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Insektenprotein für Schweine – madebymade zeigt wie es geht
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Als möglichen Ersatz von Sojaschrot in der Tierfütterung werden immer häufiger auch Insektenproteine genannt und als der kommende Star am Futtermittelhimmel gepriesen. Um einmal ein realistisches Bild dieser Produktion und der möglichen Chancen für die Nutztierhaltung zu zeichnen, haben wir eine solche Produktionsstätte, von der es mittlerweile einige Start-Ups und schon länger im Geschäft befindliche Betriebe, die sich der Produktion von Futtermitteln aus Insekten verschrieben haben, in Deutschland gibt, besucht. Am Beispiel der Firma madebymade GmbH in der Nähe von Leipzig soll einmal der aktuelle Stand der Produktion von Futtermitteln, hier insbesondere der Schwarzen Soldatenfliege beleuchtet werden. Dr. Jonas Finck und 12 Kolleginnen und Kollegen betreiben das 2018 gegründete Start-Up.

Nachdem 2017 der erste Businessplan geschrieben wurde, machte sich Finck auf den Weg Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Fördermittel und Investoren brachten dann soviel zusammen, dass 2018 die erste Pilotanlage in einem verlassenen Pelletierwerk aufgebaut werden konnte. Diese lief so gut, dass in 2020 mit dem Bau einer Industrieanlage, die einmal 500 t Larven der Schwarzen Soldatenfliege produzieren soll, begonnen wurde. Zwei Jahre später ist der Bau fast abgeschlossen und die Anlage produziert voll. Ähnlich der Empfehlung der räumlichen Trennung von Zucht und Mast in der Schweinehaltung haben es die Thesauer gemacht. Die Mastanlage befindet sich etwas 2 km von der Zuchtanlage, in der die Eier erzeugt werden und die Larven schlüpfen, entfernt. Dabei wird die dafür notwendige Wärme der Biogasanlage der benachbarten Agrargenossenschaft genutzt. Dazu nachher mehr.

Ein altes Pelletierwerk wurde umgenutzt zur Produktion von Insektenprotein

Die Genehmigung für die Gesamtanlage war kein großes Problem. „Wir haben uns sehr frühzeitig, schon vor den ersten fertigen Planungen mit der Genehmigungsbehörde zusammengesetzt. Da Emissionsdaten fehlten und auch nicht aus anderen solchen Anlagen vorlagen, gab es keine besonderen Auflagen wie Abluftreinigungsanlagen oder ähnlichen. Die Behörde machte nur klar, dass dieses aber noch kommen könnte, wenn es zu Beschwerden aus der Anwohnerschaft käme. Gerade deswegen messen wir regelmäßig die Abluftqualitäten. Ammoniakemissionen sind kaum zu finden, nur wenn es Probleme im Produktionsablauf gibt, kann es einmal dazu kommen.“ erklärt der Geschäftsführer.

In Thesau hat man sich für die Produktion der Maden der Schwarzen Soldatenfliege entschieden. „Die Larven der Soldatenfliege wachsen fast auf allen organischen Nährmedien, auch Gülle und Mist sind theoretisch denkbar. Da wir aber als Futtermittelunternehmen laufen, dürfen wir nur gelistete Futtermittel einsetzen, obwohl in der Natur die Schwarze Soldatenfliege fast alles fressen kann.“ So begründet der Geschäftsführer die getroffene Wahl.

Insektenlarven in der Endmast

Die eigentliche Mast der Larven dauert nur etwa 15 Tage. Davon 4–5 Tage die Vormast und etwa 9–10 Tage die Endmast. Dazu werden die in der Zuchtstation erzeugten kleinen Larven in große Edelstahlwannen gegeben, die vorher mit dem Futter befüllt wurden. Zurzeit ist das eine Mischung aus Weizenpülpe und Weizenkleie, Reststoffe aus der Stärkeproduktion. Über zwei Jahre wurden auch Abfallgemüse, Obst und Altbrot verfüttert. Diese großen Wannen werden dann in alte Schiffscontainer gestellt und mit einer Folie verschlossen. Für eine Abfuhr der Schadgase und die Versorgung mit Frischluft sorgt eine eigene Lüftungseinheit pro Container. 72 Wannen passen in einen Container und bilden eine Masteinheit. In jedem Container befinden sich zwei Altersstufen, da die größeren Tiere dann die notwendige Wärme für die kleineren Tiere bereitstellen.

Obwohl die Mast in kleinen Plastikwannen wohl preislich günstiger zu machen wäre, haben sich die Thesauer für die großen Metallwannen entschieden. „In diesen großen Wannen können die Maden ihre artbezogenen Verhaltensweisen deutlich besser ausleben. Denn je nach Temperaturbedürfnis bilden die Maden kleine Türme, die sie für die Durchlüftung der Population benötigen. Dies geht deutlich besser in großen Kisten“ so Jonas Finck. Damit einher geht auch eine bessere Futterverwertung und schnelleres Wachstum. 33°C sollte das Substrat bestenfalls aufweisen. Das geht aber nur mit einer ausgeklügelten Belüftung. Ohne diese würden schnell auch mal 60°C erreicht.

Wanne mit Masttieren kurz vor der „Ernte“

Das Futter hat etwa eine Trockensubstanz von 30 %. 220 kg davon werden in jede Wanne zu Beginn erwärmt gefüllt und darauf dann die kleinen Larven gegeben. Innerhalb der 910 Tage wird das Futter komplett umgesetzt. Eine Zufütterung findet zwischendurch nicht mehr statt. Es wird nach Angaben des Betreibers eine Futterverwertung von 1: 2 erreicht, diese ist natürlich abhängig von der Futterart. Wichtig ist beim Futter auch ein bestimmter Rohfasergehalt, um die Belüftung und damit den Gasaustausch innerhalb der Larventürme zu gewährleisten.

Wenn dann das richtige Verhältnis von hellen und dunklen (kurz vor der Verpuppung) Tieren vorhanden ist (max. 5 % dunkle Tiere), kommt die Zeit der Ernte. Dabei werden die Wannenstapel aus dem Container geholt und Wanne für Wanne durchgesiebt. Es werden so die Reste (Chitinpanzer und minimale Futterreste) von den Larven getrennt. Diese Reste wurden bisher als Dünger (3 % N; 2,2 % P; 4,4 % K) abgegeben. Nach der kürzlich erfolgten Änderung der Gesetzeslage, die nun besagt, dass der Dünger vor dem Verkauf einer thermischen Hygienisierung zu unterziehen ist, wird dies immer schwieriger. Grund sind die hohen Energiekosten, die dabei anfallen. Kleine Mengen werden in Kleinstgebinden über Baumärkte etc. vertrieben. Große Mengen sind zum benötigten Preis momentan aber nicht abzusetzen.

Endprodukte der Insektenmast

Die geernteten Maden, es sind immerhin 1,3–1,5 t pro Tag, werden dann zum allergrößten Teil getrocknet. Nur ein sehr kleiner Teil wird als frische, lebende Made, verkauft (ca. 1–1,5€/kg). Dies ist insbesondere für alle Insektenfresser vom kleinen Igel bis zum Schwein ein gutes Leckerli.

Die zu trocknenden Tiere gelangen in die großen Öfen und werden bei einer Temperatur, die von anfänglich über 120°C auf zuletzt über 90° C reduziert wird, getötet und getrocknet. Immerhin enthalten die frischen Maden noch 65–70% Wasser. Also auch hier ein sehr energieaufwändiger Prozess.

Ein Teil der Ernteprodukte wird dann als getrocknete Larven verkauft. Diese enthalten in etwa 42 % Rohprotein und 35 % Fett. Der andere Teil der getrockneten Maden werden entfettet und als Proteinfutter mit 55 % Rohprotein und 10 % Fett verkauft. Diese beiden Futtermittel gehen heute fast gänzlich zu Futtermittelunternehmen, die sie ins Haustierfutter (zumeist Hundefutter) einmischen. Denn mit einem Preis von 3,5–4 € pro Kilogramm Proteinfutter, den die Thesauer auf Grund der Produktionskosten nehmen müssen, sind diese Futtermittel für Schwein oder Huhn nicht konkurrenzfähig. „In absehbarer Zeit ist es unser Ziel die Produktion so zu optimieren, dass wir das Proteinfutter für ähnliche Preise anbieten können, wie sie für Fischmehl verlangt werden. Das ist aber noch ein längerer Weg“ so der Betriebsleiter.

Jungtiere in der Aufzuchtwanne

Tabelle 1: Analysierte Inhaltsstoffe der aus Larven gewonnen Futtermittel (in % Originalsubstanz)

Etwa 5 % der geernteten Larven werden zur weiteren Zucht verwendet. Wenn die Fliege schlüpft, benötigt sie etwa 2 Tage bis zur Geschlechtsreife und Paarung. Zwei Tage später werden die Eier (400–1000) dann abgelegt. Dies geschieht alles in der Zuchtstation. Auch dort werden die Eier in Containern erzeugt. Kontinuierlich werden die Container mit neuen Fliegen bestückt, so dass auch kontinuierlich Eier abgelegt werden und diese abgesammelt werden können. Hierbei nutzen die Thesauer bestimmte Lockstoffe, um die Ablageorte auch räumlich zu bündeln. Die Fliegen leben nur etwa 10 Tage. In dieser Zeit nehmen sie aber keine Nahrung auf. Sie brauchen also nicht gefüttert zu werden. Allerdings sind höhere Temperaturen notwendig. Entkommene Fliegen werden bei den üblichen Temperaturen außerhalb der Container inaktiv und sterben schnell ab.

Jungtiere in der Aufzuchtwanne

In speziellen Jungtiercontainern liegen die Eier so, dass die schlüpfenden Larven direkt ins Futter fallen und sich dort weiterentwickeln können. Die Geschwindigkeit der Entwicklung lässt sich sehr gut über die Temperatur im Container steuern.

Die momentan genutzten Stämme der Fliege sind nach Aussagen des Betriebsleiters noch weitestgehend Wildstämme und daher sieht er gute Chancen durch züchterische Maßnahmen die Erträge schnell steigern zu können, zumal die Generationsintervalle nur etwa 6 Wochen betragen.

Restprodukte im Zuchtbereich (Tote Fliegen und Chitinpanzer)

Der Geschäftsführer Dr. Finck sieht nicht nur in der Erweiterung seiner eigenen Produktionskapazitäten deutliche Einsparpotentiale für die Zukunft, sondern sucht auch weitere Partner, um das System zu erweitern. Möglichkeiten bietet aus seiner Sicht auch die Spezialisierung auf Zucht oder Mast. Ideen hat er dazu genug und ist auch jederzeit bereit, diese Ideen und sein Know-how mit vielen weiteren Partnern zu teilen. Dass sich die Futterproteinerzeugung mit Insekten durchsetzt, davon ist er überzeugt.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: manfred.h.weber(at)gmx.de

Fotos: Dr. Manfred Weber