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Probiotikaeinsatz in der konventionellen Putenmast
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Nach dem Wegfall antibiotischer Futterzusatzstoffe wird in der Putenmast verstärkt das Augenmerk auf probiotische Futterzusatzstoffe gelegt. Probiotika werden als „mikrobielle Zusatzstoffe zur Stabilisierung der Darmflora“ im deutschen Futtermittelrecht bezeichnet (ALERT 2001).

Hierbei handelt es sich um lebende Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien, Bacillussporen, Hefen o. ä. Probiotika sollen durch eine veränderte Zusammensetzung der Mikroflora dem Nutztier zu einer verbesserten Darmgesundheit und daraus resultierend höheren Leistungen verhelfen. Die mit dem Futter aufgenommenen Organismen besetzen die Bindungsstellen des Darmepithels und bauen somit einen wirksamen Biofilm als Infektionsbarriere auf. Durch die kontinuierliche Zuführung solcher Probiotika können diese durch ihr Wachstum ein Anheften von Krankheitserregern und somit das Risiko einer Verdauungsstörung verringern. Bleiben durch eine hohe Vermehrungsrate, die dem Futter zugesetzten Probiotika im Verdauungstrakt der Tiere erhalten, können diese eine weitere bioregulatorische Fähigkeit entwickeln. Durch ihr Wachstum und Entwicklung im Verdauungstrakt bilden sich Milchsäure und kurzkettige Fettsäuren. Diese wiederum wirken sich hemmend auf die Entwicklung pathogener Keime aus (KIRCHGESSNER u.a. 2014).

In einem an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf durchgeführten Fütterungsversuch sollte geklärt werden, welchen Einfluss der Einsatz eines probiotischen Futterzusatzstoffes (Kombinationsprodukt) auf die Futteraufnahme, Gewichtsentwicklung und die Futterverwertung männlicher Mastputen des Genotyps B.U.T. 6 (Aviagen Turkeys) ausübt.

Vorgehensweise

Eingesetzte Kulturen

In dem durchgeführten Versuch kamen Enterococcus faecium, Bifidobacterium animalis und Lactobacilus salivarius als probiotische Futterzusatzstoffe zum Einsatz. Als Trägerstoff wurde Kieselerde verwendet.

Enterococcus faecium gehört zu den milchsäureproduzierenden Bakterienstämmen. Enterokokken sind sehr widerstandsfähig gegenüber hohen Salzkonzentrationen (6,5 % NaCl), hohen Temperaturen (45° C) und hohen pH-Werten (pH 9,6). Ein Teil der Darmflora des Dickdarms wird von solchen Bakterien gebildet und kommt bei Menschen, Vögeln und zahlreichen Säugetieren vor. Als Probiotikum kommt Enterococcus faecium vor allem bei der Behandlung von an Diarrhöe erkrankten Patienten zum Einsatz und zeigt hier hohe Genesungsraten. Diese Bakterien scheiden ein Stoffwechselprodukt aus, welches gegen ein eingeschränktes Spektrum grampositiver Bakterien wirkt (HANSCHE 2014).

Bifidobacterium animalis ist ebenfalls ein Bakterium. Dieses ist im Dickdarm vieler Säugetiere und in uns Menschen nachweisbar. Bifidobacterium animalis hat die Eigenschaft, dass es sich rasch vermehren kann. Dadurch wird pathogenen Keimen Lebensraum und Nahrung im Dickdarm genommen. Darüber hinaus kann dieses Bakterium den pH-Wert in seiner Umgebung herabsetzen, was wiederum förderlich für die Bekämpfung krankmachender Keime ist. Dieses Herabsetzen des pH-Wertes geschieht, indem das Bakterium Bifidobacterium animalis in seinem Stoffwechsel Zucker in Essig- und Milchsäure umwandelt (GRÄBER 2016).

Lactobacillus salivarius gehört ebenfalls zu den milchsäureproduzierenden Bakterien. Diese Bakterien kommen natürlich in Dünn- und Dickdarm sowie im Mund von Lebewesen vor. Um seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Bakterien zu erhöhen, nutzt Lactobacillus salivarius verschiedene Mechanismen. Zum einen ist dieser Mikroorganismus in der Lage, selbst ein Antibiotikum zu produzieren, was andere Keime an ihrem Wachstum hindert oder gar abtötet. Das ist wiederum förderlich für den Wirt, da hierdurch die Anzahl pathogener Keime eingedämmt und verringert wird. Zum anderen wird der Lebensraum um Lactobacillus salivarius durch dessen Milchsäureproduktion angesäuert, was dazu führt, dass Bakterien und Keime, die dieses saure Milieu nicht vertragen (v. a. pathogene Keime), in ihrem Wachstum eingeschränkt sind bzw. absterben (SOMMER 2004).

Tiere, Haltung und Futtermischungen

Der Versuch wurde in der Lehr- und Forschungsstation der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf am Standort Zurnhausen durchgeführt. Für den Fütterungsversuch wurden 280 männliche Puten der Herkunft B.U.T 6 des Zuchtunternehmens Aviagen Turkeys als Eintagsküken eingestallt. Die Tiere wurden im Versuchsstall gleichmäßig auf 28 Abteile (ca. 6 m2/Abteil) verteilt. Die Abteile wurden zunächst mit Hobelspänen, später mit Stroh eingestreut. In Absprache mit dem betreuenden Tierarzt erfolgte ein Impfprogramm (Aviäre Rhinotracheitis (TRT, 1., 16. und 58. LT), Newcastle-Krankheit (ND, 23. und 65. LT), Hämorrhagische Enteritis (HE, 30. LT)).

Es wurden zwei Gruppen (Versuchsgruppe, Kontrollgruppe) gebildet. Somit bestand jede Gruppe aus 14 Wiederholungen. Die Tiere der Versuchsgruppe erhielten - eingemischt in den Trägerstoff Kieselerde - die beschriebenen probiotischen Zusatzstoffe in einer Dosierung von 1x108 KBE/kg Alleinfuttermischung. Die Futtermischungen der Kontrollgruppen enthielten als “Placebo” die entsprechende Menge Kieselerde. Die Mastperiode der Tiere bis zum 98. Lebenstag wurde in 4 Phasen unterteilt (Tabelle 1).

Tabelle 1: Vorgaben für die Gehalte an Inhaltsstoffen (%) und AMEN (MJ/kg) der Alleinfuttermischungen im Putenmastversuch

Die Ausstattung der Alleinfuttermischungen für die Phasen lehnte sich an die Vorgaben des Zuchtunternehmens Aviagen für die Herkunft B.U.T. 6 an. Hierbei wurden die AMEN-Gehalte auf ein moderates Niveau eingestellt (Tabelle 1).

Die Zusammensetzung der Alleinfuttermischungen ist der Tabelle 2 zu entnehmen. Neben den für die konventionelle Putenmast typischen Rohstoffen wurden in den Futtermischungen freie Aminosäuren eingesetzt, um die in der Tabelle 1 formulierten Vorgaben zu erreichen. So wurden in der Phase 1 die Aminosäuren Lysin, Methionin, Threonin, Arginin und Valin supplementiert, während in der Phase 4 lediglich Lysin und Methionin zugesetzt wurden.

Tabelle 2: Zusammensetzung (%) der Alleinfuttermischungen für den Putenmastversuch

Die Futtermischungen (mehlförmig) und Wasser erhielten die Tiere zur freien Aufnahme. Es erfolgte bewusst keine Pelletierung der Futtermischungen, um eine mögliche Hitzeschädigung der probiotischen Zusatzstoffe infolge des Pelletiervorganges zu vermeiden. Ebenso wurden den Futtermischungen keine Kokzidiostatika zugesetzt, um die Gefahr einer Beeinträchtigung der probiotischen Futterzusatzstoffe auszuschließen.

Während des Versuches wurden alle zwei bzw. vier Wochen die Einzeltiergewichte sowie der Futterverbrauch ermittelt, wobei sich der Futterverbrauch aus der Summe aller Einwaagen während der jeweiligen Phase abzüglich der Futterreste zu Phasenende errechnete. Die erhobenen Daten wurden boxenbezogen verrechnet und statistisch ausgewertet (einfaktorielle Varianzanalyse).

Ergebnisse und Diskussion

Futtermittelanalysen

Laut Analyseergebnissen der eingesetzten Futtermischungen wurden die vorgegebenen Zielwerte meist erreicht. Lediglich in Phase 2 ergaben sich für Lysin und in Phase 3 für das Rohprotein sowie für Lysin und Methionin+Cystein größere Abweichungen nach unten. Die errechneten Energiegehalte weisen durchgehend geringfügige Unterschreitungen der Zielwerte von 0,1-0,3 MJ AMEN/kg auf.

Erwartungsgemäß war die Gesamtkeimzahl in den Versuchsmischungen deutlich höher als in den Kontrollfuttermischungen. In allen Versuchsvarianten konnte der jeweilige Zielwert der probiotischen Keime erreicht bzw. überschritten werden. Die höchsten Keimzahlen wurden in den Mischungen der Phasen 2 und 3 verzeichnet. Hinsichtlich des Verhältnisses der einzelnen probiotischen Mikroorganismen zueinander ergab sich in Phase 1 ein leichter Überhang von Bifidobacterium animalis und in Phase 4 von Lactobacillus salivarius jeweils zuungunsten von Enterococcus faecium.

Verluste

Der Versuch verlief störungsfrei. Es konnten keine Gesundheitsstörungen beobachtet werden. Die Gesamtverluste ab Einstallung lagen in der Versuchsgruppe mit 5,0 % nummerisch höher als in der Kontrollgruppe mit 2,9 %, wobei jedoch die meisten Tiere bereits in der ersten Lebenswoche ("Nichtstarter") aus dem Versuch ausschieden.

Futterverbrauch

Die durchschnittliche tägliche Futteraufnahme während der vier Versuchsphasen ist in Tabelle 3 dokumentiert. Im Vergleich zu den Richtwerten von Aviagen war die Futteraufnahme in Phase 1 um etwa 10 % niedriger. In Phase 2 und 3 hingegen kehrte sich dieser Trend um und die Futteraufnahme lag nun um ca. 23 bzw. 21 % über den Richtwerten. In der letzten Phase des Beobachtungszeitraums normalisierte sich die Futteraufnahme auf einem Niveau, wie es auch von Aviagen vorgegeben wird.  Nummerisch lag die durchschnittliche tägliche Futteraufnahme jeweils in der Versuchsgruppe höher als in der Kontrollgruppe. Die Unterschiede zwischen den Gruppen konnten allerdings in keiner Phase statistisch abgesichert werden.

Tabelle 3: Durchschnittliche tägliche Futteraufnahme (g/d) im Putenmastversuch (LS-Mittelwerte, Standardfehler (SE) und Standardabweichung (SD))

Der zunächst niedrigere und dann erhöhte Futterverbrauch könnte auch mit der Darbietungsform des Futters in Schrotform zusammenhängen. Schrotfutter wird von jungen Küken meist in geringeren Mengen aufgenommen als dies bei der Verfütterung von Pellets bzw. Granulat der Fall wäre. Bei älteren Tieren kann bei der Schrotfütterung dagegen die Futterverschwendung durch Selektion und das Anhaften von Futter am Schnabel zunehmen.

Mastleistung

In der Tabelle 4 ist die Lebendmasseentwicklung der Tiere, aufgeteilt nach dem jeweils erreichten Phasenendgewicht sowie den durchschnittlichen, täglichen Zunahmen dargestellt. Analog zu den nummerisch höheren Werten in der Futteraufnahme der Versuchsgruppe waren auch die erreichten Lebendmassen und die durchschnittlichen täglichen Zunahmen der Versuchstiere höher als die der Kontrollvariante. Diese Unterschiede konnten aber ebenfalls nicht statistisch gesichert werden.

Im Vergleich zu den Richtwerten von Aviagen waren die Puten im Versuch lediglich am Ende von Phase 1 leichter als der entsprechende Referenzwert. Alle weiteren Herdendurchschnittsgewichte lagen sowohl bei der Versuchs- als auch bei der Kotrollvariante oberhalb der von Aviagen angegebenen Werte. Die Gewichte am Ende des Beobachtungszeitraums lagen etwa 3-4 % höher.

Tabelle 4: Durchschnittliche Lebendmasseentwicklung im Putenmastversuch (LS-Mittelwerte, Standardfehler (SE) und Standardabweichung (SD))

Hinsichtlich des Futterverbrauchs pro kg Zuwachs (Tabelle 5) konnten keine gerichteten Effekte zwischen Kontroll- und Versuchsgruppe ermittelt werden. Über alle Phasen hinweg lag die Futterverwertung mit 2,25 bzw. 2,27 kg Futter je kg Zuwachs auf einem deutlich schlechteren Niveau als von Aviagen für denselben Zeitraum (2,04 kg Futter je kg Zuwachs) angegeben wird.

Tabelle 5: Durchschnittlicher Futterverbrauch pro kg Zuwachs (kg/kg) im Putenmastversuch (LS-Mittelwerte, Standardfehler (SE) und Standardabweichung (SD))

FAZIT

Der Einsatz einer Kombination von Enterococcus faecium, Bifidobacterium animalis und Lactobacilus salivarius als probiotische Futterzusatzstoffe in der Mast von männlichen Puten bis zum 98. Lebenstag führte zu keinen Unterschieden hinsichtlich des Gesundheitsgeschehens, der Futteraufnahme und Mastleistung. Die hohen Tageszunahmen – sowohl der Versuchs- als auch der Kontrollgruppen – während des gesamten Fütterungsversuches lassen den Rückschluss zu, dass die Haltungs- und Fütterungsbedingungen für die Tiere im optimalen Bereich lagen. Die Verlustraten v. a. der Kontrollgruppe lagen im Vergleich zu entsprechenden Studien mit Mastputen (KAMPF 2012; MÄNNER et al. 2002) relativ niedrig. Auch die Tatsache, dass die Tiere ohne Kokzidiostatika versorgt wurden, führt zu dem Schluss, dass in der vorliegenden Studie der Keimdruck aus der Umgebung und somit ein Infektionsrisiko mit pathogenen Keimen gering waren.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Gerhard Bellof,
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Kontakt: gerhard.bellof@hswt.de