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Folgen von Hitzestress bei Milchkühen – Neue Studie zeigt gravierende Auswirkungen
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Es ist bekannt, dass Kühe mit hoher Milchleistung eine sehr hohe Stoffwechselintensität haben. Bei diesen Stoffwechselprozessen entsteht viel Wärme, welche von den Kühen an die Umgebung abgegeben werden muss. Bei hohen Umgebungstemperaturen gelingt den Kühen dieses aber nur noch bedingt oder eben gar nicht mehr. Das verursacht Hitzestress.

Folgen von Hitzestress

Je höher die Umgebungstemperatur ist, umso schlechter gelingt den Kühen die notwendige Thermoregulation. Untersuchungen der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern zeigten eindrucksvoll, dass z.B. Kühe mit einer Tagesmilchleistung von > 35 kg bereits bei einer Umgebungstemperatur von 10°C ihre Vormagen- und Körpertemperatur nicht mehr konstant halten konnten (Tober, 2019).

Infolge dieser erschwerten Thermoregulation reagieren die Kühe vergleichsweise zeitnah auf hohe Temperaturen mit einer reduzierten Futteraufnahme. Mit dieser Reaktion soll letztlich die Wärmeerzeugung bei der Verstoffwechselung von aufgenommenen Nährstoffen verringert werden. Anhand der reduzierten Futteraufnahme lässt sich nach Baumgard und Rhoads (2012) vermutlich zu 50 % die dann verringerte Milchleistung erklären.

Capuco et al. (2003) zeigten, dass die Milchsynthese auf der Anzahl und der Sekretionsaktivität der Epithelzellen im Euter beruht. Kühe, die Hitzestress ausgesetzt waren, haben eine verringerte Anzahl von Epithelzellen im Euter, was zu einer geringeren Milchleistung führt (Collier et al., 2006). Somit ist die verringerte Milchleistung von hitzegestressten Kühen eine Kombination aus der reduzierten Nährstoffversorgung und den direkten Auswirkungen der Hyperthermie auf das Euter (Collier et al., 1982; West, 2003). Hitzestress erhöht zudem das Risiko von Erkrankungen in der Frühlaktation. Hier besteht ebenfalls ein enger Zusammenhang zur Milchleistung (Carvalho et al., 2019).

Die Krankheitsanfälligkeit wird zum einen durch den Erregerdruck beeinflusst, zum anderen durch das tierindividuelle Immunsystem. Letzteres wird durch Hitzestress beeinträchtigt. Aber erhöhte Temperaturen bewirken zudem auch eine stärkere Vermehrung von Krankheitserregern in der Umgebung der Kuh (Godden et al., 2003; Makovec und Ruegg, 2003), was wahrscheinlich zu einem erhöhten Risiko von Infektionskrankheiten beiträgt. So wird bereits seit Langem (z.B. von DuBois und Williams, 1980; Hogan et al., 1989) eine hohe Umgebungstemperatur als bedeutsamer Risikofaktor für Metritis und Mastitis angesehen.

Auch ist bekannt, dass Hyperthermie das Follikelwachstum und die Eizellenqualität, die frühe Embryonalentwicklung und das endokrine Milieu bei Milchkühen beeinträchtigt (Thatcher, 1974; Wolfenson und Roth, 2019). Bei Kühen mit Hitzestress sind endokrine Signalwege gestört, wodurch die Produktion und Sekretion von in den Eierstöcken erzeugten Hormonen verändert wird (Wolfenson und Roth, 2019). Das beeinflusst die Follikeldominanz. Die Sekretion von LH (Wise et al., 1988) und Progesteron (Wolfenson et al., 2002) wird ebenfalls unter Hitzeeinfluss verändert. Dabei wird stets darauf hingewiesen, dass die Entwicklung des Follikels bereits Monate vor der Ovulation beginnt.

Ebenso können zurückliegende Krankheiten (Ribeiro et al., 2016) langanhaltende Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben. So zeigten z.B. Torres-Júnior et al. (2008), dass Eizellen bereits 105 Tage vor dem Eisprung durch Hitze geschädigt werden können. Auch entzündliche Krankheiten in der Frühlaktationsphase (Ribeiro et al., 2016), wie z.B. Metritis, Mastitis oder Klauenlederhautentzündungen, können die Fruchtbarkeit länger anhaltend beeinträchtigten.

THI bestimmt Hitzestress

Ob ein Tier eine hohe Umgebungstemperatur als Hitzestress empfindet, ist immer auch von der Luftfeuchtigkeit abhängig, daher werden beide Merkmale kombiniert im Temperatur-Feuchte-Index (THI) zusammengefasst (Tabelle 1).

Tabelle 1: THI und die Bedeutung für die Kuh

Allgemein wird bei einem Temperatur-Feuchte-Index ab 72 von (mäßigem) Hitzestress für das Tier gesprochen.

Neue Studienergebnisse aus Amerika

Bislang gibt es in der Literatur nur wenige Informationen darüber, zu welchem Zeitpunkt während der Laktation auftretender Hitzestress die größten Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistung von Holstein-Kühen hat. Daher haben sich US-Amerikanische Wissenschaftler im Rahmen einer retrospektiven Analyse in Zentral-Kalifornien der Frage gewidmet, ob für Milchkühe Hitzestress vor oder nach der Kalbung schlimmer ist (Menta et al., 2022). Gerade in den Regionen Texas und Florida herrschen oft und langanhaltend hohe Temperaturen, kombiniert mit hoher Luftfeuchtigkeit.

Studie in 2 Praxisbetrieben

Der Betrieb 1 melkte 1.630 Kühe viermal täglich in der Frühlaktation, ansonsten zweimal täglich. Der gleitende Herdendurchschnitt betrug im Jahr 2013 12.500 kg Milch (fettkorrigierte Milch mit 3,5 % Fett). Im Betrieb 2 befanden sich 5.230 Kühe, die täglich dreimal gemolken wurden. Der gleitende Herdendurchschnitt betrug hier im Jahr 2013 13.635 kg Milch (fettkorrigierte Milch bei 3,5 % Fett).

Die Futterrationen für die laktierenden Kühe waren in beiden Betrieben ähnlich und basierten v.a. auf Maissilage und Luzerneheu sowie den Kraftfutterkomponenten Körnermais und Sojaextraktionsschrot. Bei einer unterstellten TM-Aufnahme von 27 kg je Kuh und Tag war diese für 45 kg Milch mit 3,70 % Fett und 3,30 % Eiweiß ausgelegt. Die Anfütterung der Trockensteher erfolgte mittels einer Ration aus Mais- und Weizenganzpflanzensilage sowie Luzerneheu und sauren Salzen.

Aus diesen zwei Milchkuhherden wurden Daten zur Fruchtbarkeit, Gesundheit und Milchleistung von Kühen ausgewertet, die im April, Juni, Juli und September eines jeden Jahres (2012, 2013 und 2014) kalbten. Es handelte sich insgesamt um 2.325 Abkalbungen  von Erstkalbinnen und 3.397 von Mehrkalbskühen.

Diese Tiere wurden rückblickend anhand des Temperatur-Feuchte-Indexes (THI) in 4 Klassen eingeteilt, und zwar je nachdem, ob dieser vor oder bzw. und nach der Kalbung als Hitzestress für die Tiere zu beurteilen war (Tabelle 2). Die Festlegung „Hitzestress“ folgte den Ausführungen von Fabris et al. (2019).

Tabelle 2: Einteilung der Kühe für die Auswertung entsprechend des Hitzestresses (Menta et al., 2022)

Die dafür notwendige tägliche durchschnittliche Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit stammten von der National Oceanic and Atmospheric Administration für die Jahre 2012, 2013 und 2014 und zwar von einer ca. 10 km von beiden Betrieben entfernten Wetterstation. Der THI wurde nach Ravagnolo und Misztal (2000) wie folgt berechnet:

THI = (1,8*Temperatur °C + 32) - [0,55 - (0,0055*Relative Luftfeuchte %) × (1,8*Temperatur °C - 26)]

Datenerhebung

Die Datensammlung zur Gesundheit, Milchleistung, Fruchtbarkeit sowie alle Krankheitsdiagnosen konzentrierten sich auf die ersten 90 Laktationstage. Das Herdenpersonal untersuchte die Kühe täglich nach der ersten Melkzeit auf Anzeichen einer klinischen Erkrankung:

  • Wenn die Nachgeburt nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Abkalben abgegangen war, wurde dieses als Nachgeburtsverhalten dokumentiert.
  • Metritis wurde durch eine rektale Untersuchung diagnostiziert.
  • Eine Mastitis herrschte vor, wenn die Milch, mit oder ohne sichtbare Entzündung des Euters, sensorisch verändert war (Flocken).
  • Lahmheit wurde auf der Grundlage der visuellen Beurteilung des Lahmheitsgrades beim Stehen und Gehen diagnostiziert (Locomotion score) und bei der routinemäßigen Klauenpflege.
  • Kühe mit verminderter Futteraufnahme wurden bezüglich einer Labmagenverlagerung hin untersucht.
  • Eine Lungenentzündung wurde auf der Grundlage einer erhöhten Atemfrequenz, des Vorhandenseins von abnormen Lungengeräuschen und Fieber diagnostiziert.

Als Kühe mit Morbidität während der ersten 90 Laktationstage wurden alle Tiere charakterisiert, sobald sie in diesem Zeitraum mindestens eine der beschriebenen Krankheiten aufwiesen.

Allgemeine Ergebnisse

Die Auswertungen wurden stets getrennt für Jung- und Mehrkalbskühe vorgenommen. Tabelle 3 zeigt die deskriptive Statistik aller Ergebnisse.

Tabelle 3: Anzahl, Einteilung entsprechend Hitzestress sowie Leistungs- und Gesundheitsdaten der ausgewerteten Kühe in beiden Betrieben (Menta et al., 2022)

Es fiel auf, dass die durchschnittliche Tagesleistung der Jungkühe in der Frühlaktationsphase in beiden Betrieben gleich, die Leistung der Mehrkalbskühe aber im Betrieb 1 (bei 4maligem Melken in der Frühlaktation) deutlich höher war als im Betrieb 2. Das Auftreten von Erkrankungen bei den Mehrkalbskühen war in beiden Betrieben vergleichbar. Bei den Jungkühen hingegen wurden im Betrieb 1 prozentual mehr Nachgeburtsverhalten und Mastitiden dokumentiert, aber weniger Metritiden und Lahmheiten als im Betrieb 2.

Abgesehen davon waren in beiden Betrieben prozentual deutlich mehr Jungkühe mit Metritis erkrankt als Mehrkalbskühe.

Bei der Trächtigkeitsrate aus der Erstbesamung gab es ebenfalls betriebliche Unterschiede. Während am 60. Tag nach der Erstbesamung 33 bzw. 36 % der Jung- bzw. Mehrkalbskühe im Betrieb 1 tragend waren, betraf dieses im Betrieb 2 36 % der Jungkühe, aber nur 26 % der Mehrkalbskühe, und das bei insgesamt geringerer Milchleistung der älteren Kühe im Vergleich zu denen im Betrieb 1. Auch verendeten mehr ältere Kühe im Betrieb 2 als im Betrieb 1 und in beiden mehr als doppelt so viel wie Jungkühe.

Verteilung der Kühe in die einzelnen THI-Gruppen

In der Tabelle 4 ist die Verteilung der Jung- und Mehrkalbskühe in beiden Betrieben entsprechend der in Tabelle 2 aufgeführten Hitzestresskategorien dargestellt.

Tabelle 4: Einteilung der Kühe in die entsprechenden Hitzestresskategorie-Gruppen (Menta et al., 2022)

Werden die Kühe beider Herden, wie bei der anschließenden Ergebnisdarstellung, zusammengefasst, so hatten bei den Jungkühen 17,8 % keinen Hitzestress (Gruppe 1), 23,8 % vor der Kalbung keinen, aber nach der Kalbung Hitzestress (Gruppe 2), 28,4 % vor der Kalbung Hitzestress, nach der Kalbung nicht (Gruppe 3) und 29,9 % vor und nach der Kalbung Hitzestress (Gruppe 4). Bei den Mehrkalbskühen konnten mit 18,4 % fast genauso viele Tiere der Gruppe 1 zugeteilt werden wie bei den Jungkühen. 19,4 % fielen in die Gruppe 2. Mit 37,0 % der Mehrkalbskühe waren es deutlich mehr in Gruppe 3 im Vergleich zu den Jungkühen, die vor der Kalbung Hitzestress hatten, nach der Kalbung aber keinen. In Gruppe 4 mit Hitzestress vor und nach der Kalbung wurden 25,2 % aller Mehrkalbskühe eingeordnet.

Hitzestress und Milchleistung

Eine der häufigsten Beobachtungen bei Kühen, die an Hitzestress leiden, ist die Verringerung der Milchleistung. Das zeigte sich auch in dieser Studie. Hitzestress in der Phase vor und nach der Kalbung ging mit einer verminderten Milchleistung einher, sowohl bei jungen, als auch bei älteren Kühen. Jungkühe, die Hitzestress vor oder bzw. und nach der Kalbung erlitten, hatten eine signifikant um 1,7 kg/Kuh und Tag geringere Milchleistung und erzeugten innerhalb der ersten 90 Laktationstagen im Vergleich zu den Jungkühen, die weder vor noch nach der Kalbung Hitzestress hatten, 178 kg weniger Milch (Tabelle 5).

Bei den Mehrkalbskühen war Hitzestress vor oder nach der Kalbung bzw. vor und nach der Kalbung mit einem signifikanten Abfall der Milchleistung um 2,4 kg/Kuh und Tag verbunden im Vergleich zu den Kühen, die weder vor noch nach der Kalbung Hitzestress hatten, was zu einem kumulierten Rückgang von 269 kg in den ersten 90 Laktationstagen führte.

Tabelle 5: Auswirkungen von Hitzestress auf die Milchleistung (Menta et al., 2022)

Hitzestress führte bei Mehrkalbskühen zu 3 kg weniger Milch

Hitzestress und Krankheitsgeschehen

Insgesamt trat bei 8 % aller Jungkühe und bei 9,1 % der Mehrkalbskühe eine Nachgeburtsverhaltung auf. Unterschiede in Abhängigkeit von Hitzestress wurden bei den Jungkühen nicht festgestellt (Tabelle 6). Mehrkalbskühe hingegen, die vor und nach der Kalbung Hitzestress erlebten, hatten eine signifikant höhere Inzidenz im Vergleich zu den Mehrkalbskühen, die zwar ebenfalls vor der Kalbung Hitzestress, aber nach der Kalbung keinen Hitzestress hatten.

Tabelle 6: Auswirkungen von Hitzestress auf die Krankheitsinzidenz (Menta et al., 2022)

Auffallend war bei den Jungkühen das mit 47,2 % gehäufte Auftreten von Metritis nach der Kalbung. Bei den Mehrkalbskühen betraf dieses 18,4 %. Das höhere Metritisaufkommen bei den jungen Kühen kann u.a. mit dem ggf. größeren Trauma während der Kalbung erklärt werden. Gebärmutterkrankheiten sind mit einer reduzierten Futteraufnahme und einem veränderten Fressverhalten vor dem Abkalben verbunden (Hammon et al., 2006; Huzzey et al., 2007). Bekanntermaßen haben Jungkühe eine geringere Futteraufnahme bezogen auf ihr Körpergewicht im Vergleich zu älteren Kühen (Hayirli et al., 2002), während ihr Bedarf für Gewebeaufbau und Wachstum aber höher ist als bei älteren Kühen (NRC, 2001). So hat nach Aussagen der Autoren dieser Studie möglicherweise die durch Hitzestress verursachte reduzierte Futteraufnahme die Nährstoffzufuhr bei den Jungkühen stärker beeinträchtigt als bei den Mehrkalbskühen, was insofern die jungen Kühe für Gebärmutterkrankheiten, einschließlich Metritis, prädisponiert. Das könnte den großen und signifikant nachteiligen Einfluss von Hitzestress bei den Jungkühen erklären, ganz gleich, ob die Tiere vor oder bzw. und nach der Kalbung unter der Hitze litten. Bei den Mehrkalbskühen wurde ein solcher Zusammenhang nicht registriert.

Mastitis betraf insgesamt 3,9 % der Jungkühe und 8,3 % der Mehrkalbskühe. Gleichermaßen erhöhte Hitzestress nach der Kalbung tendenziell das Auftreten von Euterentzündungen.

Für 5,6 % der Jungkühe und 10,4 % Mehrkalbskühe wurde eine Lahmheit festgestellt, aber kein Zusammenhang zwischen Hitzestress während der Übergangszeit und dem Auftreten von Lahmheiten.

54,3 % der Jungkühe und 33,8 % der älteren Kühe waren in den ersten 90 Laktationstagen in irgendeiner Art von Krankheit/en betroffen, und es bestand eine Wechselwirkung mit Hitzestress.

Auch Jungkühe reagierten ausgeprägt auf Hitzestress.

Hitzestress und Fruchtbarkeit

Der Erstbesamungserfolg war bei den Mehrkalbskühen grundsätzlich schlechter als bei den Jungkühen (Tabelle 7). Bei denjenigen Mehrkalbskühen, die weder vor noch nach der Kalbung unter Hitzestress litten, war der prozentuale Anteil der Kühe, die am 60. Tag nach der Besamung als trächtig eingestuft wurden, um 10 %-Punkte niedriger als der der vergleichbaren Jungkühe (der Gruppe 1).

Tabelle 7: Auswirkungen von Hitzestress auf die Trächtigkeitsrate aus der Erstbesamung (Menta et al., 2022)

Darüber hinaus gab es einen weiteren Unterschied zwischen Jung- und Mehrkalbskühen. Hitzestress nach der Kalbung war bei Jungkühen mit einer Verringerung des Erstbesamungserfolgs verbunden. Bei älteren Kühen war jedoch die Wirkung von Hitzestress nach der Kalbung abhängig davon, ob vor der Kalbung ebenfalls Hitze herrschte. Litten die Kühe vor der Kalbung nicht unter Hitzestress, reagierten sie auf Hitzestress nach der Kalbung mit einer Abnahme des Erstbesamungserfolges.

Einfluss von Hitzestress auf die Abgangsrate

Die Sterblichkeit bis zum 90. Laktationstag betraf 1,1 % der Jungkühe und 3,0 % der Mehrkalbskühe. In dieser Zeit gingen insgesamt 6,9 % der Erstkalbskühe und 9,9 % der älteren Kühe ab. Bei den jungen Kühen zeigte sich ein tendenzieller Zusammenhang zwischen Hitzestress nach der Kalbung und erhöhter Sterblichkeit (Tabelle 8).

Tabelle 8: Auswirkungen von Hitzestress auf die Abgangsrate (Menta et al., 2022)

Hitzestress vor der Kalbung war verbunden mit einem erhöhten Abgang aus der Herde innerhalb der ersten 90 Laktationstage im Vergleich zu den Kühen, die vor der Kalbung keinem Hitzestress ausgesetzt waren. Auch führte Hitzestress nach der Kalbung zu signifikant mehr Abgängen. Das betraf gleichermaßen Jung- und Mehrkalbskühe.

Trächtigkeitsverluste und Erkrankungen nahmen allgemein infolge von Hitzestress zu.

Grenzen einer derartigen Studie

Grundsätzlich ist bei einer solchen retrospektiven Studie über mehrere Jahre zu berücksichtigen, dass noch zahlreiche andere Einflussgrößen auf Gesundheit und Leistung der Tiere bestehen, wie z.B. unterschiedliche Qualitäten, gerade bei den Silagen, gegebenenfalls Änderungen bei der Rationsgestaltung, aber auch bezüglich der Haltung und gewisser Maßnahmen im Herdenmanagement.

Nach Aussagen der Wissenschaftler dieser Studie ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass im langen Zeitraum der Datenerfassung ggf. die Krankheiten bei unterschiedlichen im Management der Betriebe tätigen Personen nicht immer 100 %ig einheitlich diagnostiziert wurden.

Auch finden Änderungen bzgl. Umgebungstemperatur und Feuchtigkeit niemals abrupt statt. So waren z.B. Kühe, die in die Gruppe 2 eingeordnet wurden (vor der Kalbung kein Hitzestress, nach der Kalbung Hitzestress), in den letzten Tagen der Trächtigkeit bereits einem höheren THI ausgesetzt als dem mittleren THI für die gesamte präpartale Periode. Insofern ist die Eingruppierung der Tiere in die Hitzestress-Gruppen nicht immer korrekt.

Zudem sind Schwellenwerte für den THI oder die obere Temperaturgrenze zur Unterscheidung von Hitzestress bei Milchkühen in der Regel anhand von Auswirkungen auf die Milchleistung abgeleitet worden (Berman, 2005), nicht aber anhand des Einflusses auf die Gesundheit. Daher ist der aufgezeigte Zusammenhang zwischen zunehmendem Nachgeburtsverhalten, wenn nach der Kalbung Hitzestress auftrat, wahrscheinlich mit der höheren THI-Belastung bereits in den letzten Tagen der Trächtigkeit zu erklären. Hitze unmittelbar vor der Abkalbung beeinträchtigt die Immunfunktion und damit die Fähigkeit der Kühe, die Nachgeburt angemessen abzulösen.

FAZIT

Trotz der aufgeführten Grenzen dieser Praxisstudie zeigen die Ergebnisse, dass Kühe, und zwar sowohl Jung- als auch Mehrkalbskühe, die vor oder nach der Kalbung Hitzestress ausgesetzt waren, eine beeinträchtigte Leistung aufwiesen. Die negativen Auswirkungen von Hitzestress auf die Leistungen waren insgesamt noch größer, wenn die Kühe nach der Kalbung unter Hitzestress litten, vor allem wegen der negativeren Gesundheits- und Reproduktionsreaktionen. Die höhere Wahrscheinlichkeit für Krankheiten in der frühen Laktation infolge von Hitzestress könnte als Wegbereiter für den geringeren Erstbesamungserfolg und die vermehrten Trächtigkeitsverluste gewertet werden. Das erklärt auch die Überlebensrate in den ersten 90 Laktationstagen, die durch Hitzestress vor oder nach bzw. vor und nach der Kalbung nachteilig beeinflusst wurde, und zwar bei jungen und älteren Kühen.

Darüber hinaus legen diese Studienerkenntnisse nahe, dass jüngere und ältere Kühe nicht immer in gleicher Weise auf Haltungs-, Fütterungs- und Managementmaßnahmen reagieren. Bei Jungkühen ist u.a. deren Wachstum und damit verbunden ein gewisser zusätzlicher Nährstoffbedarf zu berücksichtigen. Zudem findet bei Jungkühen während der Hochträchtigkeit (Trockenstehphase) eine umfangreiche Mammogenese statt.

So war Hitzestress, ob vor oder nach der Kalbung bzw. vor und nach der Kalbung, bei Jungkühen mit einem erhöhten Risiko einer Metritis verbunden. Mehrkalbskühe reagierten hingegen nur dann mit einem erhöhten Metritisaufkommen, wenn die Hitzeperiode nach der Kalbung bestand.

Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse dieser Praxisstudie von Menta et al. (2022), dass Hitzestress bis zu 3 kg weniger Milch, einem um 5 bis 10 % geringeren Besamungserfolg und ca. 6 % mehr Abgängen sowie deutlich mehr Erkrankungen führte. Darüber hinaus reagierten auch Jungkühe ausgeprägt auf Hitzestress.

Das unterstreicht nochmals sehr deutlich, dass jegliche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um Milchkühe in Zeiten hoher Umgebungstemperaturen bei ihrer Thermoregulation zu unterstützen.

Zahlreiche Maßnahmen können dabei helfen, Hitzestress für Milchkühe zu reduzieren.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
FH Kiel/Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Fachbereich Agrarwirtschaft, Osterrönfeld

E-Mail: katrin.mahlkow-nerge(at)fh-kiel.de
Tel.: 04331/845138

Fotos (Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge)