Auswirkungen verschiedener Rationstypen auf das Wachstum von Fleckviehmastbullen sowie die Wirtschaftlichkeit
Die Rindfleischerzeugung in Deutschland basiert v.a. auf Tieren der Rasse Fleckvieh (Simmental, Doppelnutzungsrasse) und Holstein. Fast 50 % der gesamten Rindfleischproduktion in Deutschland stammt von Bullen (Schütte et al., 2021), und diese werden meistens intensiv mit Rationen auf Basis von Maissilage und energie- und/oder eiweißreichen Ergänzungsfuttermitteln gemästet (Schütte et al., 2021).
Die Maissilage wird i.d.R. selbst in den Betrieben erzeugt. Daher ist die Bullenmast v.a. an Ackerbaustandorte gebunden. Folglich bestimmt die Wettbewerbsfähigkeit der Maissilageproduktion im Vergleich zur Getreideproduktion die regionale Verteilung der intensiven Bullenmast.
Auch hat in den letzten Jahrzehnten die Nachfrage nach Bioenergie auf regionalen Märkten zu erhöhtem Wettbewerb mit der Biogasproduktion auf Futter- und Bodenmärkten geführt, was ebenfalls die Rentabilität der Rindermast beeinflusst (Henke und Theuvsen, 2013).
Zudem könnte der Klimawandel mit weniger Niederschlägen und höheren Temperaturen ggf. Körnermais gegenüber Silomais begünstigen.
Diese 3 Aspekte, die auch die Verfügbarkeit von Maissilage zur Fütterung von Mastbullen einschränken, führen zu Überlegungen bzgl. alternativer Rationen für die Bullenmast, die weder das genetische Wachstumspotential noch die Wiederkäuergerechtheit beeinträchtigen dürfe.
Rationen im Vergleich
So war das Ziel eines auf dem Hofgut Neumühle durchgeführten Fütterungsversuches der Vergleich zweier sehr unterschiedlichen Rationstypen und deren Auswirkungen auf die Futteraufnahme und Wachstumsleistung von Fleckviehbullen bis zu einem Endgewicht von 750 kg sowie eine entsprechend wirtschaftliche Betrachtung.
Für die Bullen der Versuchsgruppe wurde eine Trocken-TMR (DRY-TMR) so konzipiert, dass sie ähnliche Anteile an pansenfermentierbaren Kohlenhydraten aufwies wie die auf Maissilage basierende Ration für die Tiere der Kontrollgruppe (CONVL).
Der Versuch erstreckte sich vom 10. Dezember 2020 bis zum 07. September 2021. 24 Fleckviehbullen mit einem Anfangsalter von 167 Tagen (± 11,7 Tage) und einem Anfangsgewicht von 211 kg (± 9,3 kg) wurden vergleichend auf beide Gruppen aufgeteilt und in acht Gruppenbuchten (3 Tiere je Bucht; Spaltenboden und Gummimatte; 3,93 m² pro Bulle) einmal täglich mit einer der beiden Futterrationen gefüttert.
Die Rationen wurden nach dem NRC (2016) Modell für eine Leistung von ≥ 2 kg pro Tier und Tag konzipiert. Als zentrale Futterkomponenten enthielten beide Rationen übliche Futtermittel wie Zuckerrübenschnitzel, Weizenstroh, Mais, Gerste und Rapsextraktionsschrot sowie eine entsprechende Mineralstoffergänzung (Tabelle 1).
Das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen beiden Rationen war das Fehlen oder Vorhandensein von Maissilage.
Um ein Selektieren bestimmter Rationsbestandteile zu verhindern, wurde einerseits das Weizenstroh auf eine theoretische Schnittlänge von 20 mm gehäckselt und andererseits der DRY-Ration 6,5 % Zuckerrübenmelasse zugesetzt.
Beide Rationen waren so berechnet worden, dass sie zu einer ähnlichen Wachstumsrate führen sollten. Die berechnete Ration für die Versuchsgruppe (DRY–TMR) wies Energiegehalte von 10,5 MJ ME, 6,7 MJ Nettoenergie für Erhaltung (NEm), 4,2 MJ Nettoenergie für Wachstum (NEg) je kg TM auf und Gehalte an Rohprotein von 131 g/kg TM, wobei 60,5 % hiervon als verdauliches Rohprotein (RDP) angesehen wurde, Rohfett von 29 g/kg TM, NFC von 515 g/kg TM und peNDF von 148 g/kg TM.
Abgesehen von dem geringeren TM-Gehalt der Ration für die Kontrollgruppe (CONVL–TMR) waren deren berechneten Energiegehalte mit 11,0 MJ ME und 7,1 MJ NEm sowie 4,5 MJ NEg je kg TM etwas höher. Gleiches betraf auch den Rohproteingehalt mit 138 g/kg TM. 70,7 % hiervon wurden als verdaulich angesehen (RDP). Der Gehalt an NFC war mit 452 g/kg TM etwas geringer und die Gehalte an pflanzlichen Gerüstsubstanzen höher (Rohfaser, NDF, ADF, peNDF).
Letztlich erfüllten aber beide Rationen die Anforderungen von Fleckvieh-Rindern.
Datenerfassung
Im Rahmen dieses Versuches wurden folgende Parameter erhoben:
- Tiergewicht:
- monatlich
- Gesamt-Trockenmasseaufnahme (DM):
- je Buchte (mit je 3 Tieren), täglich
- Bestimmung der Nährstoffgehalte der Rationen (mit Cornell Net Carbohydrate and Protein System (CNCPS); NIRS):
- zu Versuchsbeginn, am Ende jedes zweiten Monats
- insgesamt 5 Mais-Silage-Proben, 5 Rübenschnitzel-Silage-Proben und 2 × 5 TMR-Proben
- aufgenommene Menge an umsetzbarer Energie (ME), Rohprotein (CP), Rohfett (EE), Rohfaser, Nicht-Faser-Kohlenhydrate (NFC), Zucker und Stärke:
- je Buchte (mit je 3 Tieren), tägliche Berechnung
- Partikelgrößenverteilung und Nährstoffanalysen in jeder einzelnen Fraktion:
- acht Wochen nach Versuchsbeginn
Rationsfraktionierung
Für die Partikelgrößenverteilung wurde eine vierteilige Schüttelbox (Lochgrößen: 19, 8 und 4 mm) (Wasserbauer Shaky 4.0 Modell; WPS) verwendet, sodass insgesamt vier Fraktionen entstehen: lang (>19 mm), mittel (<19, >8 mm), kurz (<8, >4 mm) und fein (<4 mm).
Für die Berechnung der physikalisch effektiven NDF wurden die Fraktionsanteile auf den obersten drei Sieben der TMR-Shaker-Box berücksichtigt.
Die Partikelgrößenverteilung beider Rationen ist in Tabelle 2 dargestellt.
Biologische Leistungen
Die nachfolgend ausgewählten Ergebnisse zur Futteraufnahme, der Lebendmassezunahme (ADG) je kg TM-Aufnahme (ADG/DMI-Verhältnis) und der Nährstoffaufnahme entstammen der im Journal Animal publizierten Studie von Koch et al., 2023 (DOI: 10.1016/j.animal.2023.100762).
Im Vergleich zu den Bullen der Kontrollgruppe zeigten die mit der Versuchsration (DRY-TMR) gefütterten Tiere eine höhere Aufnahme an NFC, Zucker (wasserlösliche Kohlenhydrate), löslicher Faser und uNDF. Hingegen war die durchschnittliche Aufnahme an Frisch- und Trockenmasse, Energie (ME), Rohfaser, aNDFom, ADF und peNDF bei diesen Bullen der Versuchsgruppe geringer als bei den mit einer maissilagebasierten Ration gefütterten Kontrolltieren (Tabelle 3).
Über die gesamte Zeit von 272 Tagen erreichten die Bullen der DRY-Gruppe im Durchschnitt eine tägliche Gewichtszunahme von 1,87 kg und die Bullen der Kontrollgruppe 1,84 kg. Diese LMZ wurde durch die Behandlung nicht beeinflusst, aber die Zeit und die Wechselwirkung zwischen Zeit und Behandlung waren signifikant (P < 0,01).
Wirtschaftlichkeit
Die wirtschaftlichen Ergebnisse, basierend auf dem Markterlös und der Gewinnmarge aus dem Jahr 2021, sind in Tabelle 4 dargestellt. Die Anschaffungskosten pro Jungbullen betrugen 750 Euro (für Bullen mit einem durchschnittlichen Lebendgewicht von 215 kg). Zusammen mit den Futterkosten beliefen sich die direkten Investitionen auf 1.313.-€ pro Tier für die Versuchsgruppe (DRY) und auf 1.253 Euro pro Tier für die Kontrollgruppe (CONVL).
Für die Bullen der Versuchsgruppe ergaben sich eine numerisch verbesserte Futtereffizienz von 4,81 vs. 5,36 kg DMI/kg Lebendgewichtszuwachs, ein numerisch etwas höherer Gewichtszuwachs von 505 vs. 498 kg/Tier und eine numerisch höhere LMZ (ADG) von 1,87 vs. 1,84 kg/Tier. Diese Differenzen bei den biologischen Leistungen der Tiere beider Gruppen waren jedoch nicht statistisch signifikant. Dennoch erreichten die Bullen der Kontrollgruppe eine höhere Gewinnmarge.
Für die Berechnung der Futterkosten (IOFC) wurden die betriebsspezifischen Daten von der Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung, Hofgut Neumühle herangezogen.
Nach 272 Masttagen wurden die Bullen geschlachtet. Der IOFC für den 272 tägigen Mastzeitraum wurde folgendermaßen berechnet:
IOFC = c × (d %) × l - d
c: Durchschnittliches Lebendgewicht in kg
d (%): Schlachtausbeute
l: Fleischpreis, Euro
d: Rationskosten, Euro
Die in diesem Versuch entstandenen gesamten Futterkosten machten 29,9 % des Erlöses in der DRY- und 26,8 % in der CONVL-Gruppe aus.
Bei der Untersuchung der Schlachtkörperdaten wurden keine signifikanten Auswirkungen auf den Erlös pro kg Schlachtkörpergewicht und die Schlachtausbeute festgestellt. Der Schlachtkörpererlös für die Bullen der DRY-Gruppe lag zwischen 4,64 € und 4,70 €/kg und für die Tiere der CONVL-Gruppe zwischen 4,64 € und 4,68 €/kg. Die Schlachtausbeute betrug 54,6 % bis 58,5 % bei den Bullen der DRY-Gruppe und 54,8 % bis 61,0 % bei denen der Kontrollgruppe.
FAZIT
Die Ergebnisse zeigen, dass die Fütterung einer Trocken-TMR, basierend auf Zuckerrübenschnitzeln, Weizenstroh, Körnermais, Gerste und Rapsextraktionsschrot, zu vergleichbaren Wachstumsraten und wirtschaftlichen Ergebnissen bei der Bullenmast führen kann wie die Fütterung einer maissilagebasierten Ration, ohne negative Auswirkungen auf die Tierleistung.
Aufgrund der sehr hohen durchschnittlichen Tageszunahmen in beiden Gruppen erreichten die Fleckviehbullen in dieser Studie ihr Zielgewicht in einem kürzeren Mastzeitraum im Vergleich zu üblichen Wachstumskurven für Simmentaler Bullen (mit einer LMZ von 1,5 kg/Tag und einer Gesamtgewichtszunahme von 500 kg, d.h. in einem Mastzeitraum von 333 Tagen). Dieses bewirkte eine positive Rentabilität.
Trotz diätetischer Unterschiede in der Faseraufnahme und spezifischer Partikelgrößenverteilungen in beiden Rationen bei vergleichbaren Aufnahmen von Stärke und schnell im Pansen fermentierbaren Kohlenhydraten gab es keine Unterschiede in der Wachstumsleistung zwischen den Bullen beider Behandlungsgruppen.
Die DRY-TMR könnte somit eine alternative Fütterungsstrategie sein, wenn die Verfügbarkeit von Maissilage generell begrenzt ist. Zudem stellt sie geringere Anforderungen an das Fütterungsmanagement, insbesondere an die Hygiene.