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Grassilagen 2020: Hohe Trockenmasse – bei hohen Zuckergehalten
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Die Grassilagequalität ist nicht nur per se für die Milchkuhfütterung von Bedeutung sondern auch im Zusammenhang mit der Kombination mit anderen Grobfuttermittel in der gesamten Rationsgestaltung zu sehen. In Betrieben in denen die Grassilage einen wichtigen Grundpfeiler der Ration ausmacht ist die erreichte Qualität von besonderer Bedeutung. Allerdings spielt nicht nur die Qualität sondern auch die Quantität eine entscheidende Rolle. Dies ist leichter gesagt als zu realisieren wenn Betriebe witterungsbedingt unter Futterknappheit leiden. Im Zuge des nicht mehr zu leugnenden Klimawandels muss es allerdings das Ziel sein, ausreichende Grobfuttervorräte mit guten Qualitäten zur Verfügung zu stellen.

Mit der jährlichen Zusammenstellung der Untersuchungsergebnisse der Grassilagen aus verschiedenen Regionen wollen wir einen Beitrag zur in diesem Jahr erreichten Qualität leisten.

Kolleginnen und Kollegen aus sieben Bundesländern haben uns ihre Auswertungen zur Verfügung gestellt. In der Tabelle 1 sind Durchschnittswerte des ersten Schnitts zusammengefasst. In der Tabelle 2 sind jeweils die Ergebnisse der Auswertungen des oberen und unteren Viertels der Proben nach Energie gegenübergestellt. In der Tabelle 3 sind Ergebnisse der Grassilagen 2. und weiterer Schnitte aufgeführt.

Anmerkungen zur Tabelle 1:

Erstaunlich sind die sehr hohen Trockenmassegehalte, die in den meisten Regionen den oberen Grenzbereich von 40 % deutlich überschreiten. Im Zusammenhang mit den in diesem Jahr sehr hohen Zuckergehalten ist die Gefahr von Nachgärungen gegeben. Die Erklärung für die hohen Zuckergehalte könnte einmal an hoher Sonneneinstrahlung am Tage und relativ kühlen Nächten liegen, so dass der tagsüber gespeicherte Zucker nachts nicht verwertet werden konnte. Zum anderen wird der Besatz an natürlichen Michsäurebakterien in der trockenen Silage zu gering gewesen sein, um eine optimale Vergärung zu erreichen. Das erklärt auch die relativ hohen pH-Werte in der Silage. Hier kommt es insbesondere auf die Verdichtung und einen ausreichenden Vorschub an, um Nachgärungen zu vermeiden. Die hohen TM-Gehalte sind wohl auch eine Erklärung für die erfreulich niedrigen Rohaschegehalte mit positiven Auswirkungen auf den Energiegehalt.

Die Rohproteingehalte liegen zum Teil unter dem Vorjahresniveau. In fast allen Regionen wird der Zielbereich von 16 % nicht erreicht. Die nXP-Werte unterscheiden sich kaum vom Vorjahresniveau, jedoch sind die RNB-Werte deutlich niedriger. Dies erklärt sich aus den höheren Energiegehalten bei geringeren Rohproteingehalten. Hieraus ergibt sich das Phänomen, das auch manche Grassilagen proteinmäßig ergänzt werden müssen. Eine Alternative für die Zukunft wäre höhere Rohproteingehalte im Grasaufwuchs zu realisieren, hierzu gibt es sicherlich geeignete pflanzenbauliche Maßnahmen.

Die Rohfaserwerte sind generell niedriger als im Vorjahr, was auf früheren Schnitt schließen lässt. Die Obergrenze des einzuhaltenden Bereichs von 25 % wird unterschritten. Der Energiegehalt wird nach der entsprechenden Schätzformel der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) ermittelt. Diese berücksichtigt u.a. die Verdaulichkeit in Form der Gasbildung nach dem Hohenheimer Futtermitteltest (HFT), den Faseranteil über die ADForg. und auch den Rohfettgehalt. Die in diesem Jahr höhere Gasbildung und die niedrigeren ADF-Gehalte wirken sich auf den Energiegehalt positiv aus. Die NEL-Gehalte liegen bis zu 0,2 MJ über Vorjahresniveau. Bei den Mineralstoffen sind insbesondere geringere Phosphorgehalte festzustellen, was u.a. mit den geringeren Proteingehalt zusammenhängt. 

Anmerkungen zur Tabelle 2:

Für die fachliche Interpretation der Ergebnisse interessiert ihre Streubreite. Extremwerte sind hier wenig hilfreich, da es sich jeweils um Einzelproben handelt. Bewährt hat sich die Auswertung nach dem oberen (=besseren) und unteren (=schlechteren) Viertel der Proben nach ihrem Energiegehalt. 

Die TM-Gehalte sind im oberen Vierteln überwiegend höher. Dies ist zwar kein Qualitätskriterium hinsichtlich des Energiegehaltes, wohl aber hinsichtlich der Stabilität der Silage, was insbesondere auch im Hinblick auf die in dieser Gruppe sehr hohen Zuckergehalte zu beachten ist. 

Die Rohproteingehalte sind im besseren Viertel der Proben erheblich höher, was in Verbindung mit höheren Energiegehalten zu deutlich höheren nXP- und RNB-Werten führt. 

Erhebliche Unterschiede, die auch die Energiegehalte erklären, sind bei den Rohfaser-, ADF- und Rohfett-Gehalten festzustellen. Ursache sind unterschiedliche Schnittzeitpunkte. Daraus resultieren Unterschiede im NEL-Gehalt, die sich zwischen den einzelnen Regionen mit Werten von 0,8 bis 1,4 MJ NEL bewegen. Diese Unterschiede sind im Vergleich zum Vorjahr nahezu identisch.

Höhere Energiekonzentrationen im Grobfutter führen zu höheren Trockenmasseaufnahmen und zu entsprechenden Kraftfuttereinsparungen. Auch bei den nXP-Werten sind Differenzen bis zu 25 g/kg TM festzustellen, die bei der Proteinergänzung der Rationen zu berücksichtigen sind. Bei den Mineralstoffgehalten zeigen sich in spätgeschnittener Silage bei Calcium manchmal höhere Gehalte, bei Phosphor eher niedrigere Gehalte.

Diese Auswertung zeigt, dass gute Grassilagequalitäten, die den Zielwerten entsprechen, realisierbar sind und sich diese aus Sicht der Kühe und des Geldbeutels auch bezahlt machen. Einschränkend muss man in den letzten Jahren allerdings vermehrt auch Probleme durch Wettereinflüsse geltend machen.

Anmerkungen zur Tabelle 3:

Die Proteingehalte liegen in etwa auf gleicher Höhe wie bei den Silagen des ersten Schnitts.

Die Rohfasergehalte differieren zwischen den Regionen kaum und liegen etwas über dem Niveau des ersten Schnitts. Die geringere Gasbildung spiegelt die etwas schlechtere Verdaulichkeit der Nährstoffe der Folgeschnitte wieder. Damit werden mit der oben beschriebenen Schätzmethode realistischere Futterwerte ausgewiesen. Die Energiegehalte entsprechen im Niveau denen des Vorjahres.

Fazit

Die in der Tabelle 2 dargestellte Schwankungsbreite, die bei einzelnen Proben durchaus noch unter- bzw. überschritten wird, verdeutlicht, dass nur betriebsspezifische Futteruntersuchungen einen optimalen Einsatz der Grassilage und auch anderer betriebseigener Futtermittel gewährleisten. Hierbei ist auch zu bedenken, dass bei den in der Regel im Betrieb vorhandenen Silagemengen eine einmalige Untersuchung nicht ausreicht. Die Untersuchungskosten sind nicht so hoch als dass man sich nicht mehrere Untersuchungen leisten könnte. Rationen müssen immer wieder angepasst werden, aktuelle Grobfutteranalysen sind hierfür erforderlich.

Ich bedanke mich bei den Ansprechpartnern in den Regionen:

Rheinland-Pfalz:Dr. Thomas Priesmann, Tel. 06561 9480435
HessenThomas Bonsels, Tel. 0561 7299275
Nordrhein-Westfalen:Jana Denißen und Lea Hoffmann, Tel. 02945 989-727
Niedersachsen:Maike Fritz, Tel. 0441 801847
Bayern:Jennifer Brandl, Tel. 089 99141413
Sachsen:Dr. Wolfram Richard, Tel. 037206 87138
Brandenburg:Bianka Boss, Tel. 033433 65660

 

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Jürgen Weiß
E-Mail: rjweiss(at)gmx.de
Kassel