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Welche genetischen Herkünfte und Fütterungsstrategien eignen sich für die ökologische Putenmast?

Sina Göppel1, Peter Weindl1, Christian Lambertz2, Benedikt Thesing1, Steffen Born3, Eggert Schmidt1, Gerhard Bellof1
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Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme, Freising;

2Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), Frankfurt am Main;
3Bayerische Staatsgüter - Versuchs- und Bildungszentrum Geflügelhaltung - Staatsgut Kitzingen.

Einleitung

Die Umsetzung einer 100 % Bio-Fütterung in der Putenmast, vor allem in der anspruchsvollen Aufzucht, stellt ökologisch wirtschaftende Putenhalter vor neue Herausforderungen. Puten stellen hohe Ansprüche an Haltung und Fütterung. Schwere und schnell wachsende Putenherkünfte stehen in der Kritik, den Anforderungen einer ökologischen Tierhaltung nicht gerecht zu werden. Diese Hypothese sollte mit der vorliegenden Studie überprüft werden. In der Öko-Geflügelhaltung ist ein Zugang zu Grünauslauf und Raufutter (Silage) vorgeschrieben (EC 2007). Bislang liegen nur wenige systematische Untersuchungen zum Beitrag dieser Vorgabe für die Ernährung der Tiere vor. Die aktuelle Studie sollte auch zu dieser Fragestellung Antworten liefern.

Die Bereitstellung hochwertiger Eiweißfuttermittel – möglichst aus regionaler und nachhaltiger Herkunft – stellt in der ökologischen Geflügelfütterung ein zentrales Problem dar. Für die ökologische Putenmast ist Methionin die erstlimitierende Aminosäure. Mit einer Absenkung des Energiegehaltes in den Alleinfuttermischungen kann die energiebezogene Futteraufnahme des Geflügels genutzt werden, um einen Spareffekt hinsichtlich des Einsatzes essenzieller Aminosäuren zu erreichen (bezogen auf g Aminosäure/kg Alleinfuttermischung) (Bellof u. a. 2014). Mit der vorliegenden Studie sollten diese Möglichkeiten in den unterschiedlichen Wachstumsabschnitten systematisch untersucht werden.

Der Fütterungsversuch

Vorgehensweise

Für einen Mastversuch wurden 1344 männliche Eintagsküken der schnell wachsenden Herkunft B.U.T. 6 (Avigen 2018) und der langsam wachsenden Linie Auburn (Aviagen 2020) eingestallt. Die Hähne wurden in fünf Phasen zu je vier Wochen mit nährstoffangepassten Alleinfuttermischungen bis zum Mastende in der 19. Woche gehalten. Hierbei wurden die Phasen 1 und 2 als Aufzucht und die Phasen 3 bis 5 als Mast definiert. Als Haltungssysteme wurden sowohl die Feststallhaltung (mit ausschließlicher Kraftfutterversorgung) als auch eine Stallhaltung mit zusätzlicher Vorlage von Grünfuttersilage und die Mobilstallhaltung (mit Grünauslauf) in die Untersuchungen einbezogen. Es wurden vier verschiedene Fütterungsstrategien, respektive Fütterungsgruppen betrachtet, die unterschiedlich ausgestattete Futtermischungen aufwiesen. Die Futtermischungen enthielten durchgängig abgesenkte AMEN- und abgestufte Aminosäurengehalte (Tabelle 1). Alle Fütterungsgruppen erhielten in der jeweiligen Phase isoenergetische Mischungen (Tabelle 1).

Tabelle 1: Angestrebtes Versorgungsniveau (100%-90%-80%) für Lysin und Methionin (Gehalte in %) sowie Zielwerte für AMEN –Gehalte (MJ/kg) in den Konzentratfuttermischungen („Alleinfutter“) für die ökologische Putenmast

Die Futtermischungen entsprachen hinsichtlich der Rohstoffauswahl jeweils den Vorgaben einer 100 % Bio-Fütterung. Als Eiweißfuttermittel wurden folgende Rohstoffe eingesetzt: Erbsenproteinkonzentrat (78 % XP), Erbsen (18% XP), Rapskernkuchen (29 % XP), Rapskuchen (27 % XP), Sonnenblumenkuchen (45 %XP), Sonnenblumenkuchen (38 %XP), Sonnenblumenkuchen (30 % XP) sowie Sojakuchen (42 % XP) und Maiskleber (6 0% XP). Hierbei kamen die Produkte einer Rohstoffgruppe (z.B. Erbsenproteinkonzentrat und Erbsen) mit erhöhtem XP-Gehalt (respektive Aminosäurengehalt) in der ersten Aufzuchtphase zum Einsatz. Sie wurden in der zweiten Aufzuchtphase und in den anschließenden Mastphasen schrittweise durch die entsprechenden Rohstoffe mit geringerem XP-Gehalt ersetzt.

Ergebnisse und Diskussion

Der Versuch verlief störungsfrei. Es traten vergleichsweise geringe Verluste auf (durchschnittlich 7,7 %). Für die Auburn-Tiere konnte im Vergleich zu den B.U.T.6-Hähnen eine statistisch gesicherte, geringere Verlustrate ermittelt werden (4,7 % versus 9,9 %).

Die in den Versuchen erzielten Leistungen lagen durchgehend auf einem hohen Niveau. Zwischen den Genotypen konnten hinsichtlich aller relevanten Merkmale statistisch gesicherte Unterschiede festgestellt werden (Tabelle 2).

Tabelle 2: Durchschnittliche Kraftfutteraufnahme (KF, kg/Tier), Lebendmasseentwicklung (kg/Tier) und Kraftfutterverbrauch pro kg Zuwachs (KF, kg/kg) von langsam und schnell wachsenden männlichen Mastputen (G) in der Aufzucht (Phasen I und II) und der Mast (Phasen III bis V) bei unterschiedlicher Haltung (H) und Konzentratfütterungsstrategie (F) (LS-Mittelwerte ± Standardfehler)

So erreichten die B.U.T. 6-Hähne am Ende der 19. Woche ein Mastendgewicht von 19,8 kg, während die Hähne der Linie Auburn 14,0 kg erzielten. Die relativen Anteile (%) wertvoller Teilstücke am Schlachtkörper lagen für die beiden Genotypen aber auf gleichem Niveau (Tabelle 3). Für die untersuchten Haltungssysteme zeigten sich ebenfalls gerichtete Unterschiede. Hähne, die ab der Phase 3 in Mobilställen gehalten wurden, erzielten höhere Endgewichte und wiesen gegenüber den Tieren mit durchgehender Stallhaltung und ausschließlicher Kraftfutterversorgung verbesserte Schlachtkörpermerkmale auf (Tabelle 3).

Tabelle 3: Schlachtkörpergewichte (kg/Tier), Anteile (in %) an wertvollen Teilstücken und Abdominalfettgehalte (%) in Schlachtkörpern von langsam und schnell wachsenden männlichen Mastputen (G) zum Mastende (19. Woche = 134. Lebenstag) bei unterschiedlicher Haltung (H) und Konzentratfütterungsstrategie (F) (LS-Mittelwerte ± Standardfehler)

Zwischen den verschiedenen Fütterungsgruppen zeigten sich ebenfalls gerichtete Unterschiede für die untersuchten Merkmale. Am Ende der Aufzucht rangierten die Aufzuchtgewichte (56. Lebenstag) der vier Konzentratfütterungsgruppen in direkter Abhängigkeit der Aminosäureversorgung (Tabelle 2). In der anschließenden Mast glichen sich die Lebendmassen zwischen den Gruppen an. Tiere, die durchgehend auf einem hohen Niveau (100 %) mit essenziellen Aminosäuren versorgt wurden (Gruppe 1), zeigten gegenüber den Hähnen der Gruppe 3, welche zunächst lediglich 80 % (Phase 1) bzw. 90 % (Phasen 2 und 3) dieses Versorgungsniveaus erhielten, keine Unterschiede im Mastendgewicht, dem Schlachtkörpergewicht und dem Brustgewicht.

FAZIT

Beide betrachteten Genotypen eignen sich für eine ökologische Haltung mit Grünauslauf. Das vorgeschriebene Angebot an Raufutter hat neben dem Beschäftigungseffekt auch einen nutritiven Wert. Ein abgesenktes Aminosäurenangebot in der Aufzucht kann von den Tieren in den darauffolgenden Mastphasen vollständig kompensiert werden.

Die Studie wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Gerhard Bellof
(Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Am Staudengarten 1, 85354 Freising)

Kontakt: gerhard.bellof[at]hswt.de

Bilder: Sina Göppel

Ein Literaturverzeichnis kann von den Verfassern angefordert werden.