Zur Navigation springen Zum Inhalt springen
proteinmarkt.de - Infoportal für Fütterungsberater und Landwirte
Ferkelimpfungen – der Weg geht zur Kombiimpfung
-

Unter dem wachsenden Druck der Antibiotika-Reduzierung fordern viele Mäster Ferkel mit einem hohen und stabilen Gesundheitsstatus. Um die Erkrankungen in den Mastbetrieben zu kontrollieren, hat es sich als vorteilhaft erwiesen, möglichst wenig Altersgruppen im Bestand zu haben, da es dann deutlich weniger Erreger-Ping-Pong zwischen den Mastgruppen kommt.

Des Weiteren hat sich mittlerweile auch herumgesprochen, dass eine feste 1:1 Beziehung gesundheitliche Vorteile in der Mast bringt. Dies setzt natürlich auf der anderen Seite auch die Ferkelerzeuger unter Druck, die große Partien mit stabilem Gesundheitsstatus liefern sollen.

Die Forderung nach hochgesunden Ferkeln, die dann auch keine Impfungen benötigen, weil der Mastbetrieb in einer Region mit geringer Viehdichte liegt, ist ein Lösungsansatz. Dieser Ansatz ist jedoch insbesondere in den Hochburgen der Schweinehaltung eigentlich nicht zu erfüllen. Also werden ca. 80 – 90 % der Ferkel gegen verschiedene Erreger geimpft. Hierbei wird in den letzten Jahren immer mehr auf Kombiimpfstoffe und Baukastensysteme gesetzt.

Im Folgenden soll eine Übersicht über die Möglichkeiten der Ferkelimpfungen geben und auf die Vorteile bzw. Nachteile / Probleme der Kombiimpfungen eingegangen werden.

Kombiimpfungen für Ferkel sind im Kommen

Es gibt eine Vielzahl zugelassener Impfstoffe für das Schwein, davon auch eine erhebliche Anzahl von Ferkelimpfstoffen. Bislang sind jedoch nur wenige Kombinationen, sei es im Baukastensystem oder als Kombiimpfstoff verfügbar.

Die wichtigsten Erreger und Impfungen im Einzelnen:

  • Mykoplasma hyopneumoniae
    Die Mykoplasmenimpfung ist bei der Ferkelvermarktung Standard. Sie verhindert das Auftreten der Enzootischen Pneumonie, bei der insbesondere die Spitzenlappen der Tiere betroffen sind. Verimpft werden sowohl One-Shot- als auch Two-Shot-Impfstoffe, z. T. in Kombination mit PCV2. Ein Ausstieg aus der Impfung ist eigentlich nur im geschlossenen System oder mit negativer Herde in Alleinlage möglich. Als bester Impfzeitpunkt hat sich die dritte Lebenswoche herausgestellt. Ob One- oder Two-shot geimpft werden sollte richtet sich nach den betrieblichen Gegebenheiten und den Erregerdruck.
     
  • PCV2 / Circovirus
    Die PCV2- oder Circo-Impfung ist mittlerweile wie auch die Mykoplasmenimpfung bei der Ferkelvermarktung ebenfalls Standard. Sie verhindert Kümmern, Anfälligkeit für andere Erkrankungen und PDNS (Hautflecken und Nekrosen im Bereich der Schenkel) bei Mastschweinen. Die Impfung sollte nicht vor der dritten Lebenswoche erfolgen, um eine Beeinflussung durch maternale Antikörper zu vermeiden. PCV2 negative Herden gibt es eigentlich nicht. Ob ein Impfausstieg möglich ist, ist schwierig in einer geimpften Herde diagnostisch festzustellen, es bleibt beim try and error.
     
  • PRRS
    Die PRRS-Impfung der Ferkel ist in viehdichten Regionen weit verbreitet und wird häufig vom Vermarkter gefordert. Die Impfung verhindert die klinischen Ausprägungen von PRRS in der Ferkelaufzucht und Mast wie Husten, Kümmern und Anfälligkeit für andere Infektionen. Optimaler Impfzeitpunkt ist ab der 2. Lebenswoche. Der Ein- oder Ausstieg aus der Ferkelimpfung ist ganz eng an die Diagnose geknüpft. Hierbei spielt die PCR-Untersuchung in letzter Zeit die entscheidende Rolle, da der ELISA-Test nicht zwischen Impf- und Feldvirus unterscheidet. Der Ausstieg kann nur bei einer Freiheit von Feldvirus erfolgen. Werden in einer Ferkelerzeuger – Mäster Beziehung mit einer guten Infektionskettenunterbrechung über längere Zeit z.B. ein Jahr die Ferkel am 14. Lebenstag PRRS geimpft, so kann es sein, dass im Mastbetrieb nach dieser Zeit kein Feldvirus mehr vorhanden ist, dann könnte auf die Ferkelimpfung verzichtet werden. Ist dies nicht der Fall so würde man weiter impfen.
     
  • APP
    Ein weiteres Bakterium gegen das Ferkel geimpft werden können ist der APP-Erreger (Actinobacillus pleuropneumoniae). Die Erkrankung mit APP tritt häufig zwischen der 9. und 16. Lebenswoche auf. APP kommt in zwei Biovaren und mittlerweile 15 unterschiedlichen Serotypen vor, die unterschiedlich stark krankmachend sind. Eine sehr hohe Pathogenität wird insbesondere den Serotypen 1, 2, 5 und 9 zugesprochen. Bei der perakuten Verlaufsform kommen die Schweine nicht einmal mehr zum Husten. Hohes Fieber (bis 42 ºC) und eine massive Herz-Kreislaufschwäche mit blau-roter Verfärbung der Ohren und Rüsselscheibe, Maulatmung und Schaumbildung vor dem Maul führen innerhalb weniger Stunden zum Tode. Auch bei einem akuten Verlauf sterben ein großer Teil der Tiere ohne Behandlung, Fieber bis 41 ºC und massiver Husten sind hier typisch. Häufig findet man in chronisch infizierten Betrieben aber eher auch die chronische Verlaufsform: wenig oder kein Fieber, Husten, beschleunigte Atmung, Kümmern und blasse Haut. Da häufig mehrere Serotypen im Bestand zirkulieren, ist es wichtig bei der Impstoffauswahl die Serotypen zu berücksichtigen. Hier stehen serotypübergreifende Impfstoffe zur Verfügung. Die Impfung sollte in der Flatdeckphase abgeschlossen und nicht schon an der Sau gesetzt werden. Der Einsatz der Impfung erfolgt nach Diagnose.
     
  • Coli
    Hier unterscheidet man die Absetzdurchfälle und die Ödemkrankheit. Diese werden durch unterschiedliche Coli-Stämme verursacht. Für beide Erkrankungen stehen Impfstoffe zur Verfügung. Diese sind jedoch sehr spezifisch, so daß eine exakte Diagnose der Stämme und der Toxine im Vorfeld erfolgen sollte. Die Impfungen werden in der Regel in der ersten Lebenswoche gesetzt. Aufgrund der Antibiotikareduzierung und der Begrenzung von Zinkoxid werden die Impfstoffe mittlerweile in vielen Betrieben eingesetzt. In einzelnen Betrieben sind zum Teil sogar Impfstoffe gegen Absetzdurchfälle (F4 / F18) als auch gegen Ödemkrankheit (Shiga-Toxin) im Einsatz.

Ferkeldurchfälle müssen exakt diagnostiziert werden

  • Ileitis / PIA
    Der Erreger der Ileitis ist Lawsonia intracellularis und ist weit verbreitet. Man geht von einer etwa 90%igen Durchseuchung der Bestände aus. Das klinische Bild der Erkrankung ist abhängig von der Erregerdosis. Nur 1 g Kot genügt, um eine Infektion zum Angehen zu bringen. Bei jüngeren Tieren im Absetzferkel- und Läuferalter und niedrigem Erregerdruck überwiegen immer wieder auftretende Durchfälle ohne Fieber und ohne Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens. Die Tiergruppen wachsen dann in der Mast auseinander und es kommt zum vermehrten Kümmern. Dies ist die häufigste Erscheinungsform. Im Einzelfall sind auch plötzliche Todesfälle zu beobachten. Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen attenuierten Lebendimpfstoff der oral, also über Drench oder das Trinkwasser, verabreicht wird. Meist wird die Variante des Drenchens gewählt, aber durch die Verschiebung des Infektionszeitpunktes wird die Variante der Impfung über das Trinkwasser im Flatdeck wieder interessanter, zumal vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Reduktion des Einsatzes von Antibiotika in der Tierproduktion die Impfung einer antibiotischen Behandlung vorzuziehen ist. Wichtig ist hier im Vorfeld die Diagnose und das Feststellen des Infektionszeitpunktes, um den richtigen Impfzeitpunkt zu erwischen.
     
  • Hämophilus parasuis / Glässer
    Der Erreger verursacht eine Polyserositis, das bedeutet, Brustfellentzündungen, Bachfellentzündungen, Herzbeutelentzündungen, Lahmheiten, Husten und Kümmern. Es gibt mindestens 15 Serotypen, von denen aber nicht alle krankmachend sind. Insbesondere wenn andere Vorerkrankungen bestehen (z.B. PCV2, PRRS, Influenza) kann es zu hohen Erkrankungsraten kommen. Zurzeit ist eigentlich nur noch ein kommerzieller Impfstoff verfügbar, der ausschließlich den Serotyp 5 abdeckt, der aber auch weit verbreitet ist. Dies bedeutet aber auch, das vor dem Einsatz des Impfstoffes eine Serotypisierung durchgeführt werden sollte. Der Impfzeitpunkt beim Ferkel ist ab der 5. Lebenswoche 2-malig. Auch eine Mutterschutzimpfung wird empfohlen. Das Impfschema wird auf den Betrieb angepasst. Für andere Serotypen bleibt eigentlich nur der stallspezifische Impfstoff.
     
  • Salmonella typhimurium
    Als ein Baustein in der Salmonellenbekämpfung in Schweinebeständen wird immer wieder die Impfung zitiert. Der Impfstoff, ein Lebendimpfstoff, ist sowohl als Mutterschutzimpfung bei Sauen, als auch für Ferkel und hier als Drench zugelassen. Die Ferkel werden nach Herstellerangaben ab dem 3. Lebenstag 2 x im Abstand von 3 Wochen gedrencht. Da in den meisten Betrieben die Probleme mit Salmonellen weniger klinischer als vielmehr vermarktungstechnischer (Kat 3) Natur sind, ist das Ziel der Impfung in den meisten Betrieben die Reduzierung der Antikörper zum Zeitpunkt der Schlachtung. Doch Vorsicht: Zum einen dauert es natürlich erst einmal eine ganze Weile bis die als Ferkel geimpften Tiere zur Schlachtung kommen und zum anderen infizieren sich die geimpften Ferkel ja wieder an den Salmonellen der Umgebung, so daß es zu hohen Antikörpertitern bei der Schlachtung kommt. Erst über den langfristigen Einsatz des Impfstoffes (mind. 1 Jahr), wodurch die Salmonellenlast im Betrieb reduziert wird, erreicht man auch niedrigere Titer bei Schlachtung.

Impfschema muss auf den Betrieb angepasst werden

Was bedeuten diese vielen Möglichkeiten in der Praxis für die Auswahl der Impfstoffe im Betrieb?
Gerade bei den Ferkelimpfungen gilt: Ein auf den Betrieb angepasstes Impfschema. Also: Welche Impfstoffe benötige ich a) für den eigenen Betrieb und b) für die Vermarktung. Wann muß ich die Impfstoffe verimpfen und was kann ich kombinieren bzw. zeitgleich verimpfen. Hier erstellt der Hoftierarzt für jeden Betrieb einzeln ein Konzept.

Da sich gerade im Bereich der M.hyo- und PCV2-Impfung durch die Zulassung von Kombiimpfstoffen der Fa. MSD-Intervet und Zoetis und die Zulassung der Kombination des Myko-Circo Flex Systems von Böhringer-Ingelheim mit deren PRRS-Lebendimpfstoff neue Möglichkeiten ergeben, soll im folgenden der Bereich der kombinierten Ferkelimpfungen genauer betrachtet werden, viele der Grundsätze gelten aber auch für die Einzelimpfungen:

Grundsatz 1: Nur dafür zugelassene Impfstoffe mischen
Es ist festzuhalten, daß nur die Impfstoffe, die dafür auch zugelassen sind in einer Mischspritze verimpft werden sollten. Das in Praxi ab und an praktizierte Mischen unterschiedlicher Impfstoffe, zum Teil noch mit reduzierter Dosis birgt die große Gefahr des „nicht Wirkens“ und ist strikt abzulehnen. Wenn es nach dem Verkauf so geimpfter Ferkel zu Regressansprüchen kommt, wird ein Gutachter ein so gestaltetes Impfkonzept immer als „nicht lege arits“ bezeichnen und somit den Regressfordernden recht geben.

Grundsatz 2: Mischung immer frisch ansetzen
Die Mischung der dafür zugelassenen Impfstoffe muss immer frisch angesetzt werden, damit die Wirksamkeit der Impfstoffe voll erhalten bleibt. Das Gleiche gilt für die Lagerung von angebrochenen Flaschen z. B. von Kombiimpfstoffen. Sie sind im vom Hersteller angegebenen Zeitraum zu verbrauchen. Lebendimpfstoffe müssen immer frisch aufgelöst und zügig verbraucht werden.

Grundsatz 3: Erreger muss identifiziert werden
Es muss klar sein gegen welche Erreger ich im Betrieb überhaupt, sei es für die Vermarktung oder für den Betrieb selbst, impfen will / soll. Hierzu sollte sowohl in der Ferkelerzeugung, als auch in der Mast über Diagnostik geklärt werden, welche Erreger überhaupt im System vorhanden sind. Danach wird der Tierarzt prüfen, ob ein und welcher Kombinationsimpfstoff bzw. Impfstoff im Baukastensystem zur Verfügung steht und eingesetzt werden kann.

Grundsatz 4: Abstimmung der Impfstrategie in der Kette
Als viertes sollte bei einer festen Vermarktung die Impfstrategie mit dem Mäster und dem Tierarzt des Mästers festgelegt werden. Einige Mäster wünschen sich zum Beispiel, da der Mykoplasmendruck in ihren Betrieben sehr hoch ist, „Two-Shot“ Mykoplasmen geimpfte Ferkel. Hier stehen dann aber keine Kombinationsimpfstoffe mit PCV2 zur Verfügung. Ein anderes Beispiel wäre der Wunsch M.hyo und Glässer zu kombinieren. Das geht dann nur mit einem dafür zugelassenen M.hyo Two-Shot-Glässer-Impfstoff, der ist aber nicht mehr verfügbar.

Grundsatz 5: Impfzeitpunkte beachten
Fünftens, die Impfzeitpunkte. Die Kombiimpfstoffe und das Baukastensystem für M.hyo und PCV2 sind alle für die Verimpfung ab einem Alter von drei Wochen zugelassen. Will ich, aus betrieblichen Gründen z.B. PCV2 deutlich später impfen, kann es sein, daß ich mit der Myko-Komponente sehr spät komme. Oder andersherum, will ich aus betrieblichen Gründen eine frühe Mykoplasmenimpfung installieren, wäre ich mit der Circo-Komponente zu früh. Für diese Fälle müsste ich auf Einzelimpfstoffe zurückgreifen.

Der vorgeschrieben optimale Impfzeitpunkt muss eingehalten werden

Grundsatz 5: Erfolgskontrolle nicht vergessen
Als letztes, sechstes Element, steht die Erfolgskontrolle. Da der Erfolg einer Impfung über Blutuntersuchungen erregerabhängig nur schwer bis gar nicht kontrollierbar ist, ist die Auswertung der Leistungsparameter und der Krankheitsinzidenz bzw. der Behandlungshäufigkeit der Gradmesser für den Erfolg. Regelmäßiger Austausch von Daten und Erkenntnissen zwischen den Betriebsleitern und Tierärzten ist hierbei vonnöten. Stellt sich der gewünschte Erfolg mit der gewählten Impfstrategie nicht ein, so ist zu klären, ob es an der Impfstrategie, Fehlern bei der Durchführung, anderen Erkrankungen, Umweltfaktoren (Stallklima, Fütterung,…) oder dem Management liegt. Hierzu sind neben den durch den Tierarzt einzuleitenden diagnostischen Untersuchungen alle anderen betrieblichen Faktoren auf den Prüfstand zu stellen.

FAZIT

Impfkonzepte bei Ferkeln sollten im Vorfeld mit den Mästern und den Tierärzten besprochen und ausgelotet werden. Dabei sind die Gegebenheiten in den Betrieben, der Infektionsdruck und die Leistungen zu berücksichtigen. Eine Erfolgskontrolle über auswertbare Parameter sollte bei Änderung der Konzepte vereinbart werden. Möglichst sollte kein eigenmächtiger Wechsel von Impfkonzepten ohne Absprache durchgeführt werden. Letztendlich gilt, nicht nur für Kombiimpfungen und Baukastensysteme: Jeder Betrieb muß sein maßgeschneidertes Impfkonzept entwickeln. Die Zeiten des Gießkannenprinzips (alles machen das so- und fertig) sind mittlerweile vorbei. Die Erstellung und Begleitung maßgeschneiderter betrieblicher Impfkonzepte ist zunehmend ein essentieller Teil des tierärztlichen Handelns im Schweinebestand.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Hendrik Nienhoff
Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Schweinegesundheitsdienst

E-Mail: hendrik.nienhoff[at]lwk-niedersachsen.de