Endmastfutter von Schweinen ohne Eiweißkomponente
Einleitung
Aufgrund der sich immer mehr verschärfenden Umwelt- und Düngegesetzgebung (DÜV, StoffBilV, NEC-Richtlinie, TA-Luft) werden zunehmend stark bzw. sehr stark stickstoff- und phosphorreduzierte Fütterungsverfahren nach DLG (2019) in der Praxis eingesetzt. Dabei wird auch diskutiert, am Ende des letzten Mastabschnitts (ab ca. 100 kg Lebendmasse) komplett auf ein Eiweißfutter wie Sojaextraktionsschrot (SES) zu verzichten und die Aminosäuren über ein besser damit ausgestattetes Mineralfutter zu ergänzen.
In einer Versuchsanstellung in Schwarzenau wurde ein derartiges Fütterungskonzept im Rahmen des Forschungsvorhabens Adapted feeding: Input-Output von Stickstoff und Phosphor am Ausbildungs- und Versuchszentrum des Staatsguts Schwarzenau“ umgesetzt.
Versuchsdurchführung
Der Versuch mit Mastschweinen wurde zwischen Januar und Mai 2023 am Ausbildungs- und Versuchszentrum des Staatsguts Schwarzenau der Bayerischen Staatsgüter durchgeführt. Dazu wurden 192 Tiere der Rasse Pi x (DL x DE) nach Lebendmasse (LM), Abstammung und Geschlecht ausgewählt und gleichmäßig auf zwei Versuchsgruppen aufgeteilt:
- Kontrollgruppe
- Testgruppe ohne SES ab 100 kg Lebendmasse
Die Tiere waren zu Versuchsbeginn 75 Tage alt und hatten im Mittel eine LM von 34,5 kg. Der Versuch gliederte sich in vier Fütterungsphasen (30-60 kg, 60-90 kg, 90-100 kg und 100-120 kg LM). Bis 100 kg LM wurde in beiden Futtergruppen jeweils das gleiche Futter eingesetzt. Unterschiedliche Rationen wurden ab 100 kg LM eingesetzt. Während in der Kontrollgruppe das bisherige Endmastfutter (Endmastfutter A) weiter gefüttert wurde, kam in der Testgruppe ein Futter ohne SES (Endmastfutter B) zum Einsatz. Die Fütterung erfolgte am Langtrog mit Sensorsteuerung. Die Flüssigfuttermengen wurden für jede Bucht automatisch verwogen. Die Trockenmassen (TM) der Fließfutterrationen wurden wöchentlich bestimmt. Die LM wurden wöchentlich am Einzeltier erfasst und zur Berechnung der täglichen Zunahmen genutzt. Bei Erreichen von ca. 120 kg LM wurden die Mastschweine an insgesamt fünf Terminen im Versuchsschlachthaus Schwarzenau geschlachtet und die Schlachtkörper bewertet.
Die Schlachtgewichte (SG) und die Muskelfleischanteile (MFA) wurden mit einer in Bayern verbreiteten Abrechnungsmaske verglichen. Das Optimum der SG lag zwischen 84 kg und 110 kg. Der Basispreis errechnete sich bei 57 % MFA. Die Systemgrenzen lagen zwischen 84 kg und 120 kg SG bei 61 % MFA. Unter 84 kg SG wurden maximal 57 % MFA berücksichtigt.
Nach dem Abteilwaschen wurde der Gülleanfall pro Gruppe anhand der Füllstände und der Kubaturen der Güllekanäle ermittelt. Aus jedem Güllekanal wurden nach dem Homogenisieren der Gülle Proben entnommen und zu einer Sammelprobe pro Gruppe vereint. Die Gülle wurde im Labor der Abteilung Laboranalytik der LfL in Freising analysiert.
Rationsgestaltung
Die Versuchsrationen wurden mit dem Programm Zifo2 (Zielwert-Futter-Optimierung) der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) für eine sehr stark N- und P-reduzierte Mast berechnet. Dabei ergaben sich bei Verzicht auf SES und acht berücksichtigten Aminosäuren bei der Kalkulation nach dünndarmverdaulichen (dvd) Aminosäuren keine Unterschreitungen der vorgegebenen Zielwerte ab 100 kg LM. Die Rationen wurden in der Versuchsmahl- und Mischanlage Schwarzenau hergestellt und im Futtermittellabor der LfL in Grub analysiert. Die Schätzung der ME erfolgte nach der Mischfutterformel. Analysierte und kalkulierte Nährstoffgehalte der Rationen wurden anhand ihrer Analysenspielräume abgeglichen. Die Saldierung von N und P wurde nach den Vorgaben der DLG von 2014 durchgeführt.
Die Rationen basierten auf Getreide (Gerste, Weizen), SES mit 44 % Rohprotein und Mineralfutter (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1: Zusammensetzung der Versuchsrationen und kalkulierte Nährstoffgehalte (Angaben pro kg bei 88 % TM)

Tierausfälle und medikamentöse Behandlungen
Insgesamt wurden 3 Tiere medikamentös behandelt. Alle Behandlungen fanden vor der versuchsrelevanten Futterumstellung ab 100 kg LM statt. Es schieden 2 Tiere vor der letzten Futterumstellung aus dem Versuch aus. Während des Versuchs trat verstärkt Schwanz- und Flankenbeißen auf. Bis zur Futterumstellung bei 100 kg LM war die Hälfte der Buchten davon betroffen. Ein Tier musste deshalb aus dem Versuch genommen werden. In der versuchsrelevanten Phase ab 100 kg LM war jeweils noch eine Bucht pro Versuchsgruppe betroffen.
Futteranalysen
Die analysierten Nährstoffgehalte und ermittelten Gehalte an ME der eingesetzten Futtermischungen sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden diese auf Trockenfutter mit 88 % TM korrigiert. Im Anfangs-, Mittel- und Endmastfutter A stimmten die analysierten Gehalte der Inhaltsstoffe im Rahmen ihrer Analysenspielräume gut mit den kalkulierten Werten überein oder lagen beim Threonin im Anfangsmastfutter bzw. beim Kalzium im Mittel- und Endmastfutter A nur knapp außerhalb. Beim Endmastfutter B stimmten mit Ausnahme des Rohproteins die analysierten Gehalte der Inhaltsstoffe im Rahmen ihrer Analysenspielräume ebenfalls mit den kalkulierten gut überein bzw. lagen beim Lysin und Threonin knapp außerhalb.
Mastleistungen, Futter- und ME-Effizienz
Die Mastleistungen, der Futterverbrauch sowie der Futteraufwand pro kg Zuwachs sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Abbildung 2 zeigt den Verlauf der LM-Entwicklung bis zum letzten Schlachttermin.
Tägliche Zunahmen
In der Fütterungsphase bis ca. 100 kg LM waren die täglichen Zunahmen trotz gleichen Futters in der Testgruppe mit 892 g signifikant höher als in der Kontrollgruppe mit 871 g. Dieser Unterschied ließ sich aber nur ganz knapp statistisch absichern (p=0,046). Ab 100 kg LM waren die täglichen Zunahmen in der Kontrollgruppe mit 673 g signifikant höher als in der Testgruppe mit 568 g. Im Mittel der Mast lagen die täglichen Zunahmen mit 826 g in der Kontroll- und 820 g in der Testgruppe auf einem für das Staatsgut Schwarzenau eher niedrigem Niveau. Der Unterschied war statistisch nicht signifikant.
Abbildung 2 zeigt den Verlauf der LM-Entwicklung bis zum letzten Schlachttermin.
Zunahmen und Futterverwertung wurden in der Gruppe ohne Eiweißfutter im Endmastbereich deutlich schlechter

Von Mastbeginn bis 100 kg LM wurde in beiden Gruppen bei gleichem Futter rund 2,4 kg pro Tier und Tag verbraucht. Betrachtet man den versuchsrelevanten Abschnitt von 100 bis 120 kg LM, so zeigten sich auch hier mit 2,5 kg in der Kontroll- und 2,6 kg in der Testgruppe keine Effekte auf den Futterverbrauch. Auch im Mittel der Mast wurde mit 2,4 kg in der Kontroll- und 2,5 kg in der Testgruppe kein signifikanter Unterschied auf den Futterverbrauch pro Tier und Tag gefunden. Abbildung 2 zeigt den Futterverbrauch in den einzelnen Versuchswochen.
Von Mastbeginn bis 100 kg LM wurde in beiden Gruppen mit 2,7 kg Futter der exakt gleiche Werte beim Futteraufwand pro kg Zuwachs ermittelt. Betrachtet man den relevanten Abschnitt von 100 bis 120 kg LM, so war der Futteraufwand pro kg Zuwachs in der Testgruppe mit 4,96 kg signifikant höher als in der Kontrolle mit 3,86 kg. Anzumerken ist, dass in dieser Mastphase nicht mehr alle Mastbuchten durchgängig belegt waren. So waren in der letzten Mastwoche nur noch 5 von ursprünglich 16 Buchten belegt. Im Mittel ergaben sich mit 2,95 kg in der Kontroll- und mit 3,06 kg in der Testgruppe keine signifikanten Unterschiede beim Futteraufwand pro kg Zuwachs.
In Abbildung 3 ist der Verbrauch der einzelnen Rationskomponenten pro Mastschwein dargestellt. In der Testgruppe wurde zwar knapp 3,5 kg weniger an SES verbraucht, jedoch stieg der Verbrauch an Weizen um 7 kg und der an Gerste um knapp 2 kg an. Zudem wurden auch rund 2 kg mehr an dem besser mit Aminosäuren ausgestatteten und somit teureren Mineralfutter zulasten des einfacheren Mineralfutters verbraucht.
Tabelle 3: Lebendmassen, Mastdauer, tägliche Zunahmen, Futterverbrauch, ME-Aufnahme, Futter- und ME-Effizienz sowie N- und P-Saldierung (LS-Means)

Auf das Schlachtgewicht (SG), die Ausschlachtung sowie die Schlachtkörperlänge zeigte sich kein Effekt der Fütterung. Beim bezahlungsrelevanten Muskelfleischanteil (MFA) sowie allen weiteren untersuchten Schlachtkörpermerkmalen war hingegen ein signifikanter Effekt der Fütterung zu erkennen. So wurden in der Kontrollgruppe 60,3 % und in der Testgruppe 59,4 % MFA ermittelt. Zu diskutieren ist, ob weniger limitierende essenzielle bzw. semiessenzielle Aminosäuren hier begrenzend wirkten bzw. ob in diesem Zusammenhang auch die Höhe des ME-Gehalts im Endmastfutter ohne SES und das daraus resultierende Verhältnis von Lysin zu ME eine Rolle spielten.
Die SG lagen mit wenigen Ausnahmen (3 Tiere) im optimalen Bereich. Im Mittel ergab sich bei Verzicht auf SES ab 100 kg LM ein nahezu gleicher Auszahlungspreis pro kg SG, da MFA-Anteile über 61 % nicht honoriert wurden. Die Differenz betrug dabei weniger als einen Cent pro kg Schlachtgewicht.
Stickstoff- und Phosphorsaldierung
Die N- und P-Saldierung ist in Abbildung 4 dargestellt. Sowohl beim N als auch beim P gab es keine signifikanten Unterschiede bei der Aufnahme, beim Ansatz und der Ausscheidung. Die N-Ausscheidung war mit 3003 g gegenüber 3162 g in der Testgruppe um 5 % geringer. Demgegenüber war die P-Ausscheidung mit 576 g gegenüber 538 g in der Testgruppe um 7 % höher.
Gülleanfall und Gülleinhaltsstoffe
Nach Ende des Versuchs wurde eine Güllemenge von 54,8 m³ in der Testgruppe ermittelt. In der Kontrollgruppe lief ein Teil der Gülle während des Versuchs ab, so dass nur in einem Kanal die Gülle mit 27,2 m³ ermittelt werden konnte. Unter Berücksichtigung der Anzahl an eingestallten Tieren wurden pro Mastschwein 0,59 m³ Gülle in der Test- und 0,57 m³ in der Kontrollgruppe ermittelt. Die Analysen zu den Gülleinhaltsstoffen sind standardisiert für Gülle mit 5 % TM in Tabelle 5 zusammengestellt. Beim Gesamt-N bzw. NH4-N wurden in der Gülle der Testgruppe um 3,5 bzw. 7,4 % geringere Gehalte analysiert. Trotz des höheren Gehaltes an P im Endmastfutter B wurde in der Gülle der Testgruppe ein um 6,2 % niedriger P-Gehalt ermittelt. Insgesamt waren die Unterschiede zwischen den Güllen gering.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Fazit
Durch den Verzicht auf SES war das Endmastfutter ab 100 kg LM etwa 1,6 € pro Dezitonne preiswerter als das Endmastfutter ab 90 kg LM. Dabei wurden aktuelle Preise für SES, Weizen und Gerste (Stand August 2024, BLW 31/2024) herangezogen und ein um 10 €/dt höherer Preis für das Mineralfutter angenommen. Aufgrund des signifikant ungünstigeren Futteraufwands beim Verzicht auf SES ergaben sich in der Phase ab 100 kg sogar etwas höhere Futterkosten pro kg Zuwachs in der Testgruppe. Unter den gegebenen Versuchsbedingungen ist der Verzicht auf SES ab 100 kg LM aus ökonomischer Sicht somit ein „Nullsummenspiel“. Nachdem sich auch kein signifikanter Vorteil auf die N- und P-Ausscheidungen ergab, ist ein Fütterungsverfahren, wie es in vorliegender Untersuchung geprüft wurde, weniger zu empfehlen, zumal sich nachteilige Effekte auf die Schlachtkörpermerkmale zeigten.