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Das Trinkverhalten richtig lesen und die Versorgung von Kühen verbessern
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Wasser ist ein essentieller Nährstoff zur Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionsweisen, wie Wachstum, Trächtigkeit und Laktation. Eine optimale Versorgung mit Wasser ist daher ein elementarer Baustein für eine effiziente, tiergerechte Rinderhaltung.

Dr. Jason Hayer vom Hofgut Neumühle, Franziska Burkhardt und Prof. Dr. Julia Steinhoff-Wagner von der TU München erläutern im Folgenden die Bedeutung der Wasserversorgung für Milchkühe und wie diese durch einfache Beobachtungen im eigenen Betrieb bewertet und verbessert werden kann.

Wasser stellt mit etwa 60 % den Hauptbestandteil des Körpers von ausgewachsenen Rindern dar, und mit rund 87 % besteht Kuhmilch ebenfalls vor allem aus Wasser. So ist auch nachvollziehbar, dass insbesondere das Körpergewicht und die produzierte Milchmenge den Wasserbedarf beeinflussen. Dieser steigt um 1,3 kg Wasser pro Tag für jedes produzierte Kilogramm Milch. Daher haben Milchkühe, verglichen mit Fleischrindern oder Jungrindern, einen besonders hohen Wasserbedarf, der sich je nach Produktionsniveau tierindividuell unterscheidet.

Die Menge und Qualität des angebotenen Wassers beeinflussen dabei nicht nur die Produktivität, sondern auch die konsumierte Futtermenge, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere. Dies gilt insbesondere bei steigenden Umgebungstemperaturen, da Schätzungen zufolge jedes zusätzliche Grad Umgebungstemperatur den täglichen Wasserbedarf um 1,5 kg erhöht.

Gleichzeitig führen steigende Umgebungstemperaturen zu einem vermehrten mikrobiellen Wachstum in Rindertränken, was mit einer Verschlechterung der Wasserqualität einhergeht und potenziell die Akzeptanz des Wassers mindert. In nährstoffarmem Wasser können sich kaum Keime vermehren. Sind jedoch Speichel- oder Futterreste im Wasser, bieten diese eine Nahrungsgrundlage für Mikroorganismen. Deshalb müssen speziell in den Sommermonaten in Kombination mit der Wärme die Wasserversorgung engmaschig überprüft und die Tränken täglich gereinigt werden.

Trotz der großen Bedeutung von Wasser in der Milchkuhhaltung existieren keine konkreten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wasserversorgung von Milchkühen. Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung besagt jedoch, dass Tränken derart konstruiert werden sollen, dass jedes Tier ausreichend Zugang zu frischem Wasser hat und dass sowohl den Wasserzugang limitierende Konflikte an der Tränke als auch Kontaminationen des Tränkwassers auf ein Mindestmaß reduziert werden sollten.

Ferner fordert das Tierschutzgesetz die Erhebung tierbezogener Indikatoren, um das Tierwohl auf Betriebsebene zu garantieren. Bisher sind tierspezifische Indikatoren zur Bewertung der Wasserversorgung auf die Messung der verbrauchten Wassermenge beschränkt, wie einige folgende Studien zeigen.

Bei höheren Temperaturen nutzen Milchkühe Tränken nicht nur zur Wasseraufnahme, sondern auch als Abkühlungsmöglichkeit über den Kontakt des Flotzmaules mit der kalten Wasseroberfläche, wodurch Rangkämpfe um den Zugang zu den Tränken zunehmen können.

Kühe sind sensibel hinsichtlich der Qualität und der Anbietungsform von Wasser. Dass Kühe sehr sensibel auf Veränderungen der Tränkwasserqualität reagieren, hat bereits eine Forschergruppe aus Neuseeland gezeigt. So boten Schütz et al. (2021) Kühen unterschiedlich stark mit Kot verschmutztes Wasser an. Die Tiere durften zeitgleich zwischen stark verschmutztem Wasser (1 mg Kot/g Wasser), leicht verschmutztem Wasser (0,5 mg Kot/g Wasser) und sauberem Wasser, welches jeweils einzeln angeboten wurde, wählen. Die Tiere tranken vermehrt das saubere Wasser und mieden stark verschmutztes Wasser. Ohne Wahlmöglichkeit war die gesamte Wasseraufnahme bei dem leicht verschmutzten Wasser geringfügig und bei dem stark verschmutzten Wasser um durchschnittlich 10 Liter je Kuh und Tag (28 %) im Vergleich zu sauberem Wasser reduziert.

Kühe reagieren jedoch nicht nur auf die Qualität des Tränkwassers, sondern auch auf die Art und Weise, wie dieses angeboten wird. In einer anderen Studie wurde verglichen, ob Kühe zwischen unterschiedlich großen Trogtränken unterscheiden können (189 l vs. 568 l Fassungsvermögen). Obwohl selbst die „kleine“ Tränke ein beträchtliches Volumen aufwies, zeigte sich, dass laktierende Kühe die größere Tränke bevorzugten und mehr Wasser über diese konsumierten. Beide Studien nutzten die aufgenommene Wassermenge als Bewertungsgrundlage, was sicherlich auch der aufschlussreichste Wert zur Bewertung einer zufriedenstellenden Wasserversorgung ist.

Die individuelle Messung der aufgenommenen Wassermengen ist unter Praxisbedingungen jedoch kaum möglich, da mehrere Tiere gleichzeitig Zugang zu Tränken haben und Spritzwasserverluste eine genaue Erfassung des aufgenommenen Wassers schwer möglich machen. Daher könnte eine einfachere Maßnahme zur Überprüfung der Wasserversorgung die Beobachtung des Trinkverhaltens der Kühe sein.

Tränkwasser-Versorgung über das Verhalten bewerten

Um diesen Ansatz zu verfolgen und der Forderung nach tierbezogenen Indikatoren zur Bewertung der Tränkwasserversorgung nachzukommen, untersuchte eine Studie der Autoren im Winter 2019 und Spätsommer 2021 in einem kommerziellen Milchkuhbetrieb in Nordrhein-Westphalen mit 135 respektive 144 Milchkühen detailliert das Trinkverhalten an zwei Tränken von zwei unterschiedlichen Tränketypen (2 Trogtränken, 2 Doppel-Ventiltrogtränken, Abbildung 1).

Abbildung 1: Schema des kommerziellen Milchviehstalles (Baujahr 2017), der für die Trinkverhaltensstudie genutzt wurde. Betriebsmerkmale und Versuchselemente sind mit Nummern gekennzeichnet. Die Trogtränken befanden sich im vorderen Stallabschnitt gegenüber der Melkroboter und die Ventil-Trogtränken im hinteren Stallabschnitt, nahe des ganzjährig begehbaren Auslaufhofes. Gestrichelte Linien zeigen die Route des Futterwagens (modifiziert nach Burkhardt et al., 2022).

Dabei fand ein Tränkereinigungsschema Anwendung, welches den Tieren Zugang zu je einer in 14 Tagen täglich gereinigten oder nicht gereinigten Tränke der beiden Tränketypen erlaubte. So hatte jedes Tier die Wahl zwischen einer täglich gereinigten und einer nicht gereinigten Trogtränke sowie einer täglich gereinigten und einer nicht gereinigten Ventil-Trogtränke. Zu Beginn und am Ende der 15-tägigen Versuchsperioden wurde die biologische und physikochemische Tränkwasserqualität analysiert. Außerdem wurde täglich die Wassertemperatur, der Wasser-pH-Wert aller Tränken und der Wasser-ATP-Wert gemessen. Letztgenannter Wert stellt ein kosteneffizientes und genaues Instrument zur schnellen Bewertung der Tränkwasserhygiene dar.

Der Versuch wurde je zweimal im Winter (Dezember, Februar) und Frühherbst (September) wiederholt, um Effekte unterschiedlicher Umgebungstemperaturen zu berücksichtigen. Das Trinkverhalten wurde mit Kameras aufgenommen und anhand von über zwölf Parametern analysiert.

Rinder bevorzugen Trogtränken

Beim Betrachten des Trinkverhaltens der Tiere an Trog- und Ventiltrogtränken zeigte sich, dass die beobachteten Rinder die offenen Trogtränken bevorzugten. Zwar wurde die aufgenommene Wassermenge nicht direkt gemessen, aber es wurden deutlich mehr Trinkvorgänge an den Trogtränken registriert (Abbildung 2).

Abbildung 2: Verteilung der aufgezeichneten Trinkvorgänge von 135 laktierenden Milchkühen in den ersten 2 h nach der Fütterung an zwei Trogtränken und zwei Ventil-Trogtränken, die über einen Zeitraum von 15 Tagen entweder täglich gereinigt wurden oder ungereinigt verblieben (modifiziert nach Burkhardt et al., 2022).

Es konnte zudem festgestellt werden, dass bei Ventil-Trogtränken die Trinkvorgänge sowie die Pausen zwischen der aktiven Wasseraufnahme länger waren und das Vorkommen von Schluckbeschwerden (beispielsweise Husten) deutlich höher war als beim Saufen an Trogtränken.

Dass Kühe offene, tiefe Tränken bevorzugen, hängt vermutlich damit zusammen, dass Kühe beim Trinken durch das Saugen ein Vakuum erzeugen, welches bei zu niedrigen Wassertiefen oder ungenügendem Nachlaufen unterbrochen werden kann. Zudem wird das Wasser in Tränken mit niedrigen Volumina oft beim Einströmen des Wassers mit Luft durchmischt, was das vermehrte Abhusten der Rinder an den Ventiltrogtränken erklären könnte. Je größer das Wasservolumen und je tiefer die Kuh ihr Flotzmaul eintauchen kann, desto geringer könnte dieser Effekt sein.

Kühe meiden nicht nur verschmutzte Tränken, sondern verändern auch ihr Trinkverhalten

Die Meidung von verschmutzten bzw. kontaminierten Tränken konnte bereits zuvor gezeigt werden. Die hier dargestellte Studie zeigt zusätzlich, dass sich neben der Meidung von verschmutzten Tränken auch die Art und Weise, wie Kühe trinken, verändert. Über den Beobachtungszeitraum von 15 Tagen kam es zwar nicht zu einer Überschreitung der Orientierungswerte des BMEL für eine geeignete Tränkwasserqualität bei den Tränken, die nicht gereinigt wurden, aber der sensiblere ATP-Test war im Durchschnitt bei diesen Tränken höher und streute mehr.

Wie in Abbildung 2 zu sehen ist, haben an den täglich gereinigten Tränken weniger Trinkvorgänge als an den ungereinigten Tränken stattgefunden. Gleichzeitig verdoppelte sich die Häufigkeit von Rangkämpfen an den Tränken, wenn diese täglich gereinigt wurden, im Vergleich dazu, wenn keine Reinigung erfolgte. Dies legt die Interpretation nahe, dass die gereinigten Tränken bevorzugt werden und stärker um den Zugang zu diesen gekämpft wird. Das führt dazu, dass mehr rangniedere Tiere an die nicht gereinigten Tränken ausweichen müssen.

Die Verdrängung ist ein durchaus unterschätzter Effekt, da wenige dominante Tiere (ca. 25 % der Herde) das Verhalten der rangniederen Tiere (ca. 75 % der Herde) sehr stark beeinflussen können. Dass die nicht gereinigten Tränken unfreiwillig von den Tieren aufgesucht werden, zeigt sich auch darin, dass an ungereinigten Tränken die Trinkpausen und der Anteil an Trinkvorgängen, die nur aus Probieren bestand, zunahmen.

Insbesondere an stark frequentierten Tränken ist somit die Analyse des Verhaltens aufschlussreich, um etwaige Missstände in der Wasserversorgung aufzuzeigen und das Tränkemanagement zu verbessern.

Effekte in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur

Während der Effekt einer ausbleibenden Reinigung auf die Tränkwasserqualität bei kalten Umgebungstemperaturen vergleichsweise gering ausfiel, zeigte sich bei warmen Umgebungstemperaturen und ausbleibender Tränkereinigung eine deutliche Verschmutzung der Tränken, ein Anstieg des Tränkwasser-ATP-Wertes und eine Überschreitung von Orientierungswerten des BMEL hinsichtlich des Gehalts coliformer Keime und der Gesamtkeimzahl.

Die Veränderungen des Trinkverhaltens zwischen gereinigten und ungereinigten Tränken zeigten sich allerdings unabhängig von der Jahreszeit der Untersuchung. Der optimale Temperaturbereich von Milchkühen liegt zwischen -5 und 21 °C und ist umso tiefer je höher die produzierte Milchmenge ist.

Umgebungstemperaturen, die diesen Bereich überschreiten, führen in Verbindung mit steigender Luftfeuchtigkeit und Sonneneinstrahlung zu Hitzestress bei Milchkühen. Bekanntlich nehmen unter Hitzestressbedingungen Rangkämpfe an den Tränken stark zu. Diese Beobachtungen konnten auch in der eigenen Studie bestätigt werden. So nahm im Sommer im Vergleich zu den Wintermonaten die Anzahl an Trinkvorgängen zu. Zudem war zu erkennen, dass die Kühe längere Zeit an der Tränke verbrachten, ohne direkt Wasser aufzunehmen. Der Anteil an Rangkämpfen, insbesondere an Trogtränken, nahm ebenfalls zu. Dies könnte daran liegen, dass die Kühe Tränken im Sommer nicht nur verstärkt zur Wasseraufnahme nutzen, sondern auch zur Abkühlung durch Verdunstungskälte nach Befeuchtung des eigenen Körpers oder durch den direkten Kontakt mit dem kühleren Wasser und dafür auch andere Kühe vertreiben.

FAZIT

Eine optimale Wasserversorgung von Milchkühen ist äußerst wichtig. Eine Bewertung dieser lässt sich durch die Betrachtung des Verhaltens vornehmen. Milchkühe bevorzugen insbesondere Tränken in der Nähe zum Melkstand und dem Futtertisch, großvolumige, tiefe Tränken und hygienisch einwandfreies Wasser.

Die folgenden Verhaltensbeobachtungen könnten bei der Bewertung des Wassermanagements unter Praxisbedingungen weiterhelfen:

  • Meidung bestimmter Tränken
    • Anzeichen dafür, dass das Wasser z.B. kontaminiert ist oder auch die Platzierung suboptimal ist
  • Stärkere Frequentierung von bestimmten Tränken
    • Bevorzugung der Tränken aufgrund des Standorts (Tränken in der Nähe von Melkständen und Futtertischen bevorzugt) oder aufgrund unterschiedlicher Tränkewasserqualitäten der Tränken
    • Mögliche Verdrängung von woanders blockierten Tränken
  • Hohes Aufkommen von kurzen Pausen beim Trinken oder Schluckbeschwerden inklusive Husten
    • Möglich durch einströmendes Wasser bei kleinen Tränkevolumen –> Empfehlung: ggfs. Wechsel zu Tränken mit größeren Volumen, bei denen es zu einer geringeren Vermischung von Wasser mit Luft kommt
    • Eventuell Anzahl an Tränken erhöhen, wenn die Beobachtungen durch konkurrierende Tiere hervorgerufen werden
  • Rangkämpfe an Tränken
    • Falls es nur an bestimmten Tränken zu Rangkämpfen kommt, kann dies ein Anzeichen dafür sein, dass diese bevorzugt werden –> Empfehlung: Überprüfung der anderen Tränken auf ihre Hygiene, Bewertung der Platzierung und des Designs der Tränken
    • Kommt dies verstärkt im Sommer vor, kann dies auf eine zu geringe Anzahl an Tränken hinweisen.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Jason Hayer
Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung
Hofgut Neumühle
Neumühle 1
67728 Münchweiler an der Alsenz
j.hayer(at)neumuehle.bv-pfalz.de
www.hofgut-neumuehle.de