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Große Würfe managen TEIL 2: Schweine aktuell – Ferkel aus künstlichen Ammensystemen
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Im vorherigen Beitrag wurden bereits verschiedene Verfahren der Saugferkelaufzucht beschrieben. Neben der Aufzucht durch die eigene Mutter wurden die zum Teil notwendigen Alternativen der Ammensau oder der mutterlosen Aufzucht vorgestellt. Im zweiten Teil beleuchtet Dr. Onno Burfeind, von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, die weitere Entwicklung der Ferkel aus den drei Aufzuchtverfahren.

Welche Leistungen bringen sie in der Ferkelaufzucht und in der Mast?

Im einem vorherigen Beitrag wurden bereits verschiedene Verfahren der Saugferkelaufzucht beschrieben. Neben der Aufzucht durch die eigene Mutter wurden die zum Teil notwendigen Alternativen der Ammensau oder der mutterlosen Aufzucht vorgestellt. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass das frühzeitige Absetzen von Ferkeln vor dem 21. Tag von der Sau nur dann erlaubt ist, wenn es dem Schutz der Sau oder Ferkel vor Schmerzen, Leiden oder Schäden dient.

Es wurde deutlich, dass die Verluste in der Saugferkelphase bei der mutterlosen Aufzucht und der Ammensau deutlich niedriger als an der eigenen Mutter war. Dies spiegelt folgendes wider: 1. die Ferkel werden frühestens nach 24 Stunden versetzt. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits Saugferkelverluste eingetreten, die den anderen Verfahren nicht zugerechnet werden können und 2. vor allem kräftige Ferkel werden versetzt. Diese haben bessere Überlebenschancen als die kleineren schwächeren Ferkel.

Bisherige Zahlen aus Futterkamp

Der nachfolgende Beitrag soll einmal die weitere Entwicklung der Ferkel aus den drei Aufzuchtverfahren weiter beleuchten. Am LVZ Futterkamp wurde 2010 in einer Untersuchung festgestellt, dass die von den künstlichen Ammen aufgezogenen Ferkel eine um ungefähr 10 Tage verlängerte Mastdauer haben als Ferkel, die von Sauen aufgezogen wurden. Bei der Untersuchung in der damaligen Qualitätsprüfstation konnten die mutterlos aufgezogenen Tiere (n = 49) bei 937 g leicht geringere Tageszunahmen als die von Sauen aufgezogenen Schweine erreichen (969 g, n = 236). In den Fleischqualitätsparametern unterschieden die Schweine nicht (Borchers, 2010, Bauernblatt, Schweine aktuell: Mutterlose Ferkelaufzucht – Erste Mast- und Schlachtergebnisse zu Ammenferkeln).

Eine weitere Untersuchung aus Futterkamp nahm die Leistungsdaten der Saugferkelphase und der Ferkelaufzucht näher unter die Lupe. Dabei wurden Ferkel von Ammensauen und von künstlichen Ammen verglichen. Während die Ferkel an der Ammensau höhere Tageszunahmen (237 g, n = 76) als die Ferkel an der künstlichen Amme hatten (176 g, n = 79; p < 0,05), konnte in der 40-tägigen Ferkelaufzucht kein Unterschied in der Leistung mehr festgestellt werden (Ammensau: 548 g, künstliche Amme: 559 g; p = 0,55; Müller und Borchers, 2012, Bauernblatt, Schweine aktuell: Welches Ammensystem bringt bessere Zunahmeleistungen?).

In beiden Untersuchungen wurden in einem experimentellen Ansatz einige Tiere der jeweiligen Aufzuchtverfahren verglichen.

Lassen sich die Zahlen mit mehr Tieren bestätigen?

In der vorliegenden Auswertung soll nachvollzogen werden, ob sich die Ergebnisse an einer größeren Tierzahl und unter Praxisbedingungen reproduzieren lassen. Dafür wurden alle in den Jahren 2014 und 2015 am LVZ Futterkamp geborenen und auch gemästeten Ferkel ausgewertet (5.731 von der Mutter gesäugten Ferkel; 499 von einer Amme gesäugten Ferkel; 407 an der künstlichen Amme aufgezogene Ferkel).

Da mindestens zwei Drittel der am LVZ Futterkamp produzierten Ferkel an Mäster verkauft werden, lagen nur von 6.637 Ferkeln auch Mastdaten vor. Dies gilt auch für die Ferkelaufzucht, da das Gewicht zum Aufzuchtende erst bei der Einstallung in den Maststall ermittelt wird. Von den verkauften Ferkeln liegen keine individuellen Verkaufsgewichte zum Ende der Ferkelaufzucht vor.

Ferkelaufzucht im Vergleich

In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der Saugferkelphase und der Ferkelaufzucht dargestellt. Zunächst wird deutlich, dass im vorangegangenen beschrieben, die schwereren Ferkel an die künstliche Amme gesetzt werden, da diese bessere Startchancen haben. Daher sind die Geburtsgewichte dieser Ferkel deutlich höher als der Ferkel, die an der Sau oder der Ammensau gesäugt werden. Das Absetzgewicht ist allerdings an der Sau höher als an der Ammensau.

Von Sauen gesäugte Ferkel hatten ein deutlich höheres Absetzgewicht und somit deutlich höhere Tageszunahmen in der Saugferkelphase. In der Ferkelaufzucht allerdings wendet sich das Blatt und die Ferkel aus der künstlichen Amme haben mit 505 g die höchsten Tageszunahmen. Trotz des geringeren Absetzgewichtes dauert die Aufzucht somit nur unwesentlich länger. Diese Ergebnisse bestätigen die Erkenntnisse von Müller und Borchers (2012), die ebenfalls niedrigere Leistungen in der Saugferkelphase und vergleichbare Leistungen in der Ferkelaufzucht beobachtet haben.

Mast- und Schlachtleistungen

Alle Ferkel aus den drei Aufzuchtverfahren sind mit einem vergleichbaren Gewicht in die Mast eingestallt worden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ferkel der künstlichen Amme bereits vier Tage älter als die Ferkel an ihrer Muttersau. Da die Mastschweine in Futterkamp nach individuellem Körpergewicht zur Schlachtung verkauft werden, sind die Tiere von der künstlichen Amme nur ca. 2 kg leichter als die anderen Tiere. Allerdings muss dabei die Mastdauer bzw. das Lebensalter mit betrachtet werden.

So dauert die Mast dieser Ferkel ca. eine Woche länger als in den anderen Verfahren, sodass die Schweine insgesamt bei der Schlachtung ca. 10 Tage älter sind als die Schweine, die an einer Sau gesäugt wurden. Sie haben mit ca. 800 g deutlich niedrigere Masttageszunahmen als die anderen Schweine. Auch diese Ergebnisse sind mit der vorherigen Untersuchung von Borchers (2010) vergleichbar. Allerdings sind die Masttageszunahmen in dieser Untersuchung insgesamt niedriger als bei Borchers. Die Ursache liegt darin, dass die Schweine bei Borchers in Zweiergruppen gehalten wurden, was deutlich höhere Tageszunahmen ermöglicht, als die Haltung in größeren Gruppen.

Fazit

Große Würfe stellen eine große Herausforderung für Sauenhalter dar. Sind die Ferkel geboren, besteht die Verpflichtung ihnen gerecht zu werden. Dafür ist der Einsatz von Ammensauen und künstlichen Ammen unverzichtbar. Da dies zum Schutz der Ferkel geschieht, erlaubt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung das frühere Absetzen dieser Ferkel.

Die Saugferkelverluste in diesen Systemen sind sehr niedrig. Die Leistungen der Ferkel sind in der Saugferkelphase niedriger. In der Ferkelaufzucht konnten keine schlechteren Leitungen beobachtet werden. Die Tageszunahmen in der Mast bleiben allerdings hinter den von Sauen gesäugten Ferkeln zurück. Insgesamt erreichen die von einer künstlichen Amme aufgezogenen Schweine erst 10 Tage später die Schlachtreife.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Onno Burfeind
Fachbereichsleiter Schweinehaltung
Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein
Tel.: 0 43 81-90 09-20
E-Mail: oburfeind(at)lksh.de

Stand: April 2018