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Brauchen Kastraten mehr Aminosäuren?
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Andrea Meyer von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen befasst sich im aktuellen Beitrag mit den Rohproteingehalten bei Mastscheinen in der Endmast. Schweine reagieren bei sehr niedrigen Rohproteingehalten in der Endmast häufig mit Minderleistungen – 
das haben mehrere aktuelle Versuche mit unterschiedlicher Genetik gezeigt. Es wurde häufig aber auch beobachtet, dass weibliche Tiere mit einer starken Proteinreduzierung besser zurecht zu kommen scheinen als Kastraten. Im aktuellen Beitrag wird geprüft, ob eine höhere Aminosäurenversorgung bei reduzierten Nährstoffgehalten Leistungsrückgänge einschränken oder gar verhindern kann.

Bei sehr niedrigen Rohproteingehalten in der Endmast reagieren Mastschweine häufig mit Minderleistungen. Das haben mehrere aktuelle Versuche der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit unterschiedlicher Genetik gezeigt. Es wurde aber auch in einigen Untersuchungen beobachtet, dass weibliche Tiere mit einer starken Proteinreduzierung besser zurecht zu kommen scheinen als Kastraten. Um zu prüfen, ob eine höhere Aminosäurenversorgung bei reduzierten Nährstoffgehalten Leistungsrückgänge einschränken oder gar verhindern kann, führte die Landwirtschaftskammer Niedersachsen einen Versuch mit Mastschweinen durch.

Ab 80 kg LG nur 12 % Rohprotein

In der Leistungsprüfungsanstalt Quakenbrück wurden 120 Ferkel (Piétrain TN Select x TN 70) nach Gewicht und Geschlecht auf zwei Futtergruppen verteilt und in Einzelbuchten gehalten. Die Tiere wurden dreiphasig gefüttert. In der Vormast bis 65 kg erhielten beide Gruppen das RAM 2.1-Futter mit 16,5 % Rohprotein und 1,10 % Lysin. In der Mittelmast von 65 bis 80 kg wurde das RAM 2.2-Futter mit 14 % Rohprotein und in der Endmast ab 80 kg das RAM 2.2a-Futter mit 12 % Rohprotein eingesetzt.

Das Mittel- und das Endmastfutter der Versuchsgruppe unterschieden sich von denen der Kontrollgruppe nur durch die Erhöhung der fünf erstlimitierenden Aminosäuren um etwa 10 %. Im Vormastfutter waren nur die ersten vier essenziellen Aminosäuren ergänzt. Gegenüber dem üblichen RAM-Futter waren die Phosphorgehalte in allen Futtermischungen noch weiter reduziert. Die Pelletfütterung erfolgte ad libitum. Die Prüfung umfasste den Gewichtsbereich von 29 bis 123 kg. Zwischenwägungen wurden bei jedem Futterwechsel vorgenommen.

Die geplanten Gehalte wurden mit zwei Ausnahmen durch die Analysen bestätigt: In den beiden Futtern ab 80 kg überschritten die Energiegehalte den deklarierten Wert.

Leistungsergebnisse der Futtergruppen

Zunächst werden die Ergebnisse der beiden Futtergruppen und anschließend die Leistungen der Kastraten und weiblichen Tiere innerhalb der Futtergruppen dargestellt. Die Kontrollgruppe erzielte mit 955 g geringere Tageszunahmen als die Versuchsgruppe mit Aminosäurenzulage (990 g), die Kontrolltiere fraßen täglich 70 g Futter weniger. Beide Unterschiede waren statistisch gesichert, hingegen gab es keine signifikanten Differenzen im Futteraufwand/kg Zuwachs (2,46 bzw. 2,44 kg). Trotz gleicher Futtermischungen in der Vormast wies die Versuchsgruppe mit 917 g signifikant höhere Tageszunahmen auf als die Kontrollgruppe mit 892 g. Während in der Mittelmast, dem Zeitpunkt der Aminosäurenzulage, gleiche Leistungen erzielt wurden, reagierten die Schweine in der stark proteinreduzierten Endmast auf die höhere Versorgung mit Aminosäuren. Die Tageszunahmen der Versuchsgruppe lagen mit 1066 g signifikant höher als die der Kontrollgruppe mit 1018 g.

Die Klassifizierung der Schlachtkörper erfolgte nach AutoFOM. Die Indexpunkte je kg Schlachtkörpergewicht lagen im Mittel bei 1,004. Gesicherte Unterschiede in der Schlachtkörperbewertung traten nicht auf.

In Tabelle 4 sind die Leistungen der Kastraten und weiblichen Tiere innerhalb der beiden Futtergruppen aufgeführt. Es werden jeweils nur die Kastraten bzw. die weiblichen Tiere der beiden Futtergruppen miteinander verglichen.

Die Kastraten, die ab der Mittelmast mit mehr Aminosäuren versorgt werden, erzielen sowohl in der Mittel- als auch in der stark proteinreduzierten Endmast höhere Tageszunahmen, der Futteraufwand/kg Zuwachs ist nur leicht verbessert. Die weiblichen Tiere der Versuchsgruppe weisen höhere Tageszunahmen erst in der Endmast auf. Allerdings sind sämtliche Unterschiede nicht signifikant. Aufgrund der um 2 kg geringeren Lebendgewichte liegen die Schlachtkörpergewichte der weiblichen Tiere in der Kontrollgruppe entsprechend niedriger als die der Kastraten. Die Merkmale der Schlachtkörperbewertung wurden durch die Zulage der Aminosäuren nicht beeinflusst.

Futterkosten

Die Berechnung der Futterkosten beruht auf den Nettopreisen im Versuchszeitraum. Die Futterkosten je 100 kg Zuwachs liegen in der Kontrollgruppe bei 64,42 € und in der Versuchsgruppe (+ 10 % Aminosäuren) bei 65,78 €.

FAZIT

Im Mastversuch mit sehr starker Rohproteinreduzierung in der Endmast wurde der Einfluss einer Aminosäurenzulage von 10 % geprüft. Dabei stand insbesondere die Leistung der Kastraten im Fokus, da diese in mehreren Versuchen mit Minderleistungen auf die niedrige Rohproteinversorgung reagiert hatten. Die Zulage der fünf erst limitierenden Aminosäuren erfolgte ab 65 kg Lebendgewicht. Die Schweine reagierten auf die höhere Versorgung mit Aminosäuren erst in der stark proteinreduzierten Endmast (12 % Rohprotein ab 80 kg LG), so nahmen die Versuchstiere täglich 48 g mehr zu. Insgesamt wiesen die Tiere mit Aminosäurenzulage höhere Tageszunahmen von 35 g auf und verzehrten täglich 70 g Futter mehr als die Tiere der Kontrollgruppe. Weitere signifikante Unterschiede gab es nicht. Die Futterkosten je 100 kg Zuwachs lagen in der Versuchsgruppe um 1,36 € höher.

Werden die Leistungen der Kastraten und weiblichen Tiere jeweils getrennt nach Futtergruppen betrachtet, fallen die höheren Tageszunahmen der männlichen Versuchstiere schon ab der Mittelmast auf. Über die gesamte Mastperiode betrachtet resultierten rund 30 g höhere Tageszunahmen, der Futteraufwand/kg Zuwachs war kaum verbessert. Die weiblichen Versuchstiere wiesen höhere Tageszunahmen von 55 g erst in der Endmast auf, in der gesamten Mast erzielten sie knapp 40 g mehr. Allerdings ließen sich die Unterschiede nicht statistisch absichern. Die Merkmale der Schlachtkörperbewertung, vor allem der Muskelfleischanteil Bauch, das Speck – und Fleischmass und die Indexpunkte/kg, wurden durch die Zulage der Aminosäuren nicht beeinflusst. Es bedarf weiterer Untersuchungen zur Aminosäurenversorgung bei niedrigen Rohproteingehalten im Mastfutter.

DER DIREKTE DRAHT

Andrea Meyer, LWK Niedersachsen
Telefon: 0511 3665-4479
E-Mail: andrea.meyer(at)lwk-niedersachsen.de

Stand: Juni 2019