Auswirkungen einer automatischen Futtervorlage auf das Fressverhalten von laktierenden Kühen – Teil 2
In einer sechsmonatigen Untersuchung auf Gut Hülsenberg wurde insbesondere der Fragestellung nachgegangen, ob sich bei einem Wechsel von einer konventionellen 1-maligen Futtervorlage am Tag zu einer automatisierten und damit 6-8-maligen Futtervorlage gewisse Verhaltensweisen der Kühe verändern.
Der 1. Teil, der bereits erschien, beschrieb die Versuchsbedingungen. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse aufgezeigt und interpretiert.
Ergebnisse
Die Datenerhebung erstreckte sich über einen Zeitraum von sechs Monaten, von denen die ersten zwei Monate die Zeitspanne vor der Umstellung auf das AFS repräsentieren und im Folgenden als „vor der Umstellung“ oder „September/Oktober“ bezeichnet werden. Die folgenden vier Monate kennzeichnen den Betrachtungszeitraum nach der Umstellung. Dieser Abschnitt wird entweder zusammenfassend als „nach der Umstellung“ oder aufgeteilt in jeweils zwei Monatsabschnitte „November/Dezember“ und „Januar/Februar“ bezeichnet.
Der in den ersten zwei Monaten nach der Umstellung registrierte Rückgang der Futteraufnahme in allen 4 Kuhgruppen lässt vermuten, dass sich (der Mensch und) die Tiere an das neue System gewöhnen mussten.
Futteraufnahme
Die Abbildung 1 veranschaulicht den Verlauf der durchschnittlichen TM-Aufnahme pro Kuh und Tag im Mittel aller ausgewerteten laktierenden Kühe. Der Mittelwert betrug in den letzten beiden Monaten vor der Umstellung, als den Kühen täglich einmal frisch Futter vorgelegt wurde, (in der Abbildung links vor der ersten roten Linie) 23,35 kg TM/Kuh und Tag (+1,54 kg TM).
Der zweite Abschnitt umfasste die Monate November/Dezember, kurz nach der Umstellung auf das AFS. Die Futteraufnahme in diesem Zeitabschnitt war mit durchschnittlich 22,34 kg TM/Kuh und Tag (+ 2,02 kg TM) signifikant (p= 0,003) 1 kg TM geringer als im ersten Abschnitt.
Hier kann nach den Beobachtungen im Betrieb geschlossen werden, dass das der Anpassung und dem Einfahren des Systems geschuldet war.
Der letzte betrachtete Abschnitt umfasste die Monate Januar/Februar, in der Abbildung der rechte von der 2. roten Linie. Hier lag die durchschnittliche TM-Aufnahme bei 26,06 kg TM/Kuh und Tag (+ 2,81) und war mit p<0,001 signifikant höher als in den beiden Abschnitten davor. Dies deutet darauf hin, dass sich die Tiere nach der Umstellungsphase an das neue Fütterungssystem gewöhnt hatten und mit einer gesteigerten Futteraufnahme reagierten. Allerdings waren die Schwankungen in der täglichen Futteraufnahme nach der Umstellung auf das AFS größer, was sich ebenfalls in den größeren Standardabweichungen in Tabelle 1 zeigt. Dies legt nahe, dass es für die Tiere einer entsprechenden Anpassungsphase an das neue Fütterungssystem bedarf. Allerdings nahmen ab Januar/Februar diese Futteraufnahmeschwankungen wieder ab, was die Annahme einer gewissen Gewöhnung an dieses neue Futtervorlagemanagement unterstützt.
Bei getrennter Auswertung nach Erstkalbskühen und Mehrkalbskühen zeigte sich, dass die Erstkalbskühe (Gruppe 3) im Durchschnitt des gesamten Versuchszeitraumes eine um 18 % geringere Futteraufnahme realisierten als die Mehrkalbskühe (Tabelle 1). Vor der Umstellung auf das AFS betrug diese Differenz 12 %, nach der Umstellung jedoch 21 %.
Tabelle 1: Übersicht über die Futteraufnahmen (kg TM pro Kuh und Tag), getrennt nach Gruppen bzw. Mehrkalbs- und Erstkalbskühen
Die Erstkalbskühe reagierten in den ersten beiden Monaten nach der Umstellung mit einer deutlicheren Futteraufnahmedepression auf diesen Wechsel als die älteren Kühe (Abbildung 2). In den beiden nachfolgenden Monaten Januar/Februar stieg dann aber, wie auch bei den Mehrkalbskühen, deren Futteraufnahme wieder an. Insgesamt erreichte die Futteraufnahme der jungen Kühe im Durchschnitt der 4 Monate nach der Umstellung, im Gegensatz zu der der Mehrkalbskühe, aber noch nicht das ursprüngliche Niveau wie vor der Umstellung (Tabelle 1).
Abbildung 2: Vergleich der Futteraufnahmen (kg TM/Kuh und Tag) zwischen Erstkalbs- und Mehrkalbskühen
Bei der Interpretation der Futteraufnahme dieser Milchkuhherde muss jedoch berücksichtigt werden, dass auch weitere Faktoren Einfluss auf die Futteraufnahme genommen hatten, wie beispielsweise die Rationsgestaltung. Im Verlauf des Betrachtungszeitraums erfolgten drei Rationsumstellungen, die erste in der 38. KW. Danach stieg die Futteraufnahme der gesamten Herde signifikant. Zusätzlich zu dieser Rationsumstellung wurde auf das AFS umgestellt. Der nächste Rationswechsel erfolgte in der 48. KW und zeigte keinen signifikanten Unterschied in der durchschnittlichen Futteraufnahme im Vergleich zur vorherigen Futterration. Die letzte Rationsveränderung (mit einem Wechsel auf eine neue Gras- und Maissilage aus den Jahren 2023 mit sehr guter Qualität; die Mengen und die Zusammensetzungen des Kraftfutters und des Leistungsfutters blieben dabei unverändert) erfolgte in der KW 04 im Jahr 2024 und führte zu einem erneut signifikanten Anstieg der TM-Aufnahme der gesamten Herde.
Weiterhin muss bei der Interpretation der Futteraufnahmeentwicklung berücksichtigt werden, dass die TM-Aufnahme jeder Gruppe einen Gruppenwert darstellt, der nicht auf tierindividuellen Futteraufnahmemessungen basiert. Daher können diese Ergebnisse einerseits nur begrenzt auf einzelne Tiere übertragen und andererseits diese Daten mit vorangegangenen Studien verglichen werden.
Letztlich unterstützte jedoch die Umstellung von einer einmaligen Futtervorlage am Tag auf eine mit dem automatischen Futtervorlagesystem verbundene 6 bis 8-malige frische Futtervorlage eine Steigerung der Futteraufnahme.
Futteraufnahme- und Wiederkaudauer
Im Durchschnitt hat jede Kuh der Herde über den Zeitraum der Datenerhebung 324 Minuten und somit 5,4 Stunden am Tag Futter aufgenommen. Vor der Umstellung auf die häufigere Futtervorlage mittels AFS betrug dieser Wert 303 Minuten (+ 23 Minuten), in den ersten beiden Monaten danach (Nov./Dez.) 339 Minuten (+ 13 Minuten) und in den Monaten Jan./Febr. 332 Minuten (+ 11 Minuten).
Die etwas längere Futteraufnahmedauer nach der Umstellung auf das AFS deutet darauf hin, dass sich die Tiere mehr mit dem Fressen beschäftigt hatten. Hingegen nahm die Wiederkaudauer, auch bedingt durch die erst einmal reduzierte Futteraufnahme, zunächst ab. Nach der Gewöhnungsphase der ersten beiden Monate erreichte dann das Wiederkauverhalten der Kühe (Monate Januar/Februar) aber wieder annähernd das Niveau aus dem Zeitraum vor der Umstellung des Fütterungssystems (Abbildung 3).
Abbildung 3: Verlauf der durchschnittlichen Futteraufnahme- und Wiederkaudauer (Minuten je Kuh und Tag) der gesamten Herde
Die durchschnittliche Wiederkaudauer betrug über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg 558 Minuten, also 9,3 Stunden pro Kuh und Tag. Vor der Umstellung auf das automatische Fütterungssystem kauten die Kühe durchschnittlich 568 Minuten (+ 19 Minuten) am Tag wieder. In den beiden Monaten unmittelbar nach der Umstellung reduzierte sich die Wiederkauzeit signifikant (p<0,001) auf 543 Minuten (+ 13 Minuten) und stieg im Januar/Februar wieder auf durchschnittlich 564 Minuten (+ 14 Minuten) pro Kuh und Tag an.
Erstkalbskühe zeigten im Vergleich zu den Mehrkalbskühen im gesamten Versuchszeitraum eine 22 % längere Futteraufnahmedauer und eine um 6 % längere Wiederkaudauer (Tabellen 2 und 3).
Tabelle 2: Übersicht über die Futteraufnahmedauer (min pro Kuh und Tag), getrennt nach Gruppen bzw. Mehrkalbs- und Erstkalbskühen
Tabelle 3: Übersicht über die Wiederkaudauer (min pro Kuh und Tag), getrennt nach Gruppen bzw. Mehrkalbs- und Erstkalbskühen
Futteraufnahmerate und Wiederkaurate
Die Futteraufnahmerate einerseits und die Wiederkaurate andererseits unterschieden sich vor und nach der Umstellung. Die Futteraufnahmerate nahm in den ersten beiden Monaten nach der Umstellung auf das AFS signifikant ab, da die Tiere in dieser Zeit ihre Futteraufnahme reduzierten, aber bei längerer Futteraufnahmedauer. Anschließend stieg die Futteraufnahmerate aber wieder an und erreichte das ursprüngliche Ausgangsniveau (Tabelle 4).
Tabelle 4: Übersicht über die durchschnittliche Futteraufnahme- und Wiederkaurate (g/min und Minuten je kg TM je Kuh und Tag; dabei entsprechen die TM-Aufnahmen den Gruppenmittelwerten) der gesamten Herde
Die Betrachtung der einzelnen Gruppen ergab ähnliche Ergebnisse in der Futteraufnahmerate (Tabelle 5). Erstkalbskühe nahmen über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg durchschnittlich 33 % weniger Futter je Minute auf als die Mehrkalbskühe. Vor der Umstellung betrug dieser Unterschied 31 %, in den ersten beiden Monaten nach der Umstellung 35 % und in den zuletzt beobachteten Monaten Januar und Februar 2024 34 %.
Tabelle 5: Übersicht über die Futteraufnahmerate (g/min je Kuh und Tag; TM-Aufnahmen entsprechen den Gruppenmittelwerten), getrennt nach Gruppen bzw. Mehrkalbs- und Erstkalbskühen
Bei der Wiederkaurate zeigte sich ein anderes Bild. Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg wiesen die Erstkalbskühe eine um 9 % höhere Wiederkaurate auf als die Mehrkalbskühe, d.h. sie kauten das Futter länger wieder. Vor der Umstellung betrug dieser Unterschied 7 %, in den ersten beiden Monaten nach der Umstellung 20 % und in den zuletzt beobachteten Monaten Januar und Februar 2024 nur noch 2 % (Tabelle 6).
Tabelle 6: Übersicht über die durchschnittliche Wiederkaurate (Minuten je kg TM je Kuh und Tag), getrennt nach Gruppen bzw. Mehrkalbs- und Erstkalbskühen
Vergleich der Wiederkaudaten zwischen dem SmaXtec Bolus und dem Lely Halsband
Die bisher dargestellte Wiederkaudauer basierte auf der Messung durch die Lely-Halsbänder. Zusätzlich bekamen 60 Kühe einen SmaXtec-Bolus, der ebenfalls die tierindividuelle Wiederkaudauer gemessen hatte. Daher wurden bei diesen 60 Kühen die Ergebnisse beider Sensorsysteme miteinander verglichen. Während die mit dem Lely-Halsband ermittelte Wiederkaudauer nach der Umstellung auf das AFS signifikant gegenüber davor abnahm, zeigte die mittels SmaXtec-Bolus erhobene Wiederkaudauer keine Unterschiede zwischen den drei betrachteten Zeiträumen (Tabelle 7 und Abbildung 4).
Tabelle 7: Übersicht über die durchschnittliche Wiederkaudauer (Minuten je Kuh und Tag) bei den 60 mit einem SmaXtec-Bolus versehenen Kühen
Abbildung 4: Vergleich der durchschnittlichen Wiederkaudauer (Minuten je Kuh und Tag), gemessen mit SmaXtec-Bolus und Lely-Halsband
Im direkten Vergleich der durchschnittlichen Wiederkauminuten je Kuh und Tag von SmaXtec und Lely ergab sich ein signifikanter Unterschied bei den Ergebnissen (p < 0,001). Die Korrelationsanalyse zeigte dennoch einen signifikanten Zusammenhang der beiden Techniken zueinander (p < 0,001), wenn gleich das Bestimmtheitsmaß nur 0,13 betrug (Abbildung 5).
Abbildung 5: Korrelation der mittels SmaXtec und Lely erhobenen Wiederkaudauer (Minuten je Kuh und Tag)
Entwicklung der Milchleistung
Die Milchleistung der Kühe betrug im gesamten Zeitraum durchschnittlich 40,62 kg ECM/Kuh und Tag (+ 2,03 kg). In den letzten 2 Monaten vor der Umstellung auf das AFS gaben die Kühe 39,17 kg ECM, in den ersten beiden Monaten nach der Umstellung (November/Dezember) 39,99 kg ECM und in den nachfolgenden 2 Monaten Januar/Februar 42,79 kg ECM. Diese Unterschiede waren stets hochsignifikant (p < 0,001) (Abbildung 6).
Die Erstkalbskühe hatten über den gesamten Versuchszeitraum hinweg durchschnittlich 16 % weniger Milch als die Mehrkalbskühe (Gruppen 1, 2 und 4) (Tabelle 8). Vor der Umstellung betrug der Leistungsunterschied zwischen diesen Altersgruppen 13 % und nach der Umstellung, sowohl in den ersten beiden Monaten als auch in den Monaten Januar/Februar, 17 %.
Tabelle 8: Übersicht über die durchschnittliche Milchleistung (kg ECM je Kuh und Tag), getrennt nach Gruppen bzw. Mehrkalbs- und Erstkalbskühen
FAZIT
Die Umstellung von einer einmaligen Futtervorlage am Tag auf eine mit dem automatischen Futtervorlagesystem verbundene 6 bis 8-malige frische Futtervorlage unterstützte eine Steigerung der Futteraufnahme bei den Mehrkalbskühen. Bei den Erstkalbskühen zeigte sich dieser Effekt im Durchschnitt der 4monatigen Beobachtungszeit nach der Umstellung (noch) nicht.
In den ersten zwei Monaten nach der Umstellung war jedoch in allen Kuhgruppen ein Rückgang der TM-Aufnahme zu verzeichnen, vermutlich bedingt durch die Anpassung an das neue System. Ab Januar/Februar, also im 3./4. Monat nach der Umstellung wurde aber in allen Gruppen, also auch bei den Jungkühen, eine deutliche Futteraufnahmesteigerung beobachtet.
Verbunden hiermit zeigte sich auch eine Veränderung bei der Futteraufnahme - und Wiederkaudauer. In den ersten beiden Monaten nach der Umstellung auf das AFS nahmen die Futteraufnahmedauer zu und die Wiederkauzeit ab. In den beiden darauffolgenden Monaten glichen sich die Werte hierfür wieder denen vor der Umstellung an.
Die Milchleistung zeigte einen ähnlichen Verlauf wie die Futteraufnahme. Nach der Umstellung auf das AFS wurde eine Steigerung der Milchleistung beobachtet.
Hierbei muss jedoch unbedingt berücksichtigt werden, dass im gesamten Versuchszeitraum auch drei Rationsumstellungen erfolgten, die zusätzliche Auswirkungen auf die Höhe der Futteraufnahme und die Milchleistung gehabt haben.
Davon abgesehen wurde deutlich, dass die Kühe kurz nach der Umstellung auf das neue Futtervorlagesystem gewisse Veränderungen im Fress- und Wiederkauverhalten zeigten. Nach einer gewissen Adaptionsphase aber scheinen sie sich an diese neue Futtervorlage zu gewöhnen.
DER DIREKTE DRAHT
M. sc. Weda Albertsen
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Güner Kamp 11
D-24783 Osterrönfeld
E-Mail: Nickelsen-albertsen@gmx.de
Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Güner Kamp 11
D-24783 Osterrönfeld
E-Mail: katrin.mahlkow-nerge[at]fh-kiel.de
Dr. Achim Hoffmann & Dr. Ewald Kramer
ISF GmbH
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D-23812 Wahlstedt
E-Mail: Achim.Hoffmann[at]is-forschung.de
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