Besamungsmanagement geht noch besser
Eine Untersuchung von Daten aus 84 Betrieben zeigte große Differenzen in der Sauen-Fruchtbarkeit. Prof. Steffen Hoy, Universität Gießen, und Birgitt Hameister, VzF Uelzen, erklären auf dieser Basis, wie das Besamungsmanagement verbessert werden kann.
In der Ferkelerzeugung muss es das Ziel sein, viele Sauen mit vielen Ferkeln tragend zu bekommen. Nicht optimal zu besamen bedeutet verschenktes Geld. Ein Beispiel erläutert die wirtschaftliche Bedeutung. Der wichtigste Parameter für den Besamungserfolg ist der Ferkelindex (FI). Er verbindet die Wirkungen von Abferkelrate (AFR) und Wurfgröße (WG).
Der Ferkelindex ist mathematisch das Ergebnis von Abferkelrate mal Wurfgröße lebend (lgF) oder gesamt (ggF) geborener Ferkel. Mit den ggF wird deshalb kalkuliert, weil auch tot geborene Ferkel befruchtete Eizellen waren und der Besamungserfolg im Fokus steht. Biologisch ist der FI die Anzahl gesamt geborener Ferkel je (standardisiert) 100 besamte Sauen.
Wenn der Betrieb eine AFR von 85,0 % und eine WG von 15,5 schafft, ergibt das 1.318 lgF oder ggF je 100 besamte Sauen. Werden die AFR um 3 % und die WG um 0,5 gesteigert, erhöht sich die Zahl geborener Ferkel um 90 – mit gleichem Aufwand (Arbeitszeit, Spermaportionen):
Für einen ostdeutschen Betrieb im 3-Wochen-Rhythmus mit 700 Sauen, bei dem alle drei Wochen 100 Sauen besamt werden, bedeuten 90 Ferkel mehr x 70 EUR = 6.300 EUR alle 3 Wochen. Auf das Jahr bezogen sind das über 108.000 EUR mehr, wobei Ferkelverluste davon abzuziehen sind. Manchmal wird argumentiert, dass der Arbeitsaufwand für die Besamung (KB) zu hoch wäre.
Wenn bei 4 Besamungstechnikern nur je 1 h länger je Besamungswoche gearbeitet wird (z.B. für zweite KB am Mo/Di) sind das rund 4 x 25 EUR = 100 EUR zusätzliche Kosten. Wenn nur 2 Ferkel mehr geboren werden, ergibt allein das bei den aktuellen Ferkelpreisen einen Mehrerlös von etwa 140 EUR. Richtiges Besamen rechnet sich also!!
Analysen in 84 Betrieben
In unsere Auswertungen mit dem Sauenplaner gingen über 63.000 Würfe aus 84 Betrieben der VzF GmbH Uelzen im Zeitraum vom 1.7.2022 bis 30.6.2023 ein. Die Betriebe hielten im Mittel 336 Sauen. Aus dem Sauenplaner wurden die Zahl der Umrauscher-Sauen an den belegten Sauen (Umrauscherrate), die Abgänge nach Belegung und die Zahl der abgeferkelten an den belegten Sauen (Abferkelrate) entnommen und für jeden Betrieb im Mittel des Wirtschaftsjahres berechnet.
Das Protokoll enthielt weiterhin die Daten zur Wurfgröße lgF bei Geburt und beim Absetzen. Die Genetik der Sauen wird in den Betrieben unterschiedlich dokumentiert. Dadurch ist eine Berechnung über viele Betriebe hinweg kompliziert, und wir verzichteten in der Auswertung darauf. Weitere Parameter waren die Absetz-Beleg-Tage, die Zahl der Würfe je Sau und Jahr und die Anzahl abgesetzter Ferkel je Sau und Jahr. Schließlich wurde der Ferkelindex (lebend geborene Ferkel je 100 belegte Sauen) für jeden Betrieb berechnet.
Große Unterschiede zwischen den Betrieben
Die Umrauscherrate betrug im Durchschnitt der 84 Betriebe 7,6 % mit einem Maximum in einem Betrieb von 24,0 % und einem Minimum in einem anderen Betrieb von 0 % (Abb. 1 und Tab. 1).
Abb. 1: Umrauscherrate in 84 VzF-Betrieben vom 1.7.22-30.6.23 (63.437 Würfe, im Mittel 336 Sauen/Betrieb)

Im Mittel 7,2 % der besamten Sauen gingen nach der Belegung ab – als wiederholte Umrauscher, Spätumrauscher, wegen Aborten, Verletzungen oder Verendung. Insgesamt 85,1 % der besamten Sauen erbrachten einen Wurf – mit einer sehr großen Spannweite zwischen den Betrieben von 63,6 bis 96,1 %. Eine Abferkelrate von über 95 % erscheint kaum realistisch (Abb. 2).
Abb. 2: Abferkelrate in 84 VzF-Betrieben vom 1.7.22-30.6.23 (63.437 Würfe, im Mittel 336 Sauen/Betrieb)

Es macht für den Betriebsleiter allerdings keinen Sinn, Ergebnisse „zu schönen“. Auch die Wurfgröße lebend geborener Ferkel weist mit 5,9 Ferkeln sehr große Unterschiede zwischen den Betrieben auf. Hier könnten die verschiedenen Sauen-Genotypen eine Rolle gespielt haben, wobei die Differenzen in den letzten Jahren kleiner geworden sind. Das gilt auch für die Anzahl abgesetzter Ferkel je Wurf von durchschnittlich 13,2 mit einer Spanne von 10,5 bis 15,3 im Mittel von Alt- und Jungsauenwürfen. Große Schwankungen sind auch bei der Anzahl Würfe je Sau und Jahr (von 2,07 bis 2,52) und vor allem bei der Zahl abgesetzter Ferkel je Sau und Jahr nachweisbar. Im Mittel setzten die Betriebe 30,9 Ferkel je Sau und Jahr ab. Im leistungsstärksten Betrieb betrug dieser Wert 36,4. Der leistungsschwächste Betrieb schaffte lediglich 23,2 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr. Bei den Absetz-Beleg-Tagen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Absetztag, vor allem aber der Tag der Besamung unterschiedlich in den Sauenplaner eingetragen wird. Ein Minimalwert pro Betrieb von 3,9 ist kaum möglich, denn es müssten dann alle Sauen des Betriebes weniger als vier Tage nach dem Absetzen bereits belegt worden sein (Tab. 1).
Die entscheidende Fruchtbarkeitskenngröße ist schließlich der Ferkelindex (siehe Beispiel oben). Im Mittel der 84 Betriebe betrug dieser 1.295 lgF je 100 besamte Sauen. Der leistungsschwächste Betrieb erzielte nur einen FI von 885, der leistungsstärkste fast doppelt so viel, nämlich 1.581.
Hohe Umrauscher- und niedrige Abferkelrate signalisieren nicht optimale Besamungen
Etwa 46 % der Betriebe hatten eine Umrauscherrate von über 7,6 % (= Mittelwert aller Betriebe) bzw. eine Abferkelquote von weniger als 85,1 % (Abb. 1 und 2). Das leistungsstarke obere Viertel der Betriebe schaffte eine Umrauscherrate von unter 5 % und eine Abferkelquote von 89 % und mehr. Deshalb können als Zielstellung für viele Betriebe eine Trächtigkeitsrate von 95 % und eine Abferkelrate von 90 % genannt werden. Wenn in den leistungsschwächeren Betrieben viele Umrauscher-Sauen auftreten und die Abferkelquote (zu) niedrig ist, sollte dringend die Besamungsdurchführung überprüft werden. Meist werden folgende Fehler gemacht: nur eine oder eine unregelmäßige Brunstkontrolle pro Tag, keine Einteilung in früh-, normal- oder spätrauschende Sauen und falsche Abstände zwischen erster Duldung und Besamung (KB) sowie zwischen den Besamungen (KB 1 und KB 2). In größeren Betrieben können auch z.T. deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Besamern auftreten.
In einer anderen Untersuchung konnten wir nachweisen, dass in einigen Betrieben noch ein weiteres Problem auftritt. In diesen Betrieben gibt es generell nur 3 Termine für die KB in der jeweiligen Besamungswoche, z.B.:
- erste KB am Montag gegen 13:30 Uhr (auch beim Absetzen am Mittwoch!!),
- zweite KB am Dienstag gegen 8 Uhr und
- bei Bedarf dritte KB am Mittwoch zwischen 7 und 8 Uhr.
Die Besamung am Dienstagmorgen ist für manche Sauen die KB 2, für andere die KB 1 (Abb. 3).
Abb. 3: Durchführung der Besamungen in einem Betrieb (Vergleich von Ist- mit Soll-Zustand; AFR = 85,1 %, UR = 9,4 %)

Eine Duldungskontrolle wird nur einmal am Tag durchgeführt. Bei Duldung erfolgt sofort die KB – Früh-, Normal- und Spätrauscher werden nicht unterschiedlich bezüglich der Abstände zwischen Duldung und erster KB behandelt. Das Schema in Abb. 3 vergleicht die Besamungsdurchführung in einem dieser Betriebe (Ist-Zustand) mit der Empfehlung zur KB (Soll-Zustand). Beim Absetzen der Ferkel am Mittwochmorgen muss drei Tage später (also am Sonnabendmorgen) mit der Brunstkontrolle begonnen werden. Als brünstig z.B. am Sonnabendnachmittag erkannte Sauen (Frührauscher) werden 24 h später das erste Mal besamt – also am Sonntagnachmittag. Die KB 2 erfolgt dann am nächsten Morgen. Die Abb. 3 zeigt, dass beide empfohlene Besamungen KB 1 und KB 2 (Soll) vor der ersten im Betrieb durchgeführten KB am Montagmittag 13:30 Uhr (Ist) liegen. Dieser Betrieb erreichte mit 85,1 % zumindest noch eine durchschnittliche Abferkelquote, viele andere Betriebe sind deutlich schlechter.
Was bedeutet richtiges Besamen?
Die Empfehlungen zur richtigen Besamung wurden kürzlich in einer Broschüre der GFS Ascheberg (Besamungsmanagement 2023) zusammengefasst. Die Zeitachse zur Festlegung der Besamungszeiträume bei der KB der Altsauen beginnt mit dem Absetzen der Ferkel, bei Jungsauen mit Brunstsynchronisation (BS) mit dem letzten Tag der Zyklusblockade. Ab dem 3. Tag nach dem Absetzen/der BS ist das Auftreten der Brunst möglich (bei Ammen und kurzer Säugezeit auch früher), und die Brunstkontrolle muss durchgeführt werden. Die Voraussetzung für den optimalen Zeitraum der KB ist die Bestimmung des Duldungsreflexes (durch einen „Reittest“) zweimal täglich, am Morgen und am Abend (außerhalb der Fütterungszeiten). Dazu wird ein sexuell aktiver Eber „vor den Köpfen der Sauen“ entlanggeführt. Die erste Duldung wird bei den betreffenden Sauen markiert (farbiger Strich oder Punkt auf Rücken oder Keule). Bei der KB 1 wird ein andersfarbiger Punkt oder Strich verwendet, sodass auch bei verschiedenen Besamungstechnikern für dieselben Sauen klar sein muss, wann KB 1, KB 2 und ggf. KB 3 durchgeführt werden müssen. Die Eisprünge finden 30 bis 36 h nach Beginn der Duldung statt. Unterschiede im Brunstverlauf zwischen früh-, normal- und spätrauschenden Sauen (Brunstlänge zwischen 24 und 72 h), zwischen verschiedenen Rassen, zwischen Jung- und Altsauen, zwischen 3- und 4-wöchiger Säugezeit und zwischen den Betrieben sind bei der KB zu beachten! Die Dauer der Brunst ist aus einer früheren Brunst nicht vorherzusagen. Deshalb kann auf die Brunstkontrolle vor der Besamung nicht verzichtet werden!!
Die Befruchtungsfähigkeit sowohl der Spermien (etwa 24 h) als auch der Eizellen (ca. 4 h) in der Sau ist zeitlich begrenzt. Daraus wird ein optimaler Besamungszeitraum von 20 bis 24 h vor bis zur Ovulation, längstens jedoch bis 4 Stunden nach den Eisprüngen berechnet. Der exakte Beginn der Duldung ist im Betrieb – wegen eines 12-stündigen, zumeist jedoch eines 8- bzw. 16-stündigen Zeitabstandes der Duldungskontrollen – praktisch nicht zu ermitteln. Deshalb werden als „Sicherheitszuschlag“ zwei KB (KB 1 und KB 2) angewendet. Die Empfehlungen zu den Besamungszeiträumen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Früh-, normal- und spätrauschende Sauen sind dabei zu unterscheiden.
FAZIT
- In vielen Betrieben kann die Sauen-Fruchtbarkeit noch besser werden. Zu wenig tragend gewordene Sauen sind verschenktes Geld.
- Eine optimale Besamung ist ein „MUSS“, um bei gleichem Aufwand mehr Ferkel zu erzeugen. Die aktuellen Empfehlungen zum optimalen Besamungsmanagement sind dabei konsequent anzuwenden.