Die Lebensaufzuchtleistung spiegelt das Wohlbefinden der Sauen wider
In den Ferkelerzeugerbetrieben haben die funktionalen Merkmale in den letzten Jahren eine steigende Beachtung erfahren
Durch den früheren Landesverband Rheinischer Schweinezüchter e.V., Bonn (LRS) wurden im Rahmen von Veröffentlichungen, Vorträgen und Betriebsberatungen seit Beginn der 2000er Jahre auch die jeweils aktualisierten Empfehlungen zum Reproduktionsmanagement in der Sauenhaltung vermittelt. Diese schlossen erfolgversprechende züchterisch-selektive, tiergesundheitliche und fortpflanzungsbiologisch basierte Maßnahmen ein. Ein damaliges gemeinsames Positionspapier, welches auf die Nutzungsdauer der Muttertiere ausgerichtet war, trug die wegweisende Überschrift „Zuchtsauen: Lang sollen sie leben“ (HILGERS und HÜHN, 2003). Es wurde dargelegt, dass die seinerzeit gehaltenen bodenständigen Hybridsauen über das reproduktive Leistungspotenzial verfügten, in ihrem Leben 50 und mehr Ferkel großzuziehen. Seither rückten die Nutzungsdauer, die Anzahl der Würfe je Sau und Leben, ihre Lebensaufzuchtleistung (abgekürzt LL), die Abgänge und Abgangsursachen zusehends ins Blickfeld der Schweinezüchter und Sauenhalter.
Unterstützung erfuhren sie auch durch die Tierzuchtwissenschaftler der Universität Bonn, welche im Kontext mit den züchterischen Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheitsmerkmale in der Sauenhaltung die Selektionswürdigkeit der „funktionalen Länge des produktiven Lebens“ betonten (THOLEN, JONAS und SCHELLANDER, 2007). Dabei spielt die erzielte Verbleiberate der Sauen eine erhebliche Rolle. Es wurde nachgewiesen, dass der Verbleib bis zum zweiten Wurf auch die Zeitspanne bis zum Abgang der Tiere aus der Herde beeinflusst. Hohe Anteile der Remontetiere, die den „Sprung“ bis zur Wurfziffer 2 (WN = Wurfnummer) schaffen, tun dies auch bis zur angestrebten Nutzungsdauer von über 5 Würfen je Sau und Leben (WÄHNER, 1995, WÄHNER, 2017).
Bleibende Verdienste um die Einbeziehung der funktionalen Merkmale in das Spektrum der alljährlich mitgeteilten Betriebszweigdaten hat sich H.-W. Boekels als langjähriger verantwortlicher Bearbeiter und Berichterstatter der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfahlen (LK NRW) für die Ringauswertungen des Rheinischen Erzeugerringes für Qualitätsferkel e.V. (FER) erworben. Seine Nachfolgerin, Geschäftsführerin A. Frank konnte daran anknüpfen, dass die Angaben zur durchschnittlichen Wurfnummer beim Abgang der Sauen vom FER bereits seit 2014 regelmäßig ausgewiesen wurden. Die Lebensleistung wurde vernünftigerweise aus der durchschnittlichen WN beim Sauenabgang und der durchschnittlich Wurfgröße beim Absetzen berechnet. Es wurde konstatiert, dass andere Rechenverfahren über die Remontierung aufgrund von Auf- oder Abstockungseffekten falsche Ergebnisse liefern. Tabelle 1 vermittelt die Leistungsentwicklung seit dem Wirtschaftsjahr (WJ) 2013/2014. Die Zahl der abgeschlossenen Würfe je Sau und Jahr ist nahezu gleich geblieben. Sie schwankte im aufgezeigten Auswertungszeitraum (AWZ) um einen Mittelwert von 2,36 und erreichte im WJ 2021/2022 den Spitzenwert von 2,46. Es ist anzumerken, dass sich im Zuge des Strukturwandels auch im Rheinland die Zahl der sauenhaltenden Betriebe wie auch anderen deutschen Regionen verringert hat.
Im Jahr 2022 konnte die durchschnittliche Lebensleistung der Sauen auf über 81 Ferkel gesteigert werden
Leistungsentwicklung bei den funktionalen Merkmalen über einen achtjährigen Auswertungszeitraum hinweg
Zugleich konnten die drei weiterhin in Tabelle 1 aufgeführten Kennzahlen in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden. Die Nutzungsdauer bemisst sich als Zeitraum von der ersten Belegung/Besamung (EB) einer Sau bis zu ihrem Ausscheiden. Im AWZ 2021/2022 konnte die Zahl der Würfe bei Abgang auf beachtliche 5,85 gesteigert werden und die LL an abgesetzten Ferkeln je Sau und Leben wurde auf ein bemerkenswertes Leistungsniveau von 81,78 angehoben.
Wie sich die zugrundeliegenden Leistungskomponenten und betriebsorganisatorisch wichtige Daten in den beiden vergangenen Wirtschaftsjahren entwickelt haben, das zeigt Tabelle 2. Die Angaben beziehen sich auf identische Betriebe. Bei Letzteren wurde eine Sortierung nach dem Leistungsniveau in drei Gruppen vorgenommen, nämlich „unteres Viertel“ (minus 25 %), Schnitt und „oberes Viertel“ (plus 25 %). Im Schnitt konnte bei allen Parametern eine beachtliche Steigerung erzielt werden.
Die ablesbaren Leistungsunterschiede zwischen den gebildeten Gruppen verweisen auf das biologisch mögliche, was zweifellos auf die Tiergesundheit, die Herdenführung sowie das betriebliche Niveau und Management der Ferkelerzeuger zurückzuführen ist. Die Höhe der funktionalen Leistungen spiegelt trefflich das Wohlbefinden der Tiere wider. Sie verdient öffentliche Anerkennung und vermag als Ansporn für die in den Ferkelerzeugerbetrieben Tätigen und ihre Partner dienen, den Betriebszweig weiterhin so erfolgreich zu führen. Die vorliegenden Ergebnisse belegen, dass Langlebigkeit und hohe biologische Leistungen kein Widerspruch, sondern miteinander vereinbar sind.
Ein wichtiges Kriterium hin zur hohen Lebensleistung ist die Erhaltung der Körperkondition über die richtige Fütterung
FAZIT
Als Konsequenzen für eine lange Nutzungsdauer und hohe Lebensaufzuchtleistungen der Sauen sind folgende empfehlenswerte Maßnahmen für das Herdenmanagement herauszustellen:
- die betriebsindividuell gestaltete Eingliederungsstrategie der Remontetiere, die Absicherung der erlangten Zuchtreife und ein mittleres Erstbelegungsalter von 250-255 Tagen mit 140-160 kg Lebensmasse;
- die Gewährleistung einer für Sauen und Ferkel vorteilhaften Säugezeit, die sich im vorliegenden FER auf durchschnittlich 25,5 Tage eingependelt hat, durch eine angepasste Gestaltung der betrieblichen Produktionszyklogramme;
- die Sicherstellung der auf eine gute Körperverfassung (Kondition) ausgerichteten Phasenfütterung über alle Wurfzyklen der Hochleistungssauen hinweg.
- die Zusammenarbeit mit dem Betreuungstierarzt, die auf eine gute Bestandsgesundheit, das Tierwohl sowie niedrige Verluste und niedrige unfreiwillige Sauenabgänge bedacht ist.