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Bundesweiter Phosphor-Ringversuch – Einfluss einer P-reduzierten Fütterung bei gleichzeitiger Phytasesupplementierung in der Ferkelaufzucht und Schweinemast
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Bei bundesweit durchgeführten Versuchen zur N- und P- reduzierten Fütterung von Sauen, Ferkeln und Mastschweinen konnten deutliche Potentiale zur P-Absenkung aufgedeckt werden. Diese Resultate und Erfahrungen werden dennoch teilweise von Schweinehaltern, Tierärzten, Fütterungsberatern, Wirkstoffanbietern und Wissenschaftlern kritisch hinterfragt.

Die kritischen Fragen betreffen unterschiedliche Versuchsanstellungen in Versuchsstationen sowie Erhebungen in Feldversuchen bzw. -erprobungen. Zudem wurde auch die Phosphor- und Phytaseanalytik bei den eingesetzten Komponenten sowie Mischungen bis hin zu Wechselwirkungen von Einflussgrößen, wie z. B. Tierherkünfte und besondere Management- sowie Haltungsvarianten, hinterfragt. Diese immer wieder aufgeworfenen Fragen und Diskussionen bis hin zu gewissen Unsicherheiten bei der Einschätzung von aktuellen Empfehlungen für die praktischen Rationsgestaltungen gaben anlässlich der 18. Tagung zur angewandten Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung im März 2018 einen Initialanstoß, einen P-Ringversuch mit Schweinen bundesweit durchzuführen. Durch einen bundesweit einheitlich konzipierten und zeitgleich durchzuführenden P-Versuch sollte mit Unterstützung aller mittel- und unmittelbar beteiligten Organisationen, wie beispielsweise des DLG- Arbeitskreises Futter und Fütterung, eine sichere Beurteilung von Empfehlungen für die Praxis erlangt werden.

Der Versuch zur Phosphorreduzierung beim Schwein wurde gleichzeitig in Schwarzenau, Quakenbrück, Haus Düsse und Iden durchgeführt

Material und Methoden

Die Fütterungsversuche mit Ferkeln und Mastschweinen (weibliche Tiere und Kastraten) wurden zeitgleich mit verschiedenen Tierzahlen und zum Teil unterschiedlichen Ferkelherkünften sowie unterschiedlichen Haltungs- bzw. Futtervorlagetechniken, aber gleichen Futtermischungen durchgeführt. Die Phase der Ferkelaufzucht wurde in die Betrachtung mit einbezogen, da diese für die Fütterungsempfehlungen im Bereich der P-Versorgung mitentscheidend ist. Aufgrund fehlender Ferkelaufzucht- bzw. nicht ausreichend großer Mastkapazitäten wurden die aufgezogenen Ferkel in unterschiedlichem Umfang in die sich anschließenden Mastschweineversuche übernommen. Ein Teil der auf Haus Düsse aufgezogenen Ferkel wurde zur Mast in die Leistungsprüfungsanstalt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Quakenbrück) verbracht. Eine Übersicht über die Struktur der erhobenen Daten und der Tier-/Wiederholungszahlen ist in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Anzahl der Messwiederholungen und Tierzahlen in den Versuchseinrichtungen

Fütterung

Die Fütterung erfolgte 2-phasig in der Ferkelaufzucht und fortführend in einer 3-phasigen Mastschweinefütterung. Durchgängig wurden folgende drei Behandlungen realisiert:

Variante 1:    P-Konzentration ≤ DLG-Vorgaben P-reduzierte Fütterung (DLG, 2014)
Variante 2:    P-Konzentration ≤ DLG-Vorgaben sehr stark P-reduzierte Fütterung (DLG, 2019)
Variante 3:    P-Konzentration = GfE-Vorgaben zur Versorgung mit verdaulichem Phosphor (GfE, 2006)

Alle Varianten wurden, ausgenommen P und Ca, mit gleicher Nährstoffausstattung geplant und aus den gleichen Komponenten zusammengestellt. Zu allen Ferkelfuttermischungen wurden einheitlich 1.000 FTU Phytase (Natuphos E, BASF SE) dosiert. Die Produktion der Futtermittel fand zentral für alle beteiligten Einrichtungen statt (Firma Wübken, Billerbeck). Die Ferkel- und Mastschweinefuttermischungen wurden auf Basis von Analysen der einzelnen Komponenten von den Versuchsanstellern geplant und entsprechend vom Hersteller umgesetzt. Vor Versuchsbeginn wurden die Inhaltsstoffe durch zwei unabhängige Futteruntersuchungslabore analysiert und die Mischungen bis zur Bestätigung vorgehalten und bei Abweichungen neu gemischt. Die Futterzusammensetzungen sind in Tabelle 2 dargestellt.

Die Futtermittel wurden zentral hergestellt und an alle Stationen verteilt

Tabelle 2: Zusammensetzung und kalkulierte Nährstoffgehalte der Futtervarianten (sofern nicht anders angegeben in %)

Erfassung der Leistung

In allen Versuchsstationen wurden die Tiere zu jedem Futterwechsel gewogen und die Futteraufnahme im jeweiligen Abschnitt erfasst (FAZ I, FAZ II, Vormast, Mittelmast, Endmast). Die Beurteilung der Schlachtkörper erfolgte auf Haus Düsse und in Quakenbrück mittels AutoFOM- Messung, in Iden, Quakenbrück und Schwarzenau erfolgte die Bewertung über Speckmaße und Bonner Formel entsprechend der Richtlinie für die Stationsprüfung auf Mastleistung, Schlachtkörperwert und Fleischbeschaffenheit beim Schwein (BRS, 2019).

Statistik

Die statistische Auswertung erfolgte mittels SAS (Version 9.4, proc mixed). Mittelwertsvergleiche (T-Test) wurden zu einem Signifikanzniveau von α = 0,05 durchgeführt. Im statistischen Modell wurden die Futtervariante, der Standort und das Geschlecht der Tiere sowie alle möglichen Interaktionen zwischen den Effekten geprüft.

Ergebnisse

Sowohl in der Ferkelaufzucht als auch in der Mast lag die Leistung der Tiere auf einem, für die jeweilige Einrichtung, durchweg hohen Niveau. Die Kennzahlen der Gewichtsentwicklung und der Futteraufnahme sind in Tabelle 3 dargestellt. Tiere, welche die 2. Futtervariante erhielten, hatten in der Ferkelaufzucht eine signifikant geringere Leistung als die Tiere der anderen Fütterungsvarianten.

Die Varianten 1 und 3 unterschieden sich nicht in der Leistung. In Schwarzenau waren die Tageszunahmen der Tiere, welche die 2. Futtervariante erhielten, stärker reduziert als in den anderen beiden Versuchseinrichtungen. In der Mast waren die Tageszunahmen und der Futteraufwand/kg Zuwachs nicht mehr von der Fütterung beeinflusst. Der Futteraufwand/kg Zuwachs in der FAZ war durch die 2. Futtervariante in Iden gegenüber der 1. Futtervariante, in Schwarzenau gegenüber beiden anderen Futtervarianten erhöht. Auf Haus Düsse konnte in der Ferkelaufzucht kein signifikanter Unterschied im Futteraufwand/kg Zuwachs festgestellt werden.

In der darauffolgenden Mast zeigten Tiere der 2. Futtervariante gegenüber denen, die die erste Futtervariante erhielten, einen verbesserten Futteraufwand/kg Zuwachs. Dieser Effekt war über drei Versuchsstationen hinweg gleichgerichtet. Die Schlachtkörperbewertung der Standorte Haus Düsse und Quakenbrück (AutoFOM) zeigten keine Unterschiede zwischen den Futtervarianten 1 und 3. Kastraten auf Haus Düsse, welche die Futtervariante 2 erhielten, zeigten eine signifikant geringeres Schinkengewicht als Kastraten der Gruppe 3. Bei weiblichen Tieren und in Quakenbrück war dieser Effekt nicht zu sehen.

Die Schweine standen in Gruppenhaltung

Tabelle 3: Biologische Leistung der Tiere in der Ferkelaufzucht und der Mast in Abhängigkeit der Futtervariante und des Versuchsstandorts

Die aus der Lebendmassezunahme und der Futteraufnahme errechnete P-Ausscheidung in der Mast ist in Tabelle 4 dargestellt. Auf eine Darstellung der N-Ausscheidungen wurde aufgrund der einheitlichen Futterkonzentrationen und des nicht beeinflussten Futteraufwands/kg Zuwachs verzichtet. Entsprechend lagen die Werte auf einem vergleichbaren Niveau von 3,2-3,3 kg N/Tier. Die Reduktion der P-Konzentration im Futter führte zu einer rechnerischen Verminderung der P-Ausscheidungen bei Futtervariante 3 gegenüber Futtervariante 1 von 204 g P/Tier. Dies entspricht einer Reduktion um 37%.

Tabelle 4: Absolute und relative kalkulierte Phosphorausscheidung in der Schweinemast in Abhängigkeit der Futtervariante und des Standorts

Die P-Ausscheidung konnte bei gleichen Leistungen um 37 % reduziert werden

Diskussion

Die biologische Leistung der Tiere und die Schlachtdaten zeigen, dass eine P-Versorgung der Tiere über das Niveau einer sehr stark P- reduzierten Fütterung (DLG 2014, DLG 2020) hinaus zu keiner Verbesserung der Leistung führt. Ergänzende Untersuchungen zur Knochenmineralisierung, zu Blut- und Stoffwechselparametern unterstützen diese Ergebnisse. In Kombination mit der kalkulierten Nährstoffausscheidung verdeutlicht dies, dass eine bedarfsgerechte Versorgung der Tiere bei gleichzeitiger Reduktion der Nährstoffausscheidungen möglich ist. Die Uniformität der Ergebnisse hinsichtlich der sehr hohen Leistung der Tiere der dritten Versuchsgruppe über alle Einrichtungen zeigt, dass eine sehr stark P-reduzierte Fütterung unabhängig vom Stall und der eingesetzten Genetik bei einem hohen Leistungsniveau umsetzbar ist. Der mittlere P-Gehalt der 3. Futtervariante lag dabei mit 3,6 g P/kg unter dem von der DLG angegebenen gewogenen Mittel für eine sehr stark P-reduzierte Fütterung (DLG Kompakt 6/2020: 4,1 g P/kg). Die Ergebnisse zeigen auch, dass der im Futter enthaltene P, selbst bei sehr geringen P-Konzentrationen, bei entsprechender Phytasedosierung ausreicht, um Ferkel und Mastschweine mit ausreichend verdaulichem P zu versorgen. Nethe et al. (2013) untersuchten die Absenkung der P-Konzentration ab einer Lebendmasse von 28 kg bis zur Schlachtung auf das Niveau der dritten Fütterungsvariante. Auch in diesem Versuch konnten keine signifikanten Effekte auf die Leistung oder die Knochenmineralisierung gezeigt werden.

Es gab keine Hinweise auf unzureichende P-Versorgung bei physiologischen Parametern

Die in diesem Versuch festgestellte reduzierte Leistung von Tieren der 2. Fütterungsvariante während der FAZ konnte nicht durch die analysierten Inhaltsstoffe der Futtermischungen erklärt werden. Da dieser Effekt unabhängig von der Versuchsstation festzustellen war, ist das Futter als Ursache dennoch sehr wahrscheinlich. Möglicherweise gab es Effekte nicht untersuchter Nährstoffe. Daher wurden die Futtermischungen 1 und 2 mit identischer Zusammensetzung erneut gemischt und im Bereich der Ferkelaufzucht auf Haus Düsse wiederholt geprüft. In diesem Wiederholungsversuch konnten keine Unterschiede zwischen den Fütterungsvarianten 1 und 2 festgestellt werden. Dies bestätigt die Ergebnisse für die 3. Fütterungsvariante des Ringversuchs, die trotz einer geringeren P-Konzentration keine Reduktion in der Leistung gezeigt hat. Weshalb die Tiere der 2. Fütterungsvariante in den Versuchen unterschiedlich reagierten, kann anhand der Ergebnisse nicht geklärt werden.

Eine Reduktion der P-Konzentration der Ration auf oder unter die hier beschriebenen Konzentrationen erfordert die Auswahl spezieller Komponenten und deren chemische Analyse vor Erstellung einer der Mischungen. Des Weiteren sind hierbei die Anwendung geeigneter Analysemethoden und die korrekte Analyse der Komponenten unabdingbar. Die Reduktion ist daher mit einem entsprechenden Aufwand verbunden. Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass unter den in der Praxis gegebenen Voraussetzungen – getreide- und extraktionsschrotbasierte Rationen – und bei ausreichender Phytasedosierung in der Endmast auf den Einsatz von mineralischem P verzichtet werden kann.

FAZIT

Ziel der Untersuchung war es, den Einfluss einer P-Absenkung auf die Leistung und Kennzahlen der Mineralstoffversorgung von Ferkeln und Mastschweinen sowie die Nährstoffausscheidungen unter verschiedenen Haltungsbedingungen und bei der Verwendung verschiedener genetischer Herkünfte zu untersuchen. Ein Vergleich der Ergebnisse der Futtervarianten 1 und 3 zeigen deutlich, dass auch bei einer Absenkung des P-Gehalts auf ein Niveau unter der sehr stark P-reduzierten Fütterung bei gleichzeitiger Phytasesupplementierung eine ausreichende P-Versorgung der Tiere sichergestellt ist. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass die P-Absenkung zu einer enormen Reduktion der rechnerischen P-Ausscheidungen führt und bei entsprechender Phytasedosierung möglich ist.

Die Versuchsansteller danken der BASF SE, im Besonderen Herr Dr. Dieter Feuerstein, für die finanzielle Förderung dieses Projekts. Die finanzielle Förderung hat keinen Einfluss auf die Versuchsplanung, die Ergebnisse oder die Interpretation der Ergebnisse.

DER DIREKTE DRAHT

Autoren
G. Stalljohann1, J. Krieg1, A. Meyer2, W. Preißinger3, S. Schneider4, M. Weber5

1Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Haus Düsse, 59505 Bad Sassendorf
2Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Freundallee 9a, 30173 Hannover
3
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Stadtschwarzacher Straße 18, 97359 Schwarzach a. Main-Schwarzenau
4
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Grub, Prof.-Dürrwaechter-Platz 3, 85586 Poing-Grub
5Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau, Lindenstrasse 18, 39606 Iden

 

Dr. Manfred Weber
LLG Sachsen-Anhalt

Manfred.Weber[at]llg.mule.sachsen-anhalt.de

Literatur
BRS - Bundesverband Rind und Schwein (2019): Richtlinie für die Stationsprüfung auf Mastleistung, Schlachtkörperwert und Fleischbeschaffenheit beim Schwein
DLG (2014) Band 199: Bilanzierung der Nährstoffausscheidungen landwirtschaftlicher Nutztiere. DLG Verlag, Frankfurt am Main.
DLG (2018) Merkblatt 418: Leitfaden zur nachvollziehbaren Umsetzung stark N-/P-reduzierter Fütterungsverfahren bei Schweinen. DLG Verlag, Frankfurt am Main.
DLG (2020): N-/P-reduzierte Schweinefütterung im Fokus! DLG-kompakt 06/2020. DLG Verlag, Frankfurt am Main.
GfE (2006): Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Schweinen. 2. Auflage, DLG-Verlag, Frankfurt am Main.
Nethe L., Patzelt S., Norda C., Feuerstein D., Stalljohann G., Walgern B. und Tönhardt H. (2013): Einfluss abgesenkter Phosphorgehalte in der Ferkelaufzucht und Mast auf Leistung und Knochenparameter bei Mastschweinen. Forum angewandte Forschung 09.-10.04.2013, Fulda. S.130-134.