Auswirkungen einer automatischen Futtervorlage auf das Fressverhalten von laktierenden Kühen – Teil 1
Automatisierungen bieten vielfältige Möglichkeiten. So sind automatische Melksysteme nahezu in jeder Region und das seit Jahren etabliert und nehmen mittlerweile bei neu installierten Melksystemen den Rang 1, vor konventionellen Melkständen, ein.
Auch bei der Futtervorlage steigt die Nachfrage nach automatischen Fütterungssystemen (AFS). Hierfür werden vielfältige Gründe genannt, vor allem:
- Arbeitserleichterung
- Zeitersparnis
- flexiblere Arbeitsvorgänge
- regelmäßigere und vor allem häufigere Futtervorlage kleinerer Futtermengen; dadurch stets Futter in besserer hygienischer Qualität (geringere Nacherwärmungsgefahr auf dem Futtertisch)
- homogenere Rationen können, auch in kleinen Mengen, angemischt werden; dadurch wird Selektieren reduziert
- konstantere Rationen, da die Dosiergenauigkeit im Vergleich zu konventionellen Fütterungssystemen höher ist
- weniger Futterreste
- Fütterung mehrerer Tiergruppen und damit Erstellen zahlreicher Rationen, die den physiologischen Bedürfnissen des Einzeltieres gerechter werden
- erhöhte Fütterungsfrequenz kann zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Futteraufnahmen über den Tag hinweg führen
- häufigere frische Futtervorlage erhöht die Motivation der Tiere zur Futteraufnahme; dadurch ggf. höhere Futteraufnahme
- rangniedrigere Tiere können profitieren, da sie die Möglichkeit einer ungestörten Futteraufnahme erhalten; dadurch werden eine ruhige Atmosphäre im Stall gefördert und Stress reduziert
Interessant ist hierbei, ob und wenn ja, wie sich eventuell Verhaltensweisen der Tiere ändern, wenn von einer konventionellen 1- oder 2-maligen Futtervorlage am Tag zu einer automatisierten und damit häufigeren Futtervorlage gewechselt wird.
Diese Fragestellung war Gegenstand einer insgesamt sechsmonatigen Untersuchung (30.08.2023 – 28.02.2024) auf Gut Hülsenberg.
In diesem Beitrag werden die Versuchsbedingungen näher beschrieben und in dem nächsten Teil 2 dann die Ergebnisse aufgezeigt.
Die 220 Milchkühe wiesen im Jahresabschluss 2023 eine Milchleistung von 12.989 kg mit 3,90 % Fett und 3,37 % Eiweiß auf und damit eine Fett-+Eiweißmenge von 944 kg. Im betrachteten Zeitraum wurden im Durchschnitt 195 Kühe durch vier vollautomatische Lely-Melkroboter „A5“ gemolken. Jeder der Melkroboter stellt eine separate Gruppe dar, da jede Kuh ausschließlich zu einem der Roboter Zugang hat. Dementsprechend ergeben sich vier unterschiedliche Gruppen im Betrieb.
Die Gruppen 1, 2 und 4 bestehen aus Mehrkalbskühen, die Gruppe 3 aus Erstkalbskühen (Tabelle 1).
Tabelle 1: Übersicht über die vier Gruppen der laktierenden Kühe auf Gut Hülsenberg im betrachteten Zeitraum
Vor der Umstellung auf das AFS (Modell Lely Vector) am 01.11.2023 wurden die Milchkühe einmal täglich mit einem Selbstfahrer (Tatoma MVS-19) gefüttert. Das vorgelegte Futter wurde im zweistündigen Abstand mit dem Anschieberoboter Lely Juno nachgeschoben.
Mit dem Lely Vector erfolgte dann eine durchschnittlich sechs- bis achtmal tägliche frische Futtervorlage. Auch das Futternachschieben geschah automatisch mit dem Lely Vector. Dabei misst dieser mit einem Futterhöhensensor die Futtermenge auf dem Futtertisch, damit nicht zu viel oder zu wenig Futter vorhanden ist und das Futterniveau konstant bleibt.
Mit dem Lely Vector erfolgte eine durchschnittlich sechs- bis achtmal tägliche frische Futtervorlage.
Rationsgestaltung
Die Mehrkalbskühe der Gruppen 1, 2 und 4 erhielten stets die gleiche Ration. Diese wurde lediglich für die Erstlaktierenden in Gruppe 3 geringfügig modifiziert, mit etwas geringerem Stärke- und leicht erhöhtem Fasergehalt. Neben der Umstellung auf das automatische Fütterungssystem am 01.11.2023 fanden jeweils am 18.09.2023, 27.11.2023 und am 23.01.2023 Rationsveränderungen statt (Tabelle 2).
Tabelle 2: Zusammensetzung und ausgewählte Futterwertparameter der berechneten Rationen für die laktierenden Kühe im Versuchszeitraum
Darüber hinaus erhielten die Kühe in Abhängigkeit ihres Laktationsstadiums über einen Flüssigdosierer am Melkroboter ein Ergänzungsfutter, bestehend aus Glycerin, Propylenglycol und Isomaltulosemelasse, beginnend mit 700 g. Diese Menge wurde bis zum 120. Laktationstag schrittweise auf 250 g pro Kuh und Tag reduziert und dann unverändert bis zum 300. Laktationstag verabreicht. Danach erfolgte eine weitere Reduzierung der Menge auf 100 g je Kuh und Tag, abhängig von der Milchleistung.
Die Bestimmung des Trockenmassegehaltes (TM) der Teilmischration erfolgte wöchentlich im Labor. Mit einem Wasserzusatz konnte der angestrebte TM-Bereich von 38 bis 40 % weitgehend erreicht werden. Im Durchschnitt des Zeitraumes der Datenerhebung betrug der TM-Gehalt der Teilmischration 39,55 % (Gruppe 1), 39,20 % (Gruppe 2), 40,23 % (Gruppe 3) und 39,55 % (Gruppe 4).
Datenerfassung und -auswertung
Die Futteraufnahme wurde während des betrachteten Zeitraums täglich, zunächst manuell über den Selbstfahrer und anschließend über die Daten des automatischen Fütterungssystems, unter Berücksichtigung der täglichen Restfuttermenge und der tierindividuellen Leistungsfuttergabe im AMS, erfasst.
Im Durchschnitt erhielten die Kühe vom 17. bis zum 300. Laktationstag konstant 3,5 kg TM des Leistungsfutters über den Melkroboter. Ab dem 301. Laktationstag betrug diese Menge, abhängig von der Milchleistung, 1,75 bis 3,5 kg.
Tabelle 3 zeigt die Futteraufnahme (Teilmischration + Leistungsfutter am Roboter) pro Kuh und Tag im Durchschnitt der gesamten Beobachtungszeit.
Im betrachteten Zeitraum wurden 195 Kühe durch vier Melkroboter „Lely A5“ gemolken. Jedem Melkroboter war dabei stets eine feste Kuhgruppe zugeordnet.
Die von den Melkrobotern erfassten Daten stehen direkt über das Herdenmanagementprogramm Lely Horizon zur Verfügung. Für die Auswertung wurden aus diesen Daten die Milchmenge, die Fett- und Eiweißgehalte der Milch, die tägliche Fress- und Wiederkaudauer pro Kuh sowie die energiekorrigierte Milchmenge pro Kuh herangezogen. Die Dauer des Fressens und Wiederkauens wurde dabei durch Halsbandsensoren der Kühe erfasst.
Darüber hinaus erfolgte bei 60 Kühen (Tabelle 4) der Einsatz von SmaXtec-Boli. Dieser Sensor, der in den Netzmagen der Kuh eingegeben wird, erfasst/errechnet kontinuierlich die innere Körpertemperatur, Trinkzyklen, die aufgenommene Wassermenge sowie die Wiederkau- und Bewegungsaktivität des Tieres.
Die Daten wurden mithilfe der Statistikprogramme IBM SPSS 29 und Excel ausgewertet.
Für die Auswertung der Entwicklung der Futteraufnahme, der Fress- und Wiederkaudauer, der energiekorrigierten Milchmenge (ECM) und der Beurteilung, ob sich diese aufgrund der Umstellung auf das AFS verändert haben, wurden T-Test bei unabhängigen Stichproben durchgeführt. Zuvor durchgeführte F-Tests zeigten, ob die Varianzen der untersuchten Variablen gleich oder ungleich sind. Auf Grundlage dessen erfolgte der Zweistichproben-t-Test unter der Annahme gleicher oder ungleicher Varianzen.
Zur Untersuchung der Einflüsse auf die Futteraufnahme wurde eine lineare multiple Regressionsanalyse durchgeführt. Damit sollte herausgefunden werden, ob neben der Umstellung auf das automatische Fütterungssystem noch andere Einflüsse auf die Futteraufnahme eingewirkt haben. Zur Feststellung von Zusammenhängen erfolgten Korrelationsanalysen.
Im nächste Woche erscheinenden Teil 2 werden die Ergebnisse dieses Versuches vorgestellt und interpretiert.
DER DIREKTE DRAHT
M. sc. Weda Albertsen
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Güner Kamp 11
D-24783 Osterrönfeld
E-Mail: Nickelsen-albertsen@gmx.de
Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Güner Kamp 11
D-24783 Osterrönfeld
E-Mail: katrin.mahlkow-nerge[at]fh-kiel.de
Dr. Achim Hoffmann & Dr. Ewald Kramer
ISF GmbH
Wiesenweg 32
D-23812 Wahlstedt
E-Mail: Achim.Hoffmann[at]is-forschung.de
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