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Jungrinderaufzucht in der Praxis unter die Lupe genommen – Teil 2
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Tina Jensen und Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge von der Fachhochschule Kiel befassen sich im zweiten Teil des Beitrags mit der Kälber- und Jungrinderaufzucht als ein wesentlicher Grundstein für die Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit der späteren Milchkühe. Eine Erprobung im letzten Jahr ging der Frage nach, wie hoch die Wachstumsintensität und die Futteraufnahmen von Jungrindern in Betrieben Schleswig-Holsteins sind. Darüber, insbesondere über die Gewichtsentwicklung dieser Tiere im Altersabschnitt vom 6. bis einschließlich 15. Lebensmonat, wurde bereits im Teil 1 berichtet. Dabei zeigte sich, dass die Jungrinder in den ausgewählten Praxisbetrieben, die insgesamt ein sehr hohes Leistungsniveau in ihren Milchkuhherden aufwiesen, bereits mit 12 Lebensmonaten ein Gewicht von mehr als 400 kg erreichten. Die Haltungsbedingungen, die oftmals nicht optimal waren, ließen auf den ersten Anschein diese hohen Lebendmassezunahmen der Tiere nicht erwarten.

Zumindest wird das als Hinweis dafür gewertet, dass schwarzbunte Jungrinder ein sehr großes Wachstumspotential aufweisen. Das zieht gewisse Konsequenzen vor allem für die Rationsgestaltung nach sich. Diese wiederum beeinflusst die Futteraufnahme der Tiere. Ergebnisse zu beiden Schwerpunkten - Futterrationen und Futteraufnahmen der Jungrinder in den Praxisbetrieben - werden nachfolgend dargestellt.

Futterrationen

In dem hierbei näher betrachteten Altersabschnitt zwischen dem 6. und einschließlich 15. Lebensmonat muss der Wechsel von der intensiveren Fütterung auf eine deutlich nährstoff- und energieärmere Ration erfolgen.

Während des Zeitraumes zwischen dem ersten und dem letzten Messtermin wurden die täglich vorgelegten Futtermengen in jedem Betrieb gruppenweise dokumentiert und anfallende Futterreste zurückgewogen. Dabei erfolgte eine Unterscheidung zwischen der Fütterung der kleineren Jungrinder mit einem durchschnittlichen Alter von 9,4 Monaten (jüngerer Altersabschnitt: 7 bis 11,8 Monate) und der der größeren Jungrinder mit durchschnittlich 11,9 Monaten (älterer Altersabschnitt: 10,2 bis 13,9 Monate), da in den meisten Betrieben zwischen diesen beiden Altersabschnitten ein Rationswechsel erfolgte (Übersicht 1).

Die in den einzelnen Betrieben den Jungrindern vorgelegten Rationen waren recht unterschiedlich zusammengesetzt. Bei der Hälfte der Betriebe war die Futterration für die kleineren Jungrinder grassilagebetont, die anderen Betriebe fütterten entweder zur Hälfte Gras- und Maissilage (bezogen auf die Frischmasse), maissilagebetont oder hauptsächlich auf der Grundlage einer Getreideganzpflanzensilage. Kraftfutterkomponenten bzw. fertige Kraftfuttermischungen enthielten diese Futterrationen in allen Betrieben.

Bei den etwas größeren Jungrindern (älterer Altersabschnitt) wurde fast immer grassilagebetont und in 8 der 10 Betriebe kein Kraftfutter mehr gefüttert.

Die allgemeinen Beratungsempfehlungen geben als Richtwerte für Futterrationen für 350 kg schwere Jungrinder (entspricht der Ration 1 in Übersicht 1) 10,1 MJ ME und 120 g XP/kg TM und für 420 kg schwere Jungrinder (entspricht der Ration 2 in Übersicht 1) ca. 9,8-9,9 MJ ME und ebenfalls 120 g nXP/kg TM an (BauBriefe Landwirtschaft, 52, 2013).

Die Rationen in den Praxisbetrieben waren demnach energetisch bedarfsüberschreitend und beinhalteten darüber hinaus immer auch eine gewisse Eiweißüberversorgung. Damit würden sich erstens die allgemein sehr guten Gewichte der Tiere erklären lassen und zweitens, dass die Jungrinder im Durchschnitt der Betriebe bereits mit 12 Monaten ein Gewicht von mehr als 400 kg aufwiesen.

Bei der Mineralstoffversorgung hingegen war nicht in allen Betrieben eine Bedarfsdeckung gegeben, vor allem dann nicht, wenn auf eine gezielte Gabe eines entsprechenden Mineralfutters verzichtet wurde. Dieses betraf die kleineren Jungrinder in 3 Betrieben und die etwas größeren Jungrinder in 5 Betrieben. Ohne die gezielte Zugabe eines üblichen Mineralfutters für Rinder kann vor allem eine ausreichende Spurenelement- und Vitaminversorgung nicht gewährleistet werden.

Futteraufnahmen

Die Futteraufnahmen der Jungrinder bewegten sich im Durchschnitt der Betriebe in der gleichen Größenordnung wie in der Literatur  beschrieben (Übersicht 2).

Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es hier, wie bereits anhand der unterschiedlichen Haltungsbedingungen und Rationsgestaltungen zu erwarten gewesen war, zum Teil sehr große Differenzen zwischen den einzelnen Betrieben gab (Übersicht 3).

Es zeigte sich eine gewisse Beziehung einerseits zwischen der Futteraufnahme der Jungrinder und dem Leistungsniveau der Milchkuhherde sowie andererseits zwischen der Futteraufnahme und den Haltungsbedingungen bei den Jungrindern in dem jeweiligen Betrieb (Übersicht 4). In Betrieben mit einem allgemein höheren Leistungsniveau der Milchkühe wurde eine höhere Futteraufnahme bei den Jungrindern ermittelt. Auch wenn die Beziehung zwischen den Haltungs- und Fütterungsbedingungen und der realisierten Futteraufnahme der Jungrinder mit R²=0,23 nicht  besonders eng ist, deutet sich zumindest an, dass bessere Stallbedingungen eine hohe Futteraufnahme der Tiere fördern.

FAZIT

Die in 10 Betrieben durchgeführte Studie zeigte, dass vielfach die Jungrinder bereits im Alter von 12 Monaten das angestrebte Gewicht von 400 kg für eine Erstbesamung erreichten und folglich sehr hohe Tageszunahmen realisierten, trotzdem in mehreren Betrieben die Haltungsbedingungen während der Jungrinderaufzucht oftmals nicht optimal waren. Da bei diesem Gewicht von 400 kg grundsätzlich die erste Besamung erfolgen kann bzw. sogar sollte, würde daraus entweder ein deutlich früheres EKA resultieren (müssen), als in den Betrieben vorherrschte, oder aber die energie- und nährstoffreduziertere Ration (ohne Kraftfutter) müsste bereits in einem noch früheren Altersabschnitt vorgelegt werden.

Auf jeden Fall ist es wichtig, für diese Entscheidungen die Jungrinder stärker in Augenschein zu nehmen, besonders hinsichtlich ihres Gewichts und der Körperkondition. Des Weiteren hängt die Nährstoff- und Energieversorgung der Tiere nicht nur von der Rationsgestaltung und –zusammensetzung ab, sondern ganz erheblich von der realisierten Futteraufnahme. Die aber ist in der Praxis in kaum einem Betrieb bekannt und wird erst recht nicht kontrolliert. In diesem Bereich liegen große Potentiale, zum einen, um die Tiere „punktgenau“, also wirklich bedarfsgerecht zu versorgen, und zum anderen, um Kosten in der Jungrinderaufzucht einzusparen. Der Besamungszeitpunkt muss sich nach dem tatsächlichen Gewicht der Jungrinder, nicht vordergründig nach deren Alter richten. Nationalen und internationalen Studien zur Folge ist für schwarzbunte Färsen ein EKA von 24 Monaten physiologisch und ökonomisch vorteilhaft. Dass die Jungrinder in den untersuchten Betrieben die notwendige Körperentwicklung, insbesondere das Gewicht, dafür aufwiesen, machte die Studie deutlich.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
FH Kiel/Hochschule für Angewandte 
Wissenschaften Fachbereich Agrarwirtschaft, 
Osterrönfeld 
E-Mail: katrin.mahlkow-nerge(at)fh-kiel.de 

M. sc. Tina Jensen
FH Kiel/Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Fachbereich Agrarwirtschaft, Osterrönfeld
E-Mail: t.tinajensen(at)web.de

Fotos (Mahlkow-Nerge)
Stand: Februar 2019