Biertreber – ein wertvolles Futtermittel
So wie das Biertrinken in Deutschland eine lange Tradition hat, wird auch das Nebenprodukt der Bierherstellung, der Treber, schon lange als wertvolles Futtermittel für die Rinder geschätzt. In Deutschland fallen pro Jahr etwa 2 Mill t Biertreber an.
Zur Bierherstellung werden Gersten- bzw. Weizenkörner eingeweicht, belüftet und somit zum Keimen gebracht. Das gekeimte Getreide wird auf Darren getrocknet, es entsteht das Malz. Das geschrotete Malz wird mit Wasser zur Maische bereitet. In diesem Prozess wird Stärke zu Zucker umgewandelt. Die so entstandene wasserlösliche Bierwürze wird von den Restbestandteilen, dem Treber getrennt (auch als Läuterung bezeichnet). Dieses Nebenprodukt, der Biertreber, enthält demnach alle festen Bestandteile des Getreidekornes, die Faserbestandteile (z. B. Spelzen), das Rohprotein, einen Teil der Mengen- und Spurenelemente, sowie einige wasserlösliche Vitamine. Treber enthalten nahezu keine fermentierbaren Kohlenhydrate (Stärke, Zucker u. a.).
Futterwert
In der Tabelle „Futterwert des Biertrebers“ wurden die für die Rationsberechnung wichtigen Kennzahlen aus verschiedenen Quellen zusammengestellt.
Die größten Schwankungen zeigen sich beim Trockensubstanzgehalt, der von Charge zu Charge von 20 – 27 % schwanken kann. Inzwischen gibt es Brauereien, die den Treber abpressen, solche Presstreber haben dann Trockensubstanzgehalte über 28 %. Die Erfahrungen zeigen, dass die Schwankungen bei den Inhaltsstoffen, wenn man sie auf die Trockensubstanz bezieht, relativ gering sind. Deshalb wurden auch in der Tabelle mittlere Richtwerte angegeben. Es sollte aber beachtet werden, dass die Rohstoffquelle (Gerste oder Weizen), die Verarbeitungsprozesse, der Transport und das Lagerungs- bzw. Konservierungsverfahren Schwankungen bei den Inhaltsstoffen verursachen.
Die Verdaulichkeit der organischen Substanz von Biertreber liegt bei 65 %, was durch den relativ hohen Rohfasergehalt von 18 % i. d. TS seine Ursache hat (Spelzenanteil). Der Energiegehalt ist mit 6,7 MJ/kg TS, in älteren Angaben 6,4 MJ NEL/kg TS relativ niedrig und begrenzt häufig die Höhe des Einsatzes. Bemerkenswert ist die große Spannweite von 5,9 – 7,2 MJ, die in Untersuchungseinrichtungen festgestellt werden. Die Energiekonzentration ist bei Trebern aus Gerste im Allgemeinen um 0,2 MJ NEL höher als bei Trebern aus Weizen.
Mit einem Gehalt von 250 g Rohprotein je kg TS und einem UDP-Anteil von 40 – 45% des Rohproteins ist Biertreber ein wertvolles rohproteinreiches Konzentrat (der UDP-Anteil bei Sojaextraktionsschrot beträgt 30%, bei Rapsextraktionsschrot 35%). UDP ist das im Pansen nicht abbaubare Rohprotein, auch als Durchflussprotein bezeichnet und ist der Anteil aus dem Futter, der direkt im Dünndarm zur Verfügung steht.
Da es durch Fehler im Bearbeitungsprozess zu Hitzeschädigungen der Rohproteinfraktion kommen kann, ist die Bestimmung der Kennzahl „pepsinunlösliches Rohprotein“ geeignet, Schädigungen festzustellen. Der Gehalt an pepsinunlöslichem Rohprotein in % des Rohproteins soll <15% liegen.
Für den Einsatz in der Fütterung wird es zweckmäßig sein, den Trockensubstanzgehalt regelmäßig zu prüfen. In Abhängigkeit von der sensorischen Beschaffenheit kann es notwendig sein, die Bestimmung von Hefen und Pilzen durchführen zu lassen.
Hefen sind in Biertrebersilagen in Mengen von 103 – 108 KbE/g (KbE = koloniebildende Einheiten) enthalten. Bei sachgemäßer Lagerung nehmen sie mit fortschreitender Lagerungsdauer ab (Wyss, 2002). Als „normal“ gelten bei Hefen <5 x 104 KbE/g und bei Pilzen <5 x 102/g. Es wird empfohlen, den mikrobiologischen Status, einschließlich der Hefedifferenzierung in einschlägigen Futtermitteluntersuchungseinrichtungen bestimmen zu lassen.
Der Gehalt an Mineralstoffen zeigt die erwartete Besonderheit, dass Biertreber einen relativ hohen Phosphorgehalt haben, der bei regelmäßigem und hohem Biertrebereinsatz unbedingt bei der Rationsgestaltung zu berücksichtigen ist. Bemerkenswert ist auch der hohe Schwefelgehalt, der mit dem Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren im Getreide zusammenhängt. Durch den hohen Schwefelgehalt und einen niedrigen Kaliumgehalt um 1 g/kg TS liegt die DCAB im Biertreber im Allgemeinen im Bereich von 20 – 60 mval / kg TS. Die Spurenelemente zeigen keine Besonderheiten.
Durch den Verarbeitungsprozess gelangen in der Regel weitere physiologisch günstig wirkende Substanzen in den Treber. In diesem Zusammenhang werden die wasserlöslichen Vitamine B1, B2, B6, B12, Folsäure, Nikotinsäure, Panthotensäure und Biotin, sowie das fettlösliche Vitamin E (20 – 30 mg / kg TS) genannt.
Lagerung und Konservierung
Da die Maische bis 65°C erhitzt wird, beträgt die Auslieferungstemperatur des Biertrebers über 50°C. Die Treber verlassen die Brauerei fast keimfrei. In diesem Zustand kommt es selbst bei hohen Sommertemperaturen zu keiner Vermehrung unerwünschter Keime. Auch die Abkühlung der Trebermasse ist gering. Aber im Zusammenhang mit dem niedrigen TS-Gehalt und einer hohen Enzymlöslichkeit der Nährstoffe ist der Treber leicht verderblich und hat eine geringe aerobe Stabilität (=Haltbarkeit unter Lufteinfluss). Sehr schnell setzt ein Proteinabbau ein, der durch Ammoniak- und Fischgeruch (Trimethylamin) bemerkbar ist. Wenige Tage danach kommt es zu einer intensiven Schimmelbildung. Die Verfütterung auch nur „leicht“ verdorbenen Biertrebers ist hochgradig gesundheitsgefährdend.
Eine Frischverfütterung ist deshalb nur max. 2 Tage möglich.
Der warme Biertreber wird in einer niedrigen Schicht auf einen befestigten Untergrund gebracht, festgeklopft, mit einer Folie abgedeckt und innerhalb von 2 Tagen verfüttert. Ältere Erfahrungen zeigen, dass bei einer Aufschüttung des Trebers zu einer spitzen „Pyramide“ das Wasser ablaufen kann und damit die Haltbarkeit verbessert wird. Auch das Bestreuen mit Viehsalz auf der festgeklopften Fläche soll positiv wirken. Probleme sind hier hohe Außentemperaturen (Sommer) und eine diskontinuierliche Belieferung (z. B. an Wochenenden).
Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass direkte Frischverfütterung nicht empfehlenswert ist.
Durch den Zusatz von 0,2 – 0,4 % der einzulagernden Menge mit Kaliumsorbat, Natriumbenzoat oder Propionsäure (z. B. Luprosil) bzw. deren Gemische kann eine Erhöhung der aeroben Stabilität bis zu 4-5 Tage, bei 0,6 % sogar bis 10 Tage erreicht werden. Da es im Betrieb schwierig ist, die Konservierungsmittel sicher zu verteilen, sollte der Zusatz schon in der Brauerei bei der Verladung zugemischt werden. Ist das nicht möglich, wird das Einsprühen mittels einer Pumpe oder per Hand notwendig sein.
Der sichere Weg ist die Silierung, d.h., die Herstellung einer Biertrebersilage. Das ist auf Fahrsilos bzw. auf befestigten Beton- bzw. Bodenplatten möglich. Die sichersten Ergebnisse werden im Schlauchsilo erreicht. Für dieses Verfahren ist die Technik weit fortgeschritten u.a. durch die Möglichkeit der Befüllung des Schlauches direkt aus dem LKW, der als „Truckbagger“ ausgerüstet ist (Gotlind Weber, 2005).
Bei der Herstellung von Biertrebersilage sind folgende Grundregeln einzuhalten:
- Einlagerungstemperatur nicht unter 40 °C (Säurebildung durch hitzetolerante Milchsäurebakterien)
- Keine Zwischenlagerung!
- In Fahr- oder Plattensilos soll die Stapelhöhe <1,5 m betragen.
- Der Zusatz von Siliermitteln ist bei Einhaltung der Siliervorschriften im Allgemeinen nicht notwendig. Sollen aus Sicherheitsgründen Siliermittel zum Einsatz kommen, werden Sorbate oder Propionsäure empfohlen (siehe oben).
- Luftdichte Abdeckung (Fahr- und Plattensilo) mit Folie bzw. Schließen und sachgemäße Bewirtschaftung des Schlauchs.
- Die Abkühlung (theoretisch max. 2 °C / Tag) soll nach 2-3 Wochen die Außentemperatur erreicht haben. Umso höher der TS-Gehalt ist, umso länger dauert die Abkühlung. Mit dem Erreichen der Normaltemperatur ist auch der pH-Wert auf einem niedrigem Niveau und die Hauptgärphase ist abgeschlossen.
- Kontrolle der Silotemperatur (mit Mietenthermometer): Silo bzw. Schlauch dürfen nicht geöffnet werden, wenn die Temperatur im Futterstapel noch >20 °C beträgt. Um sicher zu gehen, wird eine Lagerungsdauer von 4, besser 6 Wochen auch bei Biertreber empfohlen.
- Es entsteht kontinuierlich Sickersaft in relativ großer Menge (über 150 kg/t Treber wurden gemessen), der unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Bestimmungen ablaufen muss, da sich im Stapel angestauter Sickersaft negativ auf die Qualität auswirkt. Anders liegen die Verhältnisse bei der Schlauchsilierung, hier verbleibt der Saft im Stapel. Durch den Luftabschluss hat er hier keine negativen Auswirkungen und wird bei Öffnen des Schlauches abgelassen und entsorgt.
- Die Haltbarkeit beträgt bei sachgemäßer Silierung und Silobewirtschaftung 6 bis max.- 8 Monate.
- Die anaerobe Stabilität der aus dem Silo entnommenen Silagen beträgt etwa 3-4 Tage (bei <10°C bis 5 Tage).
Sachgemäß bereitete Biertrebersilagen weisen nach etwa 4 Wochen ca. 1,5 % Milchsäure, 2-3 % Essigsäure und keine Buttersäure auf. Der Ammoniakgehalt soll <2 % des Rohproteins betragen, er ist in sehr guten Silagen nicht nachweisbar. Der Einsatz von Siliermitteln wird immer wieder diskutiert und wird in der Regel für nicht notwendig erachtet. Es ist aber festzustellen, dass durch Propionsäure- oder Kaliumsorbatzusätze die Stabilität der Silagen verbessert und die Gefahr der Nacherwärmung eingeschränkt werden kann. Bei festgestellter Nacherwärmung nach der Entnahme können Zusätze der genannten Säuren zur Mischration die Situation verbessern. Der Einsatz von Milchsäurepräparaten (homo- und heterofermentative) kann für die Biertrebersilierung nicht empfohlen werden.
Die Besonderheit des Ausgangsmaterials, die Silierbedingungen und der hohe Sickersaftanteil bedingen hohe Trockenmasseverluste, die zwischen 10 und 20 % betragen können. Das sollte bei der Futterplanung berücksichtigt werden (Richtwert: 15 % Verluste).
Biertreber wird auch getrocknet und kommt dann vorwiegend in Mischfuttermitteln zum Einsatz. Obwohl hier die Verluste geringer sind, ist die Trocknung aus ökonomischer und ökologischer Sicht wenig sinnvoll.
Futtereinsatz
Die Einbeziehung von Biertreber in Rationen für Rinder bringt folgende Vorteile:
- Biertreber ist eine hochwertige Rohproteinquelle, 2 kg Trockensubstanz Biertreber (= 7-8 kg Frischmasse) ersetzen 1,25 kg Rapsextraktionsschrot bzw. 1 kg Sojaextraktionsschrot
- die Futteraufnahme wird positiv beeinflusst, der Effekt ist umso höher je trockener die Mischration ist
- die Pansenfermentation wird gefördert („diätetische Wirkungen“)
- der hohe Phosphorgehalt ist beachtenswert.
Bei verstärkter Forderung der Verarbeitungsindustrie nach Alternativen zu gentechnisch veränderten Futtermitteln in Milchviehrationen, ist Biertreber eine Komponente der GVO-freien Fütterung (GVO = Genetisch Veränderte Organismen). Mit Rapsextraktionsschrot die wichtigste Alternative zu Sojaextraktionsschrot.
Die optimalen Mengen für Kühe liegen zwischen 5 – 10 kg Biertreber je Tier und Tag. Es wurden auch schon Mengen von 12 – 15 kg ohne Schaden erprobt, bei solch hohen Mengen muss die nährstoffökonomische Effektivität in Frage gestellt werden. Bei Mastbullen sollten 1,5 kg / 100 kg Körpermasse und Tag nicht überschritten werden, da sonst zu viel Maissilage aus der Ration verdrängt wird. Für Jungrinder werden 1,0 bis max. 1,5 kg / 100 kg Körpermasse und Tag empfohlen.
In der Tabelle „Biertreber in Rationen für Milchkühe“ sind Möglichkeiten und Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Ration gezeigt. Die Rationen sind auf eine Milchleistung von 30-32 l Tag ausgelegt, in allen Rationen wird ein UDP-Anteil von etwa 30 % des Rohproteins und eine ausreichende Strukturwirksamkeit gewährleistet.
Aufgrund der genannten Eigenschaften und der Strukturwirksamkeit (der Strukturfaktor beträgt für Rohfaser und ADFom 0,25) hat sich Biertreber in Zusammenwirken mit erhöhten Strohgaben unter Bedingungen einer witterungsbedingten eingeschränkten Verfügbarkeit von Grobfuttermitteln, die in verschiedenen Regionen aktuell ist, bewährt (siehe Tabelle „ Biertreber in Rationen für Milchkühe bei beschränkter Grobfutterverfügbarkeit“).
FAZIT
Der gute Rohproteingehalt, der hohe Anteil Durchflussprotein (UDP), der hohe Phosphorgehalt, sowie Eigenschaften der Strukturwirksamkeit, des Geschmackes und das Vorhandensein verschiedener diätetisch wirkender Inhaltsstoffe machen Biertreber zu einem hochwertigen Futtermittel für Rinder.
Inzwischen liegen, besonders mit der Schlauchsilierung, umfangreiche Erfahrungen und technische Möglichkeiten vor, um Biertreber so zu lagern/konservieren, dass eine kontinuierliche Fütterung mit ausreichender aerober Stabilität möglich ist.
DER DIREKTE DRAHT
Dr. Wolfram Richardt
Leiter Landwirtschaftliches
Untersuchungswesen
LKS – Landwirtschaftliche Kommunikations-
und Servicegesellschaft mbH
E-mail: wolfram.richardt[at]lks-mbh.com