Eignet sich Rispenhirse (Panicum miliaceum) für die Fütterung von Mastputen?
Einleitung und Zielsetzung
Der Hirseanbau in Mitteleuropa könnte aufgrund des sich abzeichnenden Klimawandels stark an Bedeutung gewinnen. Aus landwirtschaftlicher Sicht am Bedeutendsten sind dabei die Arten Sorghum bicolor (Sorghum-Hirse) und Panicum miliaceum (Rispenhirse).
Rispenhirse liefert zwar deutlich niedrigere Hektarerträge als Sorghum-Hirse; dafür zeichnet sie sich durch eine kürzere Vegetationsdauer sowie höhere Rohprotein- und Methioninkonzentrationen (3,5 g/kg) aus (Vogt-Kaute, 2022). Untersuchungen von Ritteser und Grashorn (2015) weisen zudem auf eine sehr hohe praecaecale Methioninverdaulichkeit (> 90 %) bei älteren Masthühnern hin. Neuere Untersuchungen zum Hirseeinsatz in der Masthühner- (Puntigam et al. 2020) und Legehennenfütterung (Vogt-Kaute, 2022) bestätigen die gute Eignung als Komponenten in Alleinfuttermischungen für Hühner. Mit der vorliegenden Studie sollte die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf die ökologische Putenmast überprüft werden.
Vorgehensweise
Der Fütterungsversuch fand im Puten-Versuchsstall des Staatsgutes Kitzingen in Kooperation mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) statt. Es standen 24 Abteile zur Verfügung, die abwechselnd mit acht Wochen alten B.U.T. 6- oder Auburn-Putenhennen belegt waren (á 13 bzw. 14 Tiere). Die Tiere wurden als Eintagsküken zugekauft und mit ökokonformen Alleinfuttermischungen aufgezogen. Jede Versuchsvariante wurde in drei Wiederholungen getestet. Um den Effekt der Hirsebeifütterung besser erheben zu können, wurde den Tieren kein Auslauf gewährt und es erfolgte keine Raufuttergabe.
Die ökologisch erzeugte Rispenhirse (Sorte: Wodka, gelbschalig) stammte von einem bayerischen Betrieb und war nicht geschält. Relevante Inhaltsstoffe und die Schätzung des energetischen Futterwertes sind in Tab. 1 dargestellt.
Tabelle 1: Wertbestimmende Inhaltsstoffe (in g/kg bzw. MJ AMEN/kg) der eingesetzten Rispenhirse (Sorte: Wodka), jeweils bezogen auf Originalsubstanz
Die im Versuch eingesetzten, pelletierten Alleinfuttermischungen unterschieden sich in erster Linie im Rispenhirse-Mischungsanteil (0 % = Kontrolle, 7,5 %, 15,0 % und 22,5 %, vgl. Tab. 2) und wurden über zwei Mastabschnitte (P 3 = 56. bis 84. Tag, P 4 = 85. bis 112. Tag) getestet. Die Herstellung erfolgte in einem kommerziellen Mischfutterwerk.
Tabelle 2: Zusammensetzung der Alleinfuttermischungen (in %) sowie die geplanten Zielwerte hinsichtlich Energie (MJ AMEN/kg), Lysin und Methionin (g/kg)
In Abhängigkeit der Rispenhirseanteile konnten die Komponenten Sonnenblumenkuchen (geschält), Mais und Weizen schrittweise in den Mischungsanteilen reduziert werden, wohingegen der Anteil an Erbsen, Sojaöl und Monocalciumphosphat anstieg.
Ergebnisse und Diskussion
In Tab. 3 sind relevante Analyseergebnisse der Futtermischungen ausgewiesen. Während die Varianten mit Rispenhirse innerhalb der jeweiligen Phase sehr ähnliche Werte aufweisen, fallen die Gehalte bei den Kontroll-Mischungen in beiden Phasen etwas höher aus. Die Lysinkonzentration stimmt gut mit den Planungen überein. Methionin ist in den Versuchsmischungen tendenziell niedriger als geplant. Das Energieniveau in der Phase 4 durchgängig erhöht.
Tabelle 3: Analysierte Inhaltsstoffe (g/kg) und kalkulierte Energiegehalte (MJ AMEN/kg) der im Fütterungsversuch eingesetzten Alleinfuttermischungen
Insgesamt verlief der Versuch störungsfrei (Verluste: Auburn: 3,6 %, B.U.T. 6: 2,5 %). Signifikante Unterschiede zeigten sich bei den wesentlichen Merkmalen lediglich hinsichtlich Genetik, nicht jedoch in Bezug auf den Rispenhirse-Anteil (vgl. Tab. 4).
Genotyp-Futtervarianten-Wechselwirkungen (Interaktionen) konnten nicht nachgewiesen werden. Das Kontroll-Futter wie auch das Futter der Versuchsvarianten wurden sehr gut akzeptiert. Der Futterverbrauch lag für die B.U.T. 6-Tiere in der P3 ca. 19 % über der Aviagen-Referenz (2020a) und in der P4 sogar 25 % höher. Die höhere Futteraufnahme führte zu überdurchschnittlichen Lebendgewichten zum Versuchsende am 112. Tag (Aviagen-Referenzwerte (2020a&b) vs. erzielte Gewichte: Auburn: 7,02 vs. 7,94 kg; B.U.T. 6: 11,29 vs. 12,01 kg). Der Futteraufwand je kg Zuwachs war bei den Auburn-Tieren signifikant schlechter, ebenso die Schlachtkörpergewichte und das Gewicht des Brustmuskels. Der Anteil des Brustmuskels am Schlachtkörper war jedoch zwischen den Genetiken fast identisch (Auburn: 31,3 %, B.U.T. 6: 31,4 %).
Tabelle 4: Durchschnittliche Futterverbräuche (g/Tier und Tag), Lebendgewichte (kg/Tier), Futteraufwand (kg Futter/kg Zuwachs) und ausgewählte Schlachtleistungsdaten (113. Tag, kg/Tier), ausgewiesen als LS-Mittelwerte
Die Absenkung der Energie- und Aminosäurenkonzentrationen in den Futtermischungen gegenüber den (konventionellen) Versorgungsempfehlungen nach Aviagen (2015) führte zu einem deutlich erhöhten Futterverbrauch. Dieser konnte – zumindest teilweise und unabhängig vom Rispenhirseanteil – in erhöhte tierische Leistungen überführt werden. Es zeigte sich, dass auch mit ökokonformen Futtermischungen sehr hohe Leistungen erzielt werden können. Der Futteraufwand je kg Zuwachs war bei den B.U.T. 6-Hennen nur um 0,2 kg (P3) bzw. 0,4 kg (P4) höher als in der Aviagen-Referenz (2020a) angegeben. Die ansteigenden Rohfasergehalte in den Mischungen in Abhängigkeit des Rispenhirseanteils hatten keine negativen Effekte.
Die Versuchsergebnisse legen nahe, dass noch höhere Einsatzraten an Rispenhirse ohne Leistungsdepressionen möglich wären. Hierbei sollte aber auch bedacht werden, dass durch den Hirseeinsatz nicht nur methioninreiche Eiweißfuttermittel verdrängt werden, sondern auch durchaus gut verfügbare heimische Futtermittel wie Weizen, Triticale und Mais.
FAZIT
Der Einsatz von Rispenhirse ist in der ökologischen Putenmast bis zu 22,5 % Mischungsanteil ohne Leistungseinbußen möglich. Dadurch ergeben sich verbesserte Einsatzmöglichkeiten für betriebseigene Körnerleguminosen. Die Anteile methioninreicher Eiweißfuttermittel (Sonnenblumen- oder/und Rapskuchen) können reduziert werden. Einsatzempfehlungen im Bereich 10-20 % erscheinen im Gesamtkontext als sinnvoll.
Hinweis: Die Studie wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des “Bundesprogramms Ökologischer Landbau und anderer Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN)” gefördert.