Zur Navigation springen Zum Inhalt springen
proteinmarkt.de - Infoportal für Fütterungsberater und Landwirte
Kühlung von Abferkelställen in der AG Elbeland Scharlibbe
-

Im Jahr 2015 sind an einem sehr heißen Wochenende, trotz intensiver Tierbetreuung, bei der AG Elbeland Scharlibbe im Kreis Stendal Sauen im Abferkelstall verendet. Eine Kühlung für den Abferkelstall war ab diesem Zeitpunkt Priorität Nr. 1 bei dem damaligen Geschäftsführer Ottmar Kapl. Frank Schirmer, Ottmar Kapl und Dr. Manfred Weber haben sich vor Ort für uns umgeschaut. Lesen Sie in unserer aktuellen Betriebsreportage, welche Maßnahmen und Umsetzungen getroffen wurden, um das Tierwohl zu verbessern.

Es ist seit langem bekannt, dass Schweine bei hohen Temperaturen im Stall nicht nur geringere Futteraufnahmen realisieren, sondern auch gesundheitliche Beeinträchtigungen erleiden können. Daher ist die Reduzierung der Umgebungstemperatur auch gesetzlich geregelt. Dies sollte aber für Schweinehalter nicht der einzige Grund sein, eine solche Kühlmöglichkeit, insbesondere für Sauen, zu schaffen. Gerade im Bereich der Abferkelung, wo die Sauen Höchstleistungen erbringen, muss im Sommer die Wärmebelastung reduziert werden.

Im geburtsnahen Zeitraum ist der Organismus stark belastet und verträgt häufig keine weitere Belastung von außen. Hier kann es bei hohen Temperaturen leicht zu Verendungen kommen. Aber auch Sauen in der vollen Laktation produzieren sehr viel Wärme, die nach außen abgegeben werden muss, um den Körper nicht zu überhitzen. Kann das nicht gewährleistet werden, kommt es auch dort zum Zusammenbruch des Organismus.

Ein solches Ereignis hat auch die Verantwortlichen in der Agrargenossenschaft Elbeland Scharlibbe im Kreis Stendal veranlasst, die Kühlung im Abferkelstall zu optimieren. Im Jahr 2015 sind an einem sehr heißen Wochenende, trotz intensiver Tierbetreuung, dort 18 Sauen im Abferkelstall verendet. Eine Kühlung für den Abferkelstall war ab diesem Zeitpunkt Priorität Nr. 1 bei dem damaligen Geschäftsführer Ottmar Kapl.

In Scharlibbe stehen heute ca. 1.100 Sauen. Das sind fast 200 Sauen weniger als noch im Jahr 2013. Hier hat ein Wechsel der Genetik für deutlich bessere Ferkelzahlen (heute ca. 29 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr) gesorgt und somit die Reduzierung des Sauenbestandes notwendig gemacht, da die Ferkelaufzuchtkapazitäten als beschränkender Faktor wirken. Neben den stetigen Um- und Neubauaktivitäten im Schweinestall (Besamungsbereich, Wartestall, Jungsauenbereich) kann mittlerweile der gesamte Strom und Wärmeenergiebedarf für die Anlage selbst erzeugt werden. Dafür sorgen eine 600 KW Biogas- und eine 363 KW Photovoltaikanlage.

Für die Kühlung im Abferkelstall hat man aber nicht auf die erzeugte Energie zurückgegriffen, sondern ein eigenständiges Konzept entwickelt. Im Zentrum davon steht Brunnenwasser, das zur Kühlung der Ställe genutzt wird.

Grundsätzlich wird im Sommer eine sehr hohe Luftrate angesetzt, damit die erzeugte Wärme der Tiere im Stall abgeführt werden kann. Anzustreben sind dabei Stalltemperaturen, die maximal 1-2 °C über denen der Außenluft liegen dürfen. Dies entsprechen in etwa 200-500 m³ pro Sau und Stunde. Wird mit einer zusätzlichen Kühlung der Luft gearbeitet, kann und muss diese Maximalluftrate deutlich unterschritten werden. In Scharlibbe hat man bei den Berechnungen des Kühlbedarfes mit 30-40% der Maximalluftrate gerechnet. Berücksichtigt wurden bei der Ermittlung der Kühlleistung die Wärmeproduktion der Sauen und die zusätzliche Kühlung der warmen Zuluft bei einer Luftmenge von ca. 80 m³/Sau/Stunde, was in etwa 30% der Maximalluftmenge entspricht. Daraus ergaben sich für ein 54 Abferkelplätze umfassendes Abteil folgende Zahlen:

Wärmeproduktion durch die Sauen: 54 x 341 Watt/Sau = 18,4 KW/Abteil
+ Kühlung der zugeführten warmen Außenluft: 5,5 KW/Abteil
= notwendige Gesamtkühlleistung: 23,9 KW/Abteil

Daraufhin wurden verschiedene Warmluftgebläse, die auf Basis eines Wasser-Luft-Wärmetauschers funktionieren, getestet. Jetzt allerdings nicht mit warmen, sondern mit kaltem (ca. 12 Grad Celsius) Wasser betrieben.

Entschieden hat man sich für zwei verschiedene Geräte von Wolf und Reventa, die eine Kühlleistung von ca. 6-8 KW generieren. Entscheidend ist dabei die Durchflussmenge des kühlen Brunnenwassers. Über mehrere Versuchsläufe (Tabelle 1) hat man dann den optimalen Wasserdurchfluss von 0,7 m³ pro Stunde ermittelt. Dabei steigt die Wassertemperatur auf ca. 21°C an und der Tauscher bringt eine Kühlleistung von ca. 8 KW.

Im 54er Abteil hängen somit 3 Wärmetauscher, die jeweils über einen Lüftungscomputer, der eigens dafür angepasst wurde, gesteuert werden. Notwendig war dabei ein Gerät zu nutzen, mit dem sonst zwei Abteile gesteuert werden können. Nur dann sind ausreichend Regelausgänge verfügbar.

Die Wärmetauscher werden hauptsächlich über Außen- und Stalltemperatur gesteuert. Die mittlerweile von Frank Schirmer, dem Anlagenleiter, über ein Jahr gesammelten Erfahrungen, ergaben zwei wichtige Temperaturgrenzen. Erst wenn die Abteiltemperaturen 26°C erreichen, setzt die Kühlung ein. Werden dann 25,5°C erreicht, schaltet sie wieder aus. Die zweite entscheidende Temperaturgrenze liegt bei 23°C Außentemperatur. Erst bei Überschreiten dieser Grenze wird ein Kühlprozess erlaubt. Damit will Schirmer natürlich zunächst die kühlende Wirkung der geringeren Außentemperatur nutzen, bevor eine zusätzliche Kühlung einsetzt. Gleichzeitig ist es aber notwendig, dass bei Einsetzen der Kühlung die Luftrate begrenzt wird. Aktuell auf 40%.

Problematisch war die Schätzung für den Wasserverbrauch der gesamten Anlage. Pro Abteil wurden dafür 2,1 m²/h (0,7 x 3 Tauscher) angesetzt. Für alle Abteile zusammen dann 11,55 m²/h. Bei täglichen Laufzeiten zwischen 7 und 10 Stunden kam man unter Berücksichtigung der Durchschnittstemperaturen der letzten Jahre auf einen geschätzten Wasserbedarf von ca. 8.000 m³ pro Jahr. Wie unterschiedlich der Wasserverbrauch in Abhängigkeit der Witterung sein kann, zeigt die Abbildung 1.

Während im relativ kühlen und regenreichen Sommer 2017 nur etwa 2600 m³ zur Kühlung gebraucht wurden, war es im Sommer 2016 fast doppelt so viel mit ca. 5000 m³.

An sehr warmen Tagen (Abb. 2) zeigt sich die maximale Kühlleistung der Anlage. Deutlich wird, dass durch die einsetzende Kühlung die Temperaturspitzen am Nachmittag deutlich gebrochen werden. Hier hat es die Kühlung geschafft, die Stalltemperatur zwischen 4 und 7 Kelvin unter der Außentemperatur zu halten.

Aus Hygienegründen hat sich die AG Scharlibbe dazu entschlossen, das erwärmte Brunnenwasser nicht als Tränkewasser einzusetzen. Zunächst dient es zu Reinigungszwecken (Hochdruckreiniger und Einweichanlage). Dann wird damit auch das Dach des Abferkelstalles berieselt (Lochschlauch) und trägt zur weiteren Kühlung dort bei. Zusätzlich werden die Kanäle der Unterflurzuluftführung im Wartestall über ein Schwimmersystem damit gefüllt, um über die Verdunstungskühlung auch dort für Entspannung zu sorgen.

Und erst wenn der Pufferspeicher, der aus einem 50 m³ fassenden alten Heizöltank besteht, voll ist, werden auch die übrigen Dächer der Stallanlagen gekühlt. Das Kühlwasser, das auf den Dächern verrieselt wird, tropft dann wieder auf den Erdboden und kann zwischen den Dächern versickern. Diese Nachnutzung ist auch Bestandteil der wasserrechtlichen Genehmigung, die auf Grund der Entnahme von großen Wassermengen beantragt werden musste und die übrigens den größten Zeitanteil des Projektes beanspruchte.

Als wichtigstes Zwischenergebnis des Kühlprojektes stellen die Scharlibber heraus, dass nach Beginn der Abferkelstallkühlung im Sommer 2016, keine Sauen mehr im Abferkelstall verendet sind. Damit hat man einen entscheidenden Schritt in Richtung Tierschutz getan. Zudem konnte festgestellt werden, dass nicht alle Wärmetauscher den Einsatz im Stall überstehen. Das Gerät von Reventa hat sich allerdings bis jetzt als sehr stabil herausgestellt. Gekostet hat die gesamte Kühleinrichtung ca. 70.000 €.

Die Elbeländer möchten auf das System aber schon jetzt nicht mehr verzichten. Nicht nur die Reduzierung der Sauenverluste, sondern auch die besseren Säugeleistungen, die sich in höherem Futterverzehr und damit höheren Absetzgewichten im Sommer zeigen, tragen schnell zur Amortisation der Investitionen bei.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber, Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423, E-Mail: Manfred.H.Weber(at)gmx.de

Stand: Januar 2018