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Ferkelnester optimal gestalten
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Rudolf Wiedmann befasst sich im aktuellen Beitrag mit der Planung von Ferkelnestern. Diese spielen eine zentrale Rolle für den Erfolg in der Sauenhaltung und müssen in erster Linie so gebaut und gemanagt werden, dass die Ferkel so früh wie möglich das Nest auffinden, um dort einerseits Wärme aufzutanken und vor Verletzungen durch die Mutter geschützt zu sein. Bei der Planung kommen der Gestaltung, Größe und Wärmezufuhr des Ferkelnestes eine zentrale Bedeutung zu. Dies umso mehr, da in den letzten Jahren in vielen Betrieben die Anzahl der geborenen Ferkel je Wurf erheblich angestiegen ist. 

Bei der Planung von Abferkelbuchten in frei gelüfteten Außenklimaställen, die besonders in der ökologischen Ferkelproduktion eingesetzt werden, kommt der Gestaltung, Größe und Wärmezufuhr des Ferkelnestes eine zentrale Bedeutung zu. Dies umso mehr, da in den letzten Jahren in vielen Betrieben die Anzahl der geborenen Ferkel je Wurf erheblich angestiegen ist. Die Nestbeheizung muss für jedes einzelne Ferkel optimales Liege- und Ruheverhalten ermöglichen. In diesem Zusammenhang müssen sowohl technische als auch ethologische Zusammenhänge und arbeitswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

Wie bringt man Ferkel möglichst bald ins warme Nest

Die Hausschweine zeichnen sich dadurch aus, dass sie trotz sehr langer und intensiver Zuchtarbeit immer noch ihr ursprüngliches Verhalten zeigen. So ist es für Frischlinge in der freien Wildbahn vorteilhaft, wenn sie in den ersten Lebenstagen möglichst nahe bei ihrer Mutter bleiben: Sie ist nicht nur Nahrungs- sondern vor allem auch Heizquelle. Die ökonomischen Zwänge verlangen jedoch vom Ferkelerzeuger, die doppelte bis dreifache Zahl an aufgezogenen Ferkeln im Vergleich zur freien Wildbahn. Dazu ist der Einsatz eines geeigneten Nestes unverzichtbar.

Doch wie schafft man es, dass die Ferkel möglichst frühzeitig das Nest aufsuchen? Schließlich sind sie dort in warmer Umgebung und sicher vor Verletzungen durch die Sau. Ein attraktives Nest zeichnet sich durch die folgenden 13 baulich-technischen Merkmale aus mit reichlichen Managementansätzen:

1. Hohe Umgebungstemperaturen bei der Geburt:

Erfahrungen belegen, dass Sauen bei der Geburt relativ hoch temperierte Bereiche bevorzugen. Bei warmer Umgebung trocknen neugeborene Ferkel rasch ab, verbrauchen weniger Blutzuckerreserven, so dass auch kleinere Ferkel nicht so schnell auskühlen. Im Sauenliegebereich müssen mindestens Temperaturen von 20°C vorherrschen, damit die Ferkel ausreichend beweglich sind und genügend Kraft zum Trinken haben. In neueren Betrieben ist der Sauenliegebereich mit einer Fußbodenheizung für die Tage um die Geburt ausgestattet.

2. Langstroh nur bis zum Geburtsende

Auf genügend Langstroh kann zur Vorbereitung der Geburt mit entsprechendem Nestbauverhalten nicht verzichtet werden. Sauen, die ihr Nestbauverhalten ausüben können, haben kürzere Geburten, was nachweislich zu weniger Komplikationen führt. Direkt nach der Geburt ist jedoch ein reichliches Strohangebot – insbesondere Langstroh – nachteilig. Der Sauenliegebereich wird deshalb in den ersten Tagen nach der Geburt nur mit einer Handvoll Sägemehl oder Trockenpulver versehen während das Nest reichlich eingestreut wird. Die Ferkel erkennen so den deutlichen Komfortunterschied zwischen ihrem Nest und dem Sauenliegebereich.

3. Unbehinderter Zugang ins Nest:

In den ersten Lebenstagen muss der Nestzugang auf voller Länge geöffnet sein und darf nicht durch PVC-Streifen oder ähnliches abgehängt werden, um Heizenergie zu sparen. Im Gegenteil: Bei weit geöffnetem Zugang ins Nest, kann die Wärme vom Nest zur Temperierung des Sauenliegebereiches während der Geburt beitragen

4. Kurze Wege ins Ferkelnest:

Ferkelnester mit einer möglichst langen Zugangsseite suchen die Ferkel eher auf. Diesen Vorteil bieten insbesondere Dreiecksnester durch ihren langen diagonalen Nestzugang, an dem sich die Sauen parallel abliegen können.

5. Ferkelnest mit Lichtquelle

Ferkel orientieren sich in den ersten Lebenstagen neben der Wärme auch nach dem Licht. Die Nester müssen deshalb mit einer Lichtquelle ausgestattet sein. Wenn die Ferkel das Nest sicher angenommen haben, kann das Licht ausgeschaltet werden.

6. Rundlauf um das Muttertier:

Die sogenannten Abliegebretter an den Wänden der Abferkelbuchten sichern für die Ferkel den wichtigen „Rundlauf“ um die Sau. Sie können sich so nicht in sogenannten Sackgassen verirren, da Ferkel in den ersten Stunden keinen „Rückwärtsgang“ haben. Diesen Zweck könnte man mit Metallrohren erreichen, die an den Buchtenwänden befestigt werden. Optimal sind jedoch senkrecht an den Buchtenwänden angebrachte Abliegebretter (Wandabstand 15 cm, Bodenabstand 25 cm, Höhe 80 cm), die von den Sauen auch als Abliegehilfen bevorzugt angenommen werden.

7. Temperatur im Sauenliegebereich absenken:

Wenn mehrere Säugeakte stattgefunden haben und alle Ferkel – auch die zuletzt Geborenen – genügend Kolostralmilch aufgenommen haben, wird die Temperatur im Sauenliegebereich auf ca. 10-15°C abgesenkt, soweit dies die Außentemperaturen zulassen. Die Abdeckungen über dem Sauenliegebereich werden also geöffnet. Ganz komfortable Ställe haben Wasserleitungen im Boden, die bei hohen Außentemperaturen mit gekühltem Wasser beschickt werden.

8. Ferkel ins Nest sperren:

Falls die Ferkel trotz aller Maßnahmen das Nest nach einem Tag nicht aufsuchen, sollte man sie ein paarmal für eine dreiviertel Stunde ins Nest sperren. Der handliche Deckel über der Veranda wird dafür als Absperrung verwendet.

9. Sauengitter am Nest:

In den ersten Tagen möchten die Sauen engen Kontakt zu ihren Ferkeln halten. Bei diesem Verhalten besteht die Gefahr, dass sich die Sau am Nesteingang mit dem Kopf einklemmen kann. Abhilfe schaffen entsprechende Metallschlaufen zwischen denen die Ferkel bequem durchkommen, aber die Mutter nicht einfädeln kann. Von Schlaufe zu Schlaufe ist der Abstand ca. 20 cm und in der Schlaufe ca. 13 cm. Die waagerechte Halterung hat zum Boden einen Abstand von ca. 30 cm.

10. Im Ferkelnest 38°C bieten:

Ein möglichst frühzeitiger Aufenthalt im Nest bringt die Ferkel aus der Gefahrenzone der Sau. Zusätzlich können sie im Nest die nötige Wärme aufnehmen, damit sie auf gefährliche Bewegungen der Mutter geschmeidig reagieren können. Vor allem leicht geborene und unterkühlte Ferkel mit geringen Blutzuckerreserven sind auf ein sehr hohes Wärmeangebot angewiesen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die nötigen Umgebungstemperaturen von 38° im Ferkelnest bereitzustellen. Es stehen Elektro- oder Warmwasserheizungen zur Verfügung. Auf eine gewisse Grundwärme im Boden kann schwerlich verzichtet werden, während die Hauptwärme von oben oder seitlich von der Wand bereitgestellt wird.

11. Temperaturabstufung im Ferkelnest:

Die hohe Nesttemperatur ist nötig, damit sich schwächere Ferkel entsprechend aufwärmen können. Vorteilhaft sind Heizsysteme, bei denen es zu einer Temperaturabstufung im Nest kommt. Dies ist insbesondere bei Wandheizungen mit Warmwasser der Fall. Sie bieten den gleichen Vorteil wie Kachelöfen: In der Nähe ist es sehr warm, während in einiger Entfernung die Temperaturen abnehmen. Die Ferkel können deshalb entsprechend ihrem individuellen Wärmebedürfnis die geeignete Zone auswählen. Der Betriebsleiter erkennt am Liegeverhalten und an den Liegeorten der Ferkel, ob die Temperatur für den jeweiligen Wurf optimal ist oder Regulierbedarf besteht.

12. Veranda vor Ferkelnest:

In den ersten Lebenstagen ist ein Nest von ca. 0,8 m² ausreichend groß, da sich kleine Nester kostengünstig auf 38°C aufheizen lassen. Nach etwa 2 Wochen muss jedoch das Nest „wachsen“. Aus diesem Grund ist dem Nest eine Veranda vorgelagert, wodurch sich das Nest auf ca. 1,2 m² vergrößert.

13. Individuelle Buchtenabdeckungen:

Da sich die Geburten einer Abferkelgruppe meist über mehrere Tage hinziehen kann, bestehen von Sau zu Sau unterschiedliche Temperaturansprüche: Sauen bei der Geburt benötigen hohe Temperaturen, während bereits nach einem Tag die Temperaturen abzusenken sind, um die Ferkel ins Nest zu bringen und später den Appetit der Sauen anzuregen. Aus diesem Grund sind individuelle Buchtenabdeckungen die Methode der Wahl. Diese Abdeckungen bestehen aus einem Lattenrahmen, der mit einem Windschutznetz bespannt ist. Der größere Deckelteil wird mit einer Elektrowinde hochgezogen, während der kleinere Deckelteil händisch zur Kontrolle angehoben werden kann. Bei sehr niedrigen Außentemperaturen erhält das Windschutznetz als atmungsaktive Dämmschicht noch ein Vlies. In Ställen mit Heizmöglichkeiten im Boden kann i.d.R. auf Abdeckungen verzichtet werden.

FAZIT

Ferkelnester spielen eine zentrale Rolle für den Erfolg in der Sauenhaltung. Sie müssen in erster Linie so gebaut und gemanagt werden, dass die Ferkel so früh wie möglich das Nest auffinden, um dort einerseits Wärme aufzutanken und vor Verletzungen durch die Mutter geschützt zu sein.

Darüber hinaus muss auch das Stallgebäude seinen Beitrag zum Erfolg leisten: Als „Winterstall“ muss es so gedämmt sein, dass bei niedrigen Außentemperaturen während der wenigen Tage um die Geburten mindestens 20°C im Sauenliegebereich erreicht werden. Als „Sommerstall“ muss es möglich sein, nach den Geburten die Stalltemperatur ziemlich absenken zu lassen. Bei hohen Außentemperaturen helfen große Wandöffnungen zum Luftaustausch, die gezielte Nutzung der Nachtabkühlung und im Neubau eine Wasserkühlung der Sauenliegefläche.

DER DIREKTE DRAHT

Rudolf Wiedmann
Tübingen
E-Mail: kontakt(at)rudolfwiedmann.de
www.rudolfwiedmann.de

Stand: Dezember 2018