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Kühe brauchen Platz zum Entspannen
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Wir wollen, dass die Kühe viel Zeit liegend in der Liegebox verbringen und dabei möglichst viel Milch produzieren. Daher sollten wir ihnen komfortable Liegebereiche zur Verfügung stellen, um sie zu unterstützen, genau das zu tun.

Auch wenn Kühe sehr wenig Zeit mit Schlafen verbringen, so zeigen Untersuchungen, dass Ruhephasen eine wichtige Rolle für die Gesundheit, allen voran Klauengesundheit, und für die Milchbildung spielen. Viele Studien bestätigen, dass eine Kuh mindestens 12,5 Stunden Liegezeit pro Tag haben sollte, damit der Organismus bestmöglich funktionieren kann. Dies kann durch mehrere Faktoren beeinflusst werden, wie z. B.:

  • die Konkurrenz um Liegeboxen,
  • die Größe des Liegeplatzes,
  • die Zeit, die außerhalb des Stallbereichs verbracht wird (Melkzeiten),
  • die Art der Einstreu sowie
  • die Einstreuqualität.

Wenn die Tiere ihre Ruhebedürfnisse nicht erfüllen können, gerät die Produktion ins Stocken, jede Stunde verlorene Ruhezeit entspricht einem Milchverlust von ca. 1 kg.

Eine Milchkuh sollte mindestens 12,5 h täglich liegen.

Weichheit der Oberfläche entscheidet

Bei der Wahl der Oberfläche und der Einstreu für die Liegeboxen ist stets zu bedenken, dass sich die Kuh beim Ablegen aus 20 cm Höhe frei auf die Liegefläche fallen lässt und die Aufprallkraft am Karpalgelenk der Kuh 40 % ihres Lebendgewichtes (~250 kg) beträgt! Die Milchkuhherden sind in den letzten Jahren größer und schwerer geworden, die Kühe brauchen weiche Oberflächen. Je weicher die Einstreu ist, umso besser ist es. Eine tiefe Einstreu ist am besten. Die Einstreumaterialien variieren zwischen Stroh, separierten Güllefeststoffen (SGF), Sägemehl, Sand, Papier und vielen anderen Materialien und Mischungen, die alle spezielle Vor- und Nachteile haben.

Der Einsatz von SGF ist in einer rechtlichen „Grauzone“ und nicht überall erlaubt. Die Zugabe von Kalk in den Kalk/Strohmatratzen bindet Feuchtigkeit und hilft dabei, dass sich eine kompakte Liegematte bildet. Aber „viel hilft viel“ ist der falsche Ansatz, denn dann kann die Liegematte sehr hart werden. Sandeinstreu hat sich in Deutschland aus verschiedenen Gründen nicht etabliert.

Das entscheidende Kriterium für die Auswahl des Einstreumaterials ist seine Beschaffenheit. Es muss sauber, trocken und komfortabel sein. Einen ersten Eindruck über die Weichheit eines Einstreumaterials bekommt man, wenn man eine Hand voll in die Hand nimmt und dann zusammendrückt. Wenn sich das Material in der Hand spitz und starr anfühlt, wird es die Kuh auch so empfinden.

Keine Hindernisse, die das natürliche Bewegungsmuster stören

Generell müssen die Liegeflächen so bemessen sein, dass Kühe gerne in ihnen liegen wollen, so dass sie nicht durch Nachbarkühe gestört oder eingeschränkt werden. Die Kunst einer guten Liegeboxengestaltung ist es, die Kühe durch die richtige Positionierung in der Box sauber zu halten. Es soll ein genügend großer Liegebereich sein, in dem sich die Kuh wohl fühlt, aber sie soll nicht schräg liegen, schmutzig werden und dadurch eine erhöhte Mastitisinzidenz haben.

Dazu gehört der Schwungraum nach vorn, aber auch der Platz für das schrittweise Aufrichten. Der Schwungraum befindet sich vor der Liegebox oder seitlich. Hier streckt und neigt die Kuh den Kopf im Aufstehprozess nach vorn unten und verlagert das Gewicht nach vorn, um die Hintergliedmaßen zum Aufstehen zu entlasten. Typische Hindernisse sind hier falsch ausgewählte oder montierte Bugschwellen, aber auch falsche Bemaßung bei den Boxenbügeln. Vor allem in älteren Boxenlaufställen mit eher kurzen Liegebereichen kann eine Box u.U. ohne Bugschwelle besser funktionieren. Ist die Liegefläche länger, sollte eine richtig angebrachte Bugschwelle die liegenden Kühe positionieren, um zu verhindern, dass sie zu schmutzig werden. Allerdings sollte die Bugschwelle max. 10 cm hoch und abgeschrägt sein, damit die Kuh die Vorderbeine darüber ausstrecken kann. Eine Varianz von nur 2,5 cm können bei der Feinjustierung der Steuerungselemente für die Kühe entscheidend sein.

Die Liegefläche, die von einer Bugschwelle begrenzt wird, muss groß genug sein und darf nicht den Vorwärtsschwung der Kuh beim Aufstehen und Ablegen bremsen. Die Bugschwelle darf nicht zu hoch sein, denn die Kuh muss die Vorderfüße darüber ausstrecken können, aber auch beim Aufstehen darüber treten. Die Boxenbügel trennen den Liegebereich zur Nachbarkuh ab und müssen so geformt sein, dass sie die normalen Liegepositionen der Kuh ermöglichen.

  • Die Liegefläche muss nach vorne /oben genug Schwungraum bieten, damit die Kuh bei den Bewegungsabläufen zum Ablegen und Aufstehen den Kopf vorwärts strecken kann.
  • Der Nackenriegel muss so montiert sein, dass die Kuh noch Platz darunter zum Aufstehen hat, ohne dass die Gefahr der Verletzung besteht.
  • Die hintere Boxenkante muss so hoch sein, dass die Gülle beim Abschieben der Laufgänge nicht hineinschwappt, aber niedrig genug, dass ein leichtes Eintreten und Austreten für die Kuh, besonders für lahme Kühe, möglich ist.
  • Die tägliche Pflege einer Liegebox ist für die Kuh wichtiger als die Auswahl des Boxentyps oder des Einstreumaterials.

Die exakten Maße der Steuerungsinstrumente in der Liegeboxe sind abhängig von der Größe und dem Gewicht der Kühe.

Die richtige Lage finden

Eine Kuh muss richtig in der Liegebox positioniert werden (Indexierung). Diese Positionierung soll aber nicht durch mehr Metall und Beschränkungen in der Liegebox erreicht werden, sondern durch das richtige Boxendesign. Wenn die Kuh in eine Liegeposition gezwungen wird, wird das zwangsläufig zu Verletzungen und reduzierten Liegezeiten führen. Daher ist auch die Gestaltung und Abmessung des Liegeboxenbügels wichtig.

Die Nackenriegel helfen, die Kuh zu positionieren, wenn sie steht, und haben weniger Einfluss auf die Liegeposition. In Ställen mit Hochboxen sollte die Kuh in der Lage sein, aufrecht mit vier Füßen in der Box zu stehen (mit dem Nackenriegel direkt über einer richtig positionierten Bugschwelle), während bei Tiefboxen der Nackenriegel 15 cm näher an der Boxenhinterkante platziert wird, um eine Kontamination der Einstreu mit Gülle und Urin zu vermeiden. Die korrekte Höhe des Nackenriegels liegt etwa 120 - 127 cm über der Einstreu (Stalloberfläche).

Form der Boxenbügel

Zu jeder Liegebox gehören verschiedene Komponenten, die bestmöglich aufeinander abgestimmt sein müssen:

- die reine Liegefläche,
- der Nackenriegel,
- die Bugschwelle,
- der Boxentrennbügel,
- die Boxenhinterkante.

Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Boxenbügeln, aus denen der Tierhalter wählen kann. Die Boxenbügelform hat entscheidenden Einfluss auf den Boxenkomfort und erfüllt mehrere Funktionen:

  1. Sie bestimmt die seitliche Begrenzung der Liegefläche
  2. Sie gibt die Liegeposition der Kuh vor – gerade oder eher diagonal
  3. Sie verbietet oder erlaubt den seitlichen Schwungraum
  4. Sie bestimmt die Höhe des Nackenriegels

Der wichtigste Teil des Boxenbügels ist der untere Bogen. Hier sollte ein Freiraum von 12 - 15 cm zwischen unterer Kante des Bügels und der oberen Kante des Bugrohres sein. Damit wird ein Einklemmen der Vorderbeine unter dem Boxenbügel vermieden. Der untere Bügel muss aber auch hoch genug sein, denn bei zu niedrigem Bügel können die Kühe die Vorderfüße darüber stellen, was dazu führt, dass sie sich im Boxenbügel einklemmen können. Hohe Bügel können außerdem den seitlichen Schwungraum in die Nachbarbox verhindern. Auch wenn die Liegebox genügend Schwungraum nach vorne bietet, ist es von Vorteil, wenn die Kuh auch den seitlichen Schwungraum nutzen kann. Bei Doppelboxen kommt es immer wieder vor, dass die Kuh in der gegenüberliegenden Boxe den Schwungraum einschränkt (Individualdistanz) und darum der seitliche Raum benötigt wird.

Die Höhe des unteren Bügels sollte zwischen 25 und 30 cm über der Boxenoberfläche sein. Der Bügel sollte gerade sein und nicht schräg abfallen, da diese Bügelform die Kuh zum diagonalen Liegen einlädt. Generell neigen Boxenbügel, die den seitlichen Schwungraum anbieten, dazu, dass die Kuh eher schräg liegt. Dadurch verschmutzen Kühe und Liegeboxen mehr und es kann zu mehr Verletzungen kommen.

Bei der Analyse des Kuhkomforts der Liegeboxen sollte immer auch die Boxenbreite berücksichtigt werden. Zu enge Liegeboxen sind für die Kühe schwieriger zu handhaben und können darum die Liegezeit verkürzen. Untersuchungen an der Universität von British Columbia zeigten, dass die Kühe etwa 1,2 Stunden mehr in breiteren Liegeboxen (ca. 1,30 m) im Vergleich zu schmalen Boxen (1,12 m) lagen.

Liegekomfort beurteilen

Liegeboxen sind ein elementares Element in der Umgebung der Kuh, denn sie beeinflussen den Kuhkomfort, die Sauberkeit und Gesundheit. Für die Beurteilung des Liegekomforts eignet sich die Beobachtung des Liegeverhaltens einzelner Tiere und der gesamten Herde. Verändert sich das Verhalten von einem zum nächsten Tag? Das Verhalten der Kühe sollte hinterfragt werden. Warum werden z. B. einzelne Boxen nicht angenommen oder gar ganze Stallbereiche? Um subjektive Eindrücke in konkrete Daten zu fassen, sollte die Herde regelmäßig nach Bewertungsschlüsseln, wie z. B. für Lahmheiten, Hygiene, Gelenksveränderungen, eingestuft werden und auch verschiedene Liegeboxen-Messwerte kontrolliert werden.

Ob Tiere die Liegeboxen gut annehmen oder nicht, kann mit dem Liegeboxenkomfortindex ermittelt werden:

*= neben den korrekt liegenden Kühen gehören auch diejenigen Tiere, die ganz oder mit zwei Beinen in den Boxen stehen und solche, die nur halb in der Box liegen, dazu. Kühe, die fressen oder saufen oder ganz im Laufbereich stehen, werden nicht mitgezählt.

Zusätzlich gibt es weitere Verhaltens-, Gesundheits- und Leistungsindikatoren, um das Wohlbefinden von Kühen zu beurteilen.

Der Liegeboxenkomfortindex gibt schnell Auskunft über die Qualität der Liegeboxen.

Tägliche Reinigung ist wichtig

Jede Art von Liegebox muss regelmäßig gepflegt werden, dazu zählt die regelmäßige Reinigung, das Einebnen (bei Tiefboxen) und das Nachstreuen. Die Einstreuintervalle variieren stark, je nach Material, Boxenart und der Belegungsdichte. Als Faustzahl kann gelten: mind. 5 cm Einstreudicke bei Hochboxen und mind. 10 cm bei Tiefboxen, denn je mehr Einstreu verwendet wird, desto länger wird die Liegezeit der Kühe.

Wenn die Boxen nicht gut sind, wird das sehr schnell anhand von Spaltenliegern, nicht korrekt liegenden Kühen oder nur wenig liegenden Kühen sichtbar. Sehr saubere Liegeboxen sind schön, aber wenn die Boxen so sauber und trocken sind, weil sie die Kühe nicht annehmen, muss der Ursache auf den Grund gegangen werden. Liegeboxenmaße müssen justiert werden, ohne Maßband oder Zollstock geht es nicht. Schmutzige Laufgänge und Liegeboxen führen zwangsläufig zu schmutzigen Kühen. Folgende Auffälligkeiten weisen auf Mängel in der Liegeboxgestaltung hin:

  • In der Hauptruhephase liegen weniger als 80 % der Kühe
  • Viele Kuhschwänze liegen auf dem Laufgang
  • Kühe stehen nur halb in der Box
  • Kühe liegen halb in der Box oder auf den Laufgängen
  • Lange Stehzeiten vor dem Abliegen
  • Veränderungen an den Gelenken z. B. Schwellungen
  • Wenig Kühe kauen wieder
  • Tiere stehen mit den Vorderbeinen zuerst auf

Den Liegeboxenkomfort an den Sprunggelenken ablesen

Zur Beurteilung von Liegeboxen gibt es eine Vielzahl von Messwerten. Viele Tierwohl-Bewertungsprogramme verwenden den Zustand der Sprunggelenke als eine Maßzahl für das Wohlergehen der Kühe, weltweit gibt es eine beträchtliche Menge an veröffentlichten Daten hierzu, aber leider sind diese Ergebnisse nicht immer vorteilhaft. Die Milchviehhaltung hat hier ein Problem, denn ca. 53 % der Kühe weltweit haben Sprunggelenksveränderungen unterschiedlicher Ausprägung. Allein die Oberflächengestaltung der Liegefläche hat sehr viel mit dem Kuhkomfort zu tun und die Auffälligkeiten an den Gelenken können als Indikator der ‚Weichheit‘ der Liegefläche genutzt werden. Veränderungen an den Gelenken umfassen haarlose Stellen, Schwellungen, Abschürfungen und Geschwüre (Vorderbein und Hinterbein).

Werden Hoch- und Tiefboxen hinsichtlich der Tiergerechtheit bei ansonsten gleichen Maßen verglichen, entscheidet allein die Frage der Oberfläche der Box. Tiefboxen bieten den Kühen bei optimaler Bewirtschaftung den besten Liegekomfort. Sie bestehen aus einer 15 – 20 cm dicken Einstreuschicht, die weich und verformbar ist, die kaum abrasive Eigenschaften hat und somit die Gelenke der Kuh weniger reizt. Eine Hochbox hat in der Regel eine Gummi-/Kunststoffauflage unterschiedlicher Dicke und Weichheit. Um Feuchtigkeit zu binden, wird die Oberflächen generell mit einem geeigneten Feuchtigkeitsbinder abgestreut. Dadurch steigt die Gefahr, dass äußere Verletzungen durch Reibungen entstehen. Immer dann, wenn die Kuh die Liegeposition ändert und aufsteht bzw. sich ablegt, reiben die Gelenke auf der Oberfläche.

Fachleute weisen darauf hin, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen schweren Verletzungen am Sprunggelenk und Lahmheit. Lahmheit führt zu Veränderungen im Liegeverhalten.

Lahme Kühe stehen nicht mehr so leicht auf und legen sich schwerer ab. Sie bleiben länger als normal auf einer Seite liegen. Das kann zu geschwollenen oder ulzerierten Sprunggelenken führen, die Druckverletzungen oder Wunden bei bettlägerigen Menschen entsprechen. Die Wahrscheinlichkeit, dass lahme Kühe infolge der Lahmheit auch Verletzungen an den Sprunggelenken erleiden, ist hoch.

Die Einstreu spielt eine wichtige Rolle bei der Minimierung von Sprunggelenkverletzungen. Generell ist die Prävalenz von Sprunggelenksveränderungen in Tiefboxen viel geringer als in Hochboxen, aber auch hier kann es zu Veränderungen kommen, die meist von der hinteren Boxenkante ausgelöst werden.

Egal, welche Boxenform genutzt wird, die Liegeposition der Kuh ist extrem wichtig. Wenn es durch richtige Boxenabmessungen und die passend eingestellten Steuerungsinstrumente gelingt, die Kuh auf der Liegefläche richtig zu positionieren und die Einstreuhöhe gewährleistet ist (bei Tiefboxen bündig mit der hinteren Boxenkante), sind Gelenksveränderungen zu minimieren.

Bei Veränderungen an den Vorderbeinen (Knie) sind weltweit nur wenige Daten vorhanden, aber auch hier geht man von einem globalen Problem aus. Vor allem in Sandliegeboxen zeigen Kühe haarlose Stellen an den Knien. Generell kann das Risiko der Knie- und Sprunggelenksveränderung minimiert werden, wenn die Kühe in gut gepflegten Tiefboxen gehalten werden. Zu kurze Liegeboxen können ggf. verlängert werden und die Dauer der Unterbringung verkürzt werden, wenn die Kühe Zugang zur Weide haben. Neben der täglichen Boxenpflege müssen Liegeboxen regelmäßig gewartet werden, denn verschobene Boxentrennbügel, abgebrochene Bugschwellen, fehlende Boxenhinterkanten und ähnliches beeinträchtigen die Liegeboxennutzung durch die Kühe und erhöhen die Verletzungsgefahr.

Veränderungen an den Gelenken, wie z. B. haarlose Stellen, Verdickungen oder Abschürfungen, zeugen i.d.R. von einer schlechten Liegeboxenqualität.

Typische Fehler bei der Boxengestaltung

Viele Fehler in der Liegeboxengestaltung können durch Beobachtung der Kühe aufgespürt und behoben werden:

  • Stehen die Tiere im ersten Anlauf auf oder benötigen sie mehrere Versuche?
  • Gibt es „blanke Stellen“ an der Liegeboxenabtrennung?
  • Stehen 2 Stunden nach dem Melken noch mehr als 10 % der Kühe in den Liegeboxen?
  • Liegen Kühe auf den Laufgängen, wenn Boxen frei sind?
  • Hat weniger als 5 % der Kühe geschwollene, abgeschürfte oder entzündete Sprunggelenke?
  • Kann ich mich wie eine Kuh schmerzfrei auf die Liegefläche fallen lassen (Knietest). Sind die Knie nach dem Aufstehen trocken oder feucht?
  • Legen sich 85 % der Kühe in den ersten 5 Minuten nach Betreten der Liegefläche hin?
  • Würde ich mir die Liegebox als Schlafplatz aussuchen?

„Klassische“ Fehler bei der Boxengestaltung sind:

  • Zu geringer Schwungraum: äußert sich in schlechter Boxenakzeptanz, „Perching“, Verletzungen
  • „Perching“: Gründe sind Nackenriegelhöhe, Entfernung Bugschwelle – hintere Boxenkante, Entfernung Nackenriegel – hintere Boxenkante
  • Schräg liegende Kühe: durch fehlenden Schwungraum, falsche Boxenbügelform

Boxen umbauen?

Es gibt viele Erfahrungen aus der Praxis, wie Hochboxen zu „hochgelegten Tiefboxen“ umgebaut werden können. Eine aufwändige Variante wäre, den Betonsockel der Hochbox komplett zu entfernen und eine neue Boxenhinterkante zu betonieren. Weniger aufwendig ist es, einen Sockel an die vorhandene Boxenkante zu montieren, der aus Holz, gummiummanteltem Holz, PVC-Rohr, Metallrohr oder Plexiglasrohr bestehen kann. Wichtig ist aber, dass am Ende die Boxenkante nicht höher als 35 cm sein sollte. Eine deutlich niedrigere Schwelle ist aber auch nicht zu empfehlen, weil sonst keine gute Liegematte aufgebaut werden kann und häufig nachgestreut werden muss.

Jede Art von Liegebox braucht regelmäßige Pflege und die zunehmende Mechanisierung der Boxenpflege, auch für Tiefboxen, verringert den Zeitbedarf und die körperlich anstrengende Arbeit. Für Hochboxen gibt es schon länger entsprechende technische Lösungen (selbstfahrend oder angehängte Geräte), die die Liegefläche abfegen und im gleichen Arbeitsgang neues Einstreumaterial auftragen. Auch für Tiefboxen gibt es technische Hilfsmittel, die die Boxenpflege erleichtern und beschleunigen. Mit einem Boxenkamm oder mit einer speziellen Fräse lassen sich Tiefboxen begradigen und auflockern und mit Einstreugeräten lässt sich Stroh oder anderes Einstreumaterial als Deckschicht nachstreuen. Für den Technikeinsatz in der Liegebox ist die Höhe des Boxenbügels hinten von der Liegeflächenoberfläche wichtig, damit noch Platz für das Gerät bleibt. Die gesamte Einstreumenge und auch die Bearbeitungsintensität lassen sich reduzieren durch sogenannte „Sandbettwaben“, die bei Tiefboxen unten in den Boxen verlegt werden. Die Waben werden verfüllt mit Sand und es muss nur noch eine Deckschicht mit Einstreu aufgebracht werden. Generell gibt es eine Reihe von praktischen „kleinen Helfern“ im Stall, die die Boxenpflege erleichtern.

Wer die Qual hat, hat die Wahl

Wer vor der Frage steht: welche Liegeboxenform passt am besten zu meinem Management und zu meinen Kühen, sollte verschiedene Aspekte bei der Entscheidung berücksichtigen. Auch wenn aus dem Blickwinkel des Kuhkomforts die Tiefbox der Hochbox überlegen ist, zeigen Praxiserfahrungen, dass nasse, schmutzige Tiefboxen keine Akzeptanz bei den Kühen finden und die Liegezeiten darunter leiden. Bevor die Entscheidung für oder gegen ein System fällt, muss die Frage der Verfügbarkeit von Stroh oder anderem Einstreumaterial geklärt sein und das Zeitbudget, das für die Boxenpflege zur Verfügung steht. Tiefboxen sind grundsätzlich etwas arbeitsintensiver und es wird mehr Einstreumaterial benötigt als bei Hochboxen.

Arbeitszeitaufwand für die Bewirtschaftung der Hoch- und Tiefboxen

Auch die Gesamtkosten sind bei Tiefboxen geringfügig höher als bei Hochboxen.

Vor- und Nachteile von Hoch- und Tiefboxen

Belegungsdichte

Um die Liegezeiten zu optimieren, müssen neben den „klassischen“ Merkmalen der Liegeboxen auch die Folgen von Überbelegung beachtet werden, denn eine Überbelegung reduziert die Fähigkeit der Kuh, ihre natürlichen Verhaltensweisen, wie z.B. die Liegezeit, auszuüben. Wenn zu viele Tiere um eine Liegebox konkurrieren, wird die Liegezeit in der Herde wahrscheinlich abnehmen, insbesondere bei jungen, rangniederen Tieren, aber auch und das ganz besonders, bei kranken, vor allem klauenkranken Kühen.

Mit entsprechender Sensortechnik lassen sich heute durchschnittliche Liegezeiten bestimmen, aber neben dem Durchschnitt sollte man vor allem auch auf die Differenz in der Liegezeit achten, denn sie zeigt an, wie stark die weniger dominanten Tiere von der Überbelegung betroffen sind.

Ausreichend langes und bequemes Liegen ist eine der Grundvoraussetzungen, damit sich Kühe auch unter Stallbedingungen wohlfühlen können.

Was bleibt?

Die Qualität der Liegebox wird durch deren Maße und Beschaffenheit bestimmt. Die Akzeptanz durch die Kühe ist hierfür ein gutes Indiz. Die Frage nach Hoch- oder Tiefbox ist zunächst nur von untergeordneter Bedeutung. Unabhängig vom Einstreumaterial muss sich die Oberfläche beim Liegen dem Kuhkörper anpassen, beim Ablegen muss sie den Stoß des Aufpralls dämpfen und beim Aufstehen muss sie den Schwung zum Aufstehen unterstützen.

Die ideale Liegebox:

  • positioniert die Lage der Kuh
  • hat nur minimalen Kontakt mit der Kuh
  • unterstützt das natürliche Abliege- und Aufstehverhalten der Kuh
  • ist weich und trocken und passt sich den Konturen der Tiere an
  • ist hygienisch und leicht zu bewirtschaften

Eine Kuh sollte die Hälfte ihres Tages im Stall liegend verbringen. Es gibt sicherlich viele Aspekte bei der Gestaltung von Milchkuhställen, die sorgfältig abgewogen werden müssen, aber der Liegeplatz ist dabei eines der kritischsten Elemente.

DER DIREKTE DRAHT

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Fotos (Katrin Mahlkow-Nerge)