Stickstoffreduziert in die Zukunft – Betrieb Heussi (Schweiz) stellt Fütterung um
„Im Jahr 2005 haben wir festgestellt, dass unser Melker mehr kostete, als wir mit der Milch erlöst haben, daher haben wir uns von unseren 35 Milchkühen getrennt. Ich hoffe, dass uns das in den nächsten Jahren nicht auch mit den Schweinen passiert“ schaut Markus Heussi nicht ganz so optimistisch in die Zukunft. In seinem Gemischtbetrieb in Sulgen im Kanton Thurgau (Schweiz), etwa 10 km vom Bodensee entfernt, hält er 160 Zuchtsauen und 420 Mastschweine.
Daneben ist er aber auch noch als Lohnunternehmer tätig, „Von der Bodenbearbeitung bis zur bzw. vor der Ernte bieten wir Leistungen an“, und hat als weiteres Betriebsstandbein auch noch die Rasenpflege von größeren Rasenflächen wie Sportplätzen im Portfolio.
In seinem Stammbetrieb bewirtschaftet er neben den Schweinen etwa 35 ha landwirtschaftliche Betriebsfläche mit Grünland und Marktfruchtbau.
Betriebsspiegel (Ruppertsmoos):
- 35 ha LN, davon:
11 ha Grünland
24 ha Ackerbau mit einer Fruchtfolge von Mais-Winterweizen-Zuckerrüben-Winterweizen-Gerste/Raps-2 Jahre Futtergras - 160 Sauen mit Ferkelaufzucht und 420 Mastplätze
- AK: 4,5 (incl. Lohnarbeit)
„Bis auf die Ferkelaufzucht haben bei mir alle Tiere Auslauf“ ist Heussi stolz auf seine tierwohlgerechte Haltung. Er hat seine Ställe alle so gebaut, dass er als Labelbetrieb arbeiten könnte, es aber bisher vermieden, einem beizutreten: „Das würde uns nur noch mehr Arbeit und Stroh kosten.“
Im Deckzentrum befindet sich eine Dreiflächenbucht. Am Zentralgang liegen die Fressliegebuchten deren Boden plangeschlossen ist, dahinter ein perforierter Laufgang, aus dem die Sauen dann in den Auslauf gehen können. „In zwei Monaten im Sommer ist die Innenfläche stärker verschmutzt, das liegt an den hohen Temperaturen im Stall, da liegen die Sauen lieber draußen“ meint Markus Heussi. An einer Seite des schmalen und langen Deckstalles liegt die Eberbucht und eine „Besamungsbucht“. In der Eberbucht finden wir zwei Eber (Geschwister), die sich gut vertragen und die Sauen beim Deckakt stimulieren können. Dazu werden die Sauen immer in 4er oder 5er Gruppen in die Besamungsbucht vor die Eber gebracht und dort in der Gruppe besamt. „Das funktioniert prima“ betont der Betriebsleiter und behält mit einer Non-Return-Rate von 93% recht. Danach gehen die Sauen wieder in die große Bucht. Die Fressliegebuchten werden so also nie geschlossen und die Sauen haben auch im Deckstall immer Freilauf. Besamt wird in der Regel zweimal, bei lang rauschenden Sauen auch ein drittes Mal.
Danach kommen die Sauen in den Wartestall. Der ist im alten Kuhstall untergebracht. Mit einem kleinen Anbau bietet er Platz für 120 Sauen. Die Jungsauen haben ihr eigenes Domizil am Rande der Großgruppe für die älteren Sauen. Notwendig ist das, weil mit Abruffutterstationen gearbeitet wird. So können die Jungsauen in aller Ruhe sich an die Technik gewöhnen und nach der ersten Geburt dann in die große Gruppe eingegliedert werden.
Insgesamt stehen den Tieren 5 Abruffutterstationen zur Verfügung (1 für die Jungsauen). „Futterbeginn ist um 5 Uhr morgens und am späten Vormittag sind fast alle Sauen immer durch“ erklärt der Ruppertsmooser. Durch die Abrufstationen werden die Tiere gleich in den Auslauf geführt. Dieser ist mit einem dichten Netz gegen Vögel und Sonnenschein abgedeckt. Der stallnahe Bereich ist plangeschlossen und leicht eingestreut, daran schließt sich dann ein perforierter Bereich an, auf dem hauptsächlich abgekotet werden soll. Leider funktioniert das nicht immer.
Die innen liegenden Liegekojen weisen leider auch häufig Verschmutzungen auf. Daher wird jeden Morgen (zum Teil auch abends) noch zusätzlich gemistet und frisch eingestreut. „Dazu bekommen die Sauen immer frisches Heu, wenn dann die „Musik“ im Stall anfängt (Anm. d. Red. das Schmatzen der Sauen) bin ich wieder zufrieden.“ erklärt Markus Heussi mit einem Lächeln im Gesicht.
Markus Heussi (links), hier mit Fütterungsberater Beat Süess von der Firma Melior, reicht den Sauen täglich Heu zur freien Aufnahme
Zum Misten werden die Sauen alle in den Auslauf getrieben. Dies dient dann auch gleichzeitig zur Gesundheitskontrolle der Tiere. Dann bekommen die Sauen auch im Auslauf noch eine Portion Silomais zur freien Aufnahme und somit ausreichend Grundfutter um ihren Magen-Darmtrakt gesund zu erhalten. Nicht zuletzt deshalb müssen die Güllekanäle regelmäßig gespült und geleert werden, damit das eingebrachte Raufutter die Kanäle nicht verstopft.
Im Sommer kommt die Lüftung des Stalles oft an ihre Grenzen. Daher werden dann die Tore auf beiden Seiten geöffnet und eine leichte Querlüftung stellt sich ein. Das genießen die Sauen bei hohen Temperaturen im Stall.
Im Jahr 2006 wurde in Ruppertsmoos der Abferkelstall neu gestaltet. In die offene Stallhülle hat man in Panelbauweise die Alphanest-Abferkelbuchten eingebaut. Jede Sau hat hier 11 m² zur Verfügung und kann sich ihren Aufenthaltsbereich frei aussuchen.
Entweder im wärmegedämmten Innenbereich, oder im Außenklima-Auslauf. Zum Fressen muss die Sau aufstehen und durch die Tür des Liegebereiches diesen verlassen. Das Ferkelnest ist neben dem Liegebereich am zentralen Versorgungsgang angebracht und verschließbar. Dazu der Tierbetreuer: „Wenn das Ferkelnest verschlossen ist, können wir ganz in Ruhe die Ferkel dort entnehmen und sie behandeln, ohne, dass die Sau uns in die Quere kommt“. Aber auch weitere Vorteile schildert Heussi: „Da der Innenbereich jeder Sauenbucht zu den Nebenbuchten komplett geschlossen ist, können die Sauen ganz in Ruhe abferkeln und wir kommen über den Zentralgang, zu dem die Bucht geöffnet ist, sehr gut zur Geburtshilfe an die Sauen heran.“
Die Luftzuführung für den wärmegedämmten Innenbereich kommt über Lochplatten in der Decke des Zentralganges. „Dadurch können wir alle Behandlungen am Ferkel in bester Luft durchführen.“ so Markus Heussi. Mit 11m² benötigt die Bucht schon einen großen Raum, ist aber für Umbauten sehr gut nutzbar. Die im Außenbereich verlegten Gussroste mussten aber schon einmal ausgetauscht werden.
Gemistet werden die Außenbereiche dreimal pro Woche, wobei die groben, nicht durchgetretenen Überreste über Abwurfklappen unter den Toren leicht in den Güllekanal geschoben werden können. Im Liegebereich wird täglich, falls notwendig, der Mist entfernt. Dadurch, dass der Liegebereich plangeschlossen ist, kann der Sau ausreichend Nistbaumaterial zur Verfügung gestellt werden.
Das A und O im Abferkelstall ist laut Betriebsleiter die Kontrolle der Sauen. Die wird nach jeder Fütterung durchgeführt. Dabei wird auch zusätzlich Wasser in den Trog gefüllt, wenn der annähernd leergefressen ist.
Um die Sonnenstrahlung im Sommer vom Abferkelstall abzuhalten, werden jedes Jahr mehrere Reihen Mais auf der Südseite gelegt. Die erste muss so dicht am Stall sein, dass die Maispflanzen bis unter die Dachrinne reichen. Damit ist gewährleistet, dass der gesamte Stall beschattet wird. Die Technik wird übrigens auch am Ferkelaufzuchtstall angewendet, dort aber zusätzlich noch durch eine ca. 1m hohe Aufschüttung von Boden an der Stallwand.
In den Zahlen für die Ferkelverluste drücken sich die Leistungsfähigkeit der Abferkelbuchten und das gute Management aus. Mit 8,9 % Verlusten erreichen die Ruppertsmooser einen Spitzenwert in der Schweiz und das bei freier Abferkelung. Insgesamt ergeben das 30,1 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr.
Die Ferkelaufzucht wird im geschlossenen Stall durchgeführt. Den Ferkeln stehen an den Seiten des Fress- und Aktivitätsbereiches, der plangeschlossen und leicht eingestreut ist, Ruhebetten mit Fußbodenheizung zur Verfügung. An beiden Längsseiten der Bucht befinden sich Dreikantroste, die das Durchtreten des dort abgesetzten Kotes erleichtern sollen. Ebenfalls gesäumt von Kontaktgittern. „Den Liegebereich halten meine Ferkel in der Regel sehr sauber. Dies hat sicher auch mit dem darauf angebotenen Futter und der Wühlerde zu tun“ überzeugt der Betriebsleiter. Zusätzlich kommt zum normalen Breifutterautomat noch ein spezieller Futterautomat in dem Breifutter aus Prestarter angeboten werden kann, wenn dort früh abgesetzte Ferkel eingestallt werden. Dies ist regelmäßig der Fall. „An meinen Jungsauen und Zweitwurfssauen lasse ich bis zum Ende nur 10-11 Ferkel säugen. Nach 15 Tagen nehmen wir die größten Ferkel weg und setzen sie in die Ferkelaufzuchtbuchten. An den anderen Sauen verbleiben bis zum Ende aber auch meistens nur 12-13 Ferkel.“
Die Schweinemast ist auch im Betrieb Heussi in Vor- und Endmastbuchten unterteilt. Beide haben einen umhausten Warmbereich und einen Auslauf, der zum großen Teil plangeschlossen und überdacht ist. Der nicht überdachte Teil ist mit Spaltenböden belegt, so dass der dort abgesetzte Kot und Urin gut eingetreten werden und auch Regenwasser gut ablaufen kann. Im Außenbereich der Endmastschweine mussten die Spalten schon nachgeschliffen werden, da die Spaltenöffnungen durch den Urinstein stark zugesetzt waren.
Gefüttert wird flüssig am Langtrog. Mit Leistungen um 960 g Tageszunahmen und einer Futterverwertung von 1:2,6 ist der Betriebsleiter sehr zufrieden. Erreicht werden die Leistungen mit Mastendprodukten aus Anpaarungen mit Duroc (30%) und Schweizer Edelschwein (70 %, Premo-Eber) an F1 Sauen aus Schweizer Landrasse und Schweizer Edelschwein.
Mit seinem Futterberater Beat Süess von der Firma Melior hat Markus Heussi seine Fütterung auf die Richtlinien der Schweizer stickstoffreduzierten Fütterung (siehe Tabelle 1) ausgerichtet. Auch wenn er den Antrag zur freiwilligen Teilnahme noch nicht gestellt hat, fühlt er sich bereit für die obligatorische Einführung in 2027.
In der Schweiz wird die Energie des Futters, anders als in Deutschland, in MJ verdaulicher Energie angegeben. Der grobe Umrechnungsfaktor zur umsetzbaren Energie lautet
MJ ME = 0,95 x MJ VES.
Auf deutsche Verhältnisse umgerechnet, bedeutet das z.B. für die Schweinemast:
11 g RP je MJ ME, bei durchschnittlich 13,2 MJ im Mastfutter sind das 145 g RP im Durchschnitt der Mast. Dies würde in etwa einer sehr stark N- und P-reduzierten Fütterung (144 g) in Deutschland entsprechen, also noch weitergehend als in der TA-Luft für deutsche BIMSCH-pflichtigen Betriebe gefordert.
Wie wird das nun im Betrieb Heussi umgesetzt?
Für Sauen und Ferkel werden im Betrieb zugekaufte Mischfutter eingesetzt. Die beliefernde Firma Melior hat entsprechend der oben zu sehenden Vorgabe neue Futterkonzeptionen erarbeitet, die jetzt im Betrieb verwendet werden.
Damit werden die Werte der Tabelle 1 eingehalten.
In der Mastschweinefütterung setzt Markus Heussi auf die Flüssigfütterung, die das zugekaufte Futter mischt und verteilt.
Auch hier sind unter Berücksichtigung der aufgenommenen Futtermengen die Vorgabe aus Tabelle 1 eingehalten.
Im Endmaststall können die Schweine zwischen wärmegedämmten Liegebereich und überdachtem oder nicht überdachtem Auslauf wählen.
In der Gesamtbetrachtung zeigt sich im Betrieb Heussi, dass auch unter Beachtung der stickstoffreduzierten Fütterung in allen Haltungsstufen gute biologische Ergebnisse bei den Tieren erzielt werden können.