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Ergebnisse der Futterroggensilage (Grünroggen) 2022
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Futterroggen (Grünroggen) ist eine klassische Winterzwischenfrucht. Der Erntezeitpunkt sollte zum Beginn des Ährenschiebens, also in einem Bereich zwischen 20–22 % Rohfaser liegen. Dies ist gewöhnlich Mitte April bis spätestens Ende April. Der sehr frühe Erntezeitpunkt führt zu einer Entzerrung der Grünfutterernte, da nach der Ernte des Futterroggens die Ernte des Weidelgrases und danach die Ernte auf dem Dauergrünland erfolgen kann.

Die abgeerntete Fläche kann dann zum Beispiel für den Anbau von Zweitfruchtmais verwendet werden. Der Vorteil dieser Verfahrensweise liegt in einer hohen Produktivität der Fläche, Vermeidung von Stickstoffauswaschungen (Nitratgebiete!) und der allgemeinen Forderung nach Begrünung der Winterbrache. Ein weiterer Vorteil liegt in der starken Konkurrenz und damit Unterdrückung von Unkräutern. Aufgrund seines sehr schnellen Massenwachstums können hohe Erträge erzielt werden (50–70 dt/ha). Nachteilig ist der Anbau in Gebieten mit Wassermangel, da er die Winterfeuchte nutzt und möglicherweise zu wenig Wasser im Boden für die Zweitfrucht zur Verfügung steht. Mit Beginn des Ährenschiebens verringert sich der Futterwert des Futterroggen sehr schnell, was sich in einem niedrigen Energie- und Rohproteingehalt widerspiegelt. Er hat also eine geringe Nutzungselastizität.

Die Anforderungen an den Erntezeitpunkt, Häcksellänge und allen Maßnahmen der Silierung (Verdichtung, Auswahl des optimalen Siliermittels, tägliches luftdichtes Verschließen des Silos während der Befüllungsphase, Lagerdauer bis zum Öffnen) entsprechen den Anforderungen wie an eine Grassilage.

Der Anbau von Futterroggen eignet sich vor allem für Betriebe mit einem geringen Grünland- und einem hohen Ackerlandanteil. Er kann entscheidend zur Absicherung der Grobfutterversorgung von Rinderbeständen beitragen. Eine Reihe von Betrieben nutzen dieses Verfahren seit Jahrzehnten nicht nur als Notvariante nach einem schlechten Erntejahr, sondern als strategische Maßnahme im Futterbau.

Es ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass der Begriff Futterroggen (Grünroggen) nicht mit dem Begriff Getreideganzpflanze gleichzusetzen ist. Unter Getreideganzpflanze versteht man die Ernte einer Getreideart zu einem späten Vegetationszeitpunkt (ab Milchreife). Unter Grüngetreide versteht man die Ernte zu einem sehr frühen Zeitpunkt (vor der Blüte).

Die Ernte des Futterroggen ist abgeschlossen und die Futterroggensilage wird bereits verfüttert. Die durchgeführten Analysen lassen folgende Rückschlüsse auf die Qualität zu.

Der Trockensubstanzgehalt liegt im Mittel mit 27 % auf dem Niveau der Vorjahre und damit leicht unter dem Optimum (28–35 %). Immerhin weisen 40 % der Proben einen extrem niedrigen Trockensubstanzgehalt von <25 % auf. Dieser Bereich ist kritisch zu sehen, da sich die Gefahr der Fehlgärung (Clostridien Wachstum, Buttersäurebildung, Bildung von biogenen Aminen) und damit ein schlechter Konserviererfolg erhöht.

Tab.1: Futterwert der Futterroggensilagen

Weiterhin nehmen technische Probleme wie das Abrutschen des Silostocks oder Schwierigkeiten beim ordnungsgemäßen Mischen der Mischration zu. Ein weiteres Problem stellt der notwendige hohe Milchsäuregehalt in solchen Silagen dar. Dies ist bei der Verfütterung mit zu berücksichtigen, d. h., diese Silagen sollten dringend die Gärsäuren mit untersucht werden. Erste Auswertungen zeigen, dass 84 % (!) aller Proben einen Milchsäuregehalt über 8 % in der Trockensubstanz aufweisen (Tab. 3).

Tab. 2: Verteilung der Proben nach Trockensubstanzgehalts-Klassen (% der TS)

Tab. 3: Verteilung der Proben nach Milchsäuregehalts-Klassen (% der TS)

Anders als bei zu nassen Silagen liegen keine Proben in dem kritischen Bereich von >40% Trockensubstanz. In diesem Bereich erhöht sich die Gefahr der Nacherwärmung und Schimmelbildung deutlich.

Der mittlere Energiegehalt von 6,3 MJ NEL/kg TS liegt im Durchschnitt der letzten Jahre (6,2–6,5 MJ NEL/kg TS) für Futterrroggensilagen, welche an laktierende Rinder verfüttert werden sollen. Etwa 40 % aller Silagen konnten zum optimalen Zeitpunkt (6,4–6,8 MJ NEL/kg TS) geerntet werden und 70 % der Proben liegen in einem normalen Bereich (5,8–6,8 MJ NEL/kg TS). Dies zeigt, dass Futterroggen, auch unter schwierigen Erntebedingungen (kaltes Frühjahr, kurzes Erntezeitfenster), ein hochverdauliches Grobfuttermittel mit guten Energiegehalten ist. Der Anteil an Proben mit weniger als 5,8 MJ NEL/kg TS liegt bei 13 % und damit deutlich unter dem Durchschnitt des letzten Jahres (23 %, vgl. Tab. 4).

Tab. 4: Verteilung der Proben nach Energiegehalts-Klassen (MJ NEL/kg TS)

Der Rohproteingehalt liegt in diesem Jahr mit 122 g/kg TM leicht über dem Werten des Vorjahres (117 g/kg TM), aber unter dem Niveau der letzten 5 Jahre (124-136 g/kg TM). Aktuell liegen 49% aller Proben bei einem Rohproteingehalt kleiner 12 % in der Trockensubstanz (Tab. 5). Das bedeutet, dass bei diesen Silagen auch im Jungrinder- und Trockensteherbereich Rohprotein zugefüttert werden muss. Der niedrigere Gehalt ist in vielen Fällen entweder auf den zu späten Erntezeitpunkt (>28% Rohfaser) oder auf die regional stark ausgeprägte Trockenheit zurückzuführen.

Rohprotein ist ein wertbestimmender Inhaltsstoff für Futterroggensilagen und relativ teuer im Zukauf. Ziel sollten 160 bis 180 g/kg TM sein, wenn die Silage an laktierende Kühe verfüttert werden soll. Hier liegt für die Betriebe auch in diesem Jahr eine große Herausforderung, zumal die Kosten für den Zukauf von Rohprotein deutlich gestiegen sind. Neben einer regelmäßigen Futtermittelanalytik, Rationsberechnung und einem strengen Fütterungscontrolling sollten auch Strategien zur Proteinabsenkung in der Ration in Betracht gezogen werden (N-angepasste bzw. N-reduzierte Fütterung).

Tab. 5: Verteilung der Proben nach Rohproteingehalts-Klassen (%/kg TS)

Die Fasergehalte (Rohfaser, ADFom, NDFom) liegen auf dem Niveau der Vorjahre. Nur 57 % der Proben liegen in einem normalen Bereich (20–28 % Rohfaser). Dies erleichtert bei der Rationsberechnung die Absicherung der notwendigen Mengen an strukturwirksamer Faser.

Die Auswertung des Konserviererfolges zeigt, dass 14 % aller Proben einen schlechten bis sehr schlechten Konserviererfolg haben (vgl. Tab 6). Dies ist deutlich mehr als im Vorjahr (6 %) und auf die ungünstigeren Witterungsbedingungen zum Erntezeitpunkt zurückzuführen. Die Ursachen für den schlechten Konserviererfolg ist die Bildung von Buttersäure (vgl. Tab. 7,76 % der Proben haben einen Gehalt >0,3 % in der TS). Ursache ist die unerwünschte Vermehrung von Clostridien. Hier gilt es, alle Möglichkeiten, z. B. durch den Einsatz geeigneter DLG-geprüfter Siliermittel (Klasse 1 a), zu nutzen. Ein schlechter Konserviererfolg hat nicht nur den Verlust wertvoller Nährstoffe zur Folge, sondern beeinflusst auch die Gesundheit und damit Leistungsfähigkeit der Tiere negativ.

Tab. 6: Verteilung der Proben nach Konserviererfolgs-Klassen

Tab. 7: Verteilung der Proben nach Buttersäuregehalts-Klassen (% der TS)

Die aufgrund der Witterung zu späte Ernte führte zu hohen Faser- und niedrigen Rohproteingehalten. Regional hatten Betriebe mit erheblichen Problemen durch ein langes kaltes Frühjahr, verbunden mit einer z. T. stark ausgeprägten Trockenheit, zu kämpfen. Bei Silagen mit einem schlechten und sehr schlechten Konserviererfolg können Restriktionen in der Einsatzmenge notwendig sein. Dies ist mit dem Fütterungsberater und gff. Tierarzt abzustimmen.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Wolfram Richardt
Leiter Landwirtschaftliches
Untersuchungswesen

LKS - Landwirtschaftliche Kommunikations-
und Servicegesellschaft mbH

E-mail: wolfram.richardt(at)lks-mbh.com