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Schweinefütterung für mehr Tierwohl
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Bislang wurden bereits Futter und Futtermischungen für unterschiedliche Einsatzzwecke unterschieden. Zukünftig werden zwei weitere Futter, eines für eine Beschäftigung nach Vorgabe der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und eines zur Tierwohlsteigerung nach Vorgabe der Initiative Tierwohl, unterschieden.

Genauso wie das Hauptfutter bestehen auch diese Futter entweder aus einer hofeigenen Mischung oder werden als Alleinfutter aus industrieller Herstellung bezogen. Diese Futter sind wie alle anderen Futter auch gezielt zu optimieren und anzubieten, um höchsten Nutzen zu erzielen und letztendlich natürlich die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Wenn Verhaltensanomalien und Aggressionen dadurch maßgeblich verringert werden können, werden diese zusätzlichen Futterangebote sicherlich gerne genutzt.

Beschäftigungs- und Tierwohlfutter werden zunehmen

In der Abb. 1 sind Futter nach unterschiedlichen Einsatzzwecken differenziert aufgeführt.

Abb. 1: Futter für unterschiedliche Einsatzzwecke

  • Bei industriellen Alleinfuttermischungen und hofeigenen Mischungen handelt es sich um sog. fertige, mit Nähr-, Mineral- und Wirkstoffen ausgestattete Phasenfuttermischungen, die für die Versorgungsansprüche von Schweinen in unterschiedlichen Wachstums- und Leistungsstadien optimiert werden und die Haupternährung ausmachen.
  • Neben selbst angebauten oder zugekauften Eiweißträgern, z. B. Körnerleguminosen, Soja- und Rapsextraktionsschrote wird auch in vielen Fällen der Einsatz von eiweiß- und mineralstoffhaltigen Ergänzungsfuttern aus industrieller Herstellung mit unterschiedlichen Mischungsanteilen durchgeführt.
  • Insbesondere Betriebe, die aufgrund der Ernte und Konservierung von feuchteren Ernteprodukten, wie z. B. CCM, die Fütterung mit Fließfuttern durchführen, erweitern die Vielfältigkeit des Nähr-, Mineral- und Wirkstoffangebotes und die Futterbekömmlichkeit gerne durch einen gezielten Einsatz von sog. Koppelprodukten, die aus der Nahrungsmittelverarbeitung sowie -herstellung und der Erzeugung von Energie aus nachwachsenden Rohstoffen stammen.
  • Nach den Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sind Futter insbesondere dann als Beschäftigungsmaterialien geeignet, wenn jedes Schwein jederzeit Zugang zu gesundheitlich unbedenklichem und in ausreichender Menge vorhandenem organischen und faserreichen Beschäftigungsmaterial hat. Dies muss durch das Schwein untersucht und bewegt sowie verändert werden können und damit dem Erkundungsverhalten dienen. Es werden insbesondere beispielhaft Stroh, Heu, Sägemehl oder Mischungen daraus hervorgehoben, jedoch auf Erweiterungsmöglichkeiten hingewiesen.
  • Bei der Initiative Tierwohl werden zum Raufuttereinsatz nähere Ausführungen gemacht, wobei genau genommen besser von Beschäftigungsfuttereinsatz die Rede sein sollte, denn neben den zu den Grobfuttern zählenden Raufuttern, wie z. B. Stroh, Heu und Heulagen, ist zur Steigerung des Tierwohls auch der Einsatz faserstoffreicher Einzelkomponenten, wie z. B. Grasgrünmehl, Heupellets, Trockenschnitzel und Biertreber möglich.

Überlegungen zum Einsatz unterschiedlicher Haupt- und Beschäftigungsfutter und Futter zum Beschäftigungsmaterial

Ein vorrangiges Ziel ist und bleibt es, dass neben einer ausreichenden Nähr-, Mineral- und Wirkstoffversorgung mit Alleinfuttern stets eine optimale Entwicklung von Futteraufnahme und -verdauungsvorgängen zu fördern ist. Dabei kommt der Verfütterung von Futtermitteln mit ausreichender Verdaulichkeit, aber auch mit hohem Hygienestatus für die Entwicklung der Darmbesiedlung mit positiven Keimen, insbesondere bei kleinen Ferkeln, eine Schlüsselrolle zu. Denn dies ist eine grundlegende Voraussetzung für den Aufbau einer guten Darmflora und dem Zusammenwirken mit dem darmassoziierten Immunsystem. Schon bei jungen Ferkeln sollte mit gezielter Fütterung zur Unterstützung eines weniger aggressiven Verhaltens gefüttert werden. (siehe Abb. 2). Die Mikroflora im Darm und das darmassoziierte Immunsystem bilden nämlich das wichtigste Abwehrbollwerk gegenüber vielen über den Darm kommenden Erkrankungen, die sich nach Praxiserfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen maßgeblich auf das Verhalten der Schweine auswirken können. Durch die Förderung der Eubiose (positives Gleichgewicht von förderlichen:herausfordernden Bakterien) wird die Barrierefunktion des Darms unterstützt und damit der Gesundheitszustand inkl. Verhalten der Tiere und damit die Fitness und Leistung der Tiere positiv beeinflusst. Ganz wichtig bleibt natürlich immer, dass nur Komponenten und Futtermischungen sowie Tränkwasser mit einem ausreichend hohen Hygienestatus zum Einsatz gelangen. Hohe Gehalte an unerwünschten Keimen und Mykotoxinen - vorwiegend an Schalen oder Hülsen bei Faserstoffe liefernde Rohfaserträger anhaftend – und Hinterlassenschaften von Nagern, Vögeln und Milben wirken sich viel stärker aus als ein nicht ganz genau erreichter Energie- bzw. Lysingehalt. Deswegen sind stets sensorische Prüfungen (Riechen, Fühlen, Schmecken) beim Futter-Controlling und bei Verdacht auch Analysen notwendig, vergleichbar dem täglichen Tränkwassercheck zur sicheren Tränkwasseraufnahme allen Schweinen.

Ferkelfutter müssen hohe Hygieneanforderungen einhalten

Beschäftigungsfutter sowie Futter als Beschäftigungsmaterial gezielt einsetzen

Beschäftigungsfutter (B)
Nach der Initiative Tierwohl (ITW) werden Raufutter und rohfaserreiche Futter - besser wäre der Begriff Beschäftigungsfutter statt Raufutter - zur Steigerung des Tierwohls vorgeschlagen.

Grobes Raufutter (rB)
Für eine Optimierung von Beschäftigungsfuttergaben sind weitere dem Wohlbefinden förderliche Aspekte bei der Fütterung von Schweinen vom Ferkelstadium über heranwachsende Mastschweine und bei den Zuchtsauen zu bedenken. Diese zielen nämlich in erster Linie auf eine stärkere Befriedigung des normalen Fressverhaltens der unterschiedlich alten Schweine ab. Das Ferkel wird sehr intensiv von der Muttersau geführt und stündlich nach Rufen gesäugt. Neben der Einnahme und Behauptung eines Zitzenplatzes und dem Säugen ist Schlafen und Ausruhen angesagt, wobei mit jedem Tag eine stärkere Erkundung der Umgebung und schon mal die Suche nach Fressbarem weiter zunimmt. Je älter die Tiere werden, desto ausgiebiger wird der Anteil ihres Lebens für die Futtersuche, -aufnahme, -zerwirkung, sowie Verdauung. Dabei wird gerne von Mutter und Buchtenpartnern spielerisch bis hin zum hauptsächlichen Fressen von festen Futtern gelernt. Es sind Abläufe, die erlernt und sich zum gerne „Tun wollen“ entwickeln und bauen dabei quasi Aktivitätendrang ab. Statt grober Raufutter eignet sich, für noch bei Muttersau befindlichem Ferkel, eher ein mehliges Beifutter oder vielleicht noch besser ein ausgetüfteltes Müsli. Mit zunehmendem Alter dürfen die Herausforderungen der Futterbeschaffung stetig zunehmen und deswegen passt bei Mastschweinen und Sauen ein grobes Raufutter wie Heu, Heulage und Stroh ganz gut.

Heu passt als Beschäftigungsfutter bei Schweinen gut

Diese sehr faserstoffreichen Futter liefern relativ wenig an den Energiestoffwechsel fördernden Phosphor, stattdessen mehr Calcium, aber vor allen Dingen natürlich schwerer verdauliche Kohlenhydratfraktionen mit mehr oder weniger stärkerer Verholzung mit Lignineinlagerungen. Bei Stroh ist die Verholzung natürlich weiter vorangeschritten als bei anderen üblichen Raufuttern, was bei zu reichlichem Verzehr sogar die Verdaulichkeit aller Nährstoffe der Tagesrationen herabsetzt. Gerade aus den Versuchen und Erfahrungen im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse ist bekannt, dass die immer schon erfolgten Heugaben von blattreicheren 2. Schnitten bei Ökosauen eine verbesserte Fruchtbarkeitsleistung erbrachten - deshalb erhalten seit nunmehr über 10 Jahren die Wartegruppensauen ihre ca. 100 – 150 g Heugaben aus Heuraufen als Beschäftigungsfutter. Durch Eigenleistungen bzw. -konstruktionen aus Baustahlmatten war dieser Schritt gut machbar. Die Sauenmaissilagefütterung wird nur noch vereinzelt durchgeführt und stößt u. a. oft wegen höherer Fliegenbelastungen bei heutigen Haltungssystemen eher auf Zurückhaltung.

In der Mastschweinehaltung wird ebenfalls bereits vereinzelt auf einen gezielten Grobfuttereinsatz mit Technikausstattung gesetzt. Hierbei werden kleine Stroh- oder Heugaben von 10 – 30 g je Schwein und Tag über weiter entwickelte Verteil- und Vorlagetechniken eingesetzt. Zurückhaltendes Verhalten bei der überwiegenden Zahl der Mäster lässt sich aber sehr leicht mit vielen Fragen u. a. zur Funktionssicherheit der Gülleausbringung erklären.

So wird der Ruf nach einem besseren technisierbaren Beschäftigungsfutter, gerne in Pelletform, um auch noch den „Eichelknackerfolg“ zu geben, lauter.

Beschäftigungsfutter in Pelletform werden von Schweinen bevorzugt

Pelletiertes Beschäftigungsfutter (pB)
Von vielen Schweinehaltern wird, aufgrund der sicherlich leichter zu technisierenden Vorlage über im Markt erhältliche Förder- und Futterautomaten, der Einsatz von Pellets überlegt. Hierzu liegen Erfahrungen vor und die derzeitigen Diskussionen laufen bereits intensiver zu erforderlichen Pelletgrößen. Um nicht zu viel Futter zu schnell über die Spaltenschlitze zu verlieren, sollten die Pellets eine gewisse Mindestgröße aufweisen. Gleichzeitig ist zu beachten, dass von der Technikseite Grenzen gesetzt sind, da größere Pellets dennoch eine feste und wenig bröselnde Form ergeben müssen. Einige Beschäftigungspelletfutterangebote befinden sich bereits im Markt und das mit durchaus positiven Erfahrungen hinsichtlich Verbräuchen von um die 20 g Futter je Mastschwein und Tag.

In diesen pelletierten Beschäftigungsfuttern werden die bereits aus der Alleinfutterherstellung bekannten faserstoffreichen Kleien, Grünmehle, Schnitzel aber auch Pellets aus Stroh und Heu sowie Lignozelluloseprodukte verwandt. Für eine optimierte Futterzusammensetzung sollten die Gehalte von Einzelkomponenten und besondere Eigenschaften beachtet werden (siehe Übersicht 1). Bei den Kleien dürfte beispielsweise ein besonderes Augenmerk auf dem möglichen Gehalt verderbnisfördernder Keimgehalte sowie an Mykotoxinen in Erntejahren mit ungünstigen Bedingungen liegen. Bei den Schnitzeln ist das sehr hohe Wasserhaltevermögen bei dem Ziel der Sättigung durchaus hoch positiv zu bewerten. Mit gewissen Anteilen Obsttrestern wird die Akzeptanz, sprich Schmackhaftigkeit, insbesondere bei hohen Gehalten an Pektin in diesen Komponenten gefördert.

Heu und Silagen können von größeren Schweinen auch in erheblichem Maße energetisch verwertet werden.

Weizenkleien stehen sehr umfänglich zur Verfügung und sind zumeist aus Nassschälungen gewonnene Außenwandungen der Weizenkörner. Auf jeden Fall sind hinreichende Trocknungen der Reste aus Brot- und weiteren Nahrungsmittelherstellungen wichtig, um übermäßigem Keimbesatz vorzubeugen. Die organischen Substanzen in Sonnenblumen- und Sojaschalen sind nur in geringeren Mengen verdaulich und fungieren eher als Füllstoffe. Luzernegrünmehl und Grünmehlpellets sind bei den Kriterien Schmackhaftigkeit und u. a. wahrscheinlich auch aufgrund der relativ guten natürlichen Ausstattung mit Magnesium in organischer Angebotsform sehr vorteilhaft zur Reduzierung von Verhaltensanomalien. Versuche und Erfahrungen hierzu sind vielversprechend. Grünmehle liefern mit annähernd 25 % Rohfaser zudem etwa die von ITW in Beschäftigungsfuttern anzupeilenden 20 % Rohfaser. Mehr Faserstoffe liefern ebenfalls meistens schmackhafter Apfeltrester und Haferschälkleien. Bei den Trestern sind es kleine Restpektinmengen, die zur hohen Schmackhaftigkeit führen. Mit deutlich über 650 g aNDFom liefern Erbsenschalen sehr hohe Pflanzenaußenhüllenmengen als Ballaststoffe zur Ernährung von Mikroflora in hinteren Darmabschnitten. Diese Komponenten müssen natürlich wie alle anderen Faserstoffeträger unbedenklich hinsichtlich ihrer naturbedingten höheren Keimgehalte sein.

Bei den aus Hölzern gewonnenen Lignocelluloseprodukten steht das sehr hohe Quellvermögen, aber auch die sehr geringe Verdaulichkeit der organischen Substanz im Vordergrund, weshalb nur kleinere gezielte Einsatzraten sinnvoll sind.

Bei allen Grobfuttermitteln steht die natürliche gewachsene Futterstruktur mit mehr

oder weniger hohen Feuchtegehalten im Vordergrund. Bei den Silagen fördert der Gehalt an Milchsäuren aus der Vergärung die Schmackhaftigkeit und den Verzehr. Von gutem Heu werden gerne die vom 2. oder 3. Schnitt stammenden blattreicheren Partien besser gefressen. Je älter die Schweine, desto mehr kann von Grobfuttern auch etwas verwertet werden, vor allem von Sauen und Schweinen ab 70/90 kg LM. Bei Grobfuttern steht der Beschäftigungseffekt insbesondere bei jüngeren Schweinen stärker im Vordergrund als der Ernährungsaspekt

Abb. 2: Zusammenspiel von Ernährung, Immunsystem und Darmflora (ergänzt nach Pluske 2007)

Futter als Beschäftigungsmaterial (BM)
Bei diesem Einsatzweck Beschäftigung stehen ganz klar die groben Raufutter im Fokus und dabei eher weniger die ernährungsphysiologischen Aspekte, weshalb ein gut veränderbares und faserreiches Holz oder weichere Beißringe bei Ferkeln ja durchaus Sinn machen. Der Anteil der veränderten organischen Masse an Beschäftigungsmaterial am Gesamtangebot, also auch an der mit dem Futter angebotenen Menge, wird mit < 0,5 % zu beziffern sein.

Übersicht 1: Auflistung von Faserstoffeträgern – mit Gehalten an Strukturkohlenhydraten, Wasserhaltevermögen, verd. der org. Masse sowie deren besonderen Eigenschaften

FAZIT

Der gezielte Einsatz von Faserstoffen liefernden Komponenten gewinnt an Bedeutung. Diese Futter dienen der Beschäftigung der Tiere – haben mit zunehmenden Alter aber auch einen gewissen ernährungsphysiologischen Effekt bzw. Wert. Neben der Ausstattung an Inhaltsstoffen sind die besonderen Eigenschaften von Faserstoffträgern zu berücksichtigen.

Eine Unterscheidung von Futter nach Einsatzzwecken macht Sinn.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Jochen Krieg
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Bad Sassendorf

Telefon: 0 29 45 / 989 - 160