Zur Navigation springen Zum Inhalt springen
proteinmarkt.de - Infoportal für Fütterungsberater und Landwirte
Weideochsenmast – Welchen Einfluss üben Rasse, Weidesystem und Konzentratbeifütterung auf die Mastleistung, den Schlachtkörperwert sowie die Fleischbeschaffenheit aus?
-

Einleitung und Fragestellung

Weltweit betrachtet wird qualitativ hochwertiges Rindfleisch überwiegend als Ochsenfleisch produziert. In Deutschland wird der Rindfleischmarkt allerdings dominiert von Fleisch, das hauptsächlich von intensiv gemästeten Jungbullen und gemerzten Milchkühen stammt. Voraussetzung für die intensiven Produktionsverfahren sind landwirtschaftliche Gunstlagen, die den Anbau von Mais ermöglichen.

In benachteiligten Grünlandregionen sind daher alternative Produktionsverfahren mit einer effizienten Nutzung der natürlichen Ressourcen und einem möglichst geringen Einsatz von Zukaufs-Futtermitteln nötig. Mit der vorliegenden Studie wurde eine im Wesentlichen auf Gras und Grasprodukten basierende Ochsenmast durchgeführt. Ziel war es, den Einfluss von Rasse, Weidesystem und Konzentratniveau auf die Mastleistung, den Schlachtkörperwert sowie die Fleischbeschaffenheit von Ochsen zu prüfen.

Vorgehensweise

Die Durchführung des Versuchs erfolgte mit 96 Ochsen in der Lehr- und Forschungsstation (LFS) der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Die Tiere wurden als Kälber von einer regionalen Erzeugergemeinschaft (Herkunft der Tiere: Bayern und Baden-Württemberg) angekauft und in der LFS der HSWT bis zum Versuchsbeginn aufgezogen.

Der Versuchsplan sah den Vergleich von zwei genetischen Herkünften (Fleckvieh (FV) versus Deutsche Holsteins (DH)) und zwei Weidesystemen (Kurzrasenweise (KRW) versus Umtriebsweise (UTW)) vor. Zusätzlich wurden zwei Kraftfutterniveaus (Medium (M) versus Low (L)) untersucht. Die Besetzung der Subzellen (Rasse, Weidesystem, Kraftfutter) erfolgte symmetrisch zu Versuchsbeginn. Der Versuch wurde in vier Phasen durchgeführt. Die zeitliche Einteilung für den Ochsenmastversuch sowie die geplante Fütterung ist in Tabelle 1 aufgeführt.

Tab. 1: Versuchsplan für eine grünlandbasierte Ochsenmast

Die Weideaufwuchsproben wurden im Futtermittellabor der LKS mbH (Lichtenwalde) mit Hilfe der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) auf die wertbestimmenden Inhaltsstoffe untersucht. Von den Grassilagen wurde pro Futtermischung eine Probe gezogen und der TS-Gehalt bestimmt. Die Einzelproben von zwei Wochen wurden zusammengefasst und im Labor der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub analysiert.

Die Ochsen wurden bei Erreichen des Zielgewichts nach 24 Stunden Nüchterung im Versuchsschlachthof der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub geschlachtet. Unmittelbar vor der Schlachtung wurde das Lebendgewicht der Tiere als sogenanntes Nüchterungsgewicht erfasst. Während der Schlachtung wurden das Gewicht des Nierenfetts und die Schlachtkörpermasse des warmen Schlachtkörpers bestimmt. Die Klassifizierung der Schlachtkörper erfolgte nach dem EUROP-System mit einem 15-Punkteschema. Im Anschluss wurden die Schlachtkörper bei 2-4 °C für 24 Stunden gekühlt. Am folgenden Tag wurden die Schlachtkörpermasse des gekühlten Schlachtkörpers, die Schlachtkörperlänge, der Keulenumfang, das Keulenspiralmaß, die Rückenmuskelfläche und das Pistolengewicht ermittelt. Die Marmorierung wurde an der Anschnittfläche der Pistole nach einem 5-Punkteschema bestimmt. Zur Bestimmung der Fleischbeschaffenheitsparameter wurde je eine Muskelprobe (ca. 500 g) des großen Rückenmuskels (Musculus longissimus dorsi (M.l.d)) (9. + 10. Rippe) gewonnen.

Die Untersuchungen zur Fleischbeschaffenheit fanden im Labor für Fleischqualität der LfL Bayern in Grub statt. Die Bestimmung der Fleisch- und Fettfarbe erfolgte mit einem Spektrophotometer. Die Farbwerte sind im L*a*b-System angegeben. Die Fettfarbe wurde im Bereich der Keule am frischen Anschnitt bestimmt. Die Fleischfarbe des großen Rückenmuskels (M.l.d) wurde ca. 24 Stunden nach der Schlachtung ebenfalls am frischen Anschnitt bestimmt. Der Gehalt an intramuskulärem Fett (IMF) wurde durch NIRS-Messung der M.l.d-Proben (9. Rippe) bestimmt. Zur Bestimmung der Zartheit wurde von jeder Muskelprobe eine 2,5 cm dicke Scheibe vakuumiert und nach einer Gewichtsbestimmung 13 Tage in einem Umluftkühlschrank bei 4°C gelagert. Nach 13 Tagen wurden die Lagerverluste bestimmt. Es erfolgte eine pH-Wert-Messung. Die Proben wurden in einem Wasserbad auf 70°C Kerntemperatur gegart. Nach einer Stunde Auskühlzeit wurden die Garverluste ermittelt. Nach 24 stündiger Lagerung im Kühlschrank wurden mit einem Doppelskalpell pro Muskelprobe 10 Einzelproben mit dem Faserverlauf geschnitten. Zur Bestimmung der Zartheit wurde die Scherkraft mit einem Instron (Typ 4301) gemessen. Ausgewertet wurden Warner-Bratzler-Scherkraft (WBSK) beim Maximum (in N) und Scherkraft (in kg/cm²).

Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit dem Programm SPSS, V 20.0 (IBM, New York, USA). Für alle Merkmale erfolgte eine drei-faktorielle Varianzanalyse, nach der Methode "General Linear Model". Das statistische Modell berücksichtigte die Effekte „Rasse“, (FV, DH), Weidesystem (KRW, UTW) und Konzentratniveau (M, L).

Differenzen wurden jeweils mit dem F-Test geprüft. Bei gesichertem F-Test wurde ein Vergleich der Mittelwerte mit dem Tukey-Test vorgenommen. Eine Überprüfung von Interaktionen zwischen den untersuchten Einflussfaktoren ergab für die dargestellten Merkmale keine Signifikanz.

Ergebnisse und Diskussion

Es zeigt sich, dass die Energie- und Rohproteingehalte der Weideaufwüchse in P-4 über denen in P-2 liegen. Die KRW übertrifft dabei die UTW (Tab. 2). Die Inhaltsstoffe der Grassilagen waren annähernd gleich, ebenso die Konzentratmischungen für P-1 und P-3. In P-4 wurden zwei mit unterschiedlichen Fetten ausgestattete Konzentrate (Lein vs. Raps) eingesetzt. Die eingestellten Fettanteile führten zu unterschiedlichen ME-Gehalten (Tab. 3). Diese Unterschiede hatten keinen Einfluss auf die untersuchten Merkmale in vorliegender Arbeit.

Tab. 2: Inhaltsstoffe und Futterwert der Weideaufwüchse sowie der eingesetzten Grassilagen in den einzelnen Versuchsphasen (P-1 bis P-4)

Tab. 3: Inhaltsstoffe und Futterwert der eingesetzten Konzentratmischungen in den einzelnen Versuchsphasen (P-1 bis P-4)

In Tabelle 4 sind die durchschnittlichen Futteraufnahmen der Tiere in den jeweiligen Phasen aufgeführt. Die über die gesamte Mast aufgenommene Menge an Konzentrat lag für die Gruppe L im Durchschnitt bei 191 kg/Tier und für die Gruppe M bei 275 kg/Tier. Allerdings hatten 13 Tiere (5 FV und 8 DH) in P-4 ein Akzeptanzproblem mit der Abrufstation. Dadurch erhielten sie weniger als 6 % der ihnen in dieser letzten Mastphase zustehenden Kraftfuttermenge. Bezogen auf die gesamte ME-Aufnahme in der Mast lieferte das Konzentrat ca. 5,1 % (M) bzw. 3,6 % (L) der aufgenommenen metabolischen Energie (ME).

Tab. 4: Erhobene bzw. kalkulierte (Zahlenwerte unterstrichen) durchschnittliche tägliche Futteraufnahme der Tiere in den Versuchsphasen

In Tabelle 5 sind die Ergebnisse der Mastleistung dargestellt. Die Rasse FV zeigte sich in fast allen Mastleistungsmerkmalen der Rasse DH überlegen. Mit Ausnahme des Anfangsgewichtes (P-2) waren die Unterschiede signifikant.

In P-1 lagen die TGZ für FV bei 780 g bzw. für DH bei 760 g. Damit betrug die Gewichtsdifferenz zwischen den Rassen am Ende dieser Phase rund 5 kg. In P-2 ergaben sich für FV 740 g und für DH 720 g TGZ. Die Gewichtsdifferenz zwischen den Rassen stieg auf rund 8 kg an. In P-3 entwickelten sich die Tiere erkennbar auseinander (TGZ FV: 780 g, DH: 730 g). Diese Entwicklung setzte sich in P-4 fort (TGZ FV: 704 g, DH: 651 g) und führte zu einem signifikant höheren Mastendgewicht für die Rasse FV. Das angestrebte Mastendgewicht von 625 kg wurde von der Gruppe FV um 6 kg übertroffen, während die Gruppe DH dieses um 17 kg unterschritt. Bezogen auf das tatsächliche Schlachtalter unterschieden sich die Gruppen nur um drei Tage (FV 742 Lebenstage vs. DH 745 Lebenstage). Die tendenziell höheren Werte der Gruppe KRW konnten für das Anfangsgewicht Phase 4 statistisch abgesichert werden. Das Kraftfutterniveau übte keinen signifikanten Effekt auf die Merkmale der Mastleistung aus.

Tab. 5: Ausgewählte Merkmale der Mastleistung (LS-Mittelwerte)

Tabelle 6 zeigt die Ergebnisse des Schlachtkörperwerts. Mit Ausnahme der Merkmale Nettozunahme und Nierenfett lassen sich alle weiteren Merkmale zu Gunsten der Rasse FV statistisch absichern. Das Weidesystem übt lediglich auf die Schlachtkörpermasse und die Schlachtausbeute einen signifikanten Einfluss auf. In beiden Fällen ist die Gruppe KRW der Gruppe UTW überlegen. Tiere der KRW zeigen tendenziell eine höhere Pistolenmasse (70,1 vs. 68,9 kg), eine größere Rückenmuskelfläche (54,5 vs. 52,3 cm2) sowie eine bessere Fleischigkeitsklasse (5,7 vs. 5,2 Punkte) auf. Das Konzentratniveau übte auf keines der in Tabelle 6 dargestellten Merkmale einen signifikanten Einfluss aus.

Tab. 6: Ausgewählte Merkmale des Schlachtkörperwertes (LS-Mittelwerte)

Tabelle 7 zeigt die Ergebnisse der Fleisch- und Fettbeschaffenheit. DH-Ochsen haben einen signifikant höheren IMF-Gehalt (3,89 %) als FV-Ochsen (2,47 %). Dieser Unterschied findet sich auch bei der Marmorierung (2,77 Punkte DH vs. 2,09 FV). Bei den Merkmalen der Zartheit haben Tiere der Rasse DH signifikant geringere Werte im M.l.d., WBSK max. (66,35 vs. 82,95 N) und Scherkraft (4,89 vs. 6,11 kg/cm2). Tiere der Rasse FV haben signifikant höhere Garverluste (25,93 vs. 24,70 %). Bei der Fleischfarbe ergeben sich signifikant höhere a* und b*-Werte für die Rasse DH (13,32 und 3,49 vs. 12,79 und 2,65). Hervorzuheben ist - aus der Sicht der Verbraucherakzeptanz - hierbei, dass die DH-Ochsen eine signifikant gelbere Fettfarbe aufweisen. Das Weidesystem hat lediglich auf die Fettfarbe einen Effekt (KRW höherer Gelbton b*, UTW höherer L*-Wert).

Tab. 7: Ausgewählte Merkmale der Fleisch- und Fettbeschaffenheit (LS-Mittelwerte)

FAZIT

Eine grünlandbasierte Ochsenmast mit geringem Kraftfuttereinsatz führt zu befriedigenden Mast- und Schlachtleistungsergebnissen. Während Ochsen der Rasse Deutsches Fleckvieh sich in diesen Merkmalen überlegen zeigen, ist für die Schlachtkörper von Tieren der Rasse Deutsche Holstein eine verbesserte Fleischbeschaffenheit festzuhalten. Der Einfluss des Weidesystems auf die genannten Merkmale ist nur gering. Das System der Kurzrasenweide führt – aufgrund des höheren Futterwerts im Aufwuchs – zu einem leicht verbesserten Schlachtkörperwert. Die während der Mast auf einem niedrigen Niveau durchgeführte, unterschiedliche Konzentratbeifütterung (191 kg/Tier (L) bzw. 275 kg/Tier (M)) übte keinen Einfluss auf die untersuchten Merkmale aus.

Ein Literaturverzeichnis kann von den Autoren angefordert werden.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. vet. med. Matthias Schmutz, Peter Weindl, Luz Salomé Carrasco Alarcón,
Prof. Dr. Gerhard Bellof und Prof. Dr. Eggert Schmidt
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf,
Fakultät Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme,
Fachgebiete Tierernährung sowie Tierzucht u. Tierhaltung,
85350 Freising

Kontakt: gerhard.bellof@hswt.de