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Rinder aktuell: Kolostrumqualität und Trockenstehermanagement Teil 2
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BETRIEBLICHE GEMEINSAMKEITEN UND UNTERSCHIEDE

Im Rahmen einer Studie wurden Kolostrumproben von 487 Kühen aus 9 verschiedenen Betrieben Schleswig-Holsteins hinsichtlich ihrer Qualität ausgewertet.

Der erste, vor 1 Woche erschienene Teil zeigte auf, dass hierbei die Zweitkalbskühe das Kolostrum mit den durchschnittlich geringsten Brix-Werten aufwiesen und nicht, wie eigentlich angenommen, die jungen Erstkalbskühe.

Erwartungsgemäß beeinflussten sowohl die Erstkolostrummenge als auch die Zeit zwischen der Abkalbung und der ersten Melkung die Kolostrumqualität. Kein signifikanter Zusammenhang hingegen ergab sich durch unterschiedliche Zwischenkalbezeiten (im Mittel 393 Tage, Spannweite 306 bis 661 Tage).

56 % aller untersuchten Kühe erzielten ein Kolostrum mit guter bis sehr guter Qualität, wobei es zwischen den einzelnen Betrieben große Unterschiede gab. Das bedeutet, dass dem betrieblichen Einfluss eine elementare Rolle zugeschrieben werden muss. Worin sich diese Betriebe unterschieden, ist Gegenstand des vorliegenden Beitrages.

Biestmilchgabe: Ob 2 oder 5 Liter Kolostralmilch für eine ausreichende Immunglobulinversorgung des Kalbes genügen, entscheidet die Biestmilchqualität. Daher sollte diese überprüft werden.

Haltungsbedingungen

Die Haltungsbedingungen aller laktierenden und trockenstehenden Kühe sowie der in der Abkalbebox wurden bei einem Betriebsrundgang in jedem Betrieb nach einem einheitlichen Schema und in Form von zusammengefassten Schulnoten (von 1 = sehr gut, bis 5 = mangelhaft) bewertet. Hierbei spielten das Platzangebot, Licht- und Luftverhältnisse sowie die Wasserversorgung eine besondere Rolle und ebenfalls die Beurteilung der Tiere bezüglich ihrer Sauberkeit oder eventueller Technopathien.

Die Haltungsbedingungen wurden durchschnittlich über alle Bereiche und Betriebe hinweg mit gut (Note 2,1) bewertet (Tabelle 1). Bei den Frühtrockenstehern gab es oftmals die größten Kritikpunkte. Auch hier ließen sich zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den Betrieben erkennen. 

Tabelle 1: Durchschnittsnote für die Haltungsbedingungen in den Betrieben

Eine Besonderheit stellte die Haltungsform im Betrieb G dar. Hier gab es keinen üblichen Liegeboxen-Laufstall, sondern überdachte Liegeboxen auf einem planbefestigten Platz mit Futtertrögen, die hier verteilt standen. Darüber hinaus waren die Trockensteher und hochtragenden Kühe in einer hellen und gut belüfteten Strohbucht untergebracht und hatten Zugang zur Weide.

Diejenigen Kriterien, die am häufigsten kritisiert wurden, lagen in den Bereichen der  Wasserversorgung (v. a. unzureichende Tränkefläche je Tier) und der Belegedichte (Überbelegung), Letztere sogar manchmal, wenn die trockenstehenden Kühe in älteren und zum Teil engen Stallabteilen untergebracht waren.

Fütterung der Trockensteher

Die Beurteilung der Fütterung der trockenstehenden Kühe wurde in 3 Betrieben besonders dadurch erschwert, dass es keine Rationsberechnungen hierfür gab. Bei den anderen Betrieben zeigten sich in diesem Bereich relativ große Unterschiede, für die beispielgebend die Energiegehalte der Rationen genannt werden sollen. Diese schwankten bei den Frühtrockensteherrationen zwischen 5,5 und 6,4 MJ NEL und bei den Rationen für die Vorbereiter zwischen 6,2 und 6,9 MJ NEL/kg TM. 3 Betriebe fütterten die Trockensteher einphasig mit Energiegehalten von 5,7 bis 6,1 MJ NEL/kg TM.

Die Futter- und Futtertischhygiene wurde im Durchschnitt der Betriebe nur mit mittelmäßig beurteilt (Note 2,7 bzw. 2,6). Auffallend war, dass in den meisten Betrieben im gesamten Trockensteherbereich die Vorlage von frischem Futter nur an jedem 2. Tag erfolgte (Tabelle 2). Selbst im Abkalbebereich gab es Betriebe, die nur alle 2 bzw. 3 Tage frisches Futter vorlegten.

Tabelle 2: Sauberkeit, Futterhygiene, Genauigkeit sowie Häufigkeit der Futtervorlage der Betriebe, beurteilt mittels Noten von 1 (sehr gut) bis 5 (mangelhaft)     

Die Benotung bei dem Merkmal „Genauigkeit der Futtervorlage“ erfolgte nach Aussagen der Landwirte und entsprach demnach deren Selbsteinschätzung.

Einflüsse auf die Kolostrumqualität

  1. Trockensteherfütterung
    Von allen untersuchten Mehrkalbskühen wurden 121 während ihrer Trockenstehzeit einphasig, die anderen 204 zweiphasig gefüttert. Das Kolostrum wies einen durchschnittlichen Brix-Wert von 23,8 % bzw. 22,8 % auf.

    Hierbei, und das gilt insbesondere dann, wenn letztlich nur wenige Betriebe in eine Studie mit einbezogen werden, darf der betriebliche Einflussfaktor nicht unberücksichtigt gelassen werden. So wiesen z. B. 2 der 3 Betriebe, welche die Trockensteher einphasig fütterten, ein sehr hohes Produktionsniveau und sehr gutes Herdenmanagement auf. Auch wenn das Alter der Kühe mit 2,6 Laktationen zwischen beiden Gruppen vergleichbar war, so gaben die einphasig gefütterten Kühe bei der ersten Melkung, die 5,1 Stunden nach der Abkalbung erfolgte, 5,7 l Milch. Hingegen war die Erstkolostrummenge der zweiphasig gefütterten Kühe um 1,4 l höher und die Zeitspanne von der Kalbung bis zur ersten Melkzeit mit 6,3 Stunden ebenfalls etwas länger. Diese Kriterien nehmen, wie bereits vorangegangen erwähnt, Einfluss auf den Brix-Wert. Insofern ist keine zweifelsfreie Aussage zum Einfluss der Trockensteherfütterung auf die Kolostrumqualität anhand dieser Studie möglich.
     
  2. Trockenstehdauer
    Die mittlere Trockenstehdauer der untersuchten Mehrkalbskühe betrug 58 Tage, variierte bei den Betrieben zwischen 47 und 69 Tagen und bei den Einzeltieren zwischen 27 und 193 Tagen. Daraufhin wurden die Kühe entsprechend in Klassen eingeteilt. Tiere mit einer Trockenstehzeit bis zu 41 Tagen hatten tendenziell, aber nicht signifikant, einen geringeren Brix-Wert in ihrem Kolostrum als Kühe mit einer längeren Trockenstehperiode (Tabelle 3). Auch zeigte sich keine signifikante Korrelation zwischen beiden Merkmalen.

Tabelle 3: Kolostrumqualität, gemessen durch den Brix-Wert, und Trockenstehdauer

        3. Art des Trockenstellers
            Auch bezüglich der Art des Trockenstellens erfolgte eine Klassifizierung der Kühe,
            um einen eventuellen Einfluss zu prüfen (Tabelle 4).

Tabelle 4: Kolostrumqualität, gemessen durch den Brix-Wert, und Art des Trockenstellens

Gerade hierbei muss ebenfalls wieder ein betrieblicher Einfluss berücksichtigt werden, da alle Tiere, die ausschließlich ein Antibiotikum zum Trockenstellen erhalten hatten, aus nur 2 Betrieben stammten (Betriebe F und H), bei denen im Vergleich zu den anderen Betrieben im Durchschnitt mit die niedrigsten Brix-Werte gemessen wurden. Zudem wirken als weitere Einflüsse ebenfalls wieder das Alter der Kühe, die Erstkolostrummenge und die Zeitspanne zwischen der Abkalbung und der ersten Melkzeit. Insofern ist der mit 24,2 %Brix höchste Wert bei denjenigen Kühen, die antibiotisch in Kombination mit einem internen Zitzenversiegler trockengestellt wurden, mit großer Sicherheit ebenfalls durch die älteren Kühe in dieser Gruppe beeinflusst sowie durch die etwas geringere Biestmilchmenge bei der ersten Melkzeit. Insofern kann auch für dieses separate Merkmal keine Aussage über einen eventuellen Einfluss auf die Biestmilchqualität erfolgen.

Unterschiede zwischen den Betrieben

In 7 Betrieben wurde im Durchschnitt die Kolostrumqualität mit gut bis sehr gut und in 2 Betrieben mit verbesserungswürdig beurteilt. Daher erfolgte ein direkter Vergleich der 2 Betriebe mit dem durchschnittlich höchsten Brix-Wert in der Biestmilch mit den 2 Betrieben, für die die niedrigste Kolostalmilchqualität ermittelt wurde (Tabelle 5).

Tabelle 5: Vergleich der Betriebe mit der besten (Betrieb C und D) und der schlechtesten (Betrieb I und H) Biestmilchqualität

Die unterschiedlichen Rassen können an dieser Stelle nicht als Einflussfaktor auf die Biestmilchqualität diskutiert werden, da der insgesamt geringe Datenumfang dieses nicht zulässt. Dafür bedarf es weiterer Untersuchungen. 

Die Kühe im Betrieb H wurden zwar sehr zeitig nach der Kalbung das erste Mal gemolken, aber die Brix-Werte waren eher niedrig. Für die Kühe im Betrieb D wurde eine nahezu gleiche Erstgemelksmenge registriert wie im Betrieb H, jedoch mit einem größeren zeitlichen Abstand zur Kalbung. Dennoch waren die Biestmilchqualitäten besser, die beprobten Kühe aber durchschnittlich auch älter als im Betrieb H.

Die Beurteilung der Haltungsbedingungen der Tiere lieferte keine Hinweise für bessere Kolostrumqualitäten in den Betrieben C und D. Hierbei erhielten sogar die Betriebe H und I, zumindest bei den Frühtrockenstehern, eine bessere Bewertung. Grundsätzlich wurde die Haltung der Kühe in allen Betrieben als gut bezeichnet, zwar mit gewissen betrieblichen Unterschieden, die sich auch in den Noten widerspiegelten. Insgesamt waren die Betriebe aber vergleichbar aufgestellt. Dies könnte mit ein Grund dafür sein, warum sich in dieser Studie kein Effekt der Haltung der Tiere auf deren Kolostrumqualität zeigte.

Während in den Betrieben C und D die untersuchten Kühe im Durchschnitt eine Trockenstehdauer aufwiesen, die dem im Betrieb angestrebten Zielwert entsprach, und ebenfalls die Herdenmanagerinnen die Einhaltung des Zeitraumes als sehr wichtig und zutreffend beurteilten, gab es im Betrieb H diesbezüglich Abweichungen und im Betrieb I gar keine konkreten Angaben dazu. Der Aspekt des Managements bezüglich einer Einflussnahme auf die Biestmilchqualität ist in Praxiserhebungen sehr schwer zu fassen, zumindest bei einer so begrenzten Betriebszahl. Was dennoch auffiel, war der Umstand, dass beide Betriebe mit der besseren Kolostrumqualität im Gegensatz zu den anderen Betrieben eine Herdenmanagerin eingestellt hatten, die sich ausschließlich um die Kühe kümmerte und keine weiteren Aufgaben, wie z. B. in der Außenwirtschaft, wahrnehmen musste. Erklärbar wäre daraus resultierend eine womöglich intensivere Beobachtung der Gegebenheiten im Stall. 

Weiterhin ließen sich in den beiden Betrieben C und D sehr strukturierte Arbeitsabläufe erkennen. Für jeden Tag in der Woche gab es einen Arbeitsplan, so dass Zeiträume und Maßnahmen (wie auch die Einhaltung der festgelegten Trockenstehzeiträume) konsequenter erledigt werden können.

FAZIT

Die unterschiedlichen Rassen können an dieser Stelle nicht als Einflussfaktor auf die Biestmilchqualität diskutiert werden, da der insgesamt geringe Datenumfang dieses nicht zulässt. Dafür bedarf es weiterer Untersuchungen. 

Die Kühe im Betrieb H wurden zwar sehr zeitig nach der Kalbung das erste Mal gemolken, aber die Brix-Werte waren eher niedrig. Für die Kühe im Betrieb D wurde eine nahezu gleiche Erstgemelksmenge registriert wie im Betrieb H, jedoch mit einem größeren zeitlichen Abstand zur Kalbung. Dennoch waren die Biestmilchqualitäten besser, die beprobten Kühe aber durchschnittlich auch älter als im Betrieb H.

Die Beurteilung der Haltungsbedingungen der Tiere lieferte keine Hinweise für bessere Kolostrumqualitäten in den Betrieben C und D. Hierbei erhielten sogar die Betriebe H und I, zumindest bei den Frühtrockenstehern, eine bessere Bewertung. Grundsätzlich wurde die Haltung der Kühe in allen Betrieben als gut bezeichnet, zwar mit gewissen betrieblichen Unterschieden, die sich auch in den Noten widerspiegelten. Insgesamt waren die Betriebe aber vergleichbar aufgestellt. Dies könnte mit ein Grund dafür sein, warum sich in dieser Studie kein Effekt der Haltung der Tiere auf deren Kolostrumqualität zeigte.

Während in den Betrieben C und D die untersuchten Kühe im Durchschnitt eine Trockenstehdauer aufwiesen, die dem im Betrieb angestrebten Zielwert entsprach, und ebenfalls die Herdenmanagerinnen die Einhaltung des Zeitraumes als sehr wichtig und zutreffend beurteilten, gab es im Betrieb H diesbezüglich Abweichungen und im Betrieb I gar keine konkreten Angaben dazu. Der Aspekt des Managements bezüglich einer Einflussnahme auf die Biestmilchqualität ist in Praxiserhebungen sehr schwer zu fassen, zumindest bei einer so begrenzten Betriebszahl. Was dennoch auffiel, war der Umstand, dass beide Betriebe mit der besseren Kolostrumqualität im Gegensatz zu den anderen Betrieben eine Herdenmanagerin eingestellt hatten, die sich ausschließlich um die Kühe kümmerte und keine weiteren Aufgaben, wie z. B. in der Außenwirtschaft, wahrnehmen musste. Erklärbar wäre daraus resultierend eine womöglich intensivere Beobachtung der Gegebenheiten im Stall. 

Weiterhin ließen sich in den beiden Betrieben C und D sehr strukturierte Arbeitsabläufe erkennen. Für jeden Tag in der Woche gab es einen Arbeitsplan, so dass Zeiträume und Maßnahmen (wie auch die Einhaltung der festgelegten Trockenstehzeiträume) konsequenter erledigt werden können.

DER DIREKTE DRAHT

Sandra Winther
Sandra-Winther[at]web.de
und
Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Katrin.Mahlkow-Nerge[at]fh-kiel.de

Fachhochschule Kiel,
Fachbereich Agrarwirtschaft
Osterrönfeld

Fotos (Katrin Mahlkow-Nerge)