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Getreidequalitäten 2019
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Dr. Jürgen Weiß, langjähriger Fachgebietsleiter Tierproduktion am Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) in Kassel, befasst sich im aktuellen Beitrag mit den diesjährigen Getreidequalitäten. Über die Hälfte des in Deutschland verfütterten Getreides wird direkt auf den Höfen erzeugt. In hofeigenen Futtermischungen für Schweine nimmt Getreide einen hohen prozentualen Anteil ein. Um Futteroptimierungen auf den tatsächlichen Bedarf der Tiere zur Ausschöpfung ihres Leistungspotentials, der Reduzierung von Nährstoffüberhängen und letztlich aus Sicht eines größtmöglichen Tierwohls auszurichten, sind Informationen über die jeweiligen Qualitäten des Getreides unbedingte Voraussetzung. 

Die Ergebnisse der bisher vorliegenden Untersuchungen haben wir hier aus vier Regionen zusammengestellt. Sie wurden uns aus NRW, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern zur Verfügung gestellt. Die meisten Untersuchungsergebnisse liegen für die Getreidearten Gerste, Weizen und eingeschränkt auch für Triticale und Roggen vor.

Die durchschnittlichen Trockenmassegehalte liegen im Schnitt etwa bei den für Trockenware geforderten 88 % und damit ähnlich wie im letzten Jahr. Die Spannbreiten zeigen, dass es sich hierbei um Mittelwerte aus feucht eingelagertem und getrocknetem Getreide handelt. Insofern erlauben die Werte keine allgemein gültige Aussage über die Lagerfähigkeit, die bei Gehalten unter 88 % durch geeignete Konservierungsmaßnahmen sichergestellt sein muß. Die Kenntnis des Trockenmassegehalts des hofeigenen Getreides ist allerdings für die Rationsoptimierung von entscheidender Bedeutung. Je nach Feuchtegehalt verändert sich die Konzentration der Inhaltsstoffe und somit auch das Energie- und Proteinangebot im Futter. Die Orientierungswerte für Schweinefuttermischungen beziehen sich auf Futtermischungen mit 88 % TM.

Um die Analysenergebnisse vergleichbar zu machen wurden sie hier jeweils auf Getreide mit 88 % Trockenmasse umgerechnet. 

Die durchschnittlichen Eiweißgehalte liegen in mehreren Regionen etwas unter, in anderen über dem Niveau des Vorjahres. Diese Mittelwerte deuten einen Trend an und liegen meistens in der Größenordnung der DLG-Futterwert-Tabelle. Bedeutungsvoller ist jedoch die Schwankungsbreite der Ergebnisse, die jeweils eine enorme Spannweite aufweist. Diese liegt bei Gerste zwischen 69 bis 190 g pro kg (NRW), bei Weizen 77 bis 161 g (Bayern), bei Triticale 82 bis 147 g und bei Roggen 65 bis 123 g. Im Interesse genauer Rationsgestaltung ist es deshalb unabdingbar, den genauen Eiweißgehalt der Einzelprobe zu kennen. Immerhin liefert das Getreide z.B. in Eigenmischungen für Mastschweine etwa 40 – 60 % des Rohproteinanteils!

Die Aminosäuren werden auf Basis des jeweiligen Rohproteingehaltes mittels der bewährten EVONIC-Regressionsformeln ermittelt, in Bayern werden sie analysiert. Die Aminosäurengehalte variieren entsprechend in Abhängigkeit von der Höhe der Rohproteingehalte, wie aus den Spannbreiten z.B. für Lysin hervorgeht: Gerste 3,0 – 5,7 g; Weizen 2,5 – 4,1 g; Triticale 2,9 – 4,1 g und Roggen 2,6 – 4,2 g pro kg.

 Derartige Differenzen sind in der Fütterung umso bedeutender, je höher der Mischungsanteil einer Getreideart ist. Um Futterrationen hinsichtlich der Proteinversorgung möglichst auf den Punkt zu bringen, müssen die Gehalte der vier erstlimitierenden Aminosäuren Lysin, Methionin/Cystin, Threonin und Tryptophan bekannt sein. Nur so lässt sich abschätzen, wie viel Eiweißträger bzw. reine Aminosäuren ergänzt werden müssen. Während unzureichende Aminosäurezufuhren das Leistungsgeschehen nachteilig beeinflussen, bleiben den Bedarf der Schweine übersteigende Zufuhren ungenutzt. Überschüssiges Protein wird von den Tieren zwar energetisch verwertet, der Stickstoff muß allerdings in Form von Harnstoff entgiftet und ausgeschieden werden. Dies führt zu unnötigen Belastungen des Stoffwechsels der Tiere, des Geldbeutels und der Umwelt!

Die Energiegehalte des Getreides für Schweine werden erfreulicher Weise überwiegend mit der sogenannten Einzelfutterformel (EFF) geschätzt, die auf der Verdaulichkeit und der Verwertung der einzelnen Nährstoffe beruht. Aus fachlicher Sicht muss diese Formel zur Energieschätzung in Einzelfuttermitteln angewendet werden, wobei die Verdauungsquotienten aus der DLG-Tabelle entnommen werden.

In den Tabellen sind die von den einzelnen Instituten zur Verfügung gestellten Werte aufgeführt.

Unabhängig von der Berechnungsmethode schwanken die Energiegehalte nicht ganz so stark wie im Vorjahr. Aber immerhin z. B bei Weizen zwischen 12,9 bis 14,0 MJ ME/kg, was in der Fütterung zu beachten ist. Schaut man sich die Rohfasergehalte an, so fällt besonders NRW mit einer weiten Spanne auf. Hier ist zu vermuten, dass teilweise trockenheitsgeschädigte Partien enthalten sind, was natürlich auch in anderen Regionen der Fall sein kann. In erster Linie bestimmt der Stärkeanteil mit großer Schwankungsbreite bei allen Getreidearten und Regionen die Höhe des Energiegehaltes. Die genaue Bewertung des Energiegehaltes ist vor allem im Zusammenhang mit der erforderlichen Aminosäuren Ergänzung wichtig, um ein optimales Wachstum der Schweine zu gewährleisten bzw. eine Verfettung der Tiere in der Endmast zu vermeiden.

Der Rohfasergehalt wurde in der Fütterung bisher weniger beachtet, wird jedoch heute für genauso wichtig wie bei Wiederkäuern angesehen. Hierzu schreibt Dr. Gerhard Stalljohann: „Durch ein ausgewogenes Faserangebot wird eher eine gewünschte Eubiose im Darm mit stabilen Verdauungsabläufen erreicht. Bei der Fütterung auf den so genannten „gesunden“ Darm sollte neben der Berücksichtigung des Rohfaseranteils auf jeden Fall auch der Gehalt an Neutraler-Detergenzien-Faser nach Amylasebehandlung und Veraschung (aNDFom) und Saurer Detergenzien-Faser nach Veraschung (ADFom) berücksichtigt werden. Die Info zur richtigen Faserversorgung wird damit erhöht. Ein bedarfsgerechter Fasergehalt, z. B. als vorläufige Orientierung von 120 – 140 g aNDFom je kg Futter in der Mast, hat positive Auswirkungen auf das Tierwohl und beugt aggressivem Verhalten in der Tiergruppe eher vor.“ Gerste weist in diesem Jahr im Mittel 177 g, Weizen 106 g, Triticale 106 g und Roggen 115 g aNDFom und damit etwa gleiche Werte wie im Vorjahr auf.

Diese neuen Parameter wurden bisher nur an der LUFA NRW Münster analysiert und in der Beratung umgesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob andere Untersuchungsstellen nachziehen.

Zur Getreidequalität gehört auch der Hygienestatus. Die Leittoxine zur Beurteilung des Hygienestatus sind Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA). Die Orientierungswerte für Schweine betragen bei DON 1,0 mg/kg und bei ZEA 0,2 mg/kg.

Aus Rheinland-Pfalz teilt Frau Schäfer mit: DON und ZEA im Weizen in 14 Proben untersucht, ein DON-Gehalt lag bei 0,31 mg, alle anderen unterhalb der Nachweisbarkeitsgrenze. In fünf Gerstenproben lag eine mit 1,6 mg über dem Orientierungswert. Zwei Triticaleproben lagen unterhalb der Nachweisbargrenze.

Man kann allerdings nie eine generelle Entwarnung bei diesen Toxinen geben.

Bei entsprechendem Verdacht muss auf die Leittoxine DON und ZEA untersucht werden. Mittels eines ELISA-Schnelltests ist dies preiswert und schnell zu realisieren.

Fazit

Die diesjährigen Getreidequalitäten können im Durchschnitt sowohl vom Nährstoff- als auch vom Energiegehalt her als gut bezeichnet werden. Sie entsprechen im Großen und Ganzen den Werten der DLG-Futterwert-Tabelle. Auftretende Abweichungen und ganz besonders die großen Streubreiten bei Protein, Aminosäuren und Energie sollten allerdings unbedingt Anlass zu betriebsspezifischen Analysen geben. Denn nur so sind die hohen Anforderungen an eine leistungsgerechte und umweltschonende Fütterung sicherzustellen.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Jürgen Weiß
E-Mail: rjweiss(at)gmx.de
Kassel

Ich bedanke mich bei den Ansprechpartnern in den Regionen:

Dr. G. Stalljohann, Sybille Patzelt, LWK NRW Münster,
Tel.: 0251 2376860 bzw. 859

Maike Fritz , LUFA Nord-West Oldenburg,
Tel.: 0441 801847

Ute Schäfer, DLR Eifel, Bitburg,
Tel.: 06561 9480454

Martin Schäffler,
LfL Grub: 089 99141447

Stand: Oktober 2019