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Ökonomie und ein Mehr an Tierwohl – Teil 2
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Nachdem Wilfried Brede vom Serviceteam der Alsfeld GmbH im Teil 1 hauptsächlich die Notwendigkeit der Berücksichtigung unterschiedlicher Kostenblöcke und die Auswirkungen von mehr Platz und besserer Buchtenstruktur dargestellt hat, sollen im zweiten Teil die Kostenfaktoren Außenklimareize, Bewegungsbucht und Non-GVO-Fütterung in den Fokus gestellt werden.

Außenklimaställe oder Außenklimareize?

Baukostenanalysen zwischen konventionellen Schweinemastställen und Pig-Port Ställen zeigen im ersten Augenblick keine wesentlichen Unterschiede in der Summe bei den Investitionskosten. Allerdings müssen bei einem betriebswirtschaftlichen Vergleich die unterschiedlichen Platzvorgaben berücksichtigt werden. Bei einer Kalkulation spielen zudem die niedrigeren Elektroenergiekosten für die Lüftung eine Rolle. Dem gegenüber stehen höhere Kosten im Arbeitsaufwand und eine schwierigere Stallhygiene. Wesentlich für eine Investition in das System Pig-Port oder Konventionell ist jedoch die Betrachtungsweise des Betriebsleiters. Die ökonomische Kalkulation muss in dieser Situation immer in Verbindung zur Mentalität des Betriebsleiters gesehen werden.

Anders stellt sich dies bei der Schaffung eines Außenklimareizes dar. Hier spielt in der Regel weniger die Einstellung oder Mentalität des Betriebsleiters eine Rolle. Falls es baurechtlich möglich ist, kann an einen konventionellen Maststall ein Auslauf angehängt werden. Allerdings zieht das in vielen Ställen eine veränderte Buchtenstruktur nach sich. Gleichzeitig wird der Auslauf vielfach genutzt, um dem Tier mehr Platz einzuräumen. Aktuelle Kalkulationen ergeben, dass Mehrkosten in der Produktion von bis zu 0,10 € je kg Schlachtgewicht anfallen können, je nachdem wie groß der Platzbedarf je Mastschwein kalkuliert wird.

Ferkelschutzkorb oder Bewegungsbucht?

Der ökonomische Unterschied zwischen einem konventionellen Ferkelschutzkorb und einer Bewegungsbucht ergibt sich im Wesentlichen aus vier Einflussfaktoren zulasten der Bewegungsbucht:

  • Saugferkelverluste (Basis 12%): Für die Bewegungsbucht werden Varianten von 12 bis 16 % angesetzt
     
  • Rohbaukosten (Basis 4,94m²): Für die Bewegungsbucht werden 2,60 m x 2,60 m (1,82 m² mehr) mit Kosten von 310,- € angesetzt
     
  • Buchtentrennwände, Rostboden, Arbeitsschutz. Die Mehrkosten werden mit 190,- € je Bucht kalkuliert
     
  • Lohnaufwand (Basis 10 Akh; 20,- €/Akh) (Bucht öffnen/schließen, Reinigung zusätzlicher Fläche, höherer Aufwand bei Behandlungen etc.). Die Varianten wurden mit 10 bis 13 Akh kalkuliert
     

Die Kalkulation bezieht sich auf einen Neubau für 280 Sauen ohne Ferkelaufzucht. Bei 16 lebend geborene Ferkel/Wurf entstehen beim konventionellen Ferkelschutzkorb Produktionskosten von 38,67 € je 8-kg-Ferkel. Bei gleichen Saugferkelverlusten (12 %) und gleichem Arbeitsaufwand (10 Akh) liegen die Produktionskosten in der Bewegungsbucht, bedingt durch erhöhte Festkosten, bei 39,28 € je Ferkel. Falls sich aufgrund widriger Umstände allerdings die Saugferkelverluste oder der Arbeitszeitaufwand verändern, verändern sich auch die jeweiligen Produktionskosten. Kalkuliert man beispielsweise mit 4 % höheren Saugferkelverlusten und einem zusätzlichen Arbeitsaufwand von 2 Akh pro Sau und Jahr ergeben sich Kosten in Höhe von 42,35 € je Ferkel. Gegenüber der Standardvariante sind das immerhin 3,68 € je Ferkel. Bezogen auf den angeführten Betrieb mit 280 Zuchtsauen sind das je nach Wurffolge jährlich ca. 34.000,- €.

Entscheidet man sich dazu, seinen Sauen auch im Abferkelbereich mehr Bewegung mit einer zeitweisen Fixierung der Sauen wie in Bewegungsbuchten zu gewährleisten, wird dies bislang aber in keinem Programm honoriert.

NON-GMO oder GMO Sojaschrot?

Bei der Milchproduktion werden derzeit große Mengen an Milch auf Basis von Rationen mit Non-GMO Sojaschroten erzeugt. Auch wenn dies nicht direkt mit Tierwohlaspekten in Verbindung steht, gibt es einzelne, teils regionale Ansätze auch in der Schweinefleischerzeugung (Bsp.: Tierschutzlabel vom Deutschen Tierschutzbund). In den letzten zwei Jahren wurden NON-GMO-Schrote etwa 88,- € je Tonne teuer angeboten als die GMO-Ware.

Ersetzt man bei einem Futterverbrauch von 2,50 dt je Mastschwein die GMO- durch NON-GMO-Ware ergeben sich bei einem angenommenen Schlachtgewicht von 95 kg, Mehrkosten in der Produktion von 0,038 €. Bezieht man konsequenterweise die Ferkelerzeugung (stufenübergreifender Einsatz) mit ein, erhöhen sich die Kosten auf 0,051 € je kg erzeugtes Schweinefleisch. Ansatz dieser Berechnungen ist einzig der Einsatz von Sojaschrot. Differenzierter muss eine eventuelle Umstellung bei dem Einsatz heimischer Eiweißträger (Rapsschrot, Erbsen, Lupinen, etc.) betrachtet werden.

FAZIT

Tierwohl wird je nach Sichtweise des Betrachters (Verbraucher, Landwirt, Politiker, etc.) unterschiedlich wahrgenommen. Um eine ausreichende Akzeptanz in der Bevölkerung zu bekommen muss noch mehr kommuniziert und gleichzeitig besser für unsere bereits sehr guten Produkte geworben werden. Gleichzeitig ist bekannt, dass ein Mehr an Tierwohl höhere Produktionskosten nach sich zieht. Dabei sind die Kosten der einzelnen Kriterien für mehr Tierwohl sehr unterschiedlich. Fortwährend müssen die betriebsindividuellen Einflüsse berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss die Basis aller Berechnungen eine sorgsam ausgewählte Referenzgröße sein.

Flexibler umsetzbar für die Produzenten sind sicherlich betriebsindividuell kombinierbare Programme wie beispielswiese die Initiative Tierwohl (versus Tierschutzlabel). Daneben muss bedacht werden, dass weitere Produktionskostensteigerungen möglich sind, falls beispielsweise der Einsatz von Non-GMO Futtermitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel gefordert wird.

Mit der Abluftreinigung und der neugestalteten Düngeverordnung kommen zusätzliche Aspekte in Betracht, die bei den Planungen berücksichtigt werden sollten. Alle Aspekte müssen auch zukünftig vor dem Hintergrund einer Kostenführerschaft betrachtet werden. 

Wie auch in vielen anderen aktuellen Fragestellungen in der Veredlung muss von politischer Seite eine klare Linie aufgezeigt werden, um Planungssicherheit für zukünftige Investitionen zu gewährleisten. Nur dann sind die beschriebenen Maßnahmen umsetzbar.

Entscheidend sind die sach- und fachgerechten Kalkulationen vorab. Falls sich dabei herausstellt, dass sich die Investition nicht rechnet, kann darauf verzichtet werden.

DER DIREKTE DRAHT

Wilfried Brede
Serviceteam Alsfeld GmbH
E-Mail: w.brede(at)sta-alsfeld.de

Stand: März 2019