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Viel Platz, viel Luft, viel Stroh – die Maxime für die Schweinehaltung im Betrieb Hagmeier
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Elvira und Christoph Hagmeier sind sich sicher. „So wie wir unsere Ställe jetzt umgebaut haben ist es gut für die Schweine und für uns. Die Tiere brauchen den Platz, die frische Luft im Auslauf und eine anständige Strohmatratze um sich wohlzufühlen. Und wir können uns mit unserem Stall bei allen Verbrauchern sehen lassen“.

Die Religionspädagogin und der Agraringenieur, der seine Ausbildung in Nürtingen noch unter Prof. Schwarting genießen durfte, haben damit den weiteren Kurs ihres Betriebes festgelegt. Aber auch die 5 Kinder, bei denen großes Interesse besteht den Hof weiterzuführen, tragen das Konzept mit.

Der Betrieb Hagmeier auf der schwäbischen Alb befindet sich in der Umstellungsphase zum ökologischen Landbau

Anfang der 90er Jahre hat man in Schalkstetten einmal aufgehört mit der in die Jahre gekommenen Schweinehaltung. Aber schon 1997 wurde wieder ein Maststall mit 1.200 Tieren gebaut. Ein zweiter folgte 5 Jahre später. 10 Jahre später begannen dann die Überlegungen, ob die gebauten Ställe denn das Optimum für die Schweine darstellen. Man strecke seine Fühler aus und 2016–2017 kam die Familie Hagmeier über den Berater Rudi Wiedmann in Kontakt mit anderen Betrieben, die sich dem EIP-Projekt „Verbesserung des Tier- und Umweltschutzes in der Schweinehaltung durch baulich innovative Lösungen mit dem Ziel der Praxisverbreitung“ angeschlossen haben (Informationen dazu unter www.EIP-Schwein.de). Darauf fiel dann die Entscheidung auch in diesem Projekt mitzumachen und die Mastställe umzubauen bzw. einen Ferkelaufzuchtstall neu zu bauen. Auch wenn es dazu notwendig wurde, den schon nach BIMSCH genehmigten Neubau eines 1.000er Maststalles auszusetzen bzw. eine Änderung zu beantragen. Nachdem diese administrative Hürde genommen wurde, konnte es 2019 losgehen.

Im Innenbereich der Mastställe wurde ein Teil der Spaltenböden mit Douglasienbretter abgedeckt und zur eingestreuten Liegefläche umgestaltet.

Zunächst wurden die beiden bestehenden Mastställe umgebaut. Ein Teil des Spaltenbodens konnte weiter genutzt werden, hier installierte der Agraringenieur die Breifutterautomaten. Der Großteil des ehemaligen Spaltenbodens wurde jedoch mit Douglasien Dielen abgedeckt und ab sofort mit einer Stroheinstreu betrieben. Jede der 8 Buchten pro Stall in denen sich 100 Tiere befinden hat zudem einen separaten teilüberdachten Auslauf bekommen, der ebenfalls eingestreut wird. Lange wurde über eine Kot-Harntrennung im Auslauf, auf dem tatsächlich der allermeiste Kot und Harn anfällt, und dessen Umsetzung beraten. Es wurde schlussendlich eine Rohrleitung zur Abführung des Harns gebaut. „Durch die hohen Mengen an Stroh, die wir einstreuen, fällt kaum mehr ungebundener Harn an, sodass der Auffangbehälter immer ziemlich leer ist.“ resümiert Christoph Hagmeier.

Die Breifutterautomaten stehen weiterhin auf Betonspalten

Schnittzeichnung des umgebauten Maststalles (Zeichnung www. EIP-Schwein.de)

In den so umgebauten Stall passen jetzt nur noch 800 Mastschweine, denn heute steht den Schweinen 1m² Innenfläche und 0,6 m² Außenfläche zur Verfügung und damit doppelt so viel wie früher. Das wird sich noch weiter reduzieren, falls einmal auch hier auf Bio umgestellt wird.

Wo viel Stroh eingesetzt wird, im Stall wird übrigens händisch vom Tierbetreuer selbst von einer Strohgondel eingestreut, muss auch viel gemistet werden. „Natürlich hat sich die Arbeitszeit, die wir für die Schweine benötigen deutlich erhöht. Zweimal die Woche muss der Außenbereich entmistet und neu eingestreut werden. Dazu brauche ich etwa 3 Stunden. Wenn alle 4 Wochen dann auch der innere Bereich gemistet wird, brauchen wir zu zweit dann noch etwas länger. Allerdings können wir alle Bereiche maschinell entmisten. Im Stall selbst geht das mit einen kleinen Radlader, der dann den Mist in den Außenbereich schiebt, wo ihn dann der Große in Empfang nimmt und wegschiebt.“ erklärt der Betriebsleiter.

Der Auslauf wurde zusätzlich an die beiden Mastställe angebaut

Nach dem Misten wird der Bereich noch einmal mit einem speziellen Kalk (aus Thüringen mit speziell hohem ph-Wert) abgestreut und dann wieder eingestreut. „Ich spare dabei nicht mit Stroh, denn das wird mir bei der Bezahlung der Tiere honoriert, auch wenn ich im Jahr gute 600 Quaderballen benötige“ sagt Christoph Hagmeier. Die Herausforderung ist möglichst viele Schweine ohne Schwanzverletzungen durchzubringen. Und dafür muss tüchtig eingestreut werden ist sich der Betriebsleiter sicher. Bisher ist dies auch zum allergrößten Teil gelungen.

Die Haltung von Schweinen mit langen Schwänzen funktioniert ausgezeichnet

Neben der hohen Einstreumenge, die allerdings auch für ziemlich viel Staub sorgt, gibt es noch zwei Schmankerl für die Mastschweine. Da wäre zunächst die Dusche für den Sommer. Allerdings ist er mit dieser im Maststall noch nicht ganz zufrieden: „Im Auslauf des Maststalles sind Verteildüsen angebracht, die das Wasser großflächig verteilen. Das macht zu viel Stroh nass und nicht unbedingt die Schweine. Meine Lösung im Ferkelaufzuchtstall gefällt mir besser. Dort tropft das Wasser nur nach unten und auf dem Boden bildet sich tatsächlich eine kleine Suhle, in der sich die Schweine bei hohen Temperaturen ständig abkühlen“.

Im Sommer können die Schweine sich unter Sprüh- bzw. Tropfdüsen abkühlen

Der zweite Höhepunkt im Auslauf ist die periodische Zufütterung (händisch eingeschaltet) mit ganzen Bohnen. Dazu hat der Agraringenieur einen Teil der alten Futterleitung über dem Stroh verlegt und lässt dort über kurze Zeiträume eine kleine Menge an Bohnen ins Stroh fallen. Das bringt eine zusätzliche Motivation zum Wühlen, so wie es die Wildschweine in freier Natur gewöhnt sind.

Die Lüftungsanlage im Stall ist zwar noch funktionsfähig, wird aber zurzeit nicht benötigt. Durch die offenen Abluftkamine entsteht ausreichend Thermik, sodass durch die offenen Fenster und Türen genügend Frischluft einströmt. 

Der Ferkelaufzuchtstall ist als Pigport-Stall ausgeführt

Im Betriebskonzept steht in Absprache mit der ferkelliefernden Erzeugergemeinschaft (EZO Süd) ebenfalls die Aufzucht von zugekauften Ferkel im eigenen Ferkelaufzuchtstall. Auch dieser wurde im Zuge des Bauvorhabens neu gebaut. Natürlich auch hier unter besonderer Berücksichtigung des Tierwohles. Im Prinzip handelt es sich beim Neubau um einen Außenklimastall mit dreiseitiger Umwandung, zweistufigen Dach und Auslauf.

Schnittzeichnung des neu gebauten Ferkelaufzuchtstalles (Zeichnung www.EIP-Schwein.de)

1.200 Ferkel finden hier in 7 Buchten Platz. Gefüttert wird über Brei- und Trockenfutterautomaten. Während die Breifutterautomaten gleich vor den Liegekisten angeordnet sind, befinden sich die Trockenfutterautomaten an der Stirnseite der Liegekisten. „Durch die zusätzliche Futtergabe in den Liegekisten haben wir uns erhofft, dass sie sauberer bleiben, bisher ist diese Hoffnung auch erfüllt worden. Wir müssen in den Liegekisten nur sehr wenig misten.“ so Christoph Hagmeier.

Gefüttert wird im Aufzuchtstall trocken außerhalb und innerhalb der Liegekisten

Die Kistendeckel können zu Kontroll- und Mistzwecken angehoben werden. Um eine Lüftung in der Kiste zuzulassen, kann der Kistendeckel im hinteren Bereich der Kiste aufgeschoben werden. Die traufseitige Wand des Stalles ist zusätzlich mit einer regelbaren Öffnung versehen, damit eine Querlüftung auch im überdachten Bereich möglich ist. Der Fußboden ist komplett plangeschlossen und eingestreut. Dies gilt auch für den Auslauf. Von außen kann mit dem Ballenauflöser etwas 2 m weit eingestreut werden. Im Inneren befindet sich genau wie im Maststall eine Strohgondel, von der während der Tierkontrolle händisch Stroh entnommen und verteilt werden kann. 

Eingestreut wird händische von einer Strohgondel (auch im Maststall)

Die Gesamtinvestitionssumme betrug nach Angaben des Betriebsleiters etwa 600 Euro pro Mastplatz. Davon wurden 60 % (nur für den Teil Tierwohl und Innovation) als Förderung ausgereicht. 40 % über die normalen AFP-Mittel und nochmal 20 % über das schon beschriebene EIP-Projekt. Das sind Investitionen, die auch erst mal wieder hereingeholt werden müssen. Daher haben sich die Hagmeiers schon im Vorfeld nach einem Vermarktungspartner umgeschaut, der diese Leistungen auch langfristig honoriert. In der EDEKA und deren Programm „Hofglück“ haben sie solch einen Partner gefunden. Voraussetzung für dieses Programm ist die Anerkennung durch das Labelprogramm des Tierschutzbundes. Dafür werden dann aber auch fest 2,15 € je kg Schlachtgewicht bezahlt. Sollten die notierten Schweinepreise nochmal über 1,85 €/kg steigen, werden auch zusätzliche Zahlungen an den Erzeugerbetrieb veranlasst.

Gefordert wird im Hofglückprogramm auch die gvo-freie Fütterung. Auf gvo-Sojaschrot muss also verzichtet werden. In der Mast setzt Christoph Hagmeier daher auf Rapsschrot, die eigen angebauten Bohnen und im Vormastbereich noch auf ein bisschen gmo-freies Sojaschrot. In Zukunft kommen dann auch noch die Erbsen aus dem Triticale-Erbsen-Gemenge zum Einsatz, das in diesem Jahr zum ersten Mal angebaut wurde.

Ein Triticale-Erbsengemenge setzt Christoph Hagmeier demnächst in der Schweinefütterung ein

Die Bohnen setzen die Hagmeiers schon lange ein. Als in 2019 der Stall leer war, musste man die Bohnen verkaufen. Allerdings wollt sie in der Umgebung keiner haben, die gingen dann nach Italien. Welche Verschwendung.

Die eingesetzten Mastmischungen sehen folgendermaßen aus:

In der Umstellungsphase dürfen noch Futtermittel wie Extraktionsschrote gefüttert werden. Sind auch die Schweine dann, wie evtl. beabsichtigt, auch auf ökologischen Produktion umgestellt, müssen andere Fütterungskonzepte her.

Für Elvira und Christoph Hagmeier gab es kein „weiter so“ in ihrer Tierhaltung. Der Schritt zum Tierwohlstall und anschließend auf Grund der guten Erfahrung mit dem Stroh, wohlwissend, dass dieser Schritt deutlich größer ist, zur Umstellung auf ökologische Produktion war deshalb nicht weit. Natürlich wird jetzt mehr Arbeitszeit benötigt, aber „die Arbeitsqualität hat deutlich zugenommen. Die Tiere laufen beim Separieren wie von alleine und die Luft ist dabei auch bedeutend besser. Es hat eine Zeit gedauert, bis auch bei uns dieser Schritt gewagt wurde. Wenn mir jemand vor 10 Jahren gesagt hätte, dass ich heute im Strohstall arbeite, hätte ich das nicht geglaubt.“ resümiert der Agraringenieur.

Der Strohstall erfreut nicht nur die Schweine sondern auch den Tierbetreuer

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: manfred.h.weber(at)gmx.de

Fotos: Dr. Manfred Weber