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DLG-Merkblatt 451 empfiehlt modernisierten Milchkontrollbericht für die Fütterungskontrolle
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Es kann nur hinten herauskommen, was vorher gefressen wurde. Das gilt für Kot und Harn, aber auch für das eigentliche Ziel, die Milch. In welchen Mengen und Anteilen des Nutzens dies geschieht, zeigt wie effektiv das Futter verwertet wurde und wird durch die Qualität der Fütterung entschieden. Mit gutem Grobfutter und einer optimal abgestimmten Ergänzung durch Konzentrat- und Mineralfutter muss in erster Linie der Pansen mit seinen Mikroorganismen in die Lage versetzt werden, das gefressene Futter möglichst vollständig aufzuschließen und der Kuh viel verdauliche Nährstoffe bereitzustellen. 

Wie wirksam das gelingt, kann an der Kuh, ihrer Gesundheit und Leistung und an der Milchzusammensetzung abgelesen werden. Die Nutzung und Interpretation von Milchkontrolldaten ist daher ein wesentlicher Bestandteil der Produktionskontrolle im Bereich der Fütterung und zunehmend auch in der Kontrolle der betrieblichen Nährstoffbilanzen. Produktionskontrolle heißt Messen, fachkundige Interpretation und Justierung und ist Routinebestandteil des Produktionsprozesses.

Bewertung der Milchinhaltsstoffe war Beginn routinemäßiger Fütterungskontrolle in der Herde

Die bisherigen Vorgaben zur Nutzung der Milchkontrolldaten für die Bewertung des Fütterungserfolgs gehen auf Arbeiten der 80er Jahre zurück. Milchleistung und Milchinhaltsstoffe werden unmittelbar durch die Fütterung beeinflusst, dessen war und ist sich jeder Milchviehhalter bewusst. Revolutionierend war, die tägliche Milchmenge und die Konzentration der wesentlichen Inhaltsstoffe Milcheiweiß, Milchfett, Milchharnstoff und deren Veränderungen von einer Kontrolle zur nächsten direkt in den Kontext zur Fütterung zu stellen und somit für eine objektive Bewertung nutzbar zu machen. So konnten anhand des Milcheiweißgehaltes regelmäßig Aussagen zur Versorgung der Herde mit Futterenergie und über den Milchharnstoffgehalt zur Versorgung der Herde mit Futtereiweiß getroffen werden.

Begünstigend für die Entwicklung dieses routinemäßigen Kontrollinstrumentes waren die regelmäßig im Betrieb vorgenommenen Kontrollen der wichtigsten Leistungsgrößen Milchmenge, Milchfett und Milcheiweiß und der bundesweit gleich hohe Standardisierungsgrad der Milchanalytik in den Untersuchungseinrichtungen. Charakteristisch für diese bisherige Beurteilung des Fütterungserfolges ist die Nutzung fester Wertebereiche des Milcheiweiß-, des Milchfett- und des Milchharnstoffgehaltes für Aussagen zur Unter- oder Überversorgung mit Futterenergie, Futterprotein und wiederkäuergerechten Futterkomponenten. Der Milcheiweißgehalt erlaubte Aussagen zur passenden Energieversorgung und der Milchharnstoffgehalt zur Eiweißversorgung. Auch der Milchfettgehalt wurde mit festen Grenzwerten zur Einschätzung der Fütterungssituation herangezogen, in der frühen Laktation sollte er möglichst niedrig und in der fortgeschrittenen Laktation durfte er nicht zu niedrig sein.

Überarbeitung war dringend geboten

Seit Ende der 80er Jahre hat sich die Leistungsfähigkeit der Milchkühe fast verdoppelt. Dies ist zu einem großen Teil auf deutliche Verbesserungen der allgemeinen Haltungsbedingungen der Kühe in Richtung besseren Wohlbefindens, verbesserter Fütterungsarbeit und Futterqualitäten und des Umgangs mit den Tieren zurückzuführen. Bisher ungenutzt blieb die Erkenntnis, dass der Milchfett- und Milcheiweißgehalt einem Verdünnungseffekt mit zunehmender täglicher Milchbildung unterliegen. Das heißt, dass bei hohen Milchleistungen Milcheiweiß- und Milchfettgehalt geringer sein dürfen. Das passt nicht zur Nutzung fixer Werte bei der Beurteilung der Versorgungslage und deckte sich zunehmend mit den Beobachtungen der Landwirte, dass es ihren Kühen trotz „dünner“ Milch gut geht. Ein besonderer Aspekt bei der Nutzung der Aussagen aus den Milchinhaltsstoffen Fett und Eiweiß ist der hohe Wert für die Züchtung.

Aus physiologischer Sicht sind aber Veränderungen des Verhältnisses von Milchfett- und Milcheiweißgehalt bei ein- und derselben Kuh durchaus in Beziehung zu setzen, einerseits zu einer unzureichenden Futteraufnahme, die zum übermäßigen Abbau von Körperfettreserven geführt hat oder andererseits in die andere Richtung zu einer unzureichenden Versorgung mit verdaulichen Strukturkohlenhydraten, welche die Pansenaktivitäten einschränkt und die Milchfettbildung begrenzt. Eine Überversorgung mit Eiweißfuttermitteln ist unwirtschaftlich und vor allem umweltschädlich.

Neuere Erkenntnisse zeigen, dass eine bedarfsgerechte Versorgung des Pansens und der Kuh sich schon in geringeren Milchharnstoffgehalten als bisher widerspiegeln muss. Ein Festhalten an höheren Milchharnstoffgehalten und damit hohen Rohproteinanteilen im Futter aus Gründen der Produktionssicherheit oder als Zugeständnis an die Weidenutzung ist betriebswirtschaftlich nicht haltbar, tiergesundheitlich anzuzweifeln und umweltpolitisch nicht zukunftsfähig. Auch tolerieren Pansen und Kuh eine in gewissem Rahmen gezielt geringere Versorgung mit Futterrohprotein ohne nennenswerte Leistungseinbußen, so dass Zielstellungen unterschiedlicher Wirtschaftsweisen der Milchviehhaltung entsprochen werden kann.

Mittlerweile rückt die bedarfsgerechte Milchkuhfütterung immer mehr in den Fokus nicht nur der öffentlichen Tierwohlbetrachtung, weil sie unmittelbar die Tiergesundheit berührt, so dass auch hierfür zutreffende und praktikable Indikatoren bereitgestellt werden müssen. Die Einschätzung einer tier- und leistungsgerechten Energieversorgung, die wiederkäuergerechte Protein- und Strukturversorgung stehen hier im Vordergrund. 

Eine Neufassung des Bewertungsrahmens der Milchleistung im Hinblick auf die Fütterungsbeurteilung war daher dringend geboten. Zudem sollte der Rasseaspekt berücksichtigt werden. Sind z. B. die Fleckviehkühe anders zu beurteilen oder wie sieht es mit der sehr inhaltsreichen Milch der Jersey-Kühe aus?

Was ist neu?

Mit einer sehr umfangreichen, sorgfältig und gewissenhaft durchgeführten Studie anhand von mehr als 8 Millionen aktuellen Milchkontrolldaten aus der gesamten Bundesrepublik und Luxemburg haben sich alle mit der Durchführung der Milchkontrollen betrauten Verbände, die im Rahmen der DLG organisierte Fütterungsberatung sowie die Wissenschaft diesem Problem gestellt. Es wurde ein neues Konzept erarbeitet und dieses an den bundesweiten Versuchsergebnissen zu Fütterung, Stoffwechsel und Milchleistung aus dem BLE-Projekt optiKuh sowie Praxisdaten der RinderAllianz GmbH zu Milchleistungsdaten und Tiergesundheit/Fruchtbarkeit überprüft. Vom DLG-Arbeitskreis Futter und Fütterung und bundesweit von den Landeskontrollverbänden bestätigt, wurden die Ergebnisse und neuen Empfehlungen im DLG-Merkblatt 451 „Milchkontrolldaten zur Fütterungs- und Gesundheitskontrolle bei Milchkühen“ ausführlich beschrieben und damit öffentlich gemacht.

Gegenwärtig werden die neuen Empfehlungen in den Landeskontrollverbänden, den Organisationen der Fütterungsberatung in den Bundesländern, in der wirtschaftsgebundenen Fütterungsberatung und in der agrarwissenschaftlichen bzw. beruflichen Ausbildung umgesetzt.

Im Vordergrund stehen die Futterenergie- und die Futtereiweißversorgung der milchleistenden Kühe. Wenn bisher ein möglichst hoher Milcheiweißgehalt Ausdruck der hohen energetischen Leistungsfähigkeit des gefressenen Futters war, ist das nicht plötzlich falsch. Auch ist im Gegenzug ein geringerer Milcheiweißgehalt immer mit einer geringeren energetischen Leistungsfähigkeit der Fütterung zu verbinden. Jedoch zeigte die Erfahrung und belegen die neuen Auswertungen, dass bei der Bewertung der Milchinhaltsstoffe immer auch die Milchmenge zu berücksichtigen ist. Mit steigender Milchleistung gibt die Kuh zwar mengenmäßig mehr Milcheiweiß und Milchfett ab, aber die Milch wird trotzdem „dünner“. Das wird mit dem neuen Bewertungsrahmen berücksichtigt, d.h. mit zunehmender Leistung werden geringere Milchfett- und Milcheiweißgehalte als normal anzusehen sein und umgekehrt.

Die genetische Variabilität der Kühe wird dadurch berücksichtigt, dass es für jede Milchmenge nicht nur einen Normalwert für den Fett- und für den Eiweißgehalt gibt, sondern einen Normalbereich mit Ober- und Untergrenze, im neuen Konzept als Eiweiß- bzw. Fettmaximum und -minimum (Emax und Fmax sowie Emin und Fmin) benannt (Übersicht 1).

Übersicht 1: Normalwert und Normalbereich zwischen dem Minimal- und Maximalwert des Milcheiweiß- und Milchfettgehalts in Beziehung zur täglichen Milchleistung von Kühen der Rassen Deutsche Holstein und Fleckvieh

Entscheidend für die Bewertung einer Energieunterversorgung oder -optimalversorgung sind das Mengen- oder Konzentrations-Verhältnis zwischen Milchfett und Milcheiweiß, ob im Milchkontrollergebnis der einzelnen Kuh oder der Herde bzw. Kuhgruppe.

Hohe Milchfettgehalte entstehen oft durch den schnellen Abbau von Körperfettreserven, die eigentlich als Energiereserven in Futtermangelsituationen dienen sollen. Ein Teil dieses abgebauten Körperfettes wird aber unmittelbar als Fettquelle für die Milchbildung genutzt. Je mehr und schneller Körperfett eingeschmolzen wird, umso mehr erscheint davon als unverarbeitete Fettbestandteile in der Milch. Andererseits fehlt bei Futtermangel die Energie für die mikrobielle Eiweißbildung in den Vormägen der Kuh. Im Extremfall wird auch bereits verdautes Eiweiß als Energiequelle für den Stoffwechsel umgenutzt und fehlt als Eiweißbaustein für die Milchbildung, so dass in der Folge der Milcheiweißgehalt gering bleibt oder sogar zurückgeht. Im Ergebnis klafft das Verhältnis von Fett und Eiweiß, der Fett-Eiweiß-Quotient FEQ, auseinander. FEQ von 1,4 und mehr sind daher als Energiemangelsituation zu bewerten. FEQ unterhalb von 1,4 sind als optimale Energieversorgung zu interpretieren. Eine Mangelsituation ist verstärkt in den ersten Tagen und Wochen nach der Abkalbung, aber auch nach einer Umgruppierung, verbunden mit krassem Futterwechsel oder beim Festliegen zu erwarten. Tiere mit solch erhöhten Werten sind also besonders in Augenschein zu nehmen. Ist der Anteil von Kühen mit erhöhtem FEQ in einer Haltungsgruppe oder in einem Laktationsabschnitt besonders hoch, beispielsweise in der Frischmelkergruppe, sind Futter, Fütterung und das Management der Kühe zu überprüfen: Warum fressen die Kühe zu wenig? Auf extremen Energiemangel, der von Ketose begleitet wird, kann ein zusätzlich sehr niedriger Milcheiweißgehalt, d. h. unterhalb des Normalbereiches zwischen Emin und Emax oder ein zusätzlich sehr hoher Milchfettgehalt, d.h. oberhalb des Normalbereiches zwischen Fmax und Fmin, hinweisen.

Die Eiweißversorgung der Kuh erfolgt nicht direkt über das Protein des Futters. Ein Wiederkäuer kann nur diejenigen Aminosäuren nutzen, die im Dünndarm ankommen und dort verdaut werden. Hauptquelle dafür sind die in den Vormägen gebildeten Mikroben, die den größten Teil des Futters vorverdauen, sich davon ernähren und wachsen. Sie gelangen mit dem Verdauungsbrei in den Darm und sind selbst hoch verdaulich. Entscheidend für das Wachstum der Mikroben im Pansen ist wiederum die ihnen zur Verfügung stehende, also dort bereits abgebaute Futterenergie. Wenn dafür gleichzeitig genügend Futtereiweiß abgebaut wird, wachsen sie optimal und stellen hohe Mengen Mikrobenprotein für die weitere Verdauung der Kuh bereit.

Ist der Futterproteingehalt sehr hoch und die freigesetzte Energiemenge im Pansen zu niedrig, kann nicht alles im Pansen zu Ammoniak abgebaute Futtereiweiß genutzt werden. Das dann überschüssige Ammoniak wird leicht schon über die Pansenwand in das Blut resorbiert. Dort ist es aber für den Körper giftig und wird daher in der Leber zu Harnstoff umgebaut und dem Blut wieder übergeben. Es wird letztendlich über die Niere in den Harn und in geringerer Konzentration als Milchharnstoff abgegeben. Daher ist der Milchharnstoffgehalt ein Maß für die Rohproteinversorgung mit dem Futter und darüber hinaus ein Maß für die Entsorgungsmenge an ungenutztem Futterstickstoff.

Ist viel pansenverfügbare Energie im Futter, aber zu wenig im Pansen abbaubares Protein, fehlt Ammoniak als Baustein für den mikrobiellen Eiweißaufbau. Dafür kann aus dem Blutkreislauf Harnstoff in den Pansen zurückgeholt (rezykliert) werden, der dort zu Ammoniak umgewandelt wird und wieder als Stickstoffquelle zur Verfügung steht. Das wiederum senkt den Harnstoffgehalt im Blut, in der Milch und im Harn. Die Kuh ist also in bestimmten Umfang in der Lage, Mangel als auch Überschuss an Energie und Protein unschädlich auszugleichen. Dafür hat sie sich als Tierart in ihrer evolutionären und züchterischen Entwicklung physiologische Mechanismen angeeignet. Über diese physiologisch normale Regulationsfähigkeit hinaus aber nimmt die Gefahr gesundheitlicher Schäden und das Risiko von Leistungsdepressionen zu.

Die neue 6-Felder-Tafel, in Anlehnung an eine vorher verwendete 9-Felder-Tafel, gibt einen Überblick über die Energieversorgung und die Proteinversorgung, Erstes anhand des FEQ und Zweites anhand des Milchharnstoffgehaltes der Herde bzw. Kuhgruppe (Übersicht 2).

Übersicht 2: Punktediagramm nach neuer Fütterungsbewertung für einen Beispielbetrieb mit Kühen der Rasse Deutsche Holstein (aus DLG-Merkblatt 451)

Die Obergrenze für eine bedarfsentsprechende Proteinversorgung zeigt ein Milchharnstoffgehalt von 250 mg/Liter (in der Vergangenheit: 300 mg/Liter) an. Die untere Abgrenzung zeigt ein Milchharnstoffgehalt von 150 mg/Liter Milch an. Bekannt von der 9-Felder-Tafel ist, dass optisch nach oben hin (höhere Milcheiweißgehalte) eine bessere Energieversorgung angezeigt wird. Dem wird mit der Umkehr des FEQ an der linken Achse entsprochen. FEQ < 1,4 (nach oben) zeigen eine mindestens optimale Versorgung mit Futterenergie an. Ein Luxuskonsum mit Futterenergie anhand eines besonders niedrigen FEQ lässt sich jedoch nicht eindeutig abgrenzen. Deshalb unterbleibt die Darstellung einer „Überversorgung“ an dieser Stelle. Eine Mangelversorgung mit Futterenergie, ob infolge einer zu energiearmen Ration oder einer zu geringen Futteraufnahme im Verhältnis zum Energiewert der aktuellen täglichen Milchbildung zeigt der untere Bereich der Tafel, also oberhalb des FEQ 1,4.

Um einem Hinweis auf energetischen Luxuskonsum einzelner Kühe nachgehen zu können, kann trotzdem die Überschreitung des oberen Normalbereiches (Emax) insbesondere im letzten Laktationsdrittel genutzt werden.

Ein solcher Hinweis ist dann aber durch Einbeziehung weiterer Indikatoren, wie Verfettung (z. B. starke Zunahme der Körperkondition), zu verifizieren. Solche Kühe werden innerhalb der 6-Felder-Tafel entweder durch veränderte Symbolik oder farblich anders gekennzeichnet. Im ersten Laktationsdrittel sind solche Aussagen dagegen nicht relevant.

Auch der Hinweis auf eine strukturarme Fütterung kann mit einem niedrigen FEQ nicht zwingend erklärt werden. Diesem Problem sollte eher nachgegangen werden, wenn vermehrt Fettgehalte unterhalb des Normalbereiches (Fmin) in einer Kuhgruppe auftauchen. Sie erklären sich möglicherweise durch einen zu geringen Anteil an für die spätere Fettneubildung (de novo-Synthese) notwendiger Essigsäure im Pansen. Ein solches Phänomen tritt auf, wenn zu faser- bzw. zu strukturarm gefüttert wird, was vorzugsweise in energiereichen Rationen zu erkennen ist, die andererseits zu hohen Milcheiweißgehalten führen. Auch ist nicht auszuschließen, dass Kühe genetisch geprägt eine hohe Eiweiß- und eher niedrige Fettleistung aufweisen. Hier sollten zusätzlich immer andere Indikatoren mit zu Rate gezogen werden, wie z. B. gehäuftes Auftreten sehr dünnen Kotes bzw. eine unzureichende Wiederkauaktivität. Auch ist der Anteil der physikalisch effektiven NDF (peNDF) mit der Schüttelbox zu prüfen.

Ein FEQ oberhalb von 1,4 soll auf einen Energiemangel hinweisen.

Im Extremfall führt der Ausgleich eines geringen Energieverzehrs durch den Abbau von Körperfettreserven zur Ketose. Um diesbezüglich besonders gefährdete Tiere herauszufinden, gibt es einen zusätzlichen Hinweis bei den Tieren mit einem FEQ > 1,4, die zusätzlich einen „unnormal“ hohen Milchfettgehalt (Fmax) oder einen unnormal niedrigen Milcheiweißgehalt (Emin) aufweisen. Auch diese Kühe werden in der unteren Hälfte der 6-Felder-Tafel durch veränderte Symbolik oder farblich anders gekennzeichnet. Hier gilt es, schnell weitere Indikatoren, wie z. B. eine ausbleibende Milchleistungssteigerung in den ersten Laktationstagen, das Tierverhalten, die Ausprägung der Hungergrube und eine ggf. schnelle Abnahme der Körperkondition zu Rate zu ziehen und entsprechend zu handeln.

Nicht nur die Betrachtung einzelner Kühe steht im Vordergrund dieser Übersicht. Es gilt umso mehr, Hinweise auf die Qualität der Fütterung für die Herde insgesamt zu finden. Die Punkte, die die einzelnen Kühe einer Herde, einer Kuhgruppe oder sogar der Kühe eines bestimmten Laktationsabschnittes darstellen, sollten möglichst kompakt in der mittleren oberen Tafel verteilt sein. Eine weite Streuung nach links und rechts bzw. oben und unten kann auf eine sehr differenzierte Futtermenge je Tier hinweisen oder auf übermäßige Selektion der Mischration auf dem Futtertisch. Bei automatischer Zufütterung, beispielsweise am Melkroboter, ist die Strategie und Umsetzung der Futterzuteilung zu überprüfen. Unterschiedliche Futteraufnahmen können auch Hinweise auf eine extreme individuelle Futterkonkurrenz und/oder stoffwechselphysiologische Probleme in der Transitphase liefern.

Bei der Bewertung der Milchkontrollergebnisse für den Fütterungserfolg ist der Laktationsabschnitt von entscheidender Bedeutung. Zielführend ist eine Unterscheidung des Harnstoffberichtes oder Fütterungsberichtes, wie der Fütterungsteil des Rückberichts der Milchkontrolle genannt wird, nach Laktationsabschnitten. Zu erwarten ist, dass in den ersten Laktationswochen der FEQ etwas über dem Mittel der Herde liegt. Interessant ist jedoch der Anteil der Tiere, die in den ersten Laktationswochen als energiemangelversorgt angezeigt werden. Beispielsweise ist der Anteil von „Energiemangeltieren“ in den ersten 30 Tagen direkt übersetzbar in Prozent der Herde, weil dann dieses Problem alle Tiere, die diesen Abschnitt durchlaufen sind, einmal hatten. Ein erstes Benchmarking sollte hier bei nicht mehr als 25 % gesetzt werden (Tabelle 1).

Tabelle 1: Auswertung des Ernährungszustandes der Herde und nach Laktationsabschnitten

Das heißt, mindestens drei Viertel der Herde sollten in dieser Phase kein Energie-Problem haben. Zu beachten ist, dass bei Betrachtung längerer Zeitabschnitte (beispielsweise >=6 bis <= 100 Laktationstage) zu Laktationsbeginn der zu akzeptierende Anteil an „Energiemangeltieren“ geringer wird, weil dann viele Kühe das Problem schon überwunden haben und normale FEQ zeigen.

In späteren Laktationsabschnitten sind überhöhte FEQ-Werte eher ein Hinweis auf krasse Futterumstellungen und damit einhergehend auf unzureichende Futterausnutzung oder aber auf Einzeltiererkrankungen. Deshalb sollte hier ein Benchmarking von Energiemangel nicht anhand des Anteiles an Kühen mit erhöhtem FEQ erfolgen. Ebenso ist die Einschätzung des Risikos einer Verfettung wegen stark erhöhter Milcheiweißgehalte in den ersten 100 bis 150 Melktagen eher unwahrscheinlich. Hohe Milcheiweißgehalte in den ersten Laktationsmonaten sind erwünscht, weisen sie doch auf eine gute Energieversorgung der Tiere hin. Auszunehmen von dieser Einschätzung sind jedoch Einzeltiere, die, aufgrund eines starken aktuellen Abfalls der täglichen Milchleistung, erhöhte Inhaltsstoffe aufweisen. Bei diesen Tieren ist unbedingt auf die aktuelle Milchleistungsentwicklung zu achten und die Ursache des Leistungsabfalls zu finden.

Der Anteil an Kühen mit überhöhten Milchharnstoffgehalten charakterisiert insgesamt die Fütterungsstrategie. Er wird bei hohen mittleren Milchharnstoffgehalten der Tankmilch auch hoch sein und kennzeichnet neben der gesundheitlichen Belastung infolge der „Entgiftung“ mikrobiell ungenutzten, aber im Pansen abgebauten und als Ammoniak verdauten Futterrohproteins, erhöhte Stickstoffausscheidungen mit dem Harn. 

Nicht alle Milchrindrassen können in gleicher Weise anhand ihrer Milchinhaltsstoffe bewertet werden. Zwar sind Kühe des Milchtyps der Rasse Fleckvieh ähnlich einzuschätzen wie Deutsche Holsteins und die Mehrheit der in Deutschland genutzten Milchrindrassen, es gibt jedoch Ausnahmen. So sind z. B. für Kühe der Rasse Jersey deutlich höhere Fett- und Eiweißgehalte üblich, aber auch das normale Verhältnis dieser beiden Inhaltsstoffe verschiebt sich gegenüber den der anderen Rassen nach oben. Angler der alten Zuchtrichtung nehmen eine Zwischenstellung ein (Tabelle 2).

Tabelle 2: Rassespezifischer Fett-Eiweiß-Quotient (FEQ) und Abgrenzung einer Mangel- (>FEQGrenz) von einer optimalen Energieversorgung <FEQGrenz

FAZIT

Mit der Neukonzeption der Auswertung der Milchkontrolldaten im Fütterungsrückbericht kann die Fütterung der Milchkühe erheblich zutreffender beurteilt werden. Wesentlich ist eine zielgenauere Obergrenze des Milchharnstoffgehaltes und die Nutzung des Fett-Eiweiß-Quotienten FEQ. FEQ > 1,4 weisen auf Energiemangel hin. Ein Milchharnstoffgehalt zwischen 150 und 250 mg/Liter Milch zeigt eine bedarfsgerechte Futterrohproteinversorgung an. Für die allgemeine Fütterungskontrolle ist ein Gesamtbild der Herde, der Fütterungsgruppe oder der Kühe einzelner Laktationsabschnitte wichtig. Hier liegt das Augenmerk auf dem Anteil der Kühe, die sich außerhalb der jeweiligen Optimalbereiche befinden.

Energiemangel ist verbunden mit physiologisch ungünstigen Stoffwechselentgleisungen und beeinflusst die Tiergesundheit sowie damit das Wohlergehen der Einzelkuh. Proteinüberversorgung mit dem Futter führt direkt zu höheren Stickstoff-Ausscheidungen mit dem Harn, zu sinkender Futterproteinausnutzung und zu erhöhten Futterkosten.

Milchkontrolldaten fallen regelmäßig und in immer gleicher Qualität an. Deren Nutzung sollte fest in die Fütterungskontrolle als Bestandteil der Produktionskontrolle eingebunden werden.

DER DIREKTE DRAHT

Ansprechpartner
Dr. Bernd Losand
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern
Institut für Tierproduktion Dummerstorf
18196 Dummerstorf
Wilhelm-Stahl-Allee 2

Telefon: 038208/630-314
Fax: 038208/630-311