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Tränkwasserqualität von Rindern – the good, the bad and the ugly
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Es wird zwar oft nicht so wahrgenommen, aber Wasser ist das wichtigste Futtermittel für Rinder und ist für deren Stoffwechsel, Wohlergehen und Leistung entscheidend. Neben seiner lebensgebenden und -erhaltenden Wirkung kann Tränkwasser aber auch als Quelle von Krankheitserregern dienen oder aufgrund von Verschmutzungen von Rindern gemieden werden. Einen Rundumschlag zu den verschiedenen Seiten der Wasserqualität mit einem Fokus auf die biologische Qualität erhalten Sie nachfolgend.

The good – Wasser als Grundlage von Wohlergehen und Lebenserhaltung

Wasser ist essenziell für die Aufrechterhaltung des Stoffwechsels unserer landwirtschaftlich gehaltenen Tiere und nimmt aufgrund des Bedarfes für die Milchproduktion von Milchkühen bei diesen eine besondere Stellung ein. Es ist einer der Grundlagen für die Milchsynthese, da Milch zu ca. 87 % aus Wasser besteht, und spielt eine wichtige Rolle in der Thermoregulation einer Milchkuh. Betrachtet man die Bedarfsempfehlung der DLG zur Wasserversorgung von Rindern wird ersichtlich, dass hochleistende Milchkühe (45 kg Milch/d), mit über 120 Litern je Tag, einen enorm hohen Wasserbedarf aufweisen (Tabelle 1).

Tabelle 1: Anhaltswerte für die Wasseraufnahme (in Liter) von Kälbern, Färsen und Kühen in Abhängigkeit von der Lebendmasse/Leistung und der Umgebungstemperatur (modifiziert aus DLG-Merkblatt 399).

Der allgemeine Bedarf steigt zudem mit zunehmenden Temperaturen, da die Wasserverluste über Verdunstungsverluste steigen und gedeckt werden müssen, sodass der Bedarf auf bis zu über 170 Liter pro Tag steigen kann. Studien konnten die hohe Bedeutung einer ausreichenden Wasserversorgung belegen und zeigten sogar auf, dass Milchkühe bei freiem Zugang zu Wasser, mehr aufnehmen, als sie rechnerisch entsprechend ihrer Leistung aufnehmen müssten. Steht den Kühen kurzfristig nicht ausreichend Wasser zur Verfügung, spiegelt sich dies nicht zwingend in der Milchleistung wider, aber in dem Verhalten der Tiere. Kühe, denen der freie Zugang zu Wasser verwehrt wird, zeigen schon nach 2 – 3 Stunden Anzeichen von Stress, wie beispielsweise das wiederholte Aufsuchen der leeren Tränken, das Lecken an den Tränken oder auch einen höheren Zeitanteil, den die Kühe mit Gehen zu und von den Tränken verbringen. Sobald den Kühen wieder Wasser angeboten wird, nehmen diese Kühe mehr Wasser auf als sonst und versuchen so den Durst zu kompensieren. Um Milchkühe optimal mit Wasser zu versorgen, muss dieses ihnen in durchgehend, an ihr Verhalten angepassten Tränken, in einer ausreichenden Menge und in einer hohen Qualität angeboten werden.

The bad – Wasser als Quelle von Krankheitserregern

Einerseits ist das Tränkwasser essenziell, andererseits kann es auch Krankheitserreger beinhalten, zu deren Verbreitung beitragen und schlussendlich auch eine Infektionsquelle darstellen. Eine Studie aus den USA im Jahre 2001 verdeutlicht diese Seite des Tränkwassers. In der Studie wurden mehrere Tränken mit dem Bakterium Escherichia coli O157 – auch als EHEC bekannt – angereichert. Die Tränken wurden anschließend in Ruhe gelassen, wobei sie von Einträgen von außen geschützt waren. Durch ein Zu- und Abfluss-System wurde ein täglicher Wasserdurchsatz von 160 L/d eingestellt. Die Tränken wurden regelmäßig untersucht und es zeigte sich, dass die Bakterienkonzentration zwar abnahm, aber selbst nach 6 Monaten noch E. coli O157 nachweisbar waren. Anschließend wurde vier 10 Wochen alten Kälbern der Zugang zu den Tränken gewährt, was dazu führte, dass die Kälber durch den Kontakt mit dem Wasser kolonialisiert wurden und das Bakterium noch bis zu 87 Tage später im Kot der Tiere nachweisbar war. Neben E. coli O157 wurden auch noch eine Vielzahl an anderen krankheitsverursachenden Bakterien wie Salmonellen, Campylobacter, Streptokokken oder auch antibiotikaresistente Enterokokken und Staphylococcus aureus bei der Untersuchung von Milchviehtränken gefunden.

Besonders hervorzuheben ist das potentielle Risiko der Entwicklung von Cyanobakterien („Blaualgen“) bei Tränken oder Wasserstellen, die sich außerhalb des Stalles befinden oder die einer direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Bei einem Überangebot an Stickstoff und Phosphor im Wasser kann es bei warmen Bedingungen zu einer extremen Vermehrung von Cyanobakterien kommen, was gemein auch als „Blaualgenblüte“ bezeichnet wird. Nicht alle der sich vermehrenden Cyanobakterien sind per se gefährlich, allerdings gibt es einige Unterarten, die hoch giftige Toxine bilden, die Tier und Mensch gefährden können. Entsprechend sollte gerade bei exponierten Tränken im Sommer auf, für Cyanobakterien typische, Trübungen (grün, schwarz, braun) geachtet und Reinigungsintervalle entsprechend verkürzt werden.

The ugly – Wasser und die Gefahr von Kontaminationen

Neben Krankheitserregern können allerdings auch andere Kontaminationen oder Veränderungen des Wassers sich negativ auswirken. Tränkwasser ist im Vergleich zum Futter unserer Tiere viel stärker durch Kontaminationen mit Futterresten oder Ausscheidungen ausgesetzt. Wie sich bspw. die Verschmutzung mit Kot auf das Trinkverhalten auswirkt haben sich Forscher aus Neuseeland angeschaut. In deren Versuch wurde Rindern abwechselnd und später gleichzeitig Tränkwasser angeboten, das unterschiedlich stark mit Kot kontaminiert wurde (reines Leitungswasser, Wasser mit 0,05 mg Kot/g Wasser oder 1 mg Kot/g Wasser). Die Rinder der Studie nahmen, wenn ihnen leicht bzw. stark mit Kot kontaminiertes Wasser angeboten wurde im Vergleich zum Angebot von sauberem Wasser, 10 bzw. 28 % weniger Wasser auf. Sobald die Rinder die Wahl zwischen den unterschiedlich kontaminierten Wassern hatten, zeigten sie eine klare Präferenz für das saubere Wasser und mieden das stark verschmutzte Wasser (1 mg Kot/g Wasser) nahezu vollständig. Schlussendlich zeigte diese Studie sehr deutlich, dass Kühe bereits geringe Kontaminationen wahrnehmen und sauberes Wasser deutlich bevorzugen. Neben der Verschmutzung mit den Ausscheidungen der Tiere sollte auch der Eintrag von Futter vermieden werden bzw. die Tränke daraufhin kontrolliert und regelmäßig gereinigt werden. Zwar ist anzunehmen, dass sich das Futter nicht direkt negativ auf die Wasseraufnahme oder die Gesundheit der Tiere auswirkt, allerdings bietet es Schutz und Nährstoffe für unerwünschte Mikroorganismen.

Empfehlungen für eine hohe Wasserqualität

Nachdem erläutert wurde, welche Bedeutung Wasser für unsere Rinder hat und welche Risiken bestehen, stellt sich die Frage, wie können wir als Rinderhalter hohe Wasserqualitäten dauerhaft sicherstellen bzw. verringerte Qualitäten vermeiden. Der erste Schritt besteht darin, sicherzustellen, dass das für die Versorgung unserer Tiere genutzte Wasser bei der Einspeisung in das Leitungssystem schon eine ausreichende Qualität hat. In einem dafür entwickelten Orientierungsrahmen wird hervorgehoben, dass die Qualitätsansprüche für Tränkwasser nicht so hoch sind wie die für Trinkwasser zum menschlichen Verzehr, aber trotzdem sollten gewisse Mindeststandards eingehalten werden. Die Empfehlung des Orientierungsrahmens hinsichtlich der mikrobiologischen Parameter sind in Tabelle 2 aufgelistet.

Tabelle 2: Orientierungswerte für die biologische Qualität von Tränkwasser (modifiziert von LUFA NRW und Kamphues et al., 2007)

Diese Empfehlungen geben einen ersten Anhaltspunkt, jedoch wird die Qualität, des sich in der Tränke befindenden und vom Tier aufgenommenen Wasser insbesondere von der Umwelt um die Tränken und der sich dort befindenden Tiere beeinflusst. Zudem schwankt die Qualität des Tränkwassers in den Tränken durch kurzfristige Kontaminationen oder Trinkvorgänge und Wechselraten sehr stark und entsprechend sind fixe Grenzwerte für dieses Wasser weniger sinnvoll bzw. kaum möglich mit Stichproben des Wassers sinnvoll zu kontrollieren. Von einigen Forschenden wird daher die Strategie verfolgt, sich eher auf die Identifikation und die Kontrolle von Risikofaktoren für eine schlechte Tränkwasserqualität zu fokussieren, um so eine hohe Qualität zu erreichen.

Praxiserhebung zur Wasserqualität

Zu diesem Zwecke wurde von der Universität Bonn von Benedikt Schulze Dieckhoff, unter Leitung von Prof. Dr. Julia Steinhoff-Wagner, eine Erhebung der Tränkwasserqualität anhand von 105 Tränken in 24 Milchkuhbetrieben durchgeführt. In dieser Studie wurden die unterschiedlichen Tränken der Betriebe beprobt sowie die Tränkeeigenschaften erfasst, um aus den Ergebnissen Risiken für eine geringe Wasserqualität abzuleiten.

Es wurden in 94,3 % aller untersuchten Tränken coliforme Keime und in 48,6 % E. coli nachgewiesen. Zudem konnten einige Faktoren identifiziert werden, die zu einer verschlechterten Tränkwasserqualität führen könnten. Diese sind zusammen mit den identifizierten Risikofaktoren aus einer ähnlichen US-amerikanischen Studie in Tabelle 3 aufgelistet.

Signifikante Risikofaktoren für erhöhte Gehalte an Keimen (bei 20°C), coliformen Keimen und E. coli aus den Studien Hayer et al., 2022 und LeJeune et al., 2001.

Die Pfeilrichtung zeigt entweder ein zunehmendes (rot) oder abnehmendes Risiko (grün), während ein Querbalken (gelb) keinen Einfluss visualisiert.

Aus den beiden Studien wird ersichtlich, dass insbesondere das Material der Tränke einen deutlichen Einfluss auf das Wachstum von Bakterien hat. Raue oder sich leicht verändernde Materialien wie Beton, Plastik oder Gusseisen bieten eine große Oberfläche, an denen sich Bakterien ansiedeln können, während Edelstahl aufgrund seiner Beschaffenheit abweisend wirkt. Dass sich die Ansiedlung von Bakterien an der Tränkeoberfläche auch auf die Wasserqualität auswirkt, zeigt sich auch in dem erhöhten Risiko bei einem sichtbaren Biofilm. Biofilme sind Ansammlungen von Bakterien an Oberflächen in nassen Umgebungen, in denen sie geschützt sind, sich vermehren und von dort aus wieder in das Wasser übergehen und aufgenommen werden können. Die Lage der Tränke hat ebenso einen Einfluss, da Tränken häufiger besucht werden, die sich in der Nähe vom Melkstand oder dem Futtertisch befinden und somit einem höheren Risiko von Kontaminationen ausgesetzt sind.

Basierend auf den dargestellten Risikofaktoren ist es möglich für seinen eigenen Betrieb das Risiko einer verschlechterten Tränkwasserqualität für jede Tränke abzuschätzen. Es empfiehlt sich die Tränken mit höheren Risiken öfters auf Kontaminationen zu kontrollieren und öfters zu reinigen. Welche Reinigungsfrequenz schlussendlich eine ausreichende Qualität sicherstellt, ist nur bedingt abschätzbar. Die DLG empfiehlt in ihrem Merkblatt 399 die Tränken im Sommer mind. zweimal täglich und im Winter mind. wöchentlich zu reinigen. Aus eigenen Versuchen konnte jedoch gezeigt werden, dass sich Biofilme auch bei niedrigen Wassertemperaturen (5 °C) innerhalb weniger Tage bilden können, sodass eine Verlängerung des Reinigungsintervalls im Winter nur bedingt empfehlenswert scheint. Hinsichtlich der Reinigungsmethode sollte darauf geachtet werden, dass zusätzlich zum Ablassen des Wassers auch die Oberflächen gründlich mit einer Bürste gereinigt werden, um der Biofilmbildung entgegen zu wirken. Zudem sollten auch die nicht einsehbaren Teile, insbesondere das Schwimmerbecken, regelmäßig mitgereinigt werden.

FAZIT

Die Wasserversorgung und Wasserqualität ist von hoher Priorität für die Gesunderhaltung, das Wohlergehen und die Leistungsfähigkeit unserer Rinder. Aus den genannten Gründen sollte die Qualität des Tränkwassers regelmäßig kontrolliert, durch regelmäßige tägliche Reinigungsmaßnahmen optimiert und diese auch dokumentiert werden.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Jason Hayer
Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung
Hofgut Neumühle
Neumühle 1
67728 Münchweiler an der Alsenz                                 

j.hayer@neumuehle.bv-pfalz.de
www.hofgut-neumuehle.de

 

Fotos (Dr. J.Hayer)