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Macht eine Verlängerung der Rastzeit bei Kühen mit hoher Leistung Sinn?
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Die Forderung „Jedes Jahr von der Kuh ein Kalb“ ist mittlerweile überholt. Davon zeugen die gerade in jüngerer Zeit immer zahlreicher werdende Publikationen. Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge von der Fachhochschule Kiel befasst sich daher im aktuellen Fachbeitrag unter anderem mit der Frage, wie sinnvoll bzw. erfolgreich es ist, Kühe mit hoher Milchleistung in der Frühlaktation zum Beispiel vor dem 80. Laktationstag zu besamen. Dazu stellt sie Ergebnisse eines Praxisbetriebs mit sehr hohen Milchleistungen in Kombination mit Literaturstudien vor.

Der Hintergrund dafür, dass dieser Spruch, der sich über Jahrzehnte in den Köpfen der Kuhhalter festgesetzt und über einen langen Zeitraum auch seine Daseinsberechtigung hatte, nun aber scheinbar so nicht mehr gilt, liegt vor allem an der rasanten Milchleistungssteigerung unserer Kühe. Im Gegenzug ist die Fruchtbarkeit der Milchkühe eher (rasant) gefallen bzw. hat sich deren Fruchtbarkeitslage verschlechtert. So zumindest ist die zunehmende Anzahl der Besamungen mit steigender Milchleistung zu interpretieren. Beispielgebend hierfür zeigten Auswertungen der Landesforschungsanstalt M.-V., dass diejenigen Kühe in dem Testbetriebsnetz mit einer 305-Tageleistung von 8.000 kg Milch im Durchschnitt 1,5 Besamungen für eine Trächtigkeit benötigten. Für Kühe mit einer Leistung von 11.000 und 12.000 kg Milch hingegen mussten über 2 und Kühe mit einer Milchleistung von 13.000 kg fast 3 Besamungen aufgewendet werden (Römer, 2012).

Auf Betriebsebene hingegen ist es nicht zwangsläufig so, dass Betriebe mit hoher Herdenmilchleistung grundsätzlich eine schlechtere Fruchtbarkeit bei ihren Kühen haben.

Negative Energiebilanz

Was jedoch nicht bezweifelt werden kann, ist, dass die Fruchtbarkeit sprichwörtlich ebenso wie die Milchleistung „eine Funktion der Energieversorgung“ ist. Gerade hier zeigt sich das Dilemma von Hochleistungskühen, die zu Beginn der Laktation aufgrund ihrer sehr hohen Milchleistung, im Vergleich dazu aber deutlich geringeren Nährstoff- und Energieaufnahme, in einer mitunter extrem stark negativen Energiebilanz (NEB) sind. Einige dieser Milchkühe erzeugen in dieser oftmals 10 bis 12 Wochen andauernden Phase der NEB sogar bis zu 1000 kg Milch ausschließlich aus dem Abbau von Körperfettreserven.

Die Kühe werden i. d. R. immer erst die vorhandenen Nährstoff- und Energiemengen für die Milchproduktion nutzen, frei nach dem Motto: erst muss das Kalb bedient werden. Das Reproduktionsgeschehen ist für die Kuh zunächst nachrangig, kommt also erst an 2. Stelle. Das macht naturgegeben auch Sinn, denn wenn sich eine Kuh in der Phase eines starken Energiemangels befindet und aufgrund der prioritär zu bedienenden Milchleistung „bei sich selbst Abstriche“ machen muss, ist der Organismus noch nicht in der Lage für ein neues Leben, also eine erneute Trächtigkeit.

Für die Milchleistung und die Energiebilanz besteht in den ersten Wochen p. p. eine vergleichsweise hohe Heritabilität (Erblichkeit). Diese wurde für die Selektion auf eine hohe Einsatzleistung der Milchkuh und einen schnellen Anstieg zur maximalen Milchleistung genutzt. Im Vergleich dazu ist die Heritabilität für die Futteraufnahme in der Frühlaktation eher gering bzw. deutlich geringer und wurde züchterisch somit bisweilen nicht genutzt.

Nach Aussagen von Martens (2015) beträgt zum Laktationsbeginn der Koeffizient zwischen der Trockenmasseaufnahme und der Milchleistung nur 0,1. Das bedeutet, dass eine Erhöhung der Milchleistung um 10 kg nur verbunden ist mit einer zusätzlichen TM-Aufnahme von 1 kg.

Beispielgebend anhand eines 2007 bis 2008 umfangreichen Fütterungsversuches der LK S.-H. am Standort Futterkamp soll dieses nochmals grafisch verdeutlicht werden. Die Vorlaktationsleistung der im Versuch einbezogenen Kühe betrug fast 9.400 kg. Zum damaligen Zeitpunkt lag die 305-Tage-Milchleistung der gesamten Herde bei 9.492 kg, die der Jungkühe bei 7.899 kg und die der Mehrkalbskühe bei 10.277 kg (Herdenvergleich 01.10.2007 – 30.09.2008).

Im Rahmen des vorgestellten Versuches wurden von 80 Kühen ab der Kalbung bis einschließlich 100. Laktationstag täglich die Futteraufnahmen und Milchmengen gemessen und folglich die tierindividuelle Energiebilanz berechnet.

Die Abbildung 1 verdeutlicht den von Martens genannten Zusammenhang, nämlich dass mit steigender Milchleistung der Kühe zu Beginn der Laktation auch eine höhere Futteraufnahme verbunden ist, und das mit einem recht hohen Bestimmtheitsmaß von 0,7.

Im Gegensatz zu Aussagen von Martens (2015) stieg die Trockenmasseaufnahme der Kühe je 10 kg Milchmengensteigerung aber um 3 kg an.

Bedenken wir, dass für 1 kg Milch (mit z.B. 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß) eine Energiemenge von 3,28 MJ NEL nötig ist, so werden für 10 kg also 32,8 MJ NEL benötigt. Der Energiegehalt dieser Ration betrug 7,0 MJ NEL/kg TM. Damit entsprechen 3 kg TM einer Energiemenge von 21 MJ NEL.

Auch wenn die Ergebnisse aus diesem Fütterungsversuch deutlich positiver stimmen als die Aussagen von Martens, weil die Kühe in Futterkamp eine insgesamt höhere Futteraufnahme (mit über 3 % bezogen auf ihr Gewicht) hatten, so bleibt dennoch dieselbe Schlussfolgerung: je höher die Milchmenge in der Frühlaktation ist, umso weiter geht die Schere zwischen Energieaufnahme und –abgabe auseinander. Das Energiedefizit wird also mit jedem Kilogramm Milch größer (Abbildung 2), in diesem Versuch um ca. 1 MJ NEL je kg Milch.

Die mittlere Energiebilanz dieser Kühe betrug während der ersten 100 Laktationstage -13,2 MJ NEL/Tag. Die tierindividuellen Schwankungen waren bei den im Versuch stehenden 80 Kühen aber mit – 45,3 bis + 25,9 MJ NEL/Tag sehr groß, spiegeln sich ja auch in dem mit 0,36 nur vergleichsweise geringen Bestimmtheitsmaß wider und zeugen davon, dass es durchaus Kühe gibt, die trotz hoher Milchleistung aufgrund einer besonders hohen Futteraufnahme eben nicht so stark in die negative Energiebilanz gleiten.

Tiefpunkt der NEB

Der NADIR, also der Tiefpunkt der negativen Energiebilanz, der im Mittel der Tiere am 32. Tag nach der Kalbung erreicht wurde, betrug im Durchschnitt -30,9 MJ NEL. Das bedeutet, dass die Kühe zu diesem Zeitpunkt ca. 9 bis 10 kg Milch am Tag aus dem Abbau von Körperfettreserven erzeugten. Aber auch hier war die Spannweite von – 81,0 MJ NEL (entspricht in etwa einer Milchmenge von 25 kg/Tag) bis + 17,0 MJ NEL zwischen den Tieren extrem groß. Gleiches betraf auch den Zeitpunkt, also den Laktationstag, an dem der NADIR erreicht wurde. Dieser war bei einigen Tieren bereits vor Ablauf der 3. Woche nach der Kalbung und bei anderen erst nach der 10. Laktationswoche der Fall (Tabelle 1).

NEB und Fruchtbarkeit

Die physiologische Steuerung der Reproduktion ist sehr eng mit der Energiebilanz verflochten. Die für den Stoffwechsel verfügbare Energie wird einer gewissen Hierarchie folgend, nämlich entsprechend der physiologischen Bedeutung, eingesetzt. Es gibt für den Organismus sogenannte essentielle Prozesse, wie das Herz-/Kreislaufsystem, die Aufrechterhaltung der Zellen, die neuronale Aktivität. Dann folgen reduzierbare Prozesse, wie z.B. die Bewegung, die Thermoregulation und das Wachstum. Und letztlich folgen die entbehrlichen Prozesse. Das sind die Reproduktion und der Fettansatz.

Es wird also deutlich, dass das Reproduktionsgeschehen bei einer energetischen Unterversorgung zu den entbehrlichen Prozessen gehört. Dies ist als physiologische Reaktion anzusehen, denn eine Trächtigkeit während einer NEB wäre nicht sinnvoll. Zudem kommt noch erschwerend hinzu, dass in dieser mehrere Wochen andauernden Phase der NEB für die Kühe eine deutlich höhere Anfälligkeit gegenüber verschiedenen Erkrankungen, wie Mastitis, Klauenkrankheiten, Ovarialzysten, Metritis, Nachgeburtsverhalten und Milchfieber, besteht.

Insofern stellen eine hohe Milchleistung und eine gute Fruchtbarkeit bei Hochleistungstieren einen Zielkonflikt dar.

Normalerweise startet der Zyklus 3 Wochen nach der Kalbung, bei einer ausgeprägten NEB aber deutlich später. Ca. 10 bis 15 Tage nach dem NADIR (energetischer Wendepunkt) nimmt der Eierstock seine Funktion wieder auf, so dass ein Eisprung zu erwarten ist. Damit beeinflusst dieser Zeitpunkt des Wiedereinsetzens der Ovaraktivität letztlich die Länge der Güstzeit.

Daraus lässt sich zusammenfassen: Je größer das Energiedefizit der Kuh in der Frühlaktation ist, umso:

  • schlechter ist die Qualität der Eizellen,
  • später ist die erste Ovulation,
  • später wird die erste beobachtete Brunst sein,
  • weniger Trächtigkeitshormon Progesteron steht der Kuh zur Verfügung und
  • schlechter wird der Erstbesamungserfolg und umso länger wird die Verzögerungszeit.

Diese Zusammenhänge erlauben doch fast zwangsläufig den Schluss, dass es eher wenig erfolgreich ist, eine Kuh mit hoher und sehr hoher Milchleistung in der Frühlaktationsphase dann auch möglichst zügig wieder zu besamen. Die Besamungsdaten aus der Praxis beweisen ja letztlich nichts anderes, nämlich bei steigender Milchleistung tendenziell schlechtere Fruchtbarkeitsergebnisse, wie eingangs erwähnt.

Fruchtbarkeitslage in einer Praxisherde

Die 200köpfige Milchkuhherde des Betriebes im Norden Schleswig-Holsteins hat eine aktuelle Milchleistung von 11.500 kg. Trotz dieser hohen Milchleistung sind die ausgewiesenen Fruchtbarkeitsdaten in der Herde mit einem Erstbesamungserfolg von 60 % und mehr sowie einem Besamungsindex von 1,4 bis 1,7 zufriedenstellend (Tabelle 2).

Eine Gegenüberstellung der Leistungs- und Fruchtbarkeitsdaten der Milchkuhherde des Praxisbetriebes mit dem durchschnittlichen regionalen Vergleichsbetrieb und den 25 % Betrieben Schleswig-Holsteins mit der höchsten Milchleistung im Zeitraum 01.07.2017 bis 30.06.2018 (Quelle: Herdenvergleich LKV S.-H.) würde nicht unbedingt darauf schließen lassen, dass sich mit höherer Milchleistung zwangsläufig die Fruchtbarkeitslage – zumindest auf Bestandsebene – verschlechtert bzw. verschlechtern muss (Tabelle 3).

Aktuelle Auswertung

Eine Auswertung der Fruchtbarkeitsdaten aller derzeit im Betrieb gehaltenen Mehrkalbskühe mit ihren bisherigen Laktationen, bei denen auch eine Trächtigkeit bereits diagnostiziert war (n= 208), ergab eine Rastzeit von 105 Tagen, eine Güstzeit von 133 Tagen und demnach eine durchschnittliche Verzögerungszeit zwischen der ersten und der erfolgreichen Besamung von 28 Tagen, was mehr oder weniger einem Zyklus entspricht (Tabelle 4). Der Erstbesamungserfolg betrug bei diesen Mehrkalbskühen 54 %.

Die Milchleistung in 305 Laktationstagen entsprach im Durchschnitt dieser Kühe dem 2,7-fachen der ersten 100-Tageleistung, bzw. die in den ersten 100 Laktationstagen erzeugte Milchmenge entsprach 37 % der gesamten 305-Tage-Milchmenge. Die in den ersten 200 Tagen produzierte Milchmenge machte 71 % der 305-Tageleistung aus.

Klassenbildung nach Rastzeit

Die durchschnittliche Rastzeit betrug, wie erwähnt, 105 Tagen. Dabei ergab sich eine Standardabweichung von 23,64. Diese wurde letztlich genommen, um verschiedene Klassen bzgl. der Rastzeit zu bilden. Folgende Klassenbildung ergab sich:

  1. mehr als 1 Standardabweichung unterhalb des Mittelwertes:
    Rastzeit < 81 Tage (durchschnittlich 74 Tage)
  2. 0,5 bis 1 Standardabweichung unterhalb des Mittelwertes:
    Rastzeit 81 – 92 Tage (durchschnittlich 87 Tage)
  3. Mittelwert + 0,5 Standardabweichungen:
    Rastzeit 93 – 117 Tage (durchschnittlich 104 Tage)
  4. mehr als 0,5 Standardabweichungen oberhalb des Mittelwertes:
    Rastzeit > 117 Tage (durchschnittlich 139 Tage)

Kurze Rastzeit mit Nachteilen

Besonders fiel der deutlich schlechtere Erstbesamungserfolg mit nur 35 % bei den Kühen der Rastzeit-Klasse 1 mit einer Rastzeit von unter 81 Tagen (auch wenn diese Klasse nur 26 Laktationen enthielt, weil der Betriebsleiter bereits bewusst bei mehreren Kühen die Rastzeit etwas verlängerte) im Vergleich zu den Kühen der 3 anderen Rastzeit-Klassen auf (Abbildung 3). Bei denen betrug der Erstbesamungserfolg 53 %, 59 % bzw. 55 %.

Die Verzögerungszeit, also die Differenz zwischen der Güst- und der Rastzeit, verringerte sich von Rastzeit-Klasse zu Klasse, wenn auch nur noch von der Klasse 2 bis zur Klasse 4 marginal. Der größte Unterschied war auch hier zwischen den Tieren der Rastzeit-Klasse 1, also mit einer Rastzeit < 81 Tagen, zu den Kühen der 3 anderen Klassen mit höherer Rastzeit zu verzeichnen. 

Diese Ergebnisse reihen sich ein in die Aussagen von Rodriguez-Martinez et al. (2008) oder De Kruif et al. (2014), wonach die Wahrscheinlichkeit einer Trächtigkeit höher ist, wenn die erste Besamung nach der Kalbung freiwillig später erfolgt. Auch eine Untersuchung jüngeren Datums von Kaske et al. (2016) in einer Praxisherde mit 1000 Kühen und einer Herdenmilchleistung von 11.500 kg zielt in dieselbe Richtung. Während bei einer kurzen freiwilligen Wartezeit (fwWZ) von 40 Tagen bei diesen Milchkühen mit sehr hoher Milchleistung der Erstbesamungserfolg nur bei 36,3 % lag, ließ sich dieser bei einer verlängerten fwWZ auf 120 Tage zumindest auf fast 50 % erhöhen.

Mit einer weiteren Erhöhung der fwWZ auf 180 Tage wurden dann keine darüber hinaus gehenden Effekte mehr erzielt.

Rastzeit und Milchleistung

Die Milchleistung der im Praxisbetrieb ausgewerteten Tiere in den ersten 100 Laktationstagen betrug durchschnittlich 4.485 kg (Rastzeit-Klasse 1), 4.475 kg (Rastzeit-Klasse 2), 4.763 kg (Rastzeit-Klasse 3) bzw. 4.770 kg (Rastzeit-Klasse 4). Dabei unterschieden sich die Leistungen der Kühe der Klassen 1 und 2 signifikant von denen der Klassen 3 und 4. Insofern gaben die Kühe in den ersten beiden Rastzeit-Klassen in dieser Zeit fast 45 kg Milch/Kuh und Tag, die der Rastzeit-Klassen 3 und 4 fast 48 kg Milch/Kuh und Tag.

Die sich letztlich ergebenen Zwischenkalbezeiten waren bei den Kühen der Klassen 1 und 2 mit 395 identisch, nur eben bei den Kühen der Klasse 2 mit einem geringeren Besamungsaufwand einhergehend. Die Zwischenkalbezeiten der Kühe der Klassen 3 und 4 betrugen 413 und 445 Tage.

Die 305-Tage-Milchleistung betrug bei den Kühen der Rastzeit-Klassen 1 und 2 12.410 kg und 12.353 kg und bei denen der Rastzeit-Klassen 3 und 4 12.715 kg bzw. 12.666 kg. Damit war die tägliche Milchleistung in 305 Laktationstagen von 40,7 kg, 40,5 kg, 41,7 kg bzw. 41,5 kg auf einem hohen und sehr ähnlichen Niveau.

Wird die Tagesmilchmenge dieser Kühe in den ersten 100 Laktationstagen (nahezu 45 kg bei den Klassen 1 und 2 bzw. 48 kg Milch/Tag bei den Klassen 3 und 4) mit dieser dann über 305 Laktationstage verglichen, offenbart sich das sehr hohe Leistungs-Durchhaltevermögen der Kühe innerhalb der Laktation, also eine sehr gute Persistenz.  Die verlängerte Rastzeit führte im Durchschnitt bei den Kühen nicht zu einer geringeren 305-Tage-Leistung.

Gleiches konnte auch Kaske et al. (2016) beweisen. In deren Untersuchungen war die tägliche Milchleistung innerhalb der ersten 305 Laktationstage mit 38,4 kg/Tag sogar bei sehr langer fwWZ von 180 Tagen im Gegensatz zu 35,7 kg/Tag bei den Kühen mit einer fwWZ von 40 Tagen signifikant höher.

Auch Knight (2005) und Mellando et al. (2016) sprachen die bessere Persistenz der Kühe bei einer Verlängerung der Laktation durch eine längere Rastzeit an.

FAZIT

Trotz der allgemein nur geringen Anzahl an auswertbaren Laktationen in diesem Praxisbetrieb geben auch die hier vorgestellten Ergebnisse in Kombination mit den zitierten Literaturstudien einen erneuten Anlass, über bisherige Praktiken bzgl. des Besamungszeitpunktes bei Kühen mit sehr hohen Milchleistungen nachzudenken. Wie sinnvoll bzw. erfolgreich ist es, Kühe mit hoher Milchleistung in der Frühlaktation z.B. vor dem 80. Laktationstag zu besamen? Ist der Organismus dann schon in der Lage für eine erneute Trächtigkeit? Für Milchkühe steht die Milcherzeugung an erster Stelle, die Reproduktion muss sprichwörtlich warten. Dann wäre es doch nur folgerichtig, den Kühen zu Laktationsbeginn mehr Zeit zu geben, sie also etwas länger „in Ruhe zu lassen“.

Eine spätere Besamung, also eine bewusste Verlängerung der freiwilligen Wartezeit, muss dabei nicht zwangsläufig mit einer stark verlängerten Zwischenkalbezeit einhergehen, nämlich dann nicht, wenn sich durch eine längere Rastzeit die Verzögerungszeit reduziert.

Aber auch eine Verlängerung der Zwischenkalbezeit hat bei umsatzstarken Kühen mit hoher Milchleistung nicht unbedingt eine geringere 305-Tage-Leistung zur Folge. Eher scheint das Gegenteil zu sein, weil diese Kühe i. d. R. eine sehr gute Persistenz haben.

Sollten wir ihnen daher nicht lieber die Zeit lassen, die sie benötigen?

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Fachhochschule Kiel,
Fachbereich Agrarwirtschaft

Katrin.Mahlkow-Nerge(at)fh-kiel.de

Stand: 6.2020
Fotos (Katrin Mahlkow-Nerge)

Literatur

Kaske, M., Niozas, G., Tsousis, G. (2016): Zwischentragezeit von 400 - 430 Tage physiologisch und ökonomisch sinnvoll? 9. Thüringisch - Sächsisches Fütterungskolloquium Laasdorf 12. Oktober 2016, www.tvlev.de/cms/sites/default/files/downloads/publikationen/Zwischentragezeit%20von%20400-430%20Tage%20physiologisch%20und%20%C3%B6konomisch%20sinnvoll%2C%20Herr%20Kaske.pdf

Knight, C. (2005): Extended Lactation: Turning theoriy into reality, Advances in Dairy Technology Volume 17, S. 113- 123, www.wcds.ca/proc/2005/Manuscripts/Knight.pdf

Martens, H. (2015): Stoffwechselbelastung und Gesundheitsrisiken der Milchkühe in der frühen Laktation. Tierärztliche Umschau, Ausgabe 12/2015, S. 496-504.

Mellado, M., Flores, J.M., Santiago, A. de, Veliz, F. G., Macías-Cruz, U., Avendaño-Reyes, L., García, J. E. (2016): Extended latation in high-yielding Holstein cows: Characterization of milk yield and risk factors for latations > 450 days. Livestock Science 189. S. 50-55. www.researchgate.net/publication/303293625_Extended_lactation_in_high-yielding_Holstein_cows_Characterization_of_milk_yield_and_risk_factors_for_lactations_454_days

Rodriguez-Martinez, H., Hultgren, J., Bage, R., Bergqvist, A.-S., Svensson, C., Bergsten, C., Lidfors, L., Gunnarsson, S., Algers, B., Emanuelson, U., Berglund, B., Andersson, G., Haard, M., Lindhé, B., Stalhammar, H., Gustafsson, H. (2008): Reproductive performance in high-producing dairy cows: Can we sustain it under current practice? S. 22, pub.epsilon.slu.se/3502/1/RodriguezM_etal_090122.pdf

Römer, A. (2012): Wie sind Fruchtbarkeit und hohe Milchleistung zu vereinen? Institut für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern. Betriebswirtschaftliches Fachgespräch Milch, www.landwirtschaft.sachsen.de landwirtschaft/download/Roemer_Fruchtbarkeit.pdf