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Erkenntnisse aus dem Projekt Innopig – Kurzzeitfixierung der Sau in der Bewegungsabferkelbucht
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Die ersten Ergebnisse der Leistungen von Sauen im Ferkelschutzkorb, in der freien Abferkelung und in der freien Abferkelung mit anschließender Gruppenhaltung säugender Sauen brachten im Projekt Innopig ernüchternde Ergebnisse. Offensichtlich war, dass die Saugferkelverluste in den freien Abferkelvarianten mit über 25 % auf einem nicht zu tolerierendem Niveau lagen.

Insbesondere die Erdrückungsverluste machten ungefähr 75 % der Verluste aus, die aber zum Großteil in den ersten drei Lebenstagen der Ferkel auftraten. Auch bei der anschließenden Gruppenhaltung waren keine erhöhten Ferkelverluste zu verzeichnen. Diese traten fast ausschließlich in den ersten Tagen auf.

Direkt nach der Geburt wollen die Ferkel bei der Sau liegen. Auch bei einem nahe gelegenen Ferkelnest wie in einer Bucht mit Ferkelschutzkorb müssen sie dieses erst finden. Die Nutzung erfolgt allerdings deutlich früher als in einer größeren Abferkelbucht

Aufgrund der dargestellten Situation wurde der Versuch um drei weitere Durchgänge erweitert. Dabei wurde der Ferkelschutzkorb mit der Bewegungsbucht verglichen. Dafür wurden die Sauen einen Tag vor der voraussichtlichen Abferkelung bis vier Tage nach der Abferkelung fixiert. Es sollte untersucht werden, ob mit diesem Kompromiss die Saugferkelverluste verringert werden können und die Fixierungsdauer der Sau gleichzeitig deutlich verkürzt werden kann. 88,6 % der Ferkelerzeuger in Schleswig-Holstein gaben in einer kürzlich erfolgten Umfrage unter Sauenhaltern an, die Sauen in der Abferkelbucht in einem Ferkelschutzkorb zu halten.

Je nach Produktionsrhythmus werden die Sauen in der Regel circa sieben Tage vor dem errechneten Abferkeltermin in diese Bucht über die gesamte drei- bis vierwöchige Säugezeit eingestallt. Durch die Kurzzeitfixierung würden diese vier bis fünf Wochen der Fixierung auf lediglich vier bis sieben Tage reduziert, was einen deutlichen Zugewinn an Tierschutz für die Sau darstellt. Es bleibt allerdings die Frage zu beantworten, ob die Saugferkelverluste durch die Kurzzeitfixierung in den ersten kritischen Tagen niedriger als bei kompletten Verzicht auf die Fixierung in der freien Abferkelung sind. Der Zugewinn an Tierschutz für die Sau darf nicht mit Ferkelleben bezahlt werden, wie es in der freien Abferkelung der Fall war.

Bewegungsabferkelbuchten erlauben eine Kurzzeitfixierung der Sauen in den kritischen ersten Lebenstagen der Saugferkel. Dadurch lassen sich die Saugferkelverluste deutlich gegenüber der freien Abferkelung ohne Fixierung der Sauen reduzieren.

Ergebnisse der Kurzzeitfixierung

Die Ergebnisse der Kurzzeitfixierung von fünf Tagen im Vergleich zur Haltung der Sauen im Ferkelschutzkorb sind in Tabelle 1 dargestellt.

Die Anzahl der lebend und der gesamt geborenen Ferkel bei den Sauen, die im Kastenstand abferkelten, waren höher als bei den Sauen in der Bewegungsbucht, obwohl sich die tot geborenen Ferkel nicht unterschieden. Da die Sauen in der Trächtigkeit unter gleichen Bedingungen gehalten und gefüttert wurden, ist dies biologisch und haltungstechnisch nicht zu erklären. Für die Aufzuchtleistung der Sauen ist dies auch unerheblich, da die Sauen wie oben bereits beschrieben auf 14 Ferkel standardisiert wurden. Die Saugferkelverluste lagen in den beiden Varianten auf einem vergleichbaren Niveau. Beachtlich ist, dass die Anzahl der erdrückten Ferkel sich ebenfalls nicht zwischen den beiden Varianten unterschied.

Um diese Ferkel fehlerfrei zu erfassen, konnten die durch das Betreuungspersonal als erdrückt gewerteten Saugferkelverluste über einen Abgleich mit den Videoaufzeichnungen der Abferkelbucht eindeutig verifiziert werden. Alle erdrückten Ferkel konnten somit bestätigt werden. Das Geburts- und das Absetzgewicht unterschieden sich nicht. Die Ergebnisse dieser Durchgänge verdeutlichen im Vergleich zum ursprünglichen Versuchsaufbau, dass die Kurzzeitfixierung der Sauen sehr wohl in der Lage ist, die Saugferkelverluste auf das gleiche Niveau wie bei Verwendung eines Ferkelschutzkorbes in der Abferkelbucht zu senken.

Tabelle 1: Ferkelschutzkorb und Bewegungsbucht im Vergleich

Bedeutung für die Praxis

Aus fachlicher Sicht stellt somit die Bewegungsbucht aus Tierschutzsicht den idealen Kompromiss zwischen Ferkelschutzkorb und freier Abferkelung dar. Zum einen wird die Fixierungsdauer der Sau auf nur wenige Tage begrenzt, zum anderen können Saugferkelverluste auf gleichem Niveau wie bei einem Ferkelschutzkorb erreicht werden. Es ist aus arbeitsorganisatorischer Sicht erforderlich, dass bei einer Anpassung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung eine mindestens 7-tägige Fixation der Sau in der Abferkelbucht erlaubt bleibt. Da die Sauen an unterschiedlichen Tagen in der Woche abferkeln, könnten die Sauen alle am gleichen Tag freigelassen werden. Somit können Wurfbehandlungen nach wie vor an einem festen Wochentag durchgeführt werden während die Sauen noch fixiert sind. Die Investitionskosten für Bewegungsbuchten werden allerdings aufgrund des größeren Platzbedarfs deutlich über denen für eine Abferkelbucht mit Ferkelschutzkorb liegen.

Sobald das Nest von den Ferkeln angenommen wird, sinken die Verluste durch Erdrücken deutlich.

Was ist politisch geplant?

Mittlerweile hat der Gesetzgeber reagiert und die Tierschutznutztierhaltungs-verordnung geändert. Danach muss die Abferkelbucht eine Mindestgröße von 7,5 m² besitzen und Sauen dürfen dort für maximal 5 Tage im Ferkelschutzkorb arretiert werden. Erleichterungen gibt es in der Bodengestaltung, dort kann auch in der Fläche unter der Sau ein Boden mit einem Perforationsgrad von bis zu 7 % eingebaut werden.

In der oben erwähnten Umfrage des Melund zur Sauenhaltung kam heraus, dass über 90 % der Betriebe in Abferkelbuchten von maximal 5 m² arbeiten. Es sind also ein Großteil der Abferkelbuchten auch in bestehenden Gebäuden in Zukunft umzubauen. Die Übergangsfristen liegen dabei bei 12 Jahren plus eines Realisationszeitraums von 3 Jahren. Weitere zwei Jahre sollen für Härtefälle möglich sein. Sollte eine Investition in neue Abferkelbuchten anstehen, müssen in jedem Fall Bewegungsabferkelbuchten eingeplant werden.

FAZIT

Mit der Kurzzeitfixierung von Sauen können die Saugferkelverluste auf das Niveau des Ferkelschutzkorbes gesenkt werden. Im Ferkelschutzkorb und in der Bewegungsbucht machen die Erdrückungen zwischen 34 und 39 % der Saugferkelverluste und damit deutlich weniger als in der freien Abferkelung aus. Bei der Überarbeitung der Tierschutznutztierhaltungsverordung muss die Bewegungsabferkelbucht als Kompromiss zwischen Tierschutz für Sau und Ferkel Berücksichtigung finden. Bewegungsbuchten erfordern höhere Investitionskosten als eine Abferkelbucht mit Ferkelschutzkorb. Wer heute Abferkelbuchten baut, sollte bereits jetzt auf Bewegungsabferkelbuchten setzen.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Onno Burfeind, Owschlag
E-Mail: onnoburfeind@gmail.com

Dr. Sibylle Reinecke und Christian Meyer,
Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein

An dem Verbundprojekt Innopig sind Partner aus der Wissenschaft, aus der Beratung und aus der Industrie beteiligt. Im Einzelnen sind die offiziellen Projektpartner die Christian-Albrechts-Universität Kiel (Institut für Tierzucht und Tierhaltung), die Georg-August-Universität Göttingen (Department für Nutztierwissenschaften; Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung), die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie; Klinik für kleine Klauentiere und Forensische Medizin; Institut für Tierernährung), die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp), die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Fachbereich Tierhaltung, Bildungs- und Beratungszentrum Wehnen), die Firma Big Dutchman Pig Equipment GmbH, die Firma Alfons Greten Betonwerke GmbH, die ISN-Projekt GmbH und das Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland e.V. beteiligt. Die für das Projekt notwendigen Umbauten im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp wurden durch weitere Firmen unterstützt.