Die schwarze Soldatenfliege – Hoffnung für die Tierernährung?
Unter dem weiten Begriff des verarbeiteten tierischen Proteins (VTP) fallen auch die Produkte aus unseren Nutzinsekten. Die Hoffnung ist groß, dass sich damit ein großer Teil des leider nicht mehr geschätzten Sojaextraktionsschrotes, für mich immer noch das beste Proteinfutter für unsere Schweine, ersetzt werden kann. Aber auch hier gilt es die Erwartungen zumindest für die nächsten 5-10 Jahre zu dämpfen. Auch wenn 2021 die Wiederzulassung des VTP unter Auflagen für Nichtwiederkäuer durch die EU beschlossen und verkündet wurde, fehlen doch die entsprechenden Mengen und akzeptable Preise, zumindest für Schwein und Huhn. Auch wenn unsere Insektenproteine Vorteile in Nachhaltigkeit und CO2-Fußabdruck mit sich bringen, dürften dem Einsatz deutliche Grenzen gesetzt werden.
Aus den bisher zugelassenen 7 Insektenarten hat sich bei uns die schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens) als Leitinsekt heraus kristallisiert. Mehrere Start-Ups haben sich in Deutschland der Produktion des Insektenmehls aus den Larven der schwarzen Soldatenfliege mittlerweile angenommen (siehe Artikel: „Insektenprotein für Schweine – made by made zeigt wie es geht“).
In der kleinen Artikelserie zum Thema sollen neben den Einsatzmöglichkeiten die Produktion und Versuchsergebnisse beleuchtet werden.
Die schwarze Soldatenfliege
Viele Gründe sprechen nach Wohlfahrt und Sandrock 2023 für die Nutzung der schwarzen Soldatenfliege als Futtermittelinsekt.
- Sie kann ein breites Spektrum von organischen Substanzen als Futter verwerten.
- Sie lässt sich in hohen Dichten ohne Verbiss oder Kannibalismus halten.
- Sie leidet bisher an keinen bekannten Krankheiten, sondern vermag es verschiedene Pathogene in ihrem Umfeld zu reduzieren.
- Sie produziert keine Abwehrgiftstoffe und überträgt keine Krankheitserreger an ihre Umwelt.
- Ihr Fortpflanzungszyklus ist gut zu kontrollieren.
- Sie hat einen hohen Proteingehalt mit günstigem Aminosäureprofil.
Hinzu kommt der kurze Lebenszyklus (vom Ei zum Ei, siehe Abbildung 1) von ca. 6 Wochen. Dies spielt in erster Linie in der Larvenerzeugung eine Rolle.
Daher wird in der heutigen Produktion, ähnlich wie beim Schwein, von zwei Produktionsrichtungen gesprochen. Zunächst ist da die Larvenerzeugung, parallel zur Ferkelerzeugung, bei dem die jungen Larven, die dann im nächsten Produktionszweig Larvenaufzucht gemästet werden. Diese beiden Produktionszweige können in der gleichen Produktionsanlage oder in getrennten Anlagen betrieben werden.
Die erzeugten Larven werden zum allergrößten Teil (99,5%) zur Mast verwendet. Nur ein sehr kleiner Teil kann sich zu adulten Fliegen entwickeln und wieder Eier legen. Diesen Rhythmus aufeinander abzugleichen erfordert das ganze Geschick der Anlagenleitung.
Abbildung 1: Lebenszyklus der schwarzen Soldatenfliegenlarve (Hermetia illucens).Velten und Liebert 2018

Erste Versuche die lebende Larve an Hühner und Schweine zu verfüttern sind gemacht worden. Hierbei ist zu beachten, dass dabei aber keine toten Larven in den Trog gegeben werden dürfen (denn das ist Aas), was in der Realität wohl schwierig machbar ist. Im gekühlten Zustand sind die Larven auch verpackt transportfähig. Im großen Maßstab werden solche aber noch nicht angeboten.
Die Inhaltsstoffe der lebenden Maden sind Tabelle 1 zu entnehmen.
In der Regel, zumindest in den größeren Anlagen, werden die getöteten Larven weiterverarbeitet, wobei ein proteinreiches Mehl nach der Entfettung entsteht. Proteinwerte von über 55% sind zu erwarten, wobei die Gehalte je Produktionsstätte und Futtergrundlage schwanken können. Hier ein standardisiertes Produkt, das mit gleichen Inhaltsstoffen über längere Zeit produziert werden kann, sollte das Ziel jeder Produktion sein, damit auch die Abnehmer mit solchen Zahlen ihre Produkte planen und erstellen können. In Tabelle 1 sind dazu zwei Beispiele aufgeführt, die die Größenordnungen der Inhaltsstoffe zeigen.
Das Öl der Schwarzen Soldatenfliege besteht hauptsächlich aus sechs Fettsäuren, die etwa 90 % des Profils ausmachen: Laurin-, Palmitin-, Öl- und Linolsäure und in geringerem Maße Myristin- und Stearinsäure (siehe Tabelle 2). Laurinsäure ist mit einem Anteil von etwa 30-50% am häufigsten vertreten. Die Zusammensetzung ist allerdings stark abhängig vom Substrat, mit dem die Larven gefüttert werden. Obwohl es ähnlich reich an Laurinsäure ist wie Palmkern- und Kokosnussöl ist, sollte es nicht mit irgendeinem Pflanzenöl verglichen werden, sondern als neuer nachhaltiger Inhaltsstoff für die Tierernährung betrachtet werden. Wichtig ist auch der hohe Schmelzpunkt, der bei ca. 40°C liegt.
Das Öl der Schwarzen Soldatenfliege, das bei Bedarf mit Antioxidantien angereichert wird, könnte als Teilersatz für Fischöl verwendet werden und stellt somit eine wesentlich nachhaltigere Alternative dar. Besonders gut passt es ins Heimtierfutter und ins Fischfutter.
Tabelle 2: Zusammensetzung an Fettsäuren für aus Larven gewonnenes Insektenöl (in % Originalsubstanz)

Versuche an Broilern, Ferkeln und Mastschweinen zeigen, dass der Ersatz von Teilen des Sojaschrotes oder des in Dänemark häufig eingesetzten Fischmehles durch Insektenmehl ohne Probleme möglich ist. Die entsprechenden Versuchsgruppen zeigten immer gleiche oder sogar bessere Leistungen als die Kontrollgruppen. Dabei ist natürlich immer auf eine ausgeglichene Futterration in beiden Gruppen geachtet worden.
Auch beim Verfüttern von Insektenöl zeigt sich in Versuchen eine Überlegenheit der mit Insektenöl versorgten Ferkel. So konnte Caitlyn Eickleberry in 2022 zum Beispiel zeigen, dass die mit Insektenöl versorgten Ferkel höhere Gewichte in der Ferkelaufzucht realisieren konnten (Abbildung 2).
Abbildung 2: Ferkel, die mit dem Öl der Schwarzen Soldatenfliege (BSFLO) versorgt wurden, zeigten höhere Körpergewichte in der Aufzucht (Eickelberry et al. 2022)

Erste Hinweise, die eine darmstabilisierende Wirkung der Insektenmehle zeigen, müssen weiter verfolgt und durch weitere Versuche noch bestätigt werden.
Interessant sind auch Ergebnisse, die gerade dem Chitin der Insekten immunstimulierende Effekte bescheinigen.
FAZIT
Für die Erzeugung von Proteinfuttermitteln aus Insekten hat sich die Schwarze Soldatenfliege als vorzüglich herausgestellt. Die gemästeten Larven liefern neben einem proteinreichen Mehl auch noch ein Öl, das in der Tierfütterung gut eingesetzt werden kann und Chitin, dem immunstimulierende Eigenschaften nachgesagt werden.
Erste Versuche zeigen eine gute Eignung in der Fütterung von Hühnern, Schweinen, Fischen und Haustieren. Auf letztere ist der Einsatz heute fokussiert. Dies liegt in erster Linie an den Kosten für die Insektenmehle, die bezogen auf das Protein in der Wertigkeit zwischen Fischmehl und HP Sojaschrot liegen.
Allerdings ist heute auch schon der Einsatz in Spezialfuttermittel für jüngere Tiere beim Schwein und Huhn denkbar und wird praktiziert. Einen erheblichen Anteil am Ersatz von Sojaschrot bei Huhn und Schwein wird das Insektenprotein in den nächsten 10 Jahren aber nicht haben.