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Stickstoff- und Phosphorgehalte in Milchkuhrationen
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Stickstoff- und Phosphoreinträge aus der Landwirtschaft in die Umwelt stellen ein gesellschaftlich vielfach diskutiertes Thema dar. Der Eintrag von Stickstoff aus der Landwirtschaft geschieht auf verschiedenen Wegen und hat unterschiedliche Auswirkungen. Ammoniakemissionen führen unter anderem zur Eutrophierung nährstoffarmer Ökosysteme (LANUV 2012), Lachgas ist 300-mal klimaaktiver als CO2 (Polaschegg 2022) und aus dem Boden ausgewaschenes Nitrat gelangt ins Grundwasser (Blume et al. 2016). Phosphoreinträge durch Erosion oder Abschwemmung von Bodenpartikeln tragen maßgeblich zur Eutrophierung von Gewässern bei (LWK 2015).

Der Schutz des Klimas und des Naturhaushaltes, die Reinhaltung von Luft und Wasser bestimmen daher immer mehr auch die landwirtschaftliche Produktionsweise. Deutschland muss den Ammoniakausstoß bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Basisjahr 2005 um 29 % reduzieren, und da die Landwirtschaft hauptsächlich für die Ammoniakemissionen verantwortlich ist, müssen ganz besonders hier wirkungsvolle Maßnahmen etabliert werden. Für die Tierhaltung bedeutet dieses die Reduzierung der Tierzahl oder aber die Verringerung der Stickstoffausträge je Tier bzw. die Kombination aus beidem.

Versuche zur Eiweißreduzierung

Mittlerweile sind zahlreiche Fütterungsversuche mit Milchkühen zur Problematik der Stickstoffreduzierung durchgeführt worden, wie z.B. von Engelhard und Meyer (2020) oder Pries et al. (2019). Grundsätzlich hatte dabei stets die Sicherstellung einer bedarfsdeckenden nXP-Versorgung der Kühe Priorität. Die Versorgung mit Rohprotein hingegen kann, abweichend hiervon, durchaus reduziert werden, was gleichbedeutend mit einer Verringerung der ruminalen Stickstoffbilanz (RNB) ist. Diese war in mehreren Versuchen auf -1,5, mitunter sogar auf -2 g/kg TM abgesenkt worden, ohne leistungsdepressive Effekte. Der Grund hierfür ist die Selbstregulation der Milchkuh. Ein Teil des mit dem Futter aufgenommenen Stickstoffs wird nicht ausgeschieden, sondern in die endogene Rezyklierung umgeleitet (ruminohepatischer Stickstoffkreislauf).

Die Auswirkungen einer reduzierten RNB auf die N-Ausscheidung und auf die N-Effizienz sind beachtlich. So zeigte eine Zusammenstellung mehrerer Fütterungsversuche, dass eine Absenkung des Rohproteingehaltes um durchschnittlich 2,7 %-Punkte die Ammoniakemissionen bei Rindern um 43 % reduzierte (Sajeev et al. 2017).

Milchharnstoff und Stickstoffausscheidung

Bekanntermaßen existiert einerseits eine enge Beziehung zwischen den N-Ausscheidungen im Harn und über die Milch und andererseits zwischen dem Milchharnstoffgehalt und den Ammoniakemissionen. Folglich ist der Milchharnstoffwert nicht nur zur Kontrolle der Futterproteinversorgung (in Beziehung zur Energieversorgung) geeignet, sondern auch für die Bewertung der N-Ausscheidungen einer Milchkuhherde. So hat sich u.a. die Schätzformel nach Bannink und Hindle (2003, zitiert in DLG, 2014), basierend auf dem Milchharnstoffgehalt, der Milchmenge und dem Milcheiweißgehalt, für die Berechnung der Stickstoffausscheidung von Kühen bewährt. Bei den in Schleswig-Holstein in der Milchleistungsprüfung stehenden Milchkühen zeigt sich, dass im Laufe der Jahre die Milchleistung anstieg, der mittlere Milchharnstoffgehalt aber abnahm. So nahm z.B. im Jahr 2022 die pro Kuh erzielte Tagesmilchmenge um 6,2 kg gegenüber dem Jahr 1999 zu, während aber die Stickstoffausscheidung je Kuh und Laktationstag hingegen leicht abnahm (Übersicht 1).

Übersicht 1: Stickstoffausscheidungen der Milchkühe in Schleswig-Holstein

Bezogen auf die erzielte Milchmenge (ECM) entsprach das im Jahr 1999 einer Stickstoffausscheidung je Kilogramm Milch und Laktationstag von 15,5 g, im Jahr 2010 von 13,1 g, im Jahr 2020 von 12,9 g und im Jahr 2022 von 11,8 g.

Versuche zur Phosphorreduzierung

Auch zur Phosphorreduzierung sind in den letzten 20 Jahren vermehrt internationale und nationale Versuche durchgeführt worden, wie z.B. von Lopez et al. (2004). Während die 123 Holstein-Kühe der Versuchsgruppe in genannter Studie für die ersten 165 Laktationstage und gelegentlich auch länger, bis 60 Tage nach einer positiven Trächtigkeitsuntersuchung,  eine Futterration mit einem in Anlehnung an die jüngsten Anforderungen des National Research Council niedrigen P-Gehalt von 3,7 g/kg TM erhielten, war der P-Gehalt bei der Ration für die 124 Kühe der Kontrollgruppe mit 5,7 g/kg TM deutlich erhöht und wesentlich oberhalb der allgemeinen Bedarfsempfehlungen.  

Im Ergebnis dieser Studie erreichten die Versuchskühe eine durchschnittliche Tagesmilchleistung von 35,1 kg (3,92 % Fett, 2,90 % Eiweiß) und die Kontrollgruppentiere 34,9 kg Milch (3,98 % Fett, 2,91 % Eiweiß). Auch bezüglich der Tiergesundheit wurden keine Unterschiede zwischen beiden Tiergruppen registriert, einzig beim Blutserum-P-Gehalt, der am 50. und 100. Laktationstag bestimmt wurde und bei den Versuchstieren durchschnittlich 6,1 bzw. 6,2 mg/dl betrug, aber bei den Kühen der Kontrollgruppe mit 6,8 bzw. 6,9 mg/dl höher war.

Zwischen der N- und P-Aufnahme und -Ausscheidung besteht eine enge Beziehung; jede Überversorgung führt zu vermeidbaren Emissionen

Nationale Studien wurden u.a. von Engelhard und Meyer (2020) oder auch von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfahlen durchgeführt, wie z.B. von Pries et al. (2019) und nachfolgend von Denießen et al. (2020). In dem Versuch von Engelhard und Meyer (2020) wurde der P-Gehalt in der Ration für Milchkühe mit einer Tagesleistung von 41 kg/Kuh von 4,2 g/kg TM auf 3,7 g/kg TM abgesenkt. In der Studie von Denießen et al. (2020) erfolgte eine Absenkung des P-Gehaltes von 4,6 g/kg TM auf 3,9 g/kg TM.

In beiden Untersuchungen wurde weder eine Depression der Futteraufnahme noch ein Milchleistungsabfall registriert. Die Studie von Denießen et al. (2020) führte mit 52 g/Tier und Tag zu fast 19 % geringeren P-Ausscheidungen der P-reduziert gefütterten Kühe im Vergleich zur praxisüblichen Fütterung der Kontrolltiere (64 g/Tier und Tag).

Erhebung in Schleswig-Holstein

Um einen Eindruck davon zu erhalten, welche Protein- bzw. Stickstoffgehalte einerseits und welche Phosphorgehalte andererseits Milchkuhrationen in der Praxis enthalten, wurden im Sommer 2022 im Rahmen einer Masterthesis (Templin, 2023) in 18 Milchkuhbetrieben Schleswig-Holsteins (Schleswig-Flensburg, Nordfriesland, Rendsburg-Eckernförde, Kiel, Pinneberg) insgesamt 45 TMR-Proben auf diese Gehalte hin untersucht (Übersicht 2).

Übersicht 2: In die Studie einbezogene Betriebe

Die TMR-Proben wurden jeweils in einem Zeitfenster von maximal vier Stunden nach der Futtervorlage an drei bis fünf verschiedenen Stellen vom Futtertisch gesammelt und anschließend im Labor der Fachhochschule nasschemisch auf den Rohprotein-/Stickstoff- sowie Phosphorgehalt untersucht.

N- und P-Gehalte der Milchkuhrationen

Der analysierte Rohproteingehalt betrug durchschnittlich 153 g/kg TM (Übersicht 3). Da Futterprotein zu 16 % aus Stickstoff besteht, entspricht dieses einem Stickstoffgehalt von 24,48 g/kg TM.

Übersicht 3: Analysierte Rohprotein- und Phosphorgehalte in den Milchkuhrationen (Templin, 2023)

Für die Tagesmilchmenge von 31 kg, welche die Kühe im Durchschnitt der Betriebe erzielten, benötigen sie 3054 g nXP (Erhaltungsbedarf bei 650 kg: 450 g; Leistungsbedarf für 31 kg Milch mit 3,35 % Eiweiß: 84 g/kg Milch). Bei einer Futteraufnahme von z.B. 20 kg TM würde sich daraus ein notwendiger nXP-Gehalt von 153 g/kg TM ergeben. Daraus folgt bei einem analysierten XP-Gehalt von 153 g/kg TM eine ruminale Stickstoffbilanz (RNB) von 0 g/kg TM. Dazu wiederum passt der mittlere Milchharnstoffgehalt von knapp 200 mg/kg.

Für die Milchleistung von 31 kg würde bei wiederum angenommener TM-Aufnahme von z.B. 20 kg eine P-Menge von 73 g ausreichen (Empfehlungen der GfE, 2001: P-Bedarf, g/Tag = 1,43 * (Milch, kg/Tag + TM-Aufnahme, kg/Tag)). Diese P-Menge entspräche bei der unterstellten Futteraufnahme einem P-Gehalt von 3,65 g/kg TM. Im Mittel der analysierten Futterproben lag der P-Gehalt mit 3,8 g/kg TM in dieser Größenordnung.

Die in den Milchkuhrationen der Betriebe analysierten Rohprotein- und P-Gehalte folgten im Durchschnitt bereits den Empfehlungen für eine N- und P-reduzierte Fütterung.

FAZIT

Eiweißreduzierungen sind auch bei hochleistenden Milchkühen möglich, eine bedarfsdeckende Versorgung mit nXP vorausgesetzt. Dabei sind Ruminale N-Bilanzen im Bereich von 0 bis -20 g/Kuh und Tag erstrebenswert, bei sehr gutem Fütterungsmanagement und hohen Futteraufnahmen sogar bis zu -30 g/Kuh und Tag möglich. Je niedriger die RNB ist, umso geringer werden die N-Ausscheidungen sein, bei laktierenden Kühen gut sichtbar anhand niedrigerer Milchharnstoffgehalte. Für Letztere sind Herdendurchschnittswerte < 200 mg/kg Milch erstrebenswert.

Auch bei der Phosphorversorgung sollten keinesfalls über die Empfehlungen hinausgehende Sicherheitszuschläge eingeplant werden. In der Regel sind bei Rationen für laktierende Kühe P-Gehalte über 4 g/kg TM zu vermeiden, zumal die bei der Bedarfsempfehlung seitens der GfE (2001) unterstellte P-Verwertung von 70 % mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich höher ist.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Tel.: 04331/845138

Email: katrin.mahlkow-nerge(at)fh-kiel.de

Literaturquellen werden nicht mitgedruckt und können beim Verfasser angefordert werden.
Bilder: Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge