Erbsen und Erbsenprodukte in der Hühnermast ermöglichen eine hohe Mast- und Schlachtleistung und sichern die Darmgesundheit ab
Die Körnererbse (Pisum sativum) ist – gemessen an ihrer Anbaufläche – die wichtigste Körnerleguminose in Deutschland (Durst et al. 2021). Aus ernährungsphysiologischer Sicht eignen sich dabei die weißblütigen Sorten besonders gut für die Geflügelfütterung (Bellof et al. 2020). Mehrere Studien zeigen, dass weißblühende Erbsen in Mischungsanteilen von bis zu 30 % in Alleinfuttermischungen keine nachteiligen Auswirkungen auf die biologischen Leistungen von Geflügel haben (Durst et al. 2021). Neben der weißblühenden Körnererbse finden auch das Erbsenproteinkonzentrat und die Erbsenschalen in der Nutztierfütterung Verwendung. Für die Geflügelfütterung ergeben sich futtermittelspezifische Restriktionen durch die vergleichsweise geringen Anteile an essenziellen schwefelhaltigen Aminosäuren und die Gehalte an antinutritiv wirkenden sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Zu den wertbestimmenden Inhaltsstoffen der Körnererbse können neben dem Rohprotein auch die Inhaltsstoffe aus der Gruppe der Kohlenhydrate und der Nahrungsfaser als bedeutsam für die tierische Erzeugung angesehen werden (Quendt et al. 2022). Insbesondere die Nahrungsfasern aus den Erbsen und Erbsenprodukten scheinen aufgrund ihrer präbiotischen Wirkung auf die Darmmikrobiota zur Darm- und Tiergesundheit beim Geflügel beizutragen (Dahl et al. 2012).
Der für den Fütterungsversuch gewählte Ansatz einer systematischen Prüfung von Erbsen, Erbsenproteinkonzentraten und Erbsenschalen in der Hühnermast sollte dazu beitragen, folgende Fragestellung zu klären: Welche Auswirkungen zeigen unterschiedliche Mischungsanteile an Erbsen, Erbsenproteinkonzentrat oder Erbsenschalen in Alleinfuttermischungen für Broiler auf die Mast- und Schlachtleistung sowie das Darmmikrobiom?
Vorgehensweise
Der Fütterungsversuch und die Prüfung des Schlachtkörperwerts wurde am Bayerischen Staatsgut Kitzingen, Versuchs- und Bildungszentrum für Geflügelhaltung, im Frühjahr 2022 durchgeführt. Es wurden insgesamt 800 männliche Broiler des Genotyps Ross 308 von Aviagen in 40 Abteile (Größe: 5 m2) eingestallt. Die Eintagsküken wurden auf 10 Versuchsgruppen mit 4 Wiederholungen à 20 Tiere verteilt (Tabelle 1). Die Broiler wurden in einem Zweiphasensystem (Startphase P1: Tag 1-14; Mastphase P2: Tag 14-34) aufgezogen. Die Haltungsbedingungen waren unter Ausschluss des Futters für jede Gruppe identisch.
Tabelle 1: Versuchsdesign und Mischungsanteile (in %) von Erbsen (E), Erbsenproteinkonzent-rat (EPK) und Erbsenschalen (ES) in den Alleinfuttermischungen von Masthühnern (Startphase P1: Tag 1-14; Mastphase P2: Tag 14-34)
Es wurden pro Phase zehn isoenergetische und isonitrogene pelletierte Alleinfuttermischungen mit unterschiedlichen Anteilen an weißblühenden Erbsen und Erbsenprodukten konzipiert. Bei der Bestimmung der Mischungsverhältnisse für Erbsenproteinkonzentrat wurde davon ausgegangen, dass der Proteingehalt etwa um den Faktor 3 höher ist als bei Erbsen. Bei der Bestimmung der Erbsenschalen-Mischungsanteile wurde angenommen, dass der NDF-Gehalt etwa um den Faktor 7 höher ist als bei Erbsen. Als Kontrollfutter diente ein sojaextraktionsschrotbasiertes Alleinfuttermittel. Die Anteile des Sojaextraktionsschrots wurden in den Versuchsfuttermitteln durch die Anteile von Erbsen und Erbsenproteinkonzentrat reduziert. Die Alleinfuttermischungen wurden mit kristallinen Aminosäuren ergänzt.
Die Gewichte der Tiere wurden am Tag 7 als gruppenbezogene Gewichte erfasst. Einzeltiergewichte wurden an den Tagen 14, 28 und 34 aufgezeichnet. Der Gesamtfutterverbrauch pro Abteil wurde wöchentlich erhoben, um die durchschnittliche Futteraufnahme und die Futterverwertung zu berechnen. An Tag 36 wurden drei Broiler (Mittelwertstiere) pro Abteil für die Erhebung der Schlachtleistung und zur Datensammlung der mikrobiologischen Merkmale des Darms entnommen. Die Erhebung der Gewichte der Oberschenkel, Brust und Flügel erfolgte am folgenden Tag mit ausgekühlten Schlachtkörpern.
Um die Auswirkungen der Ernährung auf die Darmmikrobiota bewerten zu können, erfolgte die Datenerhebung anhand der Fütterungsgruppen mit den höchsten Einzelmengen an Erbsenprodukten (Kontrolle; E30; EPK10; ES4,5/6), damit die Auswirkung der verschiedenen Faserquellen ohne Interferenz beschrieben werden konnte. Für die 16S-rDNA-Gensequenzierung und die Bestimmung der kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) wurden während des Schlachtprozesses am Tag 36 Digesta aus dem Ileum und Caecum (Ileum ist der letzte Abschnitt des Dünndarms; Caecum ist der erste Abschnitt des Dickdarms) gesammelt. Die DNA-Extraktion aus der Digesta wurde unter Verwendung des QIAamp® Power-Fecal® Pro DNA-Kits von QIAGEN (Hilden, Deutschland) durchgeführt. Die Bestimmung der SCFA-Konzentrationen erfolgte mittels Gaschromatographie. Es wurden die kurzkettigen Fettsäuren Essigsäure, Propionsäure, iso-Buttersäure, n-Buttersäure, iso-Valeriansäure und n-Valeriansäure analysiert.
Die Mast- und Schlachtdaten wurden durch eine einfaktorielle ANOVA (GLM-Verfahren) unter Verwendung von SAS 9.4 (SAS Institute Inc., Cary, NC, USA) ausgewertet. Das Abteil stellte für die Leistungsdaten und das Einzeltier für die Schlachtdaten die Versuchseinheit dar. Die Bestimmung signifikanter Unterschiede zwischen den Mittelwerten erfolgte anhand des Tukey-Tests. Ein p-Wert von p ≤ 0,05 wird als signifikant angesehen. Nicht normalverteilte Daten wurden mit dem Kruskal-Wallis-Test unter Verwendung von SPSS 29.0 (IBM, Chicago, USA) auf einem Signifikanzniveau von p ≤ 0,05 analysiert. Gegebenenfalls wurde ein Mann-Whitney-Signifikanztest durchgeführt, um signifikante Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen festzustellen. Die Alpha-Fehlerakkumulation in den Mehrfachvergleichen wurde durch eine Bonferroni-Korrektur neutralisiert. Für die Adjustierung des multiplen Vergleichs mit Bonferroni wurde ein Signifikanzniveau von p ≤ 0,10 verwendet.
Ergebnisse und Diskussion
Ein gezielter Einsatz von Erbsen und Erbsenproteinkonzentrat führte zu einer erheblichen Reduzierung des Sojaschrotanteils in den Alleinfuttermischungen, ohne die Leistung der Broiler negativ zu beeinträchtigen. Mithilfe von Erbsen und Erbsenproteinkonzentrat kann damit der kritisch gesehene Import von Sojaprodukten aus Übersee reduziert werden. Der Erbseneinsatz reduzierte zusätzlich den Anteil an energieliefernden Futtermitteln in den Alleinfuttermischungen von Masthühnern.
Die Verwendung von Erbsenschalen erhöhte die Rohfaser- und Zellwandkomponenten in den Alleinfuttermischungen. Damit eignen sich die Erbsenschalen als faserdichtes Futter zur gezielten Rationsgestaltung in der Masthühnerfütterung.
Für den Fütterungsversuch zeigte sich (Tabelle 2), dass die Verwendung von Erbsen mit Anteilen von bis zu 30 % keine negativen Auswirkungen auf die biologischen Leistungen hatte. Damit kann die Aussage von Durst et al. (2021) bestätigt werden. Dieser Erbsenanteil im Futter verringerte jedoch – verglichen mit der Gruppe EPK 10 - tendenziell die Leistung der Broiler. Möglicherweise ist die schlechtere Verdaulichkeit der Erbsenstärke hierfür verantwortlich. Der Einsatz von Erbsenschalen und die Kombination von Erbsen mit Erbsenschalen führten zu einem insgesamt hohen Futterverbrauch, während die Verwendung von Erbsenschalen zusätzlich die insgesamt höchste Futterverwertung zur Folge hatte. Potenziell haben die hohen Konzentrationen an Faser- bzw. Zellwandbestandteilen in den Alleinfuttermitteln negative Effekte auf die Nährstoffverdaulichkeit. Dagegen führte der Einsatz von Erbsenproteinkonzentrat und die Kombination aus Erbsenproteinkonzentrat mit Erbsenschalen zu einer Leistungssteigerung der Broiler. Die Ergebnisse deuten auf eine hohe Aminosäureverdaulichkeit des Erbsenproteinkonzentrats hin. Zusätzlich können möglicherweise die Strukturkomponenten zu einer Verbesserung der Stärkeverdaulichkeit führen. Der Effekt der verbesserten Nährstoffverdaulichkeit scheint sich durch moderate Anteile an Erbsenschalen zu verstärken. Der Einsatz von Erbsen und Erbsenprodukten hatte keine negativen Effekte auf die Merkmale der Schlachtleistung (Tabelle 3).
Die Fütterung von Erbsen und Erbsenprodukten zeigte keinen Einfluss auf die relative Häufigkeit des ilealen Mikrobioms. Es zeigte sich jedoch eine positive Korrelation zwischen bestimmten ilealen Laktobazillen (Milchsäurebakterien, zählen zu den erwünschten “guten” Darmbakterien) und der Futterverwertung. Dabei hatten die Erbsenschalen den größten Einfluss auf die ileale Lactobacilli-Diversität. Die Wirkung der Fütterung von Erbsen und Erbsenprodukten auf die caecale Mikrobiota beschränkte sich auf Veränderungen meist subdominanter Gattungen. Erbsen und Erbsenprodukte neigten dazu, die Häufigkeit einiger pathogener Bakterien zu verringern, während sie umgekehrt die Häufigkeit kommensaler Bakteriengattungen (Bakterien, die normalerweise mit ihrem Wirt harmlos in Symbiose leben) erhöhten. Tendenziell führt eine präbiotische Zufuhr von Nährstoffen, hier in Form von Erbsenballaststoffen, zu einer Stabilisierung der Darmmikrobiota, um eine vielfältigere Kohlenhydratfermentation zu begünstigen. Das kann bei der Kontrolle bakterieller Infektionen hilfreich sein. Darauf weisen auch die caecalen Konzentrationen an kurzkettigen Fettsäuren (SCFA), insbesondere der numerische Anstieg von n-Butyrat (Buttersäure), hin. Die Fütterung von Erbsen und Erbsenprodukten hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Konzentration der kurzkettigen Fettsäuren im Verdauungstrakt des Ileums und Caecums der Broiler. Numerisch konnten dennoch neben den erhöhten Werten für n-Butyrat auch erhöhte Propionatgehalte im Caecum sowie ein höherer Gesamtgehalt an SCFA im Ileum und Caecum durch die Vorlage von erbsen- und erbsenprodukthaltigen Alleinfuttermitteln festgestellt werden. Potenziell zeigen Erbsen und Erbsenprodukte damit einen positiven Einfluss auf den Stoffwechsel der im Darm lebenden Mikrobiota. Aus einigen Studien geht dabei hervor, dass SCFAs, die durch bakterielle Fermentation von Ballaststoffbestandteilen produziert werden, eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der Darmgesundheit von Geflügel spielen (Liu et al. 2021; Pan und Yu 2014).
Tabelle 2: Wirkung von Erbsen und Erbsenprodukten auf die Mastleistung von Masthühnern von Tag 1 bis 14 (Starterphase P1), Tag 14 bis 34 (Mastphase P2) und Tag 1 bis 34 (Gesamtwachstumsphase, P1+P2) (LS Mittelwerte und Standardfehler)
Tabelle 3: Auswirkungen von Erbsen und Erbsenprodukten auf die Schlachtleistung (% vom Schlachtgewicht) von Masthühnern an Tag 36 (LS Mittelwerte und Standardfehler)
FAZIT
Erbsen und Erbsenprodukte stellen - bei einem zielgerichteten Einsatz - gut geeignete Futtermittel für die Broilermast dar. Im Vergleich zur sojaextraktionsschrotbasierten Kontrollgruppe konnten beim Einsatz von Erbsen und Erbsenproteinkonzentrat keine reduzierten Mastleistungen festgestellt werden, während die Zulage von Erbsenschalen als faserdichtes Futtermittel zu einer erhöhten Futterverwertung führte. Der Einsatz von Erbsen und Erbsenprodukten zeigte keine negativen Effekte auf die Merkmale der Schlachtleistung.
Den Erbsen und Erbsenprodukten können tendenziell positive Effekte auf die Darmmikrobiota bei Masthühnern zugeschrieben werden, welche potenziell auf deren Faserstoffen und ihre präbiotischen Wirkungen zurückgeführt werden können.