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Wie lange beschäftigen Futter und Fütterung?
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Für Sie zusammengefasst

Im Rahmen einer 48 h dauernden Videoanalyse in Echtzeit wurde das Futteraufnahmeverhalten von Aufzuchtferkeln bei unterschiedlicher Fütterungstechnik (Trocken-, Rohrbreiautomaten- und Flüssigfütterung) in Verbindung mit einem Angebot an Beschäftigungsfutter untersucht. Dazu wurden in einem Aufzuchtabteil Fokustiere in drei verschiedenen Gewichtskategorien ausgewählt und die Zeiten exakt gemessen, die die Ferkel mit der Aufnahme von Haupt- und Beschäftigungsfutter (Luzernepellets, Wühlerde) in 24 h verbringen.

Es zeigt sich, dass die Futteraufnahmefrequenz und die Länge der einzelnen Mahlzeiten sowie die daraus resultierenden Beschäftigungszeiten mit dem Haupt- und Beschäftigungsfutter einer erheblichen Variation unterliegen. Diese hängen u. a. vom Körpergewicht und der eingesetzten Fütterungstechnik ab. Im Vergleich zu ausgewachsenen Mastschweinen oder Sauen brauchen Aufzuchtferkel eine erheblich längere Zeit zur Futteraufnahme (Mittel: 136 Minuten täglich) und nehmen das ihnen angebotene Futter in hoher Frequenz von durchschnittlich 40 Mahlzeiten auf. Trotzdem gelingt es mithilfe von Beschäftigungsfutter, getrennt vom Hauptfutter, zusätzliche Beschäftigungszeiten (im Mittel 44 Minuten je Ferkel und Tag) zu realisieren, die weit über denen von technischen Beschäftigungsgeräten liegen.

Die Fütterungstechnik beeinflusst über die Futter-TS und das Angebot an Fressplätzen das Futteraufnahmeverhalten. So wird Trockenfutter deutlich häufiger und folglich in kleineren Mengen aufgenommen als Brei- und Flüssigfutter. Es wird geschlussfolgert, dass die in vorangegangenen Untersuchungen festgestellten Effekte auf die körperliche Unversehrtheit der Tiere ihre Ursache in dem von der Technik provozierten Futteraufnahmeverhalten der Ferkel haben.

Beschäftigungsfutter ist heute notwendig und zielführend

Stand des Wissens, Versuchsaufbau, Material und Methoden, Ergebnisse und Diskussion

Schweinen wird unter intensiven Haltungsbedingungen ein grundsätzliches Beschäftigungsdefizit unterstellt, weil die auf Futteraufnahme gezüchteten Tiere eine hohe Affinität zum Futter haben, für die Futteraufnahme aber nur wenig Zeit benötigen (Busch, 2006). Gleichwohl zeigen Untersuchungen zum Einsatz technischer Beschäftigungsgeräte, dass Beschäftigung kein Selbstzweck für Schweine ist und nachhaltige Beschäftigung einen Bezug zum Futteraufnahmeverhalten haben muss (Meyer et al., 2015). Nicht erst im Zuge des bundesdeutschen Aktionsplans zum Kupierverzicht (2019) gilt es Defizite zu vermeiden, denn diese können dazu führen, dass Buchtenpartner als Ersatzobjekte für fehlgeleitetes Erkundungsverhalten dienen (Horstmeyer und Vallbracht, 1990; Van Putten, 1978; Hulsen und Sheepens, 2005). Mit dem gesetzlich geforderten Ziel, Schweine nachhaltig zu beschäftigen (EU 2016/336 vom 8. März 2016) und gleichzeitig die Faserversorgung zu verbessern (Preißinger et al., 2016) ohne die Zunahmeleistung zu verschlechtern, entstand das Konzept der Beschäftigungsfütterung getrennt von der Hauptfütterung (Meyer und Henke, 2018 und 2019; Meyer, 2021 und 2022). Dazu eignen sich pelletierte faserreiche Ergänzungsfuttermittel mit einem definierten, zum Hauptfutter passenden Nährstoff- und geringem Keimgehalt oder auch Wühlerden (Meyer, 2022). Diese bringen nachweislich Vorteile bei dem Ziel, nekrotische Veränderungen peripherer Körperteile (Ohren, Schwänze) und nachfolgende Verhaltensstörungen, insbesondere in der Ferkelaufzucht zu verhindern (Meyer und Henke, 2019).

Gleichwohl hat sich in diesen Untersuchungen gezeigt, dass in den heute praxisüblichen Fütterungsverfahren (Futterkonsistenz, Fütterungsfrequenz, Futtermenge) selber ein unterschiedliches Potential angelegt ist, Gesundheit und Tierverhalten zu beeinflussen. Diese lassen sich mit vorliegender, überwiegend älterer Literatur nicht hinreichend erklären. In Untersuchungen mit Mastschweinen war die Frequenz der Futteraufnahmen eines Tages bei Trockenfütterung etwa 25 % geringer, die Futteraufnahme je Mahlzeit jedoch höher. Das führte zu weniger Laufaktivität je Tag, aber auch zu einer etwa 30 % längeren Beschäftigungszeit gegenüber einer Flüssigfütterung (Kirmse und Lange, 1968). Später wurden bei Trockenfütterung an vergleichsweise wenig Fressplätzen bei den am Trog häufig als aggressiv auffälligen, mittelschweren Kastraten günstige Hormonkonzentrationen des Blutes gefunden (BOTERMANS et al., 1997). BOTERMANS et al. (2000) reduzieren die negativen Folgen eines Defizites an Fressplätzen durch eine Verminderung des Wasserangebotes am Automaten. Das spricht jedoch dafür, dass die Frequenz der Aufnahme von Trockenfutter gegenüber Brei- oder Flüssigfutter nicht wie in der älteren Literatur beschrieben sinkt, sondern steigt.

Während sich die vorliegende Literatur überwiegend auf Mastschweine und ältere Technik bezieht, sollte im Rahmen einer Bachelorarbeit geklärt werden, wie sich das Futteraufnahmeverhalten in der Ferkelaufzucht bei unterschiedlichen Fütterungsverfahren (Trocken-, Brei- und Flüssigfütterung) in Verbindung mit zwei verschiedenen Beschäftigungsfuttern unterscheidet.

Wie sieht der Versuch aus?

Im Versuchsaufbau wurden Beschäftigungsfutter mit unterschiedlichen Fütterungstechniken kombiniert

Die Datenerhebung erfolgte über 2 * 24 h in der Lehrwerkstatt Schwein des Lehr- und Versuchsgutes Köllitsch. Hierbei wurden 132 Ferkel im Alter von 46 Tagen mithilfe von Kameratechnik hinsichtlich der Dauer ihrer Beschäftigung mit Haupt- und Beschäftigungsfutter beobachtet. Alle Ferkel stammten aus einer Kreuzung der Mutterlinie DB Viktoria und einem 77 -er Eber des Zuchtunternehmens BHZP. Die Untersuchung fand in einem Ferkelaufzuchtabteil mit acht Doppelbuchten statt (Abbildung 1). Alle Ferkel einer Bucht wurden in drei Gewichtskategorien (klein, mittel, groß) eingeteilt und mithilfe eines Viehzeichenstiftes dementsprechend gekennzeichnet.

Die Zuordnung der Tiere in die jeweiligen Buchten erfolgte nach wissenschaftlichem Standard randomisiert ohne Berücksichtigung des Geschlechtes. Zu Beginn des Versuches hatten alle Ferkel 14 Tage Zeit, sich an die Umgebung und das Versuchsdesign zu gewöhnen. Von diesem Zeitpunkt an wurde jeweils eine der Doppelbuchten (Abbildung 1: Buchten 1, 3, 6 und 8) mit einem zusätzlichen Rundtrog (Firma Aco Funki) für die Aufnahme eines Beschäftigungsfutters (Luzernepellets, Wühlerde) ausgestattet.

Abbildung 1: Versuchsaufbau zur Erfassung des Tierverhaltens

Die Buchten 2, 4, 5 und 7, die jeweils durch Integration der Fütterungstechnik in die Buchtentrennwand mit demselben Hauptfutter versorgt wurden, dienten jeweils als Kontrolle und bekamen kein Beschäftigungsfutter. Die Beschäftigungsfuttertröge waren jeweils 80 cm vom Hauptfuttertrog entfernt. In dieser Position konnte die Aufnahme von Beschäftigungsfutter durch die Ferkel von allen Seiten und die Beschickung durch das Stallpersonal vom Mittelgang aus erfolgen. Das Platzangebot betrug 0,36 m² je Tier bei der Haltung von 22 Ferkeln je Bucht auf einer Fläche von 8 m². Die Wärmebereitstellung erfolgte über eine Zonenheizung im hinteren Liegebereich jeder Bucht. Die Buchten 1 und 2 wurden durch einen in die Buchtentrennwand eingebauten Trockenfutterautomaten, die Buchten 3 und 4 durch einen Rohrbreiautomaten (Aco Funki 3 in1) und die Buchten 5 bis 8 durch eine Flüssigfütterung (Aco Funki, Duplexx®) mit Hauptfutter versorgt. So konnte das Hauptfutter in jeweils unterschiedlicher Konsistenz (trocken, breiförmig, flüssig) angeboten werden.

Die Trockensubstanz (TS) des eingesetzten Futters wurde durch Probenahme aus den Trogschalen der jeweiligen Fütterungstechnik und anschließende Trocknung der Proben (Standard VDLUFA) bis zur Gewichtskonstanz ermittelt. Tabelle 1 fasst die Qualität der im Versuch eingesetzten Futter- und Wasserversorgung zusammen.

Tabelle 1: Futter- und Wasserversorgung

Die Vorratsbehälter der Trocken- und Breiautomatenfütterung wurden mehrmals täglich über die Futterkette automatisch befüllt. Die Flüssigfütterung war als Blockfütterung (6, 9, 12, 15 und 18 Uhr) mit Abfrage der Trogsensoren im Abstand von 10 Minuten im jeweiligen Fütterungsblock ausgelegt. Dadurch war eine ad libitum Fütterung der Ferkel in allen Fütterungsvarianten gegeben. Das Beschäftigungsfutter wurde 5-mal täglich jeweils in kleinen Mengen frisch von Hand vorgelegt. Zusätzlich zur Beschäftigungsfütterung wurden in jeder Bucht technische Beschäftigungsgeräte (Holzbalken, Kunststoffbeißsterne) angeboten.

Das Tierverhalten wurde in „Echtzeit“ aufgezeichnet und anschließend visuell erfasst und zu Datensätzen verarbeitet. Alle Fressvorgänge wurden bezogen auf kleine, mittlere und große Fokustiere im Hinblick auf die Frequenz und Dauer der Fressvorgänge ausgewertet. Eine Dokumentation der aufgenommenen Futtermenge je Mahlzeit war technisch nicht möglich. Dieser Parameter wurde aus der Aufnahmefrequenz und der Gesamtfutteraufnahme des Tages errechnet.

Was sagen die Ergebnisse?

Im Untersuchungszeitraum des vorliegenden Versuches wurden 1.828 Einzelbeobachtungen von Haupt- und Beschäftigungsfutteraufnahmen innerhalb von 48 Stunden gemacht. Auffällig und unerwartet sind die hohe Futteraufnahmefrequenz und die langen Beschäftigungszeiten der Ferkel mit dem Futter. Von Sauen an Abrufstationen mit einem Körpergewicht von etwa 300 kg ist bekannt, dass sie ihre Tagesfuttermenge von 3 – 4 kg in etwa 15 Minuten oder 1.000 g in etwa 4 Minuten auffressen können.

In der Regel fressen die Sauen an den Abrufstationen ihre gesamte Ration auf einmal, während ad libitum gefütterte Mastschweine in etwa die gleiche Futtermenge noch auf 13 Mahlzeiten verteilen (Loibl, 2019). Die Ferkel wenden in der vorliegenden Untersuchung für ein Drittel dieser Futtermenge je nach Fütterungsverfahren 34 bis 50 Mahlzeiten auf. Offensichtlich steigt antiproportional zum Körpergewicht vom Ferkel bis zu ausgewachsenen Sauen die Zeit, die für die Aufnahme des Hauptfutters benötigt wird.

Abbildung 2: Futteraufnahmefrequenz von Haupt- und Beschäftigungsfutter bei unterschiedlicher Fütterungstechnik in 24 h

Im Mittel über alle Gewichtskategorien der Ferkel mit einem mittleren Gewicht von etwa 15 kg brauchen diese für die Aufnahme von etwa 1.000 g Futter täglich etwa 2 h. Die Aufnahmegeschwindigkeit ist also gegenüber den Sauen in den kalkulierten Grenzen etwa 30-mal niedriger bei einem etwa 20-mal geringeren Körpergewicht. Dazu kommt eine unerwartet hohe, auch von der Fütterungstechnik beeinflusste Futteraufnahmefrequenz. Während die Fokustiere am Rohrbreiautomat durchschnittlich 34-mal in 24 Stunden Futter aufnehmen, fressen die Ferkel an den Trockenfutterautomaten aufgrund der fehlenden Wasserquelle im Trog signifikant häufiger und annähernd 50-mal.

So müssen die trocken gefütterten Ferkel häufiger den Fressplatz verlassen, um zu trinken. Dabei unterscheidet sich die durchschnittliche zeitliche Länge der Mahlzeiten statistisch gesehen nicht (p >.17). Sie ist bei trocken gefütterten Ferkeln mit 3:16 Minuten durchschnittlich nur 10 Sekunden kürzer als die der Fokustiere an den beiden anderen Fütterungssystemen (Tabelle 2). Da die Futteraufnahmemenge je Ferkel und Tag bei Trockenfütterung nur 8 % geringer als bei Breiautomatenfütterung oder nur 12 % geringer ist als bei sensorgesteuerter Flüssigfütterung, muss man davon ausgehen, dass Ferkel ihr Trockenfutter in kleineren Mengen und bei nahezu gleicher Dauer der Mahlzeit auch langsamer fressen.

Tabelle 2: Beschäftigungszeit bei unterschiedlicher Fütterungstechnik mit Haupt- und Beschäftigungsfutter

Ad libitum gefütterte Sauen mit einer hohen freiwilligen Futteraufnahmemenge unterscheiden sich nach eigenen Untersuchungen (unveröffentlicht 2009) von ihren Zeitgefährten mit geringerer Futteraufnahme, vor allem durch ihre mit dem Alter und der Größe der Tiere steigende Fressgeschwindigkeit. Diese Möglichkeit haben die Jungtiere offensichtlich noch nicht und passen sich dagegen mehr über ihre Aufnahmefrequenz an. Die kleinen und damit untergeordneten Ferkel fressen gegenüber den großen Ferkeln vergleichsweise häufig (48 vs. 37-mal in 24 h), aber dafür in kürzerer Zeit ihr Hauptfutter (3:06 vs. 3:20 Minuten je Mahlzeit). Möglicherweise werden sie leichter und schneller vom Fressplatz verdrängt. Denn gleichzeitig werden kleine Ferkel im Vergleich zu den größeren (mittlere und große Ferkel) bei jedoch gleicher Länge der Mahlzeit (2 Minuten) häufiger (27 vs. 16- Mal) an den Beschäftigungsfuttertrögen beobachtet. Sie weichen offensichtlich an die Beschäftigungsfuttertröge aus, was die Grenzen des Konzeptes zum Tier-Fressplatz-Verhältnis (Tabelle 1) beschreibt.

Die Beschäftigungsfütterung scheint also gerade für die schwachen Ferkel von Bedeutung zu sein, denn ihre Futteraufnahme wird in den Videoaufnahmen häufiger von drängelnden größeren Ferkeln unterbrochen. So weichen sie häufiger zum Beschäftigungsfutter aus. Dieses stellt also nicht nur eine nachhaltige Beschäftigung dar, sondern ist für die untergeordneten Ferkel eine Art Ausweichfütterung. Sie sollte deshalb auch einen entsprechenden Nährstoffgehalt haben, der allerdings mit einem erforderlichen Fasergehalt von mindestens 20% (Richtlinien ITW) vereinbar sein muss. Faktisch ist das aber kein Widerspruch (Meyer und Henke, 2019) und reduziert den gewünschten Beschäftigungseffekt nicht.

Die hohe beobachtete Aufnahmefrequenz und Streuung der Futteraufnahmezeiten wird möglicherweise beeinflusst durch sogenannte „Testmahlzeiten“. Nach Messungen der Verzehrsmengen von Loibl (2019) an Abrufstationen für Ferkel der Bayerischen Landesanstalt für Schweinehaltung (LfL) in Schwarzenau, sind ein Teil der beobachteten „Verzehrsereignisse“ eher "Testbesuche" mit sehr geringer Futteraufnahme. Auf diese folgen dann meist ein oder zwei Besuche mit hoher Futteraufnahme. Diese stellen zusammengenommen die eigentliche "Mahlzeit" dar. Bezogen auf die damit verbundene und hier fokussierte Beschäftigungszeit kann das aber nur eingeschränkt bestätigt werden. 85 % der beobachteten Verzehrsereignisse dauerten länger als eine Minute, 95 % der Mahlzeiten dauerten länger als 30 Sekunden. Nur in Einzelfällen (10-mal in 24 h) wurde beobachtet, dass Ferkel ihre Trockenfuttermahlzeit nur zum Wassertrinken unterbrechen und von der Tränke direkt zum Automaten zurückkehren.

Zusätzliche Beschäftigungszeiten von 44 Minuten konnten mit zusätzlich angebotenem Beschäftigungsfutter erreicht werden.

Aufgrund vergleichbarer Länge der Mahlzeiten und Futteraufnahmemenge (Meyer und Henke, 2019) bei den unterschiedlichen Verfahren kann man also davon ausgehen, dass Trockenfutter in höherer Frequenz, aber geringerer Menge je Mahlzeit und somit auch langsamer aufgenommen wird als Brei- oder Flüssigfutter. Es ist zu schlussfolgern, dass die in vorangegangenen Untersuchungen gefundene größere Tendenz zu Schwanznekrosen und Schwanzbeißen (Meyer und Henke, 2019) bei der Fütterung an Rohrbreiautomaten durch das von der Technik provozierte Futteraufnahmeverhalten erklärt werden kann.

Die Ferkel an der Flüssigfütterung fressen gegenüber den Ferkeln an den Rohrbreiautomaten in etwa gleich häufig und lange, aufgrund der dreimal so großen Anzahl an Fressplätzen, aber folglich ebenfalls nicht so hastig. So wird ein mögliches Defizit gegenüber der Trockenfütterung wieder ausgeglichen. Die Konkurrenz am Trog durch zu wenig Fressplätze führt gemessen an der Hormonkonzentration zu Stress (Botermans et al.,1997). Ein Defizit an Fressplätzen kann teilweise durch eine Verminderung des Wasserangebotes am Automaten reduziert werden (Botermans et al., 2000). Das spricht wie in der vorliegenden Untersuchung dafür, dass die Frequenz der Aufnahme von Trockenfutter gegenüber Brei- oder Flüssigfutter nicht sinkt (Kirmse und Lange, 1968), sondern steigt. Die gegenüber der älteren Literatur gefundene Diskrepanz ist möglicherweise abhängig vom Alter der Tiere, aber auch eine Frage der Fütterungstechnik bzw. der Anzahl verfügbarer Fressplätze. Diese führt u. a. bei Trockenfütterung dazu, dass die Futteraufnahme über 24 h gleichmäßiger erfolgt.

Die absolute Zeit, die alle Ferkel an Breiautomaten mit der Futteraufnahme verbringen, ist im Zeitfenster maximaler Tagesaktivität von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr etwa doppelt so lange als in der restlichen Zeit des Tages. Das ist bei den anderen beiden Fütterungsverfahren, vor allem aber bei der Trockenfütterung, deutlich weniger der Fall. So entsteht bei den Rohrbreiautomaten ein Problem dadurch, dass ein Futter mit vergleichsweise hoher Trockensubstanz (74 % vs. 90 %) an nur wenigen Fressplätzen, aber kurzen Wegen zum Wasser, relativ hastig aufgenommen wird.

Entgleisungen des Tierverhaltens können in der Ferkelaufzucht schon aufgrund der relativ langen Beschäftigungszeit mit dem Hauptfutter von mehr als 2 Stunden (149 Minuten) weniger aus „Langweile“, als vielmehr aus dem Stoffwechsel heraus entstehen. Dafür spricht auch, dass die Probleme mit den Verhaltensstörungen in den letzten zwei Aufzuchtwochen heute oft mit sehr hohen Zunahmen (bis 1000 g) zusammenfallen. In den Faktoren (Haltung, Fütterung, Genetik), die dazu beitragen, dass Futter in einer zum Verdauungsvermögen passenden Geschwindigkeit aufgenommen wird, ist ein Schlüssel zur Lösung der Probleme mit Schwanznekrosen und Schwanzbeißen zu sehen.

Der Einsatz von Beschäftigungsfutter führt zu weniger Schwanznekrosen (Meyer und Henke, 2018), darüber hinaus beschäftigt es aber auch durchschnittlich 44 Minuten je Tag. Das bedeutet eine 4- bis 6-mal längere Beschäftigungszeit, als bei Beobachtungen an technischen Beschäftigungsgeräten (Beißstern, Holzbalken, Ausnahme: „Spieligel“= 36 Minuten) oder beim Einsatz organischer Beschäftigungsmaterialien („Fun Box“, „Spielomat“), die keinen „echten“ Verzehr des angebotenen Materials ermöglichen (Ziron, 2018). Um die Akzeptanz zu sichern, ist es wichtig, dass Beschäftigungsfutter getrennt von der Hauptfütterung angeboten wird. So wie bei den meisten Faktoren, die in diesem Zusammenhang eine Wirkung zeigen, ist es von Bedeutung, dass das Schwein eine „Wahl“ hat.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Eckhard Meyer, LfULG, Köllitsch
Tel: 034222 46 2208
E-Mail: eckhard.meyer[at]lfulg.sachsen.de