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Sojabohnen und -kuchen aus europäischer Erzeugung in der Geflügel- und Schweinefütterung gezielt einsetzen
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In Deutschland, insbesondere Süddeutschland, werden zunehmend Sojabohnen (Glycine max) angebaut. Zudem kommen aus den Balkanländern vermehrt Sojabohnen („DonauSoja“) auf den deutschen Markt. Aufgrund von Sortenunterschieden, differierenden klimatischen Gegebenheiten und Anbauverfahren können die wertbestimmenden Inhaltsstoffe von Sojabohnen aus europäischem Anbau von den Importen aus Übersee abweichen.

In den nachfolgenden Ausführungen sollen relevante Futtermittel aus dem heimischen (europäischen) Sojabohnenanbau vorgestellt werden. Hierbei stehen die vollfetten Sojabohnen sowie der daraus hergestellte Sojakuchen im Blickpunkt. Einige Unternehmen, die Sojabohnen aus europäischem Anbau ("DonauSoja") verarbeiten, stellen mittlerweile auch Sojaextraktionsschrot her. So bietet die Firma Archer Daniel Midland Company (ADM) in Straubing (Süddeutschland) aus solchen GVO-freien Sojabohnen – nach erfolgter Schälung – auch Sojaextraktionsschrot mit erhöhtem Rohproteingehalt an (HP-SES) an.

Diese Futtermittel sollen hinsichtlich wertbestimmender Inhaltsstoffe, Futterwert sowie Einsatzempfehlungen für die Geflügel- und Schweinefütterung einer vergleichenden Betrachtung unterzogen werden.

Inhaltsstoffe der Sojabohnen

Wertbestimmende Inhaltsstoffe

In der Tabelle 1 sind die Gehalte wertbestimmender Inhaltsstoffe von Sojabohnen (europäisch) aufgeführt. Sojabohnen weisen mit 340 g Rohprotein/kg – nach den Gelben Süßlupinen (419 g RP/kg, bei 88 % TS) – die höchsten Proteingehalte unter den Körnerleguminosen auf. Allerdings zeigen die im Rahmen des UFOP-Monitorings (Weber 2018) untersuchten europäischen Sojabohnen eine große Schwankungsbreite im Rohproteingehalt (250 – 450 g/kg). Somit kommt der Untersuchung von aus europäischem Anbau stammenden Sojabohnen eine erhöhte Bedeutung zu.

Sojabohnen weisen innerhalb der Körnerleguminosen den mit Abstand höchsten Rohfettgehalt auf. Für die Sojabohnen kann der hohe Fettgehalt in der Fütterung einsatzbegrenzend wirken. Sojaöl beinhaltet im Vergleich zu anderen in der Fütterung eingesetzten Ölen und Fetten einen deutlich höheren Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Da sich die Fettzusammensetzung des Futters in der Fettqualität des Körperfettes beim Geflügel direkt niederschlägt, birgt der Einsatz von Vollfettsojabohnen die Gefahr von zu weichen und wenig stabilen Fettanteilen am Schlachtkörper. Dies beeinträchtigt die Verarbeitungsfähigkeit sowie die Lagerfähigkeit der Produkte. Deshalb ist das aus Sojabohnen hergestellte Produkt „Sojakuchen“ mit einem Restfettgehalt von höchstens 10 % für den Fütterungseinsatz besser geeignet. Der durch Abpressen herbeigeführte Fettentzug führt zu einer Anreicherung der anderen Inhaltsstoffe – auch der Proteine – in dem Kuchen (Tabelle 2). Die Gehalte an den leichtlöslichen Kohlenhydraten Stärke und Zucker sind eher unbedeutend. Der ausgewiesene Stärkegehalt ist – ähnlich wie bei den Süßlupinen – als analytischer Artefakt zu werten. Die beachtlich hohen NSP-Gehalte (257 g/kg) führen in der Jungtierfütterung zu keinen Beeinträchtigungen.

Die Sojabohnen weisen eher geringe Calcium- und Natriumgehalte, aber relativ hohe Phosphorwerte auf. In den Nebenprodukten der Sojabohnen steigen die Calciumgehalte etwas an, während die Phosphorgehalte leicht abfallen. Grundsätzlich ist zu beachten, dass Phosphor überwiegend an Phytin gebunden ist.

Tabelle 1: Inhaltsstoffe von Sojabohnen (europäisch)

Sekundäre Inhaltsstoffe

Sogenannte sekundäre Inhaltsstoffe – wie: Tannine (Gerbstoffe), Proteaseinhibitoren (Hemmstoffe), Lektine und Saponine – können auch in den Körnerleguminosen vorkommen. Bei Sojabohnen und deren Nebenprodukten sind insbesondere die Trypsininhibitoren bedeutsam. Diese Stoffe können im Dünndarm die Wirkung des eiweißspaltenden Enzyms Trypsin hemmen. Vor der Verfütterung von Sojabohnen und deren Verarbeitungsprodukte an Geflügel oder Schweine ist daher eine thermische Inaktivierung der enthaltenen Proteaseinhibitoren notwendig. Diese erfolgt in der Praxis entweder „dezentral“ in stationären oder mobilen sog. Toastungsanlagen. Eine „zentrale“ Sojabohnenverarbeitung in Ölmühlen zur Pflanzenölgewinnung ist standardmäßig mit einem Toastprozessschritt verknüpft, der definierte Toastbedingungen sicherstellt.

Eine thermische Behandlung birgt jedoch auch die Gefahr einer Proteinschädigung in sich. Somit muss ein Kompromiss zwischen den positiven Auswirkungen (Ausschaltung von leistungshemmenden Inhaltsstoffen und die Lagerfähigkeit beeinträchtigenden Enzymen, schonende Denaturierung der Proteinkörper) und dem Beginn der proteinschädigenden Reaktionen angestrebt werden. Schon eine geringe Überschreitung der Temperatur kann zu Schädigungen und Gehaltsminderungen der schwefelhaltigen Aminosäuren Cystin und Methionin, aber auch der Aminosäure Lysin führen.

Zur Überprüfung der sachgemäßen Vorbehandlung von Sojabohnen wurde eine Reihe einfacher analytischer Methoden ausgearbeitet, wie die Bestimmung der Ureaseaktivität, die Kresolrotabsorption und die Eiweißlöslichkeit. Die direkte Bestimmung der Trypsininhibitoraktivität (TIA) kann auch nach der amtlichen A.O.C.S.-Methode (1990) durchgeführt werden. Die Aktivität des Inhibitors wird hierbei in mg Trypsininhibitor pro g Trockenmasse (mg TIA/g TM) angegeben. Thurner (2020) empfiehlt, einen Zielwert von unter 3 mg TIA/g TM Sojakuchen einzuhalten. In Alleinfuttermischungen für Masthühner sollte ein Wert von unter 2 mg TIA/g TM angestrebt werden. Die Bestimmung der Ureaseaktivität dient zur indirekten Erfassung der Inhibitorwirkung, da die unmittelbare Messung vergleichsweise aufwendig ist. Man misst daher als Ersatzgröße die Restaktivität eines anderen für die Sojabohne charakteristischen Inhaltsstoffs, des Enzyms Urease. Für optimal getoastete Sojaprodukte ist eine Ureaseaktivität zwischen 0,4 mg N/g/min. und der Nachweisgrenze zu fordern. Die Ureaseaktivität sinkt nach Erreichen von 100 °C sehr rasch auf niedrige Werte, deren Veränderungen ohne Aussagekraft sind. Somit lassen sich nur nicht erhitzte Partien identifizieren.

Die Eiweißlöslichkeit in Wasser (PDI) ist ein weiteres gebräuchliches Kriterium zur Prüfung des Hitzebehandlungseffektes. Nach Naumann und Bassler (1988) ist für Sojaprodukte ein Optimalbereich von 10 bis 35 % anzunehmen. Puntigam und Slama (2021) geben einen anzustrebenden Bereich von 10 – 25 % an. Neben der Eiweißlöslichkeit des Proteins in Wasser (PDI) wird als ein weiterer Parameter häufig die Eiweißlöslichkeit in Kalilauge (KOH) bestimmt. Neuere Untersuchungen von Thurner (2020) zeigen, dass die Untergrenze – Hitzeschädigung der Eiweiße – für KOH bei 70 % angesetzt werden kann. Eine Unterbehandlung liegt bei KOH-Werten von >85 % vor.

Zur eindeutigen Beurteilung der Wärmebehandlung sollten TIA und PDI bzw. KOH bestimmt werden. Solche Kennwerte sind in Tabelle 2 dargestellt. Im Vergleich zu unbehandelten Sojabohnen liegen die dort ausgewiesenen wärmebehandelten Sojaprodukte bezüglich Eiweißlöslichkeit (PDI, KOH) im jeweiligen Zielbereich. Die TIA-Werte für Sojabohnen und Sojakuchen liegen allerdings über dem anzustrebenden Bereich von < 3 g/kg TM.

Aus der Praxis liegen Berichte vor, dass die in dezentralen Anlagen aufbereiteten Sojaprodukte nicht immer den dargestellten Anforderungen entsprechen. Es besteht Optimierungsbedarf, damit der durch Sojaextraktionsschrot gesetzte Standard auch für die heimischen Sojaprodukte durchgängig erreicht werden kann.

Tabelle 2: Relevante Inhaltsstoffe und Kennwerte zur Wärmebehandlung von Sojaprodukten aus europäischer Erzeugung (Angaben in g/kg bzw. %)

Futterwert von Sojabohnen

Energetischer Futterwert

Sojabohnen weisen aufgrund des hohen Protein- und Fettgehaltes sehr hohe Energiegehalte für das Schwein auf (Tabelle 3). Diese liegen deutlich über denen von Weizen oder Körnermais. Der gleiche Sachverhalt gilt für die Geflügelfütterung.

Tabelle 3: Futterwert von Sojaprodukten aus europäischer Erzeugung für Geflügel und Schweine (Angaben in g/kg bzw. MJ/kg)

Proteinqualität und -bewertung

Die Gehalte der wichtigsten Aminosäuren in der Sojabohne sind in Tabelle 3 ausgewiesen. Gemessen am Bedarf des Geflügels und des wachsenden Schweins, weist das Sojaprotein eine zu knappe Ausstattung an Methionin auf. Dagegen sind insbesondere die nachrangig essenziellen Aminosäuren in ausreichender Menge vorhanden. Somit können Sojabohnen – in analoger Weise zum Sojaextraktionsschrot – die Versorgung dieser Aminosäuren in Schweine- bzw. Geflügelrationen absichern.

Die Aminosäureverdaulichkeiten liegen für das Schwein auf einem hohen Niveau. Lediglich für die Aminosäure Tryptophan ergibt sich eine Verdaulichkeit von weniger als 80 %. Auch für das Geflügel lassen sich hohe Aminosäureverdaulichkeiten feststellen. Mit Ausnahme des Cystins liegen alle Werte bei mindestens 85 %.

Einsatzprüfungen und -empfehlungen für Sojabohnen und -kuchen

Sojabohnen aus europäischem Anbau werden insbesondere in der ökologischen Fütterung eingesetzt. Die vorherige Wärmebehandlung ist für den Einsatz in der Monogastrierfütterung zwingend. Somit stellt eine sachgerechte Wärmebehandlung eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Fütterungseinsatz dar. Einsatzbegrenzend wirkt meist der hohe Fettgehalt. Die Einsatzgrenzen lassen sich durch teilweisen Fettentzug verschieben. Somit kommt dem Produkt Sojakuchen aus heimischen Sojabohnen insbesondere für die ökologische Fütterung eine hohe Bedeutung zu. In den nachfolgenden Ausführungen werden daher auch für das Produkt Sojakuchen (siehe Tabelle 3) Einsatzempfehlungen gegeben.

Schweine

Schweine weisen grundsätzlich eine gute Fettverträglichkeit auf. Somit können Futtermittel mit hohen Fettgehalten eingesetzt werden. Zwischen der Fettzusammensetzung des Futters und der Fettqualität des Körperfettes besteht beim Schwein ein enger Zusammenhang. Somit birgt der Einsatz von Vollfettsojabohnen die Gefahr einer unzureichenden Fettqualität im Schlachtkörper. Dies kann bei der Verarbeitung zu Problemen führen und die Haltbarkeit daraus hergestellter Produkte einschränken. Somit sollten Sojabohnen in der Schweinemast nur begrenzt zum Einsatz kommen. Für Sojakuchen können dagegen höhere Mischungsanteile in Alleinfuttermischungen empfohlen werden (Tabelle 4).

Tabelle 4: Empfehlungen zum Einsatz von Sojabohnen und Sojakuchen in der Schweinefütterung (maximale Mischungsanteile für Alleinfuttermischungen, Angaben in %)

Geflügel

Aufgrund des geringeren Fettgehaltes und der daraus resultierenden geringeren Polyensäurenaufnahme sowie des höheren Eiweißgehaltes ist der Sojakuchen das zu bevorzugende Eiweißfuttermittel für die Geflügelmast (Steiner u. Bellof 2009; Bellof 2013). Dies drückt sich in den jeweils höheren Einsatzempfehlungen sowohl für die Broiler- als auch die Putenmast aus (Tabelle 5).

Tabelle 5: Empfehlungen zum Einsatz von Sojabohnen und -kuchen in der Geflügelfütterung (maximale Mischungsanteile für Alleinfuttermischungen, Angaben in %)

FAZIT

Sojabohnen und Sojakuchen aus europäischer Erzeugung stellen interessante, GVO-freie Eiweißfuttermittel dar. Sie können an Geflügel und Schweine verfüttert werden. Eine Wärmebehandlung der genannten Produkte ist für monogastrische Tiere zwingend. Sojakuchen mit max. 10 % Restfettgehalt kann – gegenüber vollfetten Sojabohnen – bei den genannten Tierarten in höheren Tagesmengen eingesetzt werden.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Gerhard Bellof
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Fachgebiet Tierernährung
gerhard.bellof@hswt.de