 %, dabei fällt der hohe Anteil an Rhamnose auf. Palmitin- und gamma-Linolensäure machen den Großteil des Fett-Anteiles aus. Dieser kann zwischen 7 und 15 % betragen. Eine Übersicht zu den wichtigsten für die Fütterung relevanten Inhaltsstoffe von S. platensis gibt die Tabelle 1. Zu erwähnen ist daneben der hohe Gehalt an B-Vitaminen, vor allem B12 (Watanabe et al., 2002).

Hervorzuheben ist der besondere Bau der Zellen. Diese werden nicht durch eine starre Zellwand begrenzt, sondern besitzen nur eine dünne Zellmembran aus Mucopolysacchariden. Diese morphologische Besonderheit stellt eine günstige Ausgangsbedingung für die Verdauungsprozesse dar. Die Verdaulichkeit des Proteins wird mit 85 bis 95 % angegeben.

Der Mikroalge wird eine Vielzahl verschiedener gesundheitlicher Effekte in der Humanernährung nachgesagt. Hierbei sind unterschiedliche pharmakologische Effekte beschrieben worden. Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde Spirulina platensis als „Health-improving-Agent“ eingestuft. Ein gewisses Problem besteht darin, dass die Mikroalge während des Kultivierungsprozesses mit anderen Algenarten verunreinigt werden kann. Sind diese Fremd-Algen in der Lage, Toxine zu bilden (z. B. Microcystin), können sich diese später im Spirulina-Produkt anreichern. Einzige Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, besteht in einer verstärkten Kontrolle des Anbauprozesses und hierbei vor allem des Wassers.

Tabelle 1: Zusammensetzung von Spirulina platensis (Literaturübersicht)

Fütterungsversuche mit Spirulina-Produkten in der Broilermast

In der Vergangenheit wurden bereits mehrere Untersuchungen zum Einsatz von Blaualgen in der konventionellen Geflügelfütterung durchgeführt. Die Ergebnisse für die Geflügelmast sind allerdings widersprüchlich.

Brune (1982) untersuchte die Verträglichkeit der Einzelleralge Spirulina maxima für Broiler (ab dem 9. Lebenstag). Hierbei wurde in der Variante 1 ein Mischungsanteil von 28,6 % und in der Variante 2 von 27,4 % Spirulina maxima eingesetzt. Damit stellte das Algenprodukt in den beiden Versuchsvarianten das einzige Eiweißfuttermittel dar, allerdings wurde jeweils synthetisches Methionin zugelegt. In der Variante 2 wurde das Fett von Spirulina maxima durch Extraktion weitgehend entfernt (Tabelle 1), was zu einem erhöhten Rohproteingehalt führte. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (100 %) verzehrten die Tiere der Variante 1 73 %, die der Variante 2 91 % der Futtermenge. Beim Gewichtszuwachs ergaben sich für die Variante 1 85 % und für die Variante 2 103 % im Vergleich zur Kontrolle (100 %). Sowohl die Farbe der Ständer als auch des Fettgewebes war bei den Tieren der Variante 1 in Richtung „orange“ verändert, während in der Variante 2 mit dem entfetteten Spirulina-Produkt diese Abweichungen nicht zu beobachten waren. Der Autor vermutet, dass sich in der Rohfettfraktion der Algen wachstumshemmende Faktoren befinden.

Ross and Dominy (1990) untersuchten den Effekt verschiedener Anteile von Spirulina platensis in Futtermischungen für Hühnerküken. In einem ersten Experiment wurden Mischungsanteile von 5; 10; 15 und 20 % Spirulina gegen eine Kontrolle mit HP-Sojaextraktionschrot als dominierendem Eiweißfutter an Küken für die Junghennenaufzucht geprüft. Nach einer Versuchszeit von 21 Tagen zeigten die Tiere mit einem Spirulina-Anteil von 20 % (Supplementation von Lysin und Methionin) gegenüber den anderen Gruppen einen signifikant verringerten Gewichtszuwachs. Die Futterverwertung war dagegen nur tendenziell verschlechtert. In einem zweiten Experiment prüften die Autoren Alleinfuttermischungen mit Spirulina-Anteilen von 1,5; 3,0; 6,0 und 12,0 % in der Broilermast (41 Tage). Bis zu einem Mischungsanteil von 3 % zeigten die Tiere gegenüber der Kontrolle tendenziell ansteigende Gewichte. Diese verringerten sich ab einem Mischungsanteil von 6 % wieder und unterschritten bei einem Anteil von 12 % sogar tendenziell die Gewichte der Kontrolle. Die beobachteten Wachstumsdepressionen bei hohen Spriulina-Anteilen in den dargestellten Experimenten könnten mit möglichen Qualitätsmängeln bei dem eingesetzten Algenprodukt erklärt werden. So kann eine Überhitzung während des Trocknungsprozesses zu einer reduzierten Verfügbarkeit des Lysins im Produkt führen.

Venkataraman et al. (1994) prüften den Ersatz von Erdnusskuchen oder Fischmehl durch Spirulina platensis in Futtermischungen für Broiler (ab der 5. Lebenswoche, Versuchsende 16. Lebenswoche). Die Studie zeigte, dass der isonitrogene Austausch (Spirulina-Anteile im Laufe der Mast von 17 auf 12 % reduziert) ohne Leistungseinbußen möglich war. Auch die Fleischqualität blieb mit Ausnahme der Fett- und Fleischfarbe unbeeinflusst. Die intensivere Pigmentierung von Haut, Brust-, Schenkelmuskulatur und Depotfett wird von den Autoren mit dem hohen Carotinoid-Gehalt in dem Algenprodukt begründet. Diese wirkte sich nicht negativ auf die sensorischen Eigenschaften des Fleisches aus.

Toyomizu et al. (2001) untersuchten in einem Experiment mit Broilern (21. – 37. Lebenstag) den Effekt steigender Mischungsanteile an Spirulina platensis (0; 4, und 8 %) auf die Gewichtsentwicklung, Leber- und Nierengewichte, das Abdominalfett sowie die Fleischfarbe. Mit zunehmenden Spirulina-Anteile verringerten sich tendenziell die Lebendmassen (37. Lebenstag; Kontrolle: 1934 g, 4 %: 1867 g, 8 %: 1786 g), während der Abdominalfettanteil sich tendenziell erhöhte. Die Organgewichte zeigten keine gerichteten Veränderungen.

Toyomizu et al. (2001) berichten, dass die mit Spirulina platensis versorgten Tiere eine nach orange bis orange-gelb veränderte Farbe in ihrem Brustmuskel aufwiesen. Hierbei stellten sie heraus, dass die Farbveränderungen keinem strengen Dosis-Wirkungs-Prinzip unterlagen. So wiesen die Tiere mit einem Spirulina-Anteil von 4 % die höchsten Rottöne (a*-Wert), die mit einem Spirulina-Anteil von 8 % die höchsten Gelbtöne (b*-Wert) auf.

Somit kann festgehalten werden: Das Produkt Spirulina platensis erfüllt wesentliche Kriterien für ein Eiweißfuttermittel. Es liegen für die konventionelle Geflügelfütterung vielfältige Informationen vor. Eine einfache Übertragung auf die spezielle Situation der ökologischen Geflügelfütterung ist aber nicht möglich. Eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit für diesen Bereich fehlt.

Fütterungsversuch mit Spirulina platensis in der ökologischen Broilermast

Fragestellungen

Mit der vorliegenden Studie sollten folgende Fragen überprüft werden:

  1. Kann ein Produkt aus der Mikroalge Spirulina platensis in der ökologischen Broilermast erfolgreich eingesetzt werden? Welche Auswirkungen sind auf die Mastleistung und den Schlachtkörperwert zu erwarten?
  2. Welche Mischungsanteile sind für die ökologische Broilermast zu empfehlen?
  3. Wie ist die Wirtschaftlichkeit eines Zusatzes von Spirulina platensis für die ökologische Broilermast zu bewerten?

Vorgehensweise

Haltung

Der Versuch wurde in der Lehr- und Forschungsstation der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Campus Weihenstephan durchgeführt. Für die Aufzucht stand ein Geflügelmaststall (massiv, klimatisiert) mit 24 Abteilen (30 Tiere/Abteil, entspricht 6,7 Tiere pro m2); für die Mast drei Mobilställe mit jeweils 4 Abteilen (somit 12 Abteile (32 Tiere/Abteil, entspricht 2,7 Tiere pro m2) zur Verfügung. Jeder Mobilstall war mit einem flächengleichen Auslauf (128 m2) aus­gestattet.

Die Haltung der Tiere erstreckte sich über einen Zeitraum von 56 Tagen und gliederte sich in die Aufzucht (Phase 1 = 1. – 14. Lebenstag; Phase 2 = 15. – 28. Lebenstag) sowie in die eigentliche Mast (Phase 3 = 29. – 56. Lebenstag).

Die Bedingungen während der Aufzucht und Mast entsprachen den üblichen Bedingungen in der ökologischen Broilermast (z. B. Einstreu, Temperatur, Beleuchtungs­dauer). Bei der Versuchsdurchführung konnten alle Richtlinien der EG-Öko-Verordnung befolgt werden. Es wurden 720 Eintagsküken des Genotyps ISA-JA-957 (15 männliche und 15 weibliche Tiere pro Abteil) gemischtgeschlechtlich aufgestallt. Die Küken wurden in der Brüterei mit Marek, Infektiöse Bronchitis sowie Paracox und während der Aufzucht gegen die Infektionskrankheiten Gumboro und Newcastle-Disease geimpft. Die Haltung erfolgte in der Aufzuchtphase im isolierten, beheizten Feststall, um den hohen Temperaturansprüchen der Tiere gerecht zu werden. Für die Mastphasen ab dem 28. Tag wurden die Gruppenmitglieder jeder Wiederholung systematisch aufgeteilt, so dass für die Hälfte der Tiere die Weitermast in Folienstallungen mit Grünauslauf durchgeführt werden konnte.

Die Datenerfassung relevanter Merkmale der Mastleistung (z. B. Futterverzehr, Körpergewicht, Verluste) erfolgte in regelmäßigen Abständen. Der Futterverzehr konnte nur innerhalb einer Haltungsgruppe (Abteil) erhoben werden. Für die Ermittlung des Schlachtkörperwertes wurde nach 56 Tagen eine repräsentative Stichprobe von vier Tieren jeder Wiederholung geschlachtet. Für die Schlachtkörper erfolgte eine Teilstückzerlegung nach der DLG-Schnittführung (Brust und Schenkel (Ober- und Unterschenkel) incl. Haut und Knochen) und Verwiegung der Teilstücke. Die Teilstückgewichte sind zudem als Anteil vom Schlachtkörpergewicht ausgewiesen. An den Brustmuskeln wurden jeweils 72 h p.m. mit einem Minolta Spektralphotometer (CM 508i) im CIE-System folgende Farbwerte erhoben: Helligkeit (L); Rotton (a*); Gelbton (b*); Buntheit (C) sowie der Farbwinkel/Bunttonwinkel (h). Es wurde darauf geachtet, dass alle Farbmessungen in einer Fläche ohne offensichtliche Farbfehler (Blutflecken) durchgeführt wurden.

Ökologische Broilermast im Mobilstall mit Grünauslauf

Fütterung

Der Versuchsaufbau ist in der Tabelle 2 dargestellt. Hierbei wurde für das zu prüfende Produkt Spirulina platensis (Tabelle 1) ein maximaler Mischungsanteil von 5 % festgelegt. Die Alleinfuttermischungen für die Aufzucht und die Mast sollten einen mittleren ME-Gehalt aufweisen (Tabelle 3). Die Ausstattung mit essentiellen Aminosäuren orientierte sich an den Empfehlungen der GfE (1999). Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse für die einzusetzenden Rohstoffe wurden die in Tabelle 4 dokumentierten Futtermischungen erstellt. Alle Rohstoffe stammten aus ökologischer Erzeugung. Die Mischungen erfüllten somit die Vorgaben zur‚ '100 %-Bio-Fütterung’. Die Herstellung der Futtermischungen erfolgte nach den Vorgaben der Versuchsansteller in einem Bioland-Mischfutterwerk. Die pelletierten Futtermischungen wurden ad libitum vorgelegt. Sowohl die Einzelfuttermittel als auch die Futtermischungen wurden nach konventionellen Analysemethoden (BASSLER, 1988, 1997) auf ihren Nährstoffgehalt sowie die wichtigsten essentiellen Aminosäuren untersucht. Die energetische Bewertung der Futtermischungen erfolgte nach den Schätzgleichungen der WPSA (1984). 

Das im Grünauslauf (Dauergrünland) aufgenommene Gras (29. – 56 Lebenstag) konnte nicht quantifiziert werden, da die aufgenommenen Mengen sehr gering waren.

Auf der Basis der in den Mischungen eingesetzten Rohstoffe wurden Preise erhoben und die Mischungskosten kalkuliert. Mithilfe der im Versuch gewonnenen Leistungsdaten konnte die Wirtschaftlichkeit des Spirulina-Einsatzes eingeschätzt werden.

Tabelle 2: Versuchsaufbau für den Fütterungsversuch ‚Einsatz von Spirulina platensis (S.p.) in der ökologischen Broilermast’

Tabelle 3: Inhaltsstoffausstattung (geplant) der Futtermischungen für die ökologische Broilermast mit Spirulina platensis

Tabelle 4: Zusammensetzung der Futtermischungen für die ökologische Broilermast mit Spirulina platensis

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Gerhard Bellof und
Dr. Luz Salomé Carrasco,
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Kontakt: gerhard.bellof@hswt.de

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