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Heimischer Sojakuchen in der Ferkelaufzucht – Teil 1
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Futtermittelqualität & Regionalität – Ein Zusammenspiel das sich lohnt

Der Einsatz von Sojaextraktionsschrot oder heimischem Sojakuchen wurde von Prof. Dr. Reinhard Puntigam und Dr. Julia Slama intensiv untersucht. In diesem Fachbeitrag präsentieren sie die Ergebnisse eines Ferkelfütterungsversuchs, bei dem unterschiedliche Mengen von Sojaextraktionsschrot durch heimischen Sojakuchen ersetzt wurden.

Im zweiten Teil stellen sie sich die Frage, ob auch der Vermahlungsgrad des Sojaextraktionsschrotes bzw. des Sojakuchens eine Auswirkung auf die biologischen Leistungen der Ferkel ausüben kann.

Rund um Soja

Die Sojabohne (Glycine max) wird seit mehr als 3.000 Jahren vor Christus als Nutzpflanze kultiviert, wobei derzeit weltweit mehr als 450 Mio. Tonnen produziert werden. Die Eigenversorgung in Europa liegt bei ca. 7 Prozent und spiegelt die starke Importabhängigkeit wider. In Deutschland werden rund 40.000 ha kultiviert, was ca. eine Verdopplung innerhalb der letzten 10 Jahre darstellt (FAOSTAT, 2018). Mit dem starken Anstieg der Produktionsmenge an heimischen Sojabohnen konnte ebenfalls eine Steigerung der dezentralen sojaverarbeitenden Betriebe nachgewiesen werden. Aufgrund des Gehalts an hoch verdaulichen Aminosäuren ist Soja ein idealer Mischungspartner mit Getreide in der Rationsgestaltung von Schweinen und Geflügel. Zusätzlich enthalten Sojabohnen etwa 20 Prozent Öl, somit ebenfalls ein wichtiger Lieferant an umsetzbarer Energie.

Zum Schutz dieser wertvollen Nährstoffe enthält die unverarbeitete Sojabohne hohe Gehalte an antinutritiven Faktoren (ANF), im speziellen Trypsininhibitoren (TIA = 20-40 g/kg). Diese wirken bereits in geringen Konzentrationen nachteilig auf die Nährstoffverdaulichkeit und beeinträchtigen folglich die tierische Leistung. Eine entsprechende thermische Behandlung von Soja, z.B. im Zuge der Toastung ist zur Reduktion dieser ANF erforderlich. Bereits geringe Gehalte an unbehandelter Sojabohne in der Rationsgestaltung von Schweinen und Geflügel resultiert in deutlichen Leistungsminderungen (Preissinger, LfL; Wetscherek, BOKU-Wien; Künz, TU-München). 

Rohe Sojabohnen können aufgrund der erhöhten antinutritiven Inhaltsstoffe nicht an Schweine verfüttert werden

Analytik sichert optimale Leistung

Basis einer bedarfsgerechten, sowie ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Tierernährung ist die Kenntnis der nährstofflichen Zusammensetzung und Qualität von Futtermitteln. Um saisonale, regionale sowie verarbeitungsbedingte Schwankungen ausgleichen zu können, ist eine regelmäßige Analyse der Inhaltsstoffe von wesentlicher Bedeutung.  Speziell beim Einsatz von Sojaprodukten muss speziell auf zwei Kennwerte zur Qualitätsbeurteilung geachtet werden. Die thermische Behandlung von Sojabohnen hat das Ziel, die Aktivität von Trypsininhibitoren (TIA) bestmöglich zu reduzieren. Der Grenzwert ausreichend behandelter Sojaprodukte liegt laut Literatur im Bereich kleiner 4 g/kg. Eine thermische Überbehandlung kann jedoch ebenfalls in der Reduktion der Verdaulichkeit von Protein bzw. der Aminosäuren resultieren. Dies kann z.B. durch die Analyse der Proteinlöslichkeit in Kalilauge (KOH) überprüft werden welche ca. bei 75 Prozent liegen sollte.

Zur Ermittlung dieser Kennwerte stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Entsprechend aussagekräftige Ergebnisse liefert hierbei die chemische Analytik. Eine weitere innovative Möglichkeit zur Abschätzung der Verarbeitungsqualität kann mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) erreicht werden. Das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit bestand zum einen darin festzustellen, ob die Verarbeitungsqualität im Zuge der Sojaaufbereitung (Toastung) mittels NIRS abschätzbar ist. Zum zweiten wurde überprüft, ob auf Basis der erzielten NIRS-Ergebnisse der steigende Einsatz von optimiert prozessierten Sojakuchen im Austausch gegen Sojaextraktionsschrot einen Einfluss auf die Leistungen von Absetzferkel übt. Zum Dritten stellte man sich ebenfalls die Frage, ob eine feinere Vermahlung der Sojafuttermittel in einer gesteigerten Leistung beim Ferkel resultiert (siehe Teil 2).

Optimierte Aufbereitung der Sojabohne

Ziel ist es, die thermische Behandlung von heimischen Sojabohnen zu optimieren, um den bestmöglichen Futterwert in der Rationsgestaltung zu garantieren. Folglich wurde im Rahmen zweier Ferkelversuche das Potential von behandeltem Sojakuchen im Vergleich zu Sojaextraktionsschrot an der landwirtschaftlichen Fachschule Hatzendorf getestet. Um eine optimale Behandlung des Kuchens zu gewährleisten wurden zunächst vielfältigste Eigenschaften von Sojabohnen einer Sorte bestimmt. Anschließend erfolgte eine Behandlung mittels Schneckentoaster bei unterschiedlichen Zeit- und Temperatureinträgen an einer dezentralen Aufbereitungsanlage am Betrieb MH Agrarhandel GmbH. Hierzu wurde eine einheitliche Charge einer Sojabohnensorte (Atacama; Probstdorfer Saatzucht GmbH & CoKG; Österreich) bei ansteigenden Temperaturen (135, 150, 157, sowie 165°C) unter konstanter Behandlungsdauer mittels Schneckentoaster (KKT -R100; oil press GmbH & Co. KG; Deutschland) aufbereitet. Die Trypsininhibitoraktivität (TIA) sowie die KOH-Proteinlöslichkeit der prozessierten Sojakuchenvarianten wurde unter Nutzung der NIRS-Kalibration der Firma Evonik (Hanau, Deutschland) erfasst. Auf Basis dieser beiden Verarbeitungsparameter wurde jener Sojakuchen ausgewählt, der auch im darauffolgenden Fütterungsversuch Anwendung fand.

Die NIRS-analytisch ermittelten TIA und KOH-Proteinlöslichkeit der jeweiligen Behandlung der Sojabohnen sind in Tabelle 1 ausgewiesen. Mit zunehmendem Eintrag an Temperatur unter konstanter Behandlungsdauer konnte der Gehalt an TIA reduziert werden. Mit steigendem Grad an Denaturierung konnte eine reduzierte Löslichkeit des Proteins in KOH nachgewiesen werden.

Tabelle 1: Prozessqualität der aufbereiteten Sojakuchen analysiert mittels NIRS-Verfahren

Folglich wurde auf Basis von NIRS-Ergebnissen der Sojakuchenvarianten eine errechnete Optimalbehandlung nochmals durchgeführt. Dieser Sojakuchen wurde schlussendlich in unterschiedlichen Versuchsrationen eingesetzt. Futtergruppe 1 erhielt eine Ration mit ausschließlich Sojaextraktionsschrot (SES, 44% Rohprotein). Demgegenüber wurde dieser in Gruppe 2 zu 50%, in Gruppe 3 zu 75% sowie in Gruppe 4 zu 100% durch den Sojakuchen ersetzt. Die Zusammensetzung der Rationen sowie die kalkulierten Nährstoffgehalte sind in Tabelle 2 dargestellt.

Auch Sojakuchen aus der rohen Sojabohne muss einer Wärmebehandlung unterzogen werden, um ihn an Schweine zu verfüttern.

Tabelle 2: Zusammensetzung der Futtermischungen

Wie aus Tabelle 3 ersichtlich wird, bleibt die nährstoffliche Zusammensetzung in den Futtermischungen beim Austausch von Sojaextraktionsschrot mit Sojakuchen nahezu konstant. Dies wird sowohl beim analysierten Rohprotein- und Lysingehalt als auch beim errechneten Energiegehalt der vier Rationen ersichtlich. Damit kann gezeigt werden, dass die Einschätzung der Nährstoffgehalte von Sojaextraktionsschrot und Sojakuchen und auf Basis der NIRS Messungen sehr gut funktioniert.

Tabelle 3: Analysierte Nährstoffe der Ferkelrationen

Fütterungsversuch und Ergebnisse des Ferkelversuches

Für den Fütterungsversuch wurden 48 Ferkel mit einem durchschnittlichen Gewicht von 9,4 kg  zu je 6 Tieren in 8 Boxen aufgestallt. In den ersten beiden Wochen nach dem Absetzen erhielten alle Ferkel für die Dauer von 2 Wochen ein einheitliches Ferkelabsetzfutter. Danach wurden die 4 Versuchsfutterrationen für den Zeitraum von 6 Wochen angeboten. In der Tabelle 4 werden die wichtigste Leistungsdaten aus dem Fütterungsversuch veranschaulicht.

Wie ersichtlich übte die gesteigerte Substitution von Sojaextraktionsschrot durch optimiert prozessierten Sojakuchen keinen negativen Effekt auf die tägliche Zunahme, wie auch auf den Futteraufwand aus. Auch der Futterverbrauch wurde durch den ansteigenden Einsatz von Sojakuchen im Austausch mit Sojaextraktionsschrot nicht beeinflusst.

Tabelle 4: Wichtigste Leistungsdaten aus dem Fütterungsversuch

Wie aus den Ergebnissen ersichtlich wird, sind sowohl die Tageszunahmen als auch der Futteraufwand zwischen den Versuchsgruppen über den gesamten Versuchszeitraum nahezu identisch. Auch der vollständige Austausch von Sojaextraktionsschrot mit Sojakuchen zeigte innerhalb des Versuches keine Beeinträchtigung bezüglich der Leistungen.

Der Austausch von Sojaextraktionsschrot durch Sojakuchen hatte keinen Einfluss auf die biologischen Leistungen der Ferkel

FAZIT

  • Die Nutzung der NIRS Messung kann ein hilfreiches Werkzeug zur Abschätzung der Verarbeitungsqualität sowie der Nährstoffe für die Rationskalkulationen sein.
  • Aus dem Versuch geht hervor, dass Sojaextraktionsschrot durch Sojakuchen in der Ferkelaufzucht ohne Auswirkungen auf die Leistung ersetzt werden kann.
  • Der heimische Anbau von Sojabohnen, sowie deren gezielte Behandlung stellen eine wirksame Stellschraube in Bezug auf die Eiweißproblematik dar.

DER DIRKETE DRAHT

Prof. Dr. Reinhard Puntigam
Telefon: +49 (0) 2921-378 3817
E-Mail: puntigam.reinhard@fh-swf.de

Dr. Julia Slama
Tel.: +49 (0) 381-498 3325
E-Mail: Julia.Slama[at]uni-rostock.de