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Sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierte Fütterung von Zuchtsauen – Ergebnisse aus einem Langzeitversuch
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Vor dem Hintergrund der sich zunehmend verschärfenden Umwelt- und Düngegesetzgebung und der von den Betrieben vorzulegenden Stoffstrombilanzen wird es immer wichtiger, die Ausscheidungen an Stickstoff und Phosphor durch die Tiere möglichst gering zu halten. Dies gilt auch für den Ferkelerzeugerbetrieb. Während mit Mastschweinen schon zahlreiche Versuche und Praxiserhebungen zu dieser Thematik vorliegen, gibt es für Zuchtsauen nur wenige Versuchsergebnisse. Deshalb wurde am Staatsgut Schwarzenau der Bayerischen Staatsgüter ein länger andauernder Fütterungsversuch mit Sauen zu diesem Thema durchgeführt.

Versuchsdurchführung

Der Versuch lief von Oktober 2018 bis Dezember 2020. Es standen drei der insgesamt sieben Gruppen der Schwarzenauer Sauenherde, die im 3-Wochen-Rhythmus geführt werden, zur Verfügung. Bei den Sauen handelte es sich um EGZH-Tiere mit Deutscher Landrasse auf der Vater- und Deutschem Edelschwein auf der Mutterseite. Jeweils die Hälfte einer Sauengruppe wurde nach Lebendmasse, Wurfnummer und Vorleistung einer der beiden Versuchsgruppen zugeordnet.

  • Gruppe A: Konventionell; Einsatz von handelsüblichen Mineralfuttermitteln und Fasermixen.
  • Gruppe B: Sehr stark stickstoff- und phosphorreduziert nach DLG-Vorgabe; Mineralfutter mit erhöhten Aminosäure- und verminderten Phosphorgehalten, Fasermix mit niedrigerem Weizenkleieanteil.

Während der Trächtigkeit wurden Konditionsbeurteilungen der Sauen nach dem Body-Condition-Score im Wartebereich durchgeführt. Entsprechend dieser Beurteilungen wurden die zugeteilten Mengen an Tragendfutter im Verlauf der Trächtigkeit angepasst. Der Verbrauch an Tragendfutter und die Lebendmassen der Tiere wurden täglich an Abrufstationen mit eingebauter Plattformwaage erfasst.

Weitere Lebendmassebestimmungen fanden bei der Einstallung ins Abferkelabteil, kurz vor und nach dem Abferkeln sowie nach jeder Laktationswoche statt. Die Ermittlung des Futterverbrauchs während der Laktation erfolgte für jede Sau über eine Spotmix-Waage-und-Transporteinheit. Die Sauen wurden in Abferkelbuchten mit geschlossenen Ferkelschutzkörben gehalten.

Sauen vor einer Abrufstation

Sau mit Ferkeln in einer Abferkelbucht

Die Lebendmassen der Ferkel wurden als Wurfgewichte nach der Geburt, bei der Wurfbehandlung sowie nach jeder Säugewoche erfasst. Zusätzlich wurden im Abferkelstall die Geburtsdauer, der Gesundheitsstatus der Sauen, die Ferkelverluste sowie die Anomalien bei Ferkeln festgehalten.

Die Futterzuteilung der Sauen wurde in der ersten Säugewoche in Schritten von 0,5 Kilogramm pro Tag gesteigert. Während der zweiten Säugewoche wurde auf Ad-libitum-Fütterung umgestellt. Ab der zweiten Säugewoche wurden ein Saugferkelbeifutter (Prestarter) eingesetzt und die verbrauchten Mengen dokumentiert. Behandlungsmaßnahmen und Impfungen an Sauen und Ferkeln sowie das Aussondern von Sauen wurden gemäß der üblichen Vorgehensweise des Staatsguts Schwarzenau für beide Gruppen gleich durchgeführt.

Futtermittel und Versuchsmischungen

Die Ergänzung mit Aminosäuren, Vitaminen und Mineralstoffen erfolgte mit unterschiedlichen Mineralfuttermitteln. Bei denen von Gruppe A handelte es sich um weitverbreitete Standardprodukte eines namhaften Herstellers. In Gruppe B wurden spezielle Sondermischungen des gleichen Herstellers für eine sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierte Fütterung von Sauen eingesetzt.

Um den gesetzlich geforderten Rohfasergehalt im Tragendfutter zu erreichen, wurden zwei unterschiedliche Fasermixe eingesetzt. Das in Gruppe B eingesetzte Produkt wies einen niedrigeren Weizenkleie- und somit auch P-Gehalt auf.

Die Versuchsrationen basierten auf Getreide und Sojaextraktionsschrot. Im Laktationsfutter wurde zusätzlich Körnermais eingesetzt. In nachfolgender Tabelle sind die kalkulierten Gehalte Rohprotein, Lysin und Phosphor der Tragend- und Laktationsfutter zusammengestellt.

Tabelle 1: Kalkulierte Gehalte an Rohprotein, Lysin und Phosphor in den Tragend- und Laktationsfutter (Angaben pro Kilogramm Futter)

Ergebnisse

Futteranalysen

In nachfolgender Tabelle sind die analysierten Gehalte an Rohprotein, Lysin und Phosphor der Tragend- und Laktationsfutter zusammengestellt. Gegenüber der Kalkulation waren die Gehalte an Aminosäuren in den Laktationsfuttermitteln mit Getreide aus den Erntejahren 2019/2020 niedriger, lagen aber noch innerhalb der vorgegebenen Analysespielräume.

Tabelle 2: Analysierte Gehalte an Rohprotein, Lysin und Phosphor in den Tragend- und Laktationsfutter (Angaben pro Kilogramm Futter)

Futterverbrauch der Sauen

Tabelle 3: Futterverbrauch (kg/Tier, Tag) der Sauen im Abferkelstall (LS-Means)

In den letzten beiden Säugewochen wurde in der Gruppe mit sehr stark N- und P-reduzierter Fütterung signifikant mehr Futter verbraucht. In der dritten Säugewoche waren es 7,9 gegenüber 7,4 kg und in der vierten Säugewoche 8,3 gegenüber 7,7 kg.

Der Verbrauch an Prestarter pro Ferkel war mit 16 g pro Tag bei 20 Futtertagen in beiden Gruppen gleich.

Tragende Sauen

Während der Tragezeit wurden die zugeteilten Futtermengen von den Sauen vollständig abgerufen. Während des gesamten Aufenthaltes im Wartestall waren keine Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen zu erkennen. Im Mittel wurden in beiden Gruppen 3,1 Kilogramm pro Tier und Tag abgerufen. Abbildung 1 zeigt den Futterabruf während des Aufenthalts im Wartestall.

Abbildung 1: Futterabruf der tragenden Sauen

Säugende Sauen

Während des Aufenthalts im Abferkelabteil zeigte sich in der Woche vor dem Abferkeln und in den ersten beiden Säugewochen kein signifikanter Effekt auf den Futterverbrauch der Sauen. In der Woche vor dem Abferkeln wurden 2,6 Kilogramm Futter pro Tier und Tag in beiden Gruppen verbraucht. In der ersten Säugewoche lag der Futterverbrauch bei etwa 3 Kilogramm und in der zweiten bei rund 6 Kilogramm pro Tier und Tag. Abbildung 2 zeigt den Futterverbrauch während des Aufenthalts im Abferkelstall.

Abbildung 2: Futterverbrauch der laktierenden Sauen

Lebendmasseentwicklung der Sauen

Tragende Sauen

Während des Aufenthalts im Wartestall ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen bei der Lebendmasseentwicklung. Im Mittel wurde eine Zunahme von etwa 44 Kilogramm festgestellt.

Abbildung 3: Lebendmasseentwicklung der tragenden Sauen

Säugende Sauen

Um die Geburt verloren die Sauen mit konventioneller Fütterung 31 Kilogramm (Ferkel und Konzeptionsprodukte). In der Gruppe mit sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierter Fütterung waren es 35 Kilogramm.

Abbildung 4: Lebendmasseentwicklung der säugenden Sauen

Zuchtleistungen und Geburtsverlauf

Bei der Anzahl lebend geborener Ferkel konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen abgesichert werden. Numerisch schnitten hier die Sauen mit sehr starker Stickstoff- und Phosphorreduzierung im Futter mit 13,9 gegenüber 13,6 lebend geborenen Ferkeln etwas besser ab.

Signifikante Unterschiede traten beim Geburtsgewicht sowie bei der Anzahl der abgesetzten Ferkel auf. Bei diesen Kennzahlen schnitten Sauen mit sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierter Fütterung signifikant besser ab. So hatten die Ferkel dieser Sauen mit 1,6 Gramm gegenüber 1,5 Gramm ein höheres Geburtsgewicht, und es wurden 12,4 gegenüber 12,0 Ferkel pro Sau abgesetzt. Der Wurfzuwachs betrug in beiden Gruppen im Mittel etwa 2,9 Kilogramm pro Tag.

Tabelle 4: Zuchtleistungen der Sauen (LS-Means)

Auf die Geburtsdauer mit etwa sieben Stunden hatte die Art der Fütterung keinen Einfluss. Bei der sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierten Fütterung lag die Anzahl an Ferkeln, bei denen Geburtshilfe geleistet werden musste, um 0,2 Ferkel pro Wurf höher als in der Kontrollgruppe. Der Unterschied war signifikant.

Bezüglich des Tierarzneimitteleinsatzes wurden bei den Tieren beider Gruppen mit jeweils 0,6 die gleiche Anzahl an Anwendungstagen ermittelt. Die Körpertemperaturen der Sauen waren im Mittel der ersten drei Tage nach dem Abferkeln in beiden Gruppen gleich hoch.

Bei den Anomalien (Binneneber, Bruchferkel, Grätscher) wurde kein Einfluss der Fütterung festgestellt. Insgesamt war der Anteil an Anomalien gering.

Im Versuchszeitraum erhöhte sich die Wurfziffer in der Gruppe mit sehr starker Stickstoff- und Phosphorreduzierung im Futter signifikant gegenüber der Kontrolle mit konventioneller Fütterung, was durch eine geringere Remontierung verursacht wurde.

ZUSAMMENFASSUNG/FAZIT

Eine sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierte Fütterung nach Vorgaben der DLG von 2019 zeigte gegenüber einer Fütterung auf Basis konventioneller Mineralfutter für tragende und laktierende Sauen keine Nachteile. Die Geburtsgewichte der Ferkel sowie Anzahl der abgesetzten Ferkel waren bei der sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierten Fütterung signifikant erhöht.

Als Mineralfutter für die konventionelle Gruppe wurden die Standardprodukte eines namhaften Herstellers ausgewählt. Aufgrund der Gehalte an Aminosäuren und Phosphor in diesen Mineralfuttermitteln konnten nur geringe Unterschiede zur Gruppe mit der sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierten Fütterung realisiert werden, was darauf hinweist, dass die Mineralfuttermittelindustrie bereits ihre Produktpalette auf niedrige Stickstoff- und Phosphorgehalte in Zuchtsauenrationen ausgelegt hat.

Bei einer sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierten Fütterung von Zuchtsauen ist es sehr wichtig, dass man die Gehalte an Aminosäuren und Phosphor im Blickfeld hat und die Rationen entsprechend anpasst. Während des Versuchs hatte insbesondere der Weizen aus den Erntejahren 2019 und 2020 mit 2,2 bis 2,7 Gramm pro Kilogramm einen niedrigen Phosphorgehalt. Gegenüber den Gehalten im Erntejahr 2018 beziehungsweise den Angaben in der LfL-Futterwerttabelle lag der Phosphorgehalt bis zu 1,1 Gramm pro Kilogramm niedriger.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Wolfgang Preißinger
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft
Dienstort Schwarzenau
D-97359 Schwarzach a. Main
Stadtschwarzacher Str. 18

E-mail: Wolfgang.Preissinger[at]LfL.bayern.de