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Bullen nicht mit Stärke überfrachten
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Wiederkäuer sind in der Lage, faserreiche Futtermittel, wie Gras, Grassilage, Heu oder Maissilage in essbares Eiweiß für den Menschen zu transformieren. Um regionale Lebensmittel effizient produzieren und Nährstoffkreisläufe schließen zu können, ist es wichtig, das wirtschaftseigene Grundfutter bestmöglich in der Bullenmast effizient zu nutzen. Welche Rolle hierbei die Grundfutterqualität spielt, erfahren Sie im Beitrag von Dr. Christian Koch vom Hofgut Neumühle.

Wiederkäuer sind aufgrund ihres Pansens und der darin lebenden Mikroorganismen bestens in der Lage, faserhaltige Futtermittel wie Gras, Mais oder Pressschnitzel sehr effizient zu verwerten und in essbares Eiweiß in Form von Fleisch zu transformieren. Durch diese Fähigkeit der Wiederkäuer können Kohlenhydrate, die in Form von Gras, etc. gebunden sind, sehr effizient genutzt werden. Die Nutzung von wirtschaftseigenen Futtermitteln wie z.B. Gras- und Maissilage spielt hierbei eine wichtige Rolle zur wiederkäuergerechten Versorgung der Bullen. Darüber hinaus können dadurch Nährstoffkreisläufe geschlossen werden.

Um hohe Leistungen in der Rinder- und Bullenmast erzielen zu können, spielt eine wiederkäuer- und leistungsgerechte Fütterung die wichtigste Rolle. Häufig werden in der Rinder- und Bullenmast Rationen mit hohen Anteilen an Maissilage gepaart mit hohen Gehalten an Stärke eingesetzt. Steigt der Stärkeanteil in der Ration an, so wird der Anteil an faserhaltigen Komponenten, wie z. B. Rohfaser oder NDF (Neutrale Detergenzien Faser) sowie die Strukturwirksamkeit der Ration reduziert. Durch einen hohen Stärkegehalt und eine unzureichende Strukturversorgung der Bullen steigt das Risiko für Pansenfermentationsstörungen wie Pansenazidosen deutlich an.

Auch für die Bullenmast ist qualitativ bestes Grundfutter der Schlüssel zum Erfolg.

Um die Bullen sehr wiederkäuergerecht und zeitgleich bedarfsgerecht versorgen zu können, ist die Grundfutterqualität von herausragender Bedeutung, um den Pansenstoffwechsel zu optimieren und die mikrobielle Proteinsynthese im Pansen zu maximieren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Ration hohe Anteile von hygienisch einwandfreien und nährstoffreichen Grundfuttermitteln enthält, wodurch ein hoher Anteil der Energieversorgung der Bullen über Kohlenhydrate ermöglicht wird, die in Form von Pflanzenfasern gebunden sind. Kann die Grundfutterqualität verbessert werden, können die Anteile von leicht abbaubaren Kohlenhydraten, wie z. B. aus Getreide (Weizen oder Gerste), reduziert und die Wiederkäuergerechtheit der Ration verbessert werden.

Beste Grundfutterqualität im Betrieb erzeugen

Um qualitativ hochwertige und hygienisch einwandfreie Silagen herzustellen, sollten wichtige Grundlagen bei der Silierung eingehalten und umgesetzt werden. Hierzu zählen neben einer sehr guten Gräserzusammensetzung des Grünlandes, der richtige Silierzeitpunkt, eine optimale Häcksellänge und eine zügige Silierung. Bei der Maissilage spielen die Sortenwahl und der Erntezeitpunkt eine wichtige Rolle, um qualitativ hochwertige und gleichzeitig sehr schmackhafte Silagen zu produzieren. Neben den Inhaltsstoffen der Grundfuttermittel, wie z. B. Energie-, Protein- und Stärkegehalt, spielen die Gärqualität und die Bewirtschaftung des Silos (optimaler Vorschub, sehr gute Verdichtung, etc.) eine wichtige Rolle, um sehr gute Leistungen bei den Bullen zu erzielen.

Häufig werden in der Bullenmast hohe Anteile an Maissilage eingesetzt, weshalb die Maissilage in vielen Betrieben das wichtigste Grundfuttermittel für die Bullen ist. Aus diesem Grund sollte der Fokus auf die Qualität der Maissilage gelegt werden. Häufig wird hierbei die Qualität der Maissilage über den Stärkegehalt und den Stärkeertrag bzw. Kolbenertrag definiert. Es steht außer Frage, dass der Stärkeertrag je Hektar Mais ein sehr wichtiges Qualitätskriterium ist, da ein großer Anteil der täglichen Energie über Maissilage in die Bullen gelangt.

Neben dem Stärkegehalt der Maissilage spielt die Restpflanze ebenfalls eine sehr wichtige Rolle in Hinblick auf den Gesamtenergieertrag der Maissilage und deren Nutzung in der Bullenmast. Dies bedeutet, dass neben dem Stärkegehalt durch die Kolben auch die Restpflanze und hier die Verdaulichkeit der Restpflanze optimiert werden sollte. Gerade Letzteres ermöglicht, sehr schonend Energie für die Pansenmikroorganismen zur Verfügung zu stellen, wodurch das Risiko von Pansenfermentationsstörungen nachhaltig vermindert werden kann. Um sehr gute Verdaulichkeiten der Restpflanze und der Faser (NDF) in Maissilagen zu erzielen, ist neben der Sorte der Erntezeitpunkt von herausragender Bedeutung. So wird am Hofgut Neumühle regelmäßig der TM-Gehalt des Kolbens und der Restpflanze zum Erntefenster gemessen und der optimale Erntezeitpunkt der Maissilage bestimmt. Hier sollten TM-Gehalte in der Gesamtpflanze von 30 – 33 % erzielt werden. Neben der Erreichung eines optimalen TM-Gehalts wird die Häcksellänge in Abhängigkeit des TM-Gehalts angepasst. Durch die Bestimmung der Verdaulichkeit der Neuralen Detergenzien Faser (NDF) erhält man eine Information über die Verdaulichkeit der Restpflanze der Maissilage.

Abbildung 1 zeigt exemplarisch neben den TM-, Stärke- und NDF-Gehalten auch die NDF-Verdaulichkeiten der Maissilagen aus den Jahren 2020 und 2021 vom Hofgut Neumühle.

Zwischen beiden Jahren gab es keine Unterschiede im TM-Gehalt, aber deutliche Differenzen bei den Stärke- und NDF-Gehalten der Maissilagen. So wies die Maissilage des Jahres 2020 zwar einen bedeutend höheren NDF-Gehalt auf; diese NDF aber war bedeutend höher verdaulich im Vergleich zur NDF der Maissilage im Jahr 2021.  

Durch die Betrachtung der Faserverdaulichkeit – und diese impliziert zum größten Teil die Verdaulichkeit der Restpflanze - können die Maissilagen besser charakterisiert, bewertet und auch besser in die Rationsberechnung integriert werden. Kann die Faserverdaulichkeit in der Maissilage verbessert werden, ist es darüber möglich, hohe Mengen an pansenverfügbaren Kohlenhydraten in die Ration zu bringen, bei gleichzeitiger Reduktion der Stärkemengen. Dieses verbessert grundsätzlich die Wiederkäuergerechtheit der Ration und reduziert das Risiko für Pansenfermentationsstörungen.

Eigenleistungsprüfung von Fleischrindern am Hofgut Neumühle

Seit 2020 findet am Hofgut Neumühle die Eigenleistungsprüfung von Fleischrassebullen des Fleischrinder Herdbuch e.V. Bonn statt. Im Rahmen dieser Prüfung werden Zuchtbullen von Fleischrassen (u. a. Piemonteser, Glanvieh, Gelbvieh, Angus, Pinzgauer, Hereford) über 180 Tage getestet. Um eine sehr wiederkäuergerechte Fütterung zu gewährleisten, erhalten die Bullen eine grassilagebetonte Ration (Tabelle 1).

Tabelle 1: Ration für die Fleischrassebullen während der Eigenleistungsprüfung 2021 am Hofgut Neumühle

Durch ein auf die Grundfutterqualität (Gras- und Maissilage) abgestimmtes Mischfutter werden Rohproteingehalte von ca. 13 % in der TM und Energiegehalte zwischen 10,5 – 11,0 MJ ME/kg TM eingestellt. Um den Pansenstoffwechsel zu optimieren und die mikrobielle Proteinsynthese zu maximieren, wird darauf geachtet, dass die Ration hohe Mengen an verdaulicher NDF sowie geringe Mengen an Stärke und Zucker enthält. Im Jahr 2021 lag der Gehalt an Stärke und Zucker bei 176 g/kg TM in der Ration für die Bullen. Die Prüfbullen erzielten damit durchschnittliche Tageszunahmen von 1460 g, bei Spitzenleistungen von 1930 g mittleren Tageszunahmen über die gesamten 180 Prüftage.

Bei Maissilagen ist eine hohe Verdaulichkeit der NDF mitunter bedeutsamer als höchstmögliche Stärkegehalte.

FAZIT

Die Produktion von bestem Grundfutter spielt in der Bullenmast eine fundamentale Rolle, um wiederkäuergerechte Rationen zu konzipieren bei zeitgleich hohen Leistungen der Tiere. Um zukünftig die Maissilagequalitäten zu verbessern, sollte neben der Sortenwahl und des Stärkegehalts auch die Restpflanzenverdaulichkeit und die Verdaulichkeit der Pflanzenfasern berücksichtigt werden. Bei der Rationsgestaltung sollte die Priorität auf optimale Pansenbedingungen bei moderaten Stärkegehalten gelegt werden, um hierüber die mikrobielle Proteinsynthese zu maximieren.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Christian Koch
Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung
Hofgut Neumühle
Neumühle 1
67728 Münchweiler an der Alsenz

c.koch@neumuehle.bv-pfalz.de
www.hofgut-neumuehle.de

Fotos (Katrin Mahlkow-Nerge)