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Betrieb Albersmeier – Mit Strohwohl ins nächste Jahrzehnt
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Das Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Landwirtschaft hat sie aufgerüttelt: „Als wir das Gutachten gelesen haben, war uns klar, so geht es mit unserer Schweinehaltung nicht mehr weiter“ – und sie haben gehandelt. Klaus und Marianne Albersmeier betrieben bis dahin einen konventionellen Mastbetrieb mit 5.000 Mastschweinen. Der Betrieb hat sich immer weiter entwickelt, indem man zuerst die Altgebäude umgebaut und dann immer wieder neue Unterkünfte für die Schweine errichtet hat. Zuletzt wurde der größte Stall für 2.000 Mastschweine gebaut.

Nachdem im Betrieb Albersmeier schon seit über 20 Jahren bodenschonend mit einer weiten Fruchtfolge gearbeitet wurde, wird seit 2017  der Schwerpunkt auf die Umgestaltung der Tierhaltung gesetzt. „Ich möchte im Moment nicht gleich auf die Erzeugung nach Biorichtlinien umsteigen, ich habe aber versucht, beim Umbau der Ställe die Richtlinien im Hinterkopf zu behalten und einen Umstieg in Zukunft als mögliche Option offen zu halten.“ Daher auch die 1,5 m², die den Hüttinghauser  Strohschweinen seit Mai 2019 zur Verfügung stehen. Natürlich geht damit auch eine Reduzierung der Mastplätze auf 3.500 einher.

Buchtenabtrennungen raus – Stroh rein

Stück für Stück wurden in den Jahren 2018/2019 alle Ställe umgebaut und das im laufenden Betrieb. Immer wenn ein Stall leer wurde, haben die Hüttinghauser ihn entkernt und den Boden planbefestigt. Das einzige, was übernommen wurde, waren die Fütterungseinrichtungen (Sensor-Kurztrog), da man am Konzept der Flüssigfütterung festhalten wollte. „Bei uns gibt es  jetzt nur noch sehr große Gruppen. 420 Schweine bilden ein Abteil“, so der Betriebsleiter. Also immer ein ganzer oder ein halber Stall ist eine Gruppe. Das macht natürlich beim Raussortieren der Schlachtschweine mehr Arbeit, die ist der Hof Albersmeier aber gerne bereit zu investieren. Zweimal in der Woche werden 70 Schweine vermarktet, die vorher in eine Vermarktungsbucht sortiert werden. „Dadurch, dass alle Tiere das Laufen größerer Strecken und auch das Verlassen des Stalles gewöhnt sind, ist das Aussortieren deutlich angenehmer als früher,“ sagt Klaus Albersmeier. Die Tiere werden mindestens einen Tag vor der Verladung tätowiert, damit sie genug Zeit haben, sich von dem Stress zu erholen und entspannt verladen werden können.

Alle Schweine haben einen eingestreuten Auslauf

Das liegt auch daran, dass allen Schweinen mittlerweile ein eingestreuter und teilüberdachter Auslauf zur Verfügung steht. Dazu haben die Albersmeiers einen Großteil der Verkehrsflächen auf dem Hof genutzt. Diese wurden aufwändig überdacht und so angelegt, dass sie gut mit der neuen Hofschleppertechnik ausgemistet werden können. Gemistet wird nach Bedarf, aber alle 1-2 Wochen ist das notwendig. In den etwas kleineren Altgebäuden ist das zwar etwas schwieriger, aber durch den geschickten Umbau noch ganz gut zu beherrschen. Wichtig dafür war die Anschaffung geeigneter mobiler Misttechnik. „Mit dem kleinen Weidemann wird im Stall zugearbeitet und mit dem großen Teleskoplader der Mist aus dem Stall entfernt. Meine Mitarbeiter haben sich da bisher sehr gut eingespielt, aber natürlich wird die Arbeitszeit pro Mastschwein dadurch deutlich erhöht,“ erklärt der Betriebsleiter.

1,5 Mio Euro investiert

Tierwohl bekommt man nicht zum Nulltarif, mit diesem Motto gehen Klaus und Marianne Albermeier konform. 1,5 Millionen Euro haben sie in den letzten Jahren in den Umbau der Ställe (incl. Technik und Gewinnausfälle) investiert. Dies sei aber sehr gut angelegtes Geld, betonen sie immer wieder. Diese hohe Investition wurde erst getätigt, als der Absatz der Strohschweine gesichert war. Vermarktung unter dem Label „Strohwohl“.

Mit der REWE-West haben Klaus und Marianne Albermeier einen verlässlichen Vermarktungspartner gefunden, der sich auf dieses besondere Projekt eingelassen hat, zunächst einmal vertraglich abgesichert für fünf Jahre. Unter dem Label „Strohwohl“ wird das Fleisch aus Hüttinghausen in mittlerweile in 60 REWE-Märkten in NRW und dem nördlichen Rheinland-Pfalz angeboten. Jeder Markt bekommt nach Angaben der „Lebensmittel-Praxis“ zweimal in der Woche eine frische Lieferung und verkauft das Fleisch je nach Produkt mit einem Preisaufschlag von 4 – 6 Euro/kg gegenüber konventionellem Fleisch.

Aber von alleine verkauft sich das Fleisch auch nicht. Regelmäßig werden Schulungen des Verkaufspersonals durchgeführt. Darin ist auch der Besuch beim Ferkelerzeuger und auf dem Mastbetrieb in Hüttinghausen inbegriffen. Denn nur so können die Verkäufer/innen und Metzger/innen eine optimale Kundenaufklärung durchführen. Unterstützt wird der Verkauf auch über Flyer und kurze Produktvideos. Da das Fleisch erst seit kurzem in den Märkten verfügbar ist,  gibt es über den Absatz noch keine genauen Zahlen. Gleichwohl ist die REWE-West sehr zufrieden, sowohl mit der Fleischqualität als auch mit dem steigenden Verbraucherinteresse.

Produktionsrhythmus an den Verkauf angepasst

Um die Sache rund zu machen, ist in das Programm „Strohwohl“ von Beginn an der Ferkellieferant mit einbezogen. Der Hof Spellerberg in Bad Sassendorf, der nur drei Kilometer entfernt liegt, hält dort 260 Sauen und bildet mit dem Hof Albersmeier zusammen ein geschlossenes System. Alle in Bad Sassendorf aufgezogenen Ferkel werden in Hüttinghausen gemästet. Auch in diesem Betrieb sind ca. 1 Mio. Euro investiert worden bzw. werden noch investiert, um alle Produktionsstufen, außer der Abferkelung, auf Strohhaltung umzubauen. Dafür erhält auch die Familie Spellerberg von der REWE-West einen entsprechenden Aufschlag auf die verkauften Ferkel.

Um das System tatsächlich geschlossen zu halten, muss sich Klaus Albersmeier mit seinem Rhythmus an die gelieferten Ferkel anpassen. Normal sind für die Mast der Ferkel von 260 Sauen keine 3.500 Mastplätze notwendig. Damit der Leerstand der Ställe sich im Rahmen hält – es werden keine zusätzlichen Ferkel aus anderen Betrieben zugekauft –, hat man in Hüttinghausen die Mast auf ein Schlachtgewicht von 120 kg (Lebendgewicht ca. 140 – 150 kg) geändert. „Das war keine Änderung, die vom  Vermarkter auferlegt wurde, sondern eine Bedingung, die ich dem Vermarkter genannt habe,“ so der Betriebsleiter. Da die Abrechnung nur nach Gewicht erfolgt, ist eine etwas höhere Speckauflage bisher auch kein Problem. Ein weiterer Vorteil liegt in der Fleischqualität. „Wir wollten von Beginn an, dass das Fleisch einen erkennbaren Unterschied zeigt zu konventioneller Ware. Dies ist durch die Größe der Teilstücke und den Reifegrad gegeben.“

Die Fermentierung das Herzstück der GVO-freien Fütterung

Die von der REWE geforderte GVO-freie Fütterung ist für den Hof Albersmeier kein Problem, da sie im Betrieb schon seit vielen Jahren durchgeführt wird. Dies geschieht mit Hilfe der Vorfermentation eines Großteils des Futters. „Ausschlaggebend für den Bau der Fermentationsanlage und damit auch meiner GVO-freien Fütterung waren die hohen Futterkosten vor ein paar Jahren“ so Klaus Albersmeier. Lange wurde an der optimalen Handhabung der Fermentationsanlage getüftelt. Gesetzt ist das Batchverfahren, d.h. die Behälter werden zunächst geleert, bevor eine neue Mischung angesetzt wird. „Zu Beginn haben wir es mit den üblichen 40 °C Temperatur und Starterkulturen aus Milchsäurebakterien versucht“, schildert der Betriebsleiter die ersten Erfahrungen. Das hat aber nicht immer funktioniert. Die Gründe sind nicht ganz klar, werden aber im recht hohen pH-Wert des genutzten Wassers vermutet, was den Fermentationsprozess möglicherweise zu Beginn behindert. Momentan werden Temperaturen von 30 – 32 °C gefahren, und es wird auf den Einsatz von Nebenprodukten wie Kartoffeldampfschalen, wie sie früher häufig eingesetzt wurden, verzichtet. Fermentiert wird jede Mischung für gut 24 Stunden, wobei ein pH-Wert von 3,6 – 3,7 erzielt wird.

Als Eiweißfutter nur Rapsextraktionsschrot und Ackerbohnen

Wie in Tabelle 1 zu sehen, besteht das Ferment nur aus Getreide, Rapsextraktionsschrot und Ackerbohnen. Dieses wird nach der Fermentationsphase dann mit 70 bzw. 65 %, je nach Futtermischung, mit dem Ergänzer, der neben Getreide noch einen geringen Anteil an Trockenschnitzel und die notwendige Mineralstoff- und Aminosäurenergänzung enthält, gemischt und verfüttert. Über die Flüssigfütterungsanlage werden dann je nach Tiergewichten die beiden Rationen (Tabelle 2) miteinander verschnitten und den Tieren bedarfsgerecht vorgelegt.

Für Klaus Albersmeier hat sich der Wechsel zur Fermentation und zur GVO-freien Fütterung gelohnt. „Mit dem Einsatz von Rapsextraktionsschrot und Ackerbohnen über die Fermentation konnten wir die Futterkosten deutlich senken und können sie jetzt als Gratismitnahme im Projekt Strohwohl gut nutzen.“

Nur wer den Langschwanz in Zukunft beherrscht, bleibt am Markt

Die biologischen Leistungszahlen stehen für  Klaus Albermeier nicht im Vordergrund. Mit seinen gut 800 g Tageszunahmen bei einer Futterverwertung von knapp über 1:3 ist er momentan zufrieden. Reserven sieht er hier allerdings noch, besonders in den heißen Sommermonaten. „Wir müssen in Zukunft lernen, mit den heißen Sommerphasen besser umzugehen.“

Allerdings sind die biologischen Leistungen für den Betriebsleiter nicht das A und O seines Handels. Er meint dazu: „Die Wirtschaftlichkeit der Schweineproduktion wird demnächst nicht mehr in Tageszunahmen oder Futterverwertung gemessen, sondern daran, ob ich die Langschwänze unfallfrei bis zum Ende bekommen habe.“ Wenn die Umbaumaßnahmen beim Ferkelerzeuger abgeschlossen sind und auch dort die Schwänze nicht mehr kupiert werden, wird sich im Betrieb Albersmeier zeigen, ob er mit seinen Umbauten alles richtig gemacht hat.

Trotz der hohen Anspannung im Betrieb bleibt noch ein bisschen Zeit fürs Hobby. Wen wundert‘s, auch das hat mit Schweinen zu tun. Nebenbei halten Klaus und Marianne Albersmeier auch noch einige Iberico-Schweine, die sich durch eine hervorragende Fleischqualität auszeichnen. Der Absatz hierfür ist über Direktvermarktung und einen EDEKA Betrieb aus dem benachbarten Soest im Aufbau. Die Verkostungsergebnisse lassen allerdings das Herz jeden Fleischliebhabers höher schlagen.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: Manfred.H.Weber(at)gmx.de

Fotos: Mafred Weber
Stand: 6/2020