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Effizienz von Fleckviehkühen bei differenzierter Zuchtzielgestaltung
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Durch züchterische Maßnahmen und Verbesserungen in der Fütterung, Haltung und im Tiergesundheitsmanagement ist die Milchmengenleistung pro Kuh und Jahr in den letzten vier Jahrzehnten auch in der Fleckvieh(FL)-Population im klassischen Zweinutzungstyp (Milch-Fleisch) deutlich gestiegen.

Die Zucht auf eine höhere Milchmengenleistung führte aufgrund einer positiven genetischen Beziehung zwischen Milchleistung und Lebendmasse – wie Krogmeier (2009) von der LfL in Grub frühzeitig belegte – auch zu schwereren und größeren Fleckviehkühen (FL-Kühen).

In der Tat sind die mittleren Körpermassen von FL-Kühen (im Zweinutzungstyp) – im Vergleich zu anderen Rassen – seit Jahren bemerkenswert hoch.

So ermittelten Mödel et al. (2019) eine mittlere Körpermasse von FL-Kühen (mit ca. 2,5 Laktationen) von 770 bis 780 kg in der Triesdorfer FL-Herde. Nolte (2019) berichtet über eine mittlere Körpermasse (bei Haltung unter einheitlichen Bedingungen in der Versuchsherde Oberschleißheim) von 681 kg für reinrassige Holstein (H)-Kühe und 794 kg für reinrassige FL-Kühe. Zugehörige Kreuzungstiere (mit 50 % H und 50 % FL-Genanteil) wogen im Mittel ca. 746 kg. Der mittlere Körpermassezuwachs der Kühe von der ersten zur zweiten Laktation betrug ca. 49 kg. Der Körpermassezuwachs von der 1. bis zur 4. Laktation erreichte sogar über 76 kg.

Nachzutragen bleibt, dass die züchterischen Aktivitäten im FL-Bereich seit Jahrzehnten auf einen Zweinutzungstyp (Milch-Fleisch) ausgerichtet sind. Auch existiert eine Besonderheit in der globalen Fleckviehzucht: das zusätzliche Vorhandensein qualitativ hochwertiger Zuchtpopulationen im spezialisierten Fleischrindertyp (= FF-Typ, auch Fleckvieh-Simmental-Typ oder in Nordamerika einfach ‚Simmental Beef Cattle‘ genannt).

Eine sehr alte Fleckviehkuh auf ihren Heimweg von der Weide in den Stall.

Futterwirtschaftliche Kenngrößen bei differenzierter Zuchtzielgestaltung

Der zu nutzende Milchkuhtyp kann bei gleicher Produktivität sehr verschieden sein.

Abbildung 1 zeigt differenzierte Zuchtzielvarianten (ZV) hinsichtlich Milchleistung und Körpermasse bei konstanter Erzeugung von ca. 8600 kg energiekorrigierter Milchmenge (EKM) je Kuh/Laktation; dem aktuellen Leistungsniveau in der bayerischen FL-Population.

Eine vergleichbare Produktivität der FL-Kühe kann – bei höheren Inhaltsstoffen und geringerer Milchmengenleistung – auch gut mit leichteren Kühen sichergestellt werden (Abb. 1).

Von praktischem Interesse sind vor allem aber die zugehörigen futterwirtschaftlichen Kenngrößen (Futtereffizienz bzw. -kosten) sowie die zugehörige Methanemission (aus der Verdauung) bei Anwendung verschiedener ZV (Abb. 1).

Diese Kennwerte können gut aus den gültigen Bedarfsnormen zur Nährstoffversorgung der Milchkühe (GfE 2001) sowie umfassend wissenschaftlich belegten Zusammenhängen zwischen der Methanbildung (= CH4-Emission) und der Futteraufnahme abgeleitet werden.

Futterenergieeffizienz (nachfolgend dargestellt als kg EKM je MJ NEL-Aufnahme) und Methanemission (CH4 je kg EKM) unterscheiden sich je nach Kuhtyp; trotz einheitlich erzeugter energiekorrigierter Milchmengen (kg EKM).

Abb. 1

Der leichtere Milchkuh-Typ mit hohen Inhaltsstoffen ist gegenüber dem schwereren Milchkuhtyp mit hoher Milchmengenleistung und geringen Inhaltsstoffen aus futterwirtschaftlicher Sicht (= kg EKM je MJ NEL) deutlich im Vorteil (Abb. 1).

Neben der weiteren Verbesserung der Futtereffizienz besteht in der (künftigen) Zuchtarbeit beim Fleckvieh auch die Notwendigkeit, unerwünschte CH4-Emissionen weiter zu reduzieren.

Aus züchterischer Sicht ist es nicht nur wirtschaftlich interessant, eine konzentriertere Milch zu erzeugen, sondern dieser Zuchtansatz trägt gleichzeitig dazu bei, die CH4-Emissionen zu reduzieren (Abb. 1).

Leider wird dieser Aspekt jedoch in der aktuellen Zuchtzielgestaltung bei Fleckviehkühen immer noch ignoriert und ausschließlich die Milchfett- und Eiweißmenge – ohne notwendige Beachtung der zugehörigen Milchinhaltsstoffe und der Körpermasse – züchterisch-ökonomisch bewertet.

Zu erwähnen bleibt, dass neben einer gezielten Zuchtarbeit auf eine verbesserte Futtereffizienz innerhalb der FL-Population (= Reinzucht) eine verbesserte körpermassebezogene Milchleistung auch kurzfristig durch eine gezielte Kreuzungszucht (z.B. mittels Nutzung von gesextem Sperma (= ♀-Sperma) bester Dänischer Jerseybullen) erreicht werden kann (Abb. 2).

Abb. 2: Futterenergieeffizienz und erwartete Methanbildung in der Milcherzeugung mit differenzierten Rassen/Genotypen – eigene Berechnungen

Allerdings wird eine systematische Kreuzungszucht mit Dänischen Jerseybullen zwecks Erzeugung hocheffizienter Kreuzungskühe (DJ x FL) selten von den vor Ort tätigen süddeutschen bzw. österreichischen Besamungsstationen unterstützt.

Die Vorzüge liegen jedoch auf der Hand (Abb. 2), auch deshalb, weil ältere Kreuzungskühe (DJ x FL) wieder gut mit Fleischrindbullen (zwecks Erzeugung von Masthybriden) angepaart werden können.

Verlängerung der Nutzungsdauer

In der aktuellen Zuchtarbeit gewinnt generell auch die Nutzungsdauer der Kühe (wieder!) wachsende Bedeutung. So kann einerseits der Futteraufwand zur Kuhbestandsreproduktion reduziert und andererseits mehr männliche Nachkommen zur Bullenmast (mittels Y-Chromosom-vorselektierten Sperma) je Milchkuh erzeugt werden (Tab. 1).

Leider lässt der beobachtete Trend bezüglich der Nutzungsdauer von FL- oder auch Holstein (H)-Milchkühen beispielsweise in Bayern, aber auch in anderen Regionen, seit Jahren kaum positive Veränderungen erkennen (Abb. 3).

Abb. 3 Nutzungsdauer von Milchkühen in Bayern in Abhängigkeit von der Rasse im Zeitraum 1977 bis 2021

Eine verlängerte Nutzungsdauer verbessert gleichzeitig die Futtereffizienz in der Milcherzeugung deutlich (Abb. 4).

Abb. 4: Futterenergieeffizienz (kg EKM je MJ NEL einschließlich Aufzuchtanteil) in der Milcherzeugung mit Fleckviehkühen bei differenzierter Zuchtzielgestaltung und unterschiedlich langer Nutzungsdauer der Milchkühe – eigene Berechnungen

Weitere wirtschaftliche Reserven sind durch die zusätzliche Erzeugung von männlichen Mast(hybrid-)kälbern gegeben (Tab. 1). So bietet sich an, die Besonderheit der Fleckviehzucht systematisch zu nutzen: das Vorhandensein einer qualitativ hochwertigen Fleisch-Fleckviehpopulation (FF) mit exzellenter Mast- und Schlachtleistung, insbesondere hoher Schlachtausbeute, bei weiterer Sicherstellung der ‚Weißköpfigkeit‘ als Marketing- und Qualitätslabel (Tab. 1).

Tab. 1: Struktur der Fleischerzeugung bei differenzierter Nutzungsdauer der Kühe und Gestaltung der Anpaarung

Eine Verlängerung der Nutzungsdauer auf vier Laktationen – mit konsequenter Einbeziehung von geschlechtssortiertem Sperma – erhöht den möglichen Zuchtfortschritt im reinrassigen FL-Kuhbestand (= durch intensivere Auslese der geeignetsten Muttertiere) und bietet die Chance zusätzlich mindestens ein Mastbullenkalb (= ein Masthybrid vom Typ ‚Fleischrindbulle x FL-Kuh‘) zu erzeugen (Tab. 1).

Zur Masthybriderzeugung sind vorrangig die älteren, weniger wertvollen Kühe geeignet.

Gleichzeitig kann durch die konsequente Erzeugung weiblicher Kälber (= mittels bevorzugter Nutzung von geschlechtssortiertem ♀-FL-Sperma im Jungrinderbereich) der Anteil von Schwer- und Totgeburten bei Erstlingskühen reduziert werden. Ganz im Sinne eines verbesserten Tierwohls im FL-Kuhbestand!

Eine künftig konsequentere Nutzung von geschlechtssortiertem Sperma bietet damit auch im FL-Bereich die Chance auf volatile Milch- und Kälbermärkte betriebswirtschaftlich sinnvoll zu reagieren (Tab. 1). 

FAZIT

  • Der Ressourceneinsatz gewinnt in der Milcherzeugung an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund sind Korrekturen im aktuellen FL-Zuchtprogramm angezeigt.
  • Die Erzeugung einer konzentrierteren Milch ist effizienter als eine Erzeugung von „dünner“ Milch und besitzt darüber hinaus Vorzüge im Hinblick auf die regelmäßig entstehenden CH4-Emissionen und Transportkosten.
  • Die Wirtschaftlichkeit der Fleckviehkuh wird neben den Produktionsmerkmalen und der Nutzungsdauer auch von der mittleren Körpermasse der genutzten Milchkühe bestimmt.
  • Eine Verlängerung der Nutzungsdauer der FL-Milchkühe in praxi bietet die Chance – bei gleichzeitiger Nutzung von geschlechtssortiertem Bullensperma –, den möglichen Zuchtfortschritt im reinrassigen FL-Kuhbestand zu erhöhen, den Schwer- und Totgeburtenanteil bei Erstlingskühen zu reduzieren und darüber hinaus, gezielt männliche Masthybriden zu erzeugen.
  • Das Vorhandensein sowohl einer qualitativ hochwertigen FL-Population (Zuchtziel: Milch-Fleisch) als auch einer spezialisierten Fleisch-Fleckviehpopulation (Fleckvieh-Simmental) bietet einmalige Chancen für die gesamte Fleckviehzucht.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Wilfried Brade,
ehemaliger Professor für Tierzucht an der TiHo Hannover;
aktuell: Norddeutsches Tierzuchtberatungsbüro

(Foto: W. Brade)
(Das Literaturverzeichnis ist beim Autor erhältlich)