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Grassilagen 2018: Höhere Proteinwerte bei noch guten Energiegehalten
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Dr. Jürgen Weiß, langjähriger Fachgebietsleiter Tierproduktion am Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) in Kassel, befasst sich im aktuellen Beitrag mit der Auswertung der diesjährigen Grassilagen. Die Untersuchungsergebnisse aus verschiedenen Regionen sind gegliedert und zusammengefasst nach Durchschnittswerten des ersten Schnittes, der Auswertung nach Energiegehaltsgruppen und den Ergebnissen der Grassilagen des zweiten Schnittes.

In den DLG-Mitteilungen 6/18 ist u.a. folgende Aussage von Jana Harms, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern, Gülzow zu lesen: „Anhand der Ergebnisse der Referenzbetriebe (Milchvieh) der LFA MV konnte gezeigt werden, dass durch die stetige Verbesserung der Grundfutterqualitäten bei gleichzeitiger Senkung des Kraftfutteraufwandes die Trockenmasseaufnahme der Kühe gesteigert wurde“. Dies ist eine eindrucksvolle Bestätigung unserer Beratungsempfehlungen, dass nur beste Grobfutterqualitäten die Grundlage für gesunde und leistungsfähige Kühe sind. Für manche Betriebe, die in diesem Jahr witterungsbedingt unter Futterknappheit leiden ist dies im Moment zwar keine Option. Längerfristig muss dies allerdings das Ziel sein, gute Grobfutterqualitäten und ausreichende Grobfuttervorräte zur Verfügung zu haben.

Mit der jährlichen Zusammenstellung der Untersuchungsergebnisse der Grassilagequalitäten aus verschiedenen Regionen wollen wir einen Beitrag zur Sensibilisierung für dieses Thema leisten.

In diesem Jahr haben uns Kolleginnen und Kollegen aus fünf Bundesländern ihre Auswertungen zur Verfügung gestellt. In der Tabelle 1 sind Durchschnittswerte des ersten Schnittes zusammengefasst. In der Tabelle 2 sind jeweils die Ergebnisse der Auswertungen des oberen und unteren Viertels der Proben nach Energie gegenübergestellt. In der Tabelle 3 sind Ergebnisse der Grassilagen 2. Schnitt aufgeführt.

Tabelle 1

Die mittleren Trockenmassegehalte liegen in diesem Jahr generell niedriger als im Vorjahr, der obere Grenzbereich von 40% wird kaum überschritten. Hierbei ist zu beachten, dass es sich um Durchschnittswerte handelt, sodass damit zu rechnen ist, dass auch viele Proben den Bereich überschreiten. Hier kommt es auf die Verdichtung an, um Nachgärungen zu vermeiden. Die Rohproteingehalte liegen zum Teil erheblich über den Vorjahresgehalten. In fast allen Regionen wird der Zielbereich von 16 – 20 % erreicht, sodass die Grassilage einen nennenswerten Beitrag zur Proteinversorgung der Milchkühe leistet. Der Aschegehalt überschreitet zum Teil den Grenzwert von 100 g/kg TM.

Die Rohfaserwerte sind in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern höher als im Vorjahr, was auf einen späteren Schnitttermin schließen lässt. Die Obergrenze des einzuhaltenden Bereichs von 25 % wird noch eingehalten.

Die ADF-Gehalte überschreiten in jedem Fall den Orientierungsbereich von 230 – 250 g, was für die Energieschätzung von Bedeutung ist. Die Zuckergehalte liegen unter denen des Vorjahres, was für die Stabilität der Silage mit von Bedeutung ist.

Der Energiegehalt wird nach der entsprechenden Schätzformel der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) ermittelt. Diese berücksichtigt u.a. die Verdaulichkeit in Form der Gasbildung nach dem Hohenheimer Futtermitteltest (HFT), den Faseranteil über die ADForg. und auch den Rohfettgehalt. Die in diesem Jahr etwas geringere Gasbildung und die höheren ADF-Gehalte wirken sich auf den Energiegehalt negativ aus, was offensichtlich durch die in diesem Jahr höheren Rohfettgehalte kompensiert wird, sodass die NEL-Gehalte sich in etwa auf dem Vorjahresniveau bewegen. Allerdings wird der Zielwert von mind. 6,4 MJ NEL nicht in allen Regionen erreicht.

Die relativ hohen Rohproteingehalte führen zu etwas höheren Gehalten an nutzbarem Protein (nXP), aber vor allem zu erheblich höheren RNB-Werten, die in der Ration durch entsprechende Energieträger ausgeglichen werden müssen.

Bei den Mineralstoffen sind geringere Calciumgehalte und höhere Phosphorgehalte festzustellen. Die Kaliumgehalte sind ebenfalls gegenüber dem Vorjahr etwas erhöht.

Tabelle 2

Für die fachliche Interpretation der Ergebnisse interessieren ihre Streubreiten. Extremwerte sind hier wenig hilfreich, da es sich jeweils um Einzelproben handelt. Bewährt hat sich die Auswertung nach dem oberen (=besseren) und unteren (=schlechteren) Viertel der Proben nach dem Energiegehalt.

Die TM-Gehalte sind im oberen Vierteln höher. Dies ist zwar kein Qualitätskriterium hinsichtlich des Energiegehaltes, wohl aber hinsichtlich der Stabilität der Silage, was insbesondere auch im Hinblick auf die in dieser Gruppe höheren Zuckergehalte zu beachten ist.

Die Rohproteingehalte sind im besseren Viertel der Proben höher, was zu entsprechend höheren nXP- und RNB-Werten führt.

Erhebliche Unterschiede, die auch die Energiegehalte erklären, sind bei den Rohfaser-, ADF- und Rohfett-Gehalten festzustellen. Ursache sind unterschiedliche Schnittzeitpunkte. Daraus resultieren Unterschiede im NEL-Gehalt, die sich zwischen den einzelnen Regionen mit Werten von 0,8 bis 1,2 MJ NEL bewegen. Diese Unterschiede sind im Vergleich zum Vorjahr etwas ausgeprägter. Zur Bedeutung solcher Differenzen kann man folgende Berechnung anstellen: Geht man von einer Differenz von 1,0 MJ NEL aus und lässt andere Negativwirkungen spät geschnittener Silage (z. B. Futteraufnahme) außer Acht, so fehlen in einer Tagesration mit 6 kg TM Grassilage 6 MJ NEL, die über Kraftfutter ausgeglichen werden müssen. Dieser Wert entspricht 0,9 kg Leistungsfutter. Unterstellt man 200 Tage Winterfütterung, so addiert sich dieser Betrag auf 1,8 dt je Kuh. Hierbei bleibt unberücksichtigt, dass die Kühe von guten Grassilagequalitäten auch mehr aufnehmen, was noch einmal zu Kraftfuttereinsparung führt. Auch bei den nXP-Werten sind Differenzen bis zu 23 g/kg TM festzustellen, die bei der Proteinergänzung der Rationen zu berücksichtigen sind. Bei den Mineralstoffgehalten zeigen sich bei Calcium eher höhere Gehalte bei spätgeschnittener Silage, bei Phosphor eher niedrigere Gehalte.

Diese Auswertung zeigt, dass gute Grassilagequalitäten, die den Zielwerten entsprechen, realisierbar sind und sich diese aus Sicht der Kühe und des Geldbeutels auch bezahlt machen. Einschränkend muss man in den letzten Jahren allerdings vermehrt auch Probleme durch Wettereinflüsse geltend machen.

Tabelle 3

Wie in vielen Jahren liegt der Trockensubstanzgehalt bei Silagen des 2. Schnitts an der oberen Grenze.

Die Proteingehalte liegen in etwa auf gleicher Höhe wie bei den Silagen des ersten Schnitts.

Die Rohfasergehalte differieren zwischen den Regionen kaum und liegen etwas über dem Niveau des ersten Schnitts mit entsprechenden Auswirkungen auf die Gasbildung. Die Zuckergehalte unterscheiden sich wenig und liegen unter den Werten des 1. Schnitts.

Die Energiegehalte liegen entsprechend der Gasbildung und den ADF-Gehalten bei 6,0 bzw. 6,1 MJ NEL/kg TM.

Fazit für die Praxis

Die in der Tabelle 2 dargestellte Schwankungsbreite, die bei einzelnen Proben durchaus noch unter- bzw. überschritten wird, verdeutlicht, dass nur betriebsspezifische Futteruntersuchungen einen optimalen Einsatz der Grassilage und auch anderer betriebseigener Futtermittel gewährleisten. Hierbei ist auch zu bedenken, dass bei den in der Regel im Betrieb vorhandenen Silagemengen eine einmalige Untersuchung nicht ausreicht. Die Untersuchungskosten sind nicht so hoch als dass man sich nicht mehrere Untersuchungen leisten könnte. Rationen müssen immer wieder angepasst werden, aktuelle Grobfutteranalysen sind hierfür erforderlich.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Jürgen Weiß
E-Mail: rjweiss(at)gmx.de
Kassel

Ansprechpartner in den Regionen:

Rheinland-Pfalz:
Dr. Thomas Priesmann, Tel. 06561-9480435
Hessen:
Thomas Bonsels, Tel. 0561-7299275
Nordrhein-Westfalen:
Dr. Martin Pries, Bernadette Bothe, Tel. 02945 989-727 und 734
Niedersachsen:
Maike Fritz, Tel. 0441-801847
Bayern:
Dr. Hubert Schuster und Jennifer Brandl, Tel. 089-99141410 und 413
Stand: September 2018