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Können Luzernespitzen (heißluftgetrocknet) als Eiweißfuttermittel in der Aufzucht abgesetzter Ferkel eingesetzt werden?
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1. Einleitung

Luzerne aus früh genutzten Aufwüchsen enthält erstaunlich hohe Lysin- und Methioningehalte (Wüstholz et al. 2017). Sommer u. Sundrum (2015) zeigten, dass durch die Separierung der Blätter von der rohfaserreicheren Stängelmasse ein vielversprechendes Eiweißfuttermittel für Monogastrier gewonnen werden kann, denn die Blattmasse der Luzerne weist im Vergleich zur Ganzpflanze höhere Aminosäure- sowie niedrigere Rohfasergehalte auf. Das mögliche Zeitfenster für die Beerntung ließe sich damit erweitern. Das mögliche Zeitfenster für die Beerntung ließe sich damit erweitern. Jedoch enthält die Luzernepflanze auch antinutritive Inhaltsstoffe (v. a. Saponine), wodurch die Futteraufnahme und somit die Leistung der Tiere beeinträchtigt werden könnte. In einem Fütterungsversuch mit Mastschweinen konnten in Alleinfuttermischungen Mischungsanteile von bis zu 20 % Luzernetrockenblatt (LB) erfolgreich eingesetzt werden (Messinger et al. 2022). Versuche mit wachsendem Geflügel zeigen aber, dass die vor allem in den Blättern in höherer Konzentration auftretenden Saponine einen einsatzbegrenzenden Faktor darstellen (Pleger et al. 2020).

Sogenannte Luzernespitzen weisen ähnlich hohe Rohproteingehalte (25 bis 30 % in der TS) wie die Blätter auf. Die Saponingehalte liegen aber wahrscheinlich auf einem niedrigeren Niveau.

Ziel der vorliegenden Studie war es, Empfehlungen zum Einsatz von Luzernespitzen in der Fütterung abgesetzter Ferkel zu gewinnen. Folgende Fragestellungen werden geprüft:

  1. Wie ist die Akzeptanz und Futteraufnahme von abgesetzten Ferkeln einzuschätzen, die mit ihrer Futtermischung einen Anteil von 20 % Luzernespitzen aufnehmen?
  2. Wie verläuft die Lebendmasseentwicklung der mit Luzernespitzen gefütterten Ferkel im Vergleich zur Kontrollgruppe?

2. Vorgehensweise

Die Luzernespitzen (LS) wurden im Frühsommer 2022 in einem Luzernebestand (Stadium „in der Knospe“) per Hochschnittverfahren geerntet. Das Mähen der Pflanzenspitzen erfolgte mit einer speziellen Maschine („TopCut Collect“ der Firma Zürn Harvesting GmbH & Co. KG, D-74214 Schöntal-Westernhausen). Das so gewonnene Erntegut wurde in der Heißlufttrocknung (Futtertrocknung Lamerdingen eG, D-86862 Lamerdingen) schonend getrocknet.

Der Fütterungsversuch mit abgesetzten Ferkeln erfolgte im Sommer/Herbst 2022 in einem konventionell bewirtschafteten Ferkelerzeugerbetrieb (185 Zuchtsauen) in Oberfranken. In zwei zeitlich aufeinanderfolgenden Durchgängen wurden insgesamt 288 Ferkel der Kreuzung Pi x (PIC Landrasse x PIC Large White) in den Versuch einbezogen. Je Durchgang wurden jeweils 144 gemischtgeschlechtliche Ferkel gleichmäßig (Durchschnittsgewicht, Streuung der Gewichte) auf zwei Ferkelaufzuchtabteile mit je drei Buchten aufgeteilt. Die bau- und flächengleichen Buchten wiesen einen Kunststoffspaltenboden auf. Die Belüftung der Abteile erfolgte jeweils über einen Rieselkanal mit zentraler Unterflurabsaugung. Die Abteile konnten über Deltarohre beheizt werden, welche unterhalb des Rieselkanals eingebaut waren. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zum Platzbedarf der Tiere mussten am 22. Versuchstag die Tierzahlen in jeder Bucht von 24 auf 18 reduziert werden. Dabei wurde auf eine Beibehaltung der jeweiligen Durchschnittsgewichte in den Buchten geachtet.

Nach 26 Tagen (+/- 1 Tag) Säugezeit wurden die Ferkel abgesetzt und verblieben bis zur Umstallung noch durchschnittlich 2,5 Tage in ihrer Abferkelbucht. Allen Versuchsferkeln wurde ab dem 15. Lebenstag bis zum Absetzen ein Prestarter und das hofeigene Ferkelaufzuchtfutter I (FAF I) gefüttert. Während des gesamten Versuchszeitraums wurden die Ferkel ad libitum gefüttert. Nach der Umstallung in die Aufzuchtabteile erhielten alle Ferkel eine Woche lang weiterhin das FAF I.  In der zweiten Woche wurde das FAF I mit dem jeweiligen Ferkelaufzuchtfutter II (FAF II) verschnitten. Diese zwei Wochen dienten als Vorversuchszeitraum zum Eingewöhnen der Tiere an Stall und Futter. Mit Beginn der dritten Woche startete der eigentliche Versuchszeitraum und es wurde komplett auf das jeweilige FAF II (Versuch und Kontrolle) umgestellt, mit welchem die Ferkel insgesamt fünf Wochen bis zum Versuchsende gefüttert wurden. Zusätzlich zum Futter wurde den Ferkeln ab zehn Tage vor dem Absetzen und bis zum Ende der Eingewöhnungsphase in einem Zusatztrog Säurewasser (1:1.000 Gemisch aus organischer Säure und Wasser) zur freien Aufnahme angeboten.

Die Zusammensetzung der eingesetzten Futtermischungen ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Die Mischungen für die Kontroll- bzw. Versuchsgruppe sollten isoenergetisch zusammengesetzt sein.

Tabelle 1: Zusammensetzung der eingesetzten Kraftfuttermischungen (Angaben in %)

Durch wöchentliche bzw. 14-tägige Wiegungen der Tiere konnte die Gewichtsentwicklung kontrolliert werden. Es wurden die Tageszunahmen, der Futterverbrauch sowie der Futteraufwand pro kg Zuwachs (Futterverwertung) berechnet.

Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Statistikprogramm SAS® (General Linear Model (GLM) und Tukey-Test). Es wurde ein zwei-faktorielles Modell mit der „Fütterungsgruppe“ und dem „Durchgang“ als fixen Effekten herangezogen.

3. Ergebnisse und Diskussion

Die Analyseergebnisse der im Versuch eingesetzten LS und Futtermischungen sind in Tabelle 2 dargestellt. Die Analysen der Luzernespitzen (LS) und Kraftfuttermischungen wurden vom Labor des LKS in Lichtenwalde durchgeführt. Die Werte für die umsetzbare Energie (ME) der LS wurden mit Hilfe der Gleichung für Einzelfuttermittel der GfE (2006) ermittelt. Hierbei wurden die Rohnährstoffverdaulichkeiten der von Messinger et al. (2021) durchgeführten Verdauungsversuche verwendet. Die Energieberechnung für die Futtermischungen erfolgte nach der Mischfutterformel für Schweine der GfE (2008).

Von den anfänglich 288 Versuchsferkeln schieden insgesamt vier Tiere vorzeitig und nicht planmäßig aus dem Versuch aus. Dabei entfallen auf die Kontrollgruppe zwei Ferkel, von denen eines im ersten Durchgang in der Eingewöhnungsphase und eines im zweiten Durchgang in der Versuchsphase ausgeschieden ist. In der Versuchsgruppe schieden ebenfalls zwei Ferkel im zweiten Durchgang in der Versuchsphase aus. Ursachen für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Versuch waren sowohl in der Kontroll- als auch in der Versuchsgruppe ein Schlaganfall und ein Tod mit unbekannter Ursache.

In der Tabelle 3 werden ausgewählte Merkmale zur Futteraufnahme dargestellt. Zwischen den beiden Gruppen waren deutliche Unterschiede hinsichtlich der Kraftfutteraufnahme festzustellen. Die Tiere der Kontrollgruppe nahmen in der Versuchsphase signifikant mehr Kraftfutter auf als die Tiere der Versuchsgruppe. Zum Ende der Aufzucht verringerten sich die Unterschiede. Dies deutet auf eine zunehmende Gewöhnung an die bitter schmeckenden LS hin.

Die verringerte Futteraufnahme der Versuchsgruppe spiegelte sich in der Gewichtsentwicklung der Tiere wider (Tab. 4). Die mit Luzernespitzen gefütterten Tiere zeigten in der Versuchsphase statistisch gesichert geringere Tageszunahmen. Für das Merkmal Futterverwertung ergaben sich dagegen zwischen den beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede (Tab. 4). Auch für die kalkulierten und statistisch ausgewerteten Verwertungen von ME, Lysin und Methionin+Cystin zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (Werte nicht dargestellt).

Tabelle 2: Analysierte Inhaltsstoffe der im Fütterungsversuch eingesetzten Luzernespitzen und Futtermischungen (in g/kg TM)

Tabelle 3: Tägliche Futteraufnahme (kg/Tier) in den Zeitabschnitten des Fütterungsversuchs (LS-Mittelwerte und Standardfehler)

Tabelle 4: Gewichtsentwicklung und Futterverwertung in den Zeitabschnitten des Fütterungsversuchs (LS-Mittelwerte und Standardfehler)

FAZIT

Luzernespitzen (LS) stellen ein eiweißreiches, heimisches Futtermittel dar, welches nicht in Nahrungskonkurrenz zur menschlichen Ernährung steht.

Die vorliegenden Ergebnisse des Fütterungsversuchs zeigen, dass der Einsatz von getrockneten Luzernespitzen in den geprüften Mischungsanteilen von 20 % in Alleinfuttermischungen für abgesetzte Ferkel realisierbar ist. Es wurden zwar anfängliche Einbußen in der Futteraufnahme verzeichnet und die Gewichtsentwicklung blieb zunächst hinter der Kontrollgruppe zurück. Für das Merkmal Futterwertung ergaben sich aber keine Unterschiede zur Kontrollgruppe. Die Futterumstellung auf Mischungen mit Luzernespitzen sollte gleitend vorgenommen werden, um die Tiere an den bitteren Geschmack der LS zu gewöhnen.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Gerhard Bellof
(Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Am Staudengarten 1, 85354 Freising)

Kontakt: gerhard.bellof[at]hswt.de

Ein Literaturverzeichnis kann von den Autoren angefordert werden.